THE AGONY SCENE haben sich nach "The Darkest Red" anscheinend einer radikalen Metalkur unterzogen, in der sie sich entschlossen, ihr neues Album heftiger und Metal-lastiger werden zu lassen. Wäre jedenfalls eine Erklärung für die brutale Breitseite, die "Get Damned" geworden ist. Verschwunden sind der cleane Gesang (außer beim letzten Song, "Old Sratch"), beinahe verschwunden sind Beatdowns, zurückgefahren wurden die Melodien. Gleichzeitig wurde der Metal-Anteil erhöht, die Gitarren braten heftiger und der Gesang ist ausschließlich in aggressiven Gefilden unterwegs. Beim Songaufbau legten die Amis auf ein hohes Tempo und ordentlich Druck Wert, was allerdings zu einer gewissen Uniformität der einzelnen Songs führt, markante Parts wie der Mittelteil von "Rapture" sind selten. So macht "Get Damned" auf der einen Seite mächtig Dampf, ist aber auf der anderen Seite einen Tick zu gleichförmig, um vollends überzeugen zu können. Wer Lust auf eine amtliche Ladung modernen, heftigen Metals hat, ist bei THE AGONY SCENE an der richtigen Adresse.
HEAVEN SHALL BURN - Metalcore oder Death Metal? Für beides lassen sich im Sound der Thüringer genügend Anzeichen finden, um die Genrebezeichnung zu rechtfertigen. Fakt ist, dass sowohl "Antigone" als auch "Deaf To Our Prayers" brutale Wutbrocken sind, die kein Auge trocken lassen und der Combo völlig zu Recht einen Spitzenplatz in der Metal-Szene eingebracht haben. "Iconoclast" macht wie erwartet keinen großen Sprung in ein anderes Genre, stattdessen wir der bandeigene Sound verfeinert und auf bewährte Zutaten gesetzt. Sänger Markus ist mittlerweile einer der besten Vertreter seiner Zunft, genau wie die Gitarrenabteilung, die sich ein melodisches Riff nach dem anderen aus dem Ärmel schüttelt, und die ordentlich Druck machende Rhythmusfraktion. Dezent eingestreute Neuerungen wie den Discobeat bei "Murderers Of All Murderers" fügen sich nahtlos in die Soundstruktur ein, ebenso die saubrutale EDGE OF SANITY-Huldigung "Black Tears". Große Änderungen gibt es also nicht, stattdessen ein Dutzend verdammt guter Songs, die jedem HSB-Fan gefallen werden und mit soviel Ohrwurmpotential ausgestattet sind, dass man sich dem Charme und der Wucht der Scheibe nicht entziehen kann. "Iconoclast" ist das erste Highlight des Jahres!
Das erste Mal kam ich mit den New Yorkern SWORN ENEMY vor gut vier Jahren in Kontakt, als sie ihr Debüt "As Real As It Gets" auf die Menschheit losließen und im Interview leider eher typisch amerikanisch-platten, undifferenzierten Parolen frönten. Mittlerweile ist der Krieg im Irak verloren, hunderte amerikanische Soldaten tot, das Land trotzdem stolz auf seine "Erfolge", und SWORN ENEMY leben immer noch. "Maniacal" nennt sich der nunmehr dritte Streich des Quintetts und bietet gewohnt knackig-kurze Hassbolzen, die allerdings gegenüber dem Debüt Einiges mehr an Reife bieten. Eine echte Hitfabrik wird diese Band wohl nie werden, doch irgendwo zwischen New Yorker Hardcore und melodischem Death Metal angesiedelte Abrissbirnen wie "Time To Rage", "Weather The Storm" oder "Fear For Failure" rocken ordentlich durch die Behausung und überzeugen doch eine ganze Ecke mehr als die Songs, die vor vier Jahren zu hören waren. Doch hätte ich gerne mal einen Blick auf die (von Sänger Sol LoCoco nicht wirklich verständlich vorgekreischten) Texte geworfen und geschaut, ob immer noch… ähm… "patriotisch" gedichtet wird. Denn in diesem Fall könnte man die musikalische Qualität dagegen gleich wieder aus der Gleichung herauskürzen. Zumindest an ihren Instrumenten sind SWORN ENEMY nämlich sehr hörenswert geworden, und "Maniacal" ist in der Hinsicht eine sehr gelungene Scheibe.
Nach seinem Ausstieg bei den schwedischen Krachbuben MARDUK wurde es still um Fronter Legion, der von 1995-2003 im Dienst der Band gestanden hatte. Doch bereits vor einiger Zeit schnappte er sich seinen alten MARDUK-Weggefährten Emil Dragutinovic (Drums von 2002-2007) und gründete die Band ELIZIUM, die jedoch fix in DEVIAN umbenannt wurde. Nun liegt das Debüt der beiden Herren vor, die dabei von dem Dreigestirn Joinus, Tomas Nilsson und Markus Lundberg tatkräftig unterstützt wurden. Um die Pointe gleich vorwegzunehmen: nein, DEVIAN klingen zu keiner Sekunde nach MARDUK, nicht einmal ansatzweise! Zwar thront über "Ninewinged Serpent" der gewohnt finstere Kotzgesang Legions, doch geht diese Band, die sich im Übrigen nicht als Projekt sieht, deutlich langsamer und Groove-orientierter zu Werke als MARDUK, so dass niemand von einem zweitklassigen Abziehbild sprechen kann. Dass man Scheiben wie "Rom 5:12", "Plague Angel" oder "Panzerdivision Marduk" in ihrem Bereich eh kaum toppen kann, haben DEVIAN anscheinend auch so gesehen und lassen Nackenbrecher wie "Dressed In Blood", "Scarred" oder "Gemini Is The Snake" darum lieber als Midtempo-Dampfwalzen mit stellenweise sogar doomigen Passagen über die Ziellinie hüpfen. Lediglich das Fehlen des einen oder anderen prägnanteren "Hits" und das insgesamt noch nicht vollständig ausgereifte Songwriting kosten dieses Debüt leider den "Tipp", was aber nicht heißen soll, dass Legion und Co. hier eine müde, langweilige Platte aufgenommen haben - im Gegenteil. "Ninewinged Serpent" wird ganz sicher und ganz berechtigt seine Freunde finden, nur wahrscheinlich nicht im eingeschworenen MARDUK-Lager, sondern wohl eher bei den Leuten, die stilistisch ganz grob ähnliche Bands wie ILLDISPOSED oder GOREFEST verehren. Ein wirklich gutes Comeback!
Eigentlich können die BONES nichts mehr falsch machen. Dass sie eine geniale Live-Band sind, haben sie in den vergangenen Jahren ausgiebig bewiesen, sie haben drei Hammer-Alben veröffentlich und sich immer mehr von ihren Vorbilden SOCIAL DISTORTION, MOTÖRHEAD, den RAMONES etc. emanzipiert, ohne jedoch deren Einfluss zu leugnen. Einzig neues Material war seit "Straight Flush Ghetto" aus der ersten Jahreshälfte von 2004 Mangelware. Mit dem von Leadgitarrist/Sänger Boner produzierten "Burnout Boulevard" gibt es jetzt endlich Nachschub. Musikalisch ist der Vierer sich einmal mehr absolut treu geblieben. Sprich: Es gibt keine Überraschungen, dafür 15 mal den üblichen BONES-Sound zwischen Punkrock und Rock ´n Roll, garniert mit unwiderstehlichen Sing-Along-Refrains. Dabei gehen Songs wie "Not My Kind" und "Sealed With A Fist" ohne Ende nach vorne, "Stuck In The Mud" bietet bluesig-stampfendes Midtempo und der Rocker "Black Dog Boogie" lässt AC/DC und KISS anklingen. Musikalisch sind die vier Musiker ebenfalls deutlich gewachsen, und die Backings sind ausgefeilt wie nie. Eigentlich ein perfektes Album, wenn da nicht die Produktion wäre, bei der es Boner etwas zu gut gemeint hat. Irgendwie klingt alles etwas zu glatt und zu geschliffen, die Rhythmusgitarren und die Backings sind zu sehr im Hintergrund und wirken seltsam indirekt. Das kommt zwar dem Solo-Sound zugute und ebenso dem Bass, den man trotz der zwei Gitarren durchgehend gut hört. Trotzdem fehlt mir das raue Element der Vorgängerscheiben, die zwar weniger transparent klangen, dafür aber authentischer und dreckiger. Der typische BONES-Sound und seine rohe Energie gehen auf dem neuen Album daher leider etwas verloren. Aber egal, die Songs sind allesamt erste Sahne, und umso mehr freue ich mich auf die anstehende Tour, denn live wird´s wieder so dreckig wie eh und je werden.
MAROON gingen bereits mit "When Worlds Collide" einen Schritt weg vom Hardcore und einen hin zum Metal - keine Überraschung also, dass die Nordhausener auf ihrem neuem Album "The Cold Heart Of The Sun" diese Richtung beibehalten. Bereits der Einstieg ist heftiger Metal, veredelt durch Andres mittlerweile charakteristisches Organ und die für MAROON mindestens ebenso typische Gitarrenarbeit, die bei aller Brutalität mit vielen Harmonien aufwartet. "(Reach) The Sun" ist der perfekte Einstieg in eine Scheibe, die MAROON kompromissloser und metallischer als jemals zuvor zeigen, ohne ihre Identität zu verlieren - zu jeder Sekunde ist erkennbar, dass es sich um eine MAROON-Scheibe handelt (es haben sich sogar dezente Anspielungen an die Rotzvorlieben der Combo eingeschlichen). Die Produktion des Rape Of Harmonies Studios passt wie die Faust aufs Auge, ebenso das gelungene Artwork. Kurzum, "The Cold Heart Of The Sun" wird MAROON-Fans nicht kalt lassen und der Band gleichzeitig neue Fans bringen, denn wem die Band bisher zu sehr Core war, der wird mit diesen elf Tracks eine Überraschung erleben. Auch wenn beim Rausschmeißer ungewohnte Töne angeschlagen werden: eine Halbballade, bei der Andre sein stimmliches Potential voll ausreizt. Ein würdiger, experimenteller, Abschluss einer etwas experimentellen Platte und deshalb total passend. MAROON haben sich verändert, ohne ihre Charakteristika zu verlieren. Dafür und für ein gelungenes Ergebnis gebührt ihnen Anerkennung und Respekt!
Nimmt man den Namen der Band, sämtliche Songtitel des aktuellen Albums, das Cover-Artwork und die musikalischen Einflüsse (DESPISED ICON, CRYPTOPSY, DREAM THEATER (!),…) der aus Santa Cruz in Kalifornien stammenden Band, bildet das Vektorprodukt, teilt alles durch drei Sechsen und macht am Besten noch ´ne Nummer mit drei Unbekannten, dann kommt man vielleicht hinter das Geheimnis von "The Game Of Life" oder weiß, wie es entstanden sein könnte. Das Sextett krawallt sich durch zwölf recht kurze Songs, die "Save The Castle, Screw The Princess", "Shoeshine For Neptune", "Claiming Middle Age A Decade Early", "Taiwanese Troft Trouble" oder "So You Think You Know About The Game Of Life (Party In The Rear)" heißen und Berechenbarkeit erst gar nicht aufkommen lassen. Death Metal, Metalcore, Grind, Frickel-Jazz, Blast-Speed, Groove, Elektronik (Keyboards), Schunkelparts, Growls, Screams… Vokabeln, die nur ansatzweise wiedergeben, was den Hörer hier wuchtbrummenartig überfährt. ARSONISTS GET ALL THE GIRLS scheinen ihre im wahrsten Sinne des Wortes extreme Musik im "Ach, das passt da auch noch rein, lass´ ma´ machen!"-Verfahren zu kreieren. Ich weiß nicht, was man für Rauschmittelgemische benötigt, so etwas schreiben oder ohne akute Verwirrzustände nachvollziehen zu können. Wenn man sich so gut es geht auf diese Band einlässt, macht die Angelegenheit sogar Spaß, und schlecht machen die Jungs ihre Sache nicht, aber alles bewegt sich hier am äußeren Rande des nervlichen roten Drehzahlbereiches. Für Mathcore-Freaks und völlig Verrückte, denen zum Bleistift die ersten REITER-Platten oder NAPALM DEATH zu vorhersehbar und straight sind, könnte "The Game Of Life" genau die richtige Adresse sein. Durchgeknallt, aber auch irgendwie cool!
Ich kann nicht ganz begreifen, dass sich Leute nur aufgrund des Erfolges einer Band von ihr abwenden. Da wird laut "Kommerz" und "Ausverkauf" gebrüllt, doch ist es wirklich was Schlimmes, wenn eine Band rund um den Globus verehrt wird und entsprechend viele Platten verkauft?! Die Neider können ARCH ENEMY ja Vieles vorwerfen, aber in musikalischer Hinsicht gibt es wieder mal nix zu mäkeln. Auch das neue Werk "Rise Of The Tyrant" strotzt nur so vor genialen Gitarrenduellen der beiden Brüder Michael und Christopher Amott (der nun endlich wieder fest zurück gekehrt ist) und gehört schon allein in diesem Bereich zum Besten, was die Melodic Death Metal-Szene in der letzten Zeit abgeliefert hat. Aber auch die Songs wissen einmal mehr zu überzeugen, von denen besonders der starke Opener "Blood On Your Hands", das mit geilen Melodien versehene "The Last Enemy", die Megahymne und erste Single-Auskopplung "Revolution Begins" (Hammer!), das mit genialen Soli gespickte "The Great Darkness" und das abschließende, ebenfalls hymnische "Vultures" heraus stechen, wobei diese Songs aber eher als Anspieltipps gedacht sind und der Rest auf ähnlich hohem Niveau angesiedelt ist. Warum es da nicht den "Tipp" gibt?! Nun, das hat drei Gründe: erstens kommt das Songmaterial trotz aller Klasse nicht ganz an den grandiosen Vorgänger "Doomsday Machine" heran, zweitens hat die Produktion von Fredrik Nordström nicht die Durchschlagskraft wie die vorherigen von Andy Sneap, was der Platte recht viel an Power nimmt und sie sogar etwas dünn klingen lässt, und drittens wird hier noch mehr als früher deutlich, dass Angela Gossow gesanglich einfach nicht in die Fußstapfen treten kann, die die beiden Amott-Brüder hinterlassen. Auch wenn die Band genau das beabsichtigt (also eine Mischung aus Melodie und Härte), bin ich der Meinung, dass der sehr unvariable, monotone Kotz-Gesang eher destruktiv in Bezug auf die Melodien wirkt und sie quasi "zukleistert"; hier treffen Welten aufeinander. Das sind aber sehr subjektive Gesichtspunkte, die man als Fan natürlich auch ganz anders beurteilen kann. "Rise Of The Tyrant" wird deswegen noch nicht mal ansatzweise eine schwache Scheibe, aber wenn eine Band wie ARCH ENEMY so dicht an der technischen Perfektion arbeitet, dann fallen selbst Kleinigkeiten ins Auge, die man bei anderen Bands gar nicht erst wahrnimmt, was wiederum für ihre Qualitäten spricht!
HIMSA gehören zu den Bands, die live immer überzeugten, aber deren Alben nie so richtgen kickig waren. Positiv gesprochen sind sie ein Live-Band; wer lästern will würde ihren Alben langweilig nennen. "Summon In Thunder" reiht sich nahtlos in die Historie der Combo ein: an und für sich guter Metalcore, den man so aber schon tausendmal gehört hat und der mit genau Null Überraschungen auftrumpfen kann. Die Gitarren sind mal melodisch, mal ordentlich fett, der Gesang ist Genre-Standard, das Songwriting klappert altbekannte Schauplätze ab, kann aber keinen Ohrwurm zustanden bringen, sondern nur eine Handvoll guter Songs. Songs, die so auch von jeder x-beliebigen Metalcore-Band geschrieben werden könnten. Sie machen zwar ordentlich Druck und sind passabel, aber eben ohne eigene Note, ohne HIMSA-speizfisches. Aber solange sie Live ordentlich Arschtreten werden, haben HIMSA immerhin eine Daseinsberechtigung.
Frauen am Mikro sind im Metalbereich immer noch selten genug, um einer Band allein aus dieser Tatsache heraus mehr Aufmerksamkeit zu bescheren als vergleichbaren Combos, die ohne holde Maid daherkommen. THE AGONIST sind da keine Ausnahme und werden dank des Blickfangs Alissa in der ARCH ENEMY-Fanschar den einen oder anderen von sich überzeugen können. Die Dame macht soweit alles richtig: nicht nur politisch engagiert (*hüstel*), sondern auch stimmlich voll auf der Höhe. Sowohl im aggressiven Gesang kann die Dame überzeugen als auch in den unvermeidlichen Engelsgesang-Träller-Abschnitten. Soweit so gut. Das Manko an "Once Only Imagined" sind die schwachen Songs und die produktionstechnische Fixierung auf die Dame. In den elf Tracks finden sich einige gelungene Parts, aber mehr als genug aufgewärmte Ideen, die so bereits zigmal verwurstet wurden. Von den Metalcore-Gitarren ganz zu schweigen. Das ist alles ganz nett, aber nicht der große Knaller, was erwähnte Fans von ARCH ENEMY und Konsorten sicher nicht davon abhalten wird, die Scheibe in Massen zu kaufen. Qualität setzt sich durch, oder wie war das?