Technische Fähigkeiten, kompositorische Klasse, innovatives Arrangieren - RITUAL’s Oberguru Patrik Lundström präsentiert auf dem neusten Werk die Stärken seiner Formation ohne große Umschweife. Waren schon die im gewohnten Vierjahresrhythmus erschienen Vorgänger "Ritual" (1995), Superb Birth" (1999) und "Think Like A Mountain" (2003) allesamt starke Scheiben, so schließt auch "The Hemulic Voluntary Band" in 2007 hier nahtlos an, wobei man die härteren Rockanteile etwas zurückgenommen hat (der Titel kommt übrigens aus den Büchern des "Mumins"-Autors Tove Janssons und bezeichnet dort eine Art Blaskapelle aus Hemulens). Die Schweden zeigen das sie spielen können, und dass nicht nur mit den klassischen Instrumenten des Rock: Jon Gamble (Keyboard, Harmonium und Harmonika), Fredrik Lindquist (Bass, Busuki, Mandoline, Flöte und was weis ich noch) und Johan Nordgren (Schlagzeug und Percussions) verströmen neben Progambiente und leichten Jazzanleihen auch einiges an Folkatmosphäre. Wobei Meister Lundström bei RITUAL nicht für die Gitarren verantwortlich zeichnet, sondern sich dabei als mehr als nur passabler Sänger outet. Der eröffnende Titeltrack "The Hemulic Voluntary Band" braucht eine Weile bis er zündet, zeigt dann aber kräftig Langzeitwirkung. Stark das instrumental dominierte "In The Wild" und die Ballade "Late In November", welche mit deutlich in den Vordergrund geschobenen folkloristischen Instrumenten Vorfreude auf neblige Herbsttage verbreitet. "The Groke" (ein Teil der Melodie erinnert mich an Petersens "Das Boot") und das "funkige" und mehrstimmige "Waiting By The Bridge" können mit dem Eröffnungstrio nicht ganz mithalten - lassen aber manchen bemühten Artrock der Konkurrenz locker hinter sich. Weniger gelungen, da irgendwie bemüht klingend, der über 26-minütige Longtrack "A Dangerous Journey". Nicht von ungefähr nimmt Lundström selbst die Definition vor: "fast wie eine Aneinanderreihung einzelner Stücke, die durch eine epische Geschichte sowie ineinandergreifende musikalische Themen verbunden sind". Letzteres erschließt sich nicht so einfach - musikalisches Staunen dennoch erlaubt. RITUAL bleiben also was spezielles, für einen kleinen Kreis enthusiastischer Fans unverzichtbar - für die breite Masse nur begrenzt tauglich. Und Trotzdem - Prog, Folk und Ideen sind sich im hier Reinen.
SALTATIO MORTIS gehören zu den umstrittensten Vertretern der Folk Metal-Szene, was man relativ leicht erklären kann. Zum einen wurde bei früheren Werken des Oktetts (!) der dünne, sterile Sound inklusive eines völlig unpassenden Drumcomputers bemängelt, und zum Anderen befand sich die Band stets im Schatten der großen Genre-Vorreiter SUBWAY TO SALLY, IN EXTREMO und CORVUS CORAX. Nun, beide Punkte kann man auch beim neuen Werk "Aus Der Asche" anführen und hat damit größtenteils Recht, tut der Band aber trotz erdrückender Aktenlage Unrecht. Stimmt, der Sound könnte fetter und differenzierter sein und bringt nicht alles (acht Leute spielen 21 Instrumente plus Gesang - das erfordert höchste Präzision im Studio - live funktioniert es allerdings prächtig) ins Ohr, und auch in Sachen Songwriting sind die Parallelen zu den "Vorbildern" auf den ersten Hör vorhanden: Titel wie "Spielmannsschwur", "Sieben Raben" oder das sogar leicht an APS´s "Ich Will Brennen" erinnernde "Prometheus" sprechen Bände. Mit so vielen Argumenten auf der "Soll-Seite" könnte man "Aus Der Asche" gnadenlos platt machen, aber ganz abseits der Fakten macht das Album einen Heidenspaß! Im traditionellen Metal beschwert sich ja auch keiner, wenn mal wieder´n Riff irgendeiner Band nach Maiden klingt oder wenn man eine Textzeile mit "sword, honour, blood, steel" schon mal irgendwo anders gehört hat. Stücke wie das erwähnte "Sieben Raben" (klasse!), "Uns Gehört Die Welt", "Irgendwo In Meinem Geiste", "Wirf Den Ersten Stein", "Tod Und Teufel" oder "Worte" sind allesamt sehr gelungene bis geile Folk-Rocker, die besonders durch ihre intelligenten Texte punkten können. "Aus Der Asche" erreicht zwar nicht ganz den Level von etwa "Verehrt Und Angespieen" oder "Herzblut", geht aber trotzdem als sehr hörenswertes, gelungenes Album durch, dem Genre-Liebhaber ruhig mal eine Chance geben sollten!
Die WHIKEY REBELS aus Sacramento gibt es bereits seit sechs Jahren. Dass man hierzulande noch kaum Notiz von ihnen genommen hat, liegt daran, dass ihre ersten beiden Alben nur in den USA erhältlich sind. Dank dem Vorzeige-Punkrock-Label People Like You ändert sich das jetzt aber, denn dieses hat soeben das zweite Album des Fünfers auf den Markt gebracht, das ursprünglich 2004 erschienen ist. Direkt der Opener haut einen erst mal komplett aus den Latschen: "Crossroads" ist eine raue Hardcore-Granate, die brutal nach vorne geprügelt wird. Mit dem nachfolgenden "Heroes In Hell" zeigen die Jungs aber, dass sie auch melodisch können, ohne jedoch Druck oder Dreck zu verlieren. Und ähnlich vielseitig präsentiert sich die Band über die gesamte Länge der Scheibe. In der Strophe von "To Be Poor Is A Crime" klingt Off-Beat an und "Killing Me" besitzt sogar Pop-Appeal, wohingegen bei "Carry On" wieder das Hardcore-Pedal durchgetreten wird. Diese Mischung aus Hardcore, Streetpunk und melodischem Old-School-Punkrock geht höllisch nach vorne, und darüber hinaus rotzt Sänger Big Chuck einen Ohrwurm nach dem anderen ins Mikro. Schönes Ding!
POVERTY’S NO CRIME galten jahrelang als eine jener Metalbands die gekonnt eine gewisse Metalhärte mit progressiver Eingängigkeit paarten. Nach drei klasse Alben in Folge, dem Überhammer "Slave To The Mind" (1999), "One In A Million" (2001) und "The Chemical Chaos" (2003) war es aber erst mal richtig still geworden um die Norddeutschen. Vier Jahre sind mittlerweile in die Musiklandschaft gezogen und die lange Unterbrechung scheint der Band keineswegs geschadet zu haben; eher das Gegenteil ist der Fall. Natürlich gibt es weiterhin Ähnlichkeiten zu DREAM THEATER zu erahnen, natürlich lässt zum Beispiel auch SYMPHONY X grüßen - aber POVERTY’S NO CRIME hatten sich bereits auf den letzen Alben einen eigenständigen Sound erarbeitet, welcher ihr nunmehr sechstes Album "Save My Soul" nun auch ganz deutlich ausschließlich nach POVERTY’S NO CRIME klingen lässt. Noch immer liegt die Stärke des Quintett um Sänger und Gitarrist Volker Walsemann nicht nur in ihrer instrumentalen Klasse, dem perfekt austarierten Keyboardeinsatz und einer starken Gesangsleistung, sondern in den gekonnt zwischen musikalischen Ambitionen und unauffälliger Nachvollziehbarkeit pendelnden, überaus melodiösen Kompositionen. Aus den neun Anspieltipps (das Intro lassen wir mal außen vor) hier mal ein paar Highlights: "In The Wait Loop" mit einem fast schon Psychedelic-Zwischenpart und wunderbarer Gesanglinie, der balladesken Hit "The Key To Creativity", das bedächtige, dunkle Atmosphäre verbreitende und mit einem geilen Siebziger Riff unterlegte "The Torture" oder den das Album abschließende, fast 9-minütige abwechslungsreich epischen und zugleich entspannenden Track "Break The Spell". Die fette Produktion von Tommy Newton (Gamma Ray, Angra) setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf. Mit "Save My Soul" haben POVERTY’S NO CRIME nach vier Jahren Abstinenz genau das richtige Album am Start um alte Fans der Band zu verzücken und dem Neuling Appetit auch auf die starken Vorgänger zu machen. Welcome back!
Was sich auf "Vendetta" bereits abzeichnete, findet auf "Venom & Tears" seine logische Steigerung: THROWDOWN sind im Neo Thrash angekommen und haben ihre Hardcore-Anteile auf genau Null Prozent zurückgeschraubt. Die dreizehn Songs schwitzen dafür dreckigen Thrash Metal aus, wie es selig’ PANTERA nicht besser machen könnten. Na ja, etwas besser vielleicht. Einige Songs der THROWDOWN’schen Verehrung sind bessere Lückenfüller und sich in ihrem Mid Tempo-Groove zu gleich. Dafür reißen die Walze "Day Of The Dog", das knüppelharte "S.C.U.M." und die Abrissbirne "I, Suicide" alles wieder raus und lassen die Herzen aller Metaller höherschlagen, die mit PANTERA was anfangen können. Die Produktion ist zudem erste Sahne und jagt die Songs sehr druckvoll aus den Boxen - "Venom & Tears" muss man einfach laut hören! Dadurch werden die Filler zwar nicht besser, aber wofür gibt es die Skip-Taste? Der Großteil der Scheibe ist gut genug, um ein paar schwache Songs aufzufangen. Horns Up!
BEDLIGHT FOR BLUE EYES sind eine weiterer Act im Trend der unbeschwert daherspielenden, sich als Rock definierenden Bands, bei welchen man aber die Gitarre eh nur schrammelt und die Songs doch einen sehr hohen Pop-Appeal aufweisen. Kommt dies bei Bands wie SNOW PATROL und SUNRISE AVENUE ehrlich, gut arrangiert und mit einem gewissen Spaßfaktor daher, so springen die Amis aus New Jersey mit "Life On Life’s Terms" doch etwas zu kurz. Im Fahrwasser oben genannter Bands könnten BEDLIGHT FOR BLUE EYES damit trotzdem einen Achtungserfolg einfahren - MTVIVA und unser geliebtes, im Mainstream-Einheitsbrei schwelgende Radio lässt grüßen. Aber man erreicht weder die Hitdichte noch die Eingängigkeit der Konkurrenz, mit Ausnahme der Auskopplung "Waste My Time" (welches gar noch als zusätzlicher Mix auf dem Album ist) und dem Titeltrack vielleicht. Das die Jungs um Sänger Daniel Rinaldi dabei durchaus Potential haben lässt sich auch auf "Life On Life’s Terms" erahnen - was fehlt ist der Mut zum verlassen ausgetretener Pfade. So klingen BEDLIGHT FOR BLUE EYES nett, aber leider etwas einfallslos. Eben zum Nebenbeihören beim täglichen Kampf durch den Stau. Sinnigerweise hat das Label in Europa auch gleich das Vorgängerwerk "The Dawn" (das etwas mehr Rock als Pop bot) mit veröffentlicht. Vollbedienung nur für einschlägig Vorbestrafte.
Die Jungs aus Florida setzen sich zwischen viele Stühle - geile Nummer, geiles Album! Sie setzen auf modernen Hardcore/Metalcore mit energischem Brüllwürfel und typischen Riffs/Breakdowns. Doch bevor das alles langweilig wird, mixen die Jacksonvillies zu den anabolen Muskelspielen, Metal, Punk und vor allen Dingen eben auch geradezu filigrane Melodien dazu. Letzeres erinnert entfernt an die Pädagogen-Pop-Punker Bad Religion, noch mehr aber an die Kommunisten-Punks Propagandhi. So setzen EVERGREEN TERRACE mit beinahe zuckersüßen Tönen sozusagen das Baiser auf einen ehedem schon wohlschmeckenden Muffin. Ob die Simpson-Freunde mit diesem Rezept ein langweilig gewordenes Genre retten können, steht in den Sternen. Aber für mehr als eine halbe Stunde sorgen die Amis für gute Laune, Stress-Abbau - oder eben wirkliches Amüsement (das sich übrigens auch in herrlichen Songtiteln dokumentiert, sie nehmen ihre eigenen Gitarrenkünste genauso aufs Korn wie Helmet und wollen vielleicht sogar Kirchen anzünden - oder habe ich da etwa was falsche verstanden?). Jedenfalls ist der "Wolfbiker" ein verdammt gutes Album geworden.
LIFE OF AGONY-Bassist Alan Robert frönt mit seinem Nebenprojekt SPOILER NYC seiner Vorliebe für rotzigen Streetpunkt Marke SOCIAL DISTORTION - kitschige Flammen, Würfel und 50er-Jahre Autos im Booklet sprechen eine deutliche Sprache. Also alles was dazugehört, aber weitweg von seiner Hauptband. Bei den zwölf Songs gibt es dann erwartungsgemäß keine Überraschungen: schneller, eingängiger Punkrock, der gut ins Ohr geht und von Herrn Robert himself gesanglich ansprechend gestaltet wird. Die Gitarren braten gut und kommen durch die gute Produktion anständig zur Geltung, selbst das ein oder andere Solo wird mal eingebaut. Die knappe halbe Stunde geht schnell vorbei, ohne dass die Skip-Taste ihren Dienst verrichten muss. Bleibt am Ende die Erkenntnis, dass "Grease Fire In Hell's Kitchen" Nichts spektakulär Neues bietet, aber gut gemacht ist und mit genügend guten Songs ("Every Person Is Corrupt" oder das treibende "Lucky 13") bestückt, um Punkrockern die Investition in den Silberling schmackhaft zu machen.
DOOMSWORD sind unglaublich cool. Und schon das haben sie eigentlich allen anderen Bands aus Italien voraus. Mit dem Vorgänger "Let Battle Commence" haben Deathmaster und seine Kumpels das vielleicht aggressivste Album ihrer Karriere - daran knüpft "My Name Will Live On" nicht an. Doch die anfängliche Enttäuschung wandelt sich nach einiger Zeit in komplette Begeisterung. DOOMSWORD bewegen sich - in irgendwie sehr ausgeklügelter Manier - wieder näher an ihre Wurzeln, und das sind ausdrücklich Warlord, Manowar, Omen, Cirith Ungol und Manila Road - alte Manowar wohlgemerkt ("Steel Of My Axe" beispielsweise). Und dann fehlen da noch Bathory für das gerüttelt Maß an Epik. Doch DOOMSWORD verpassen ihrer Musik ein ganz eigenen, melancholischen und dennoch hoffnungsvollen Charakter, den die unglaublich charismatische Stimme des Todesmeisters noch viel eindringlicher. Wie die grüne Wiese in die derzeitige Heimat Deathmasters Irland passt, so passt der furztrockene Sound zum erdigen Material der Kapelle. Wer unverständlicherweise weitere Argumente für den Kauf des Albums sucht, der merke auf, denn Adramelch-Fronter Vittorio Ballerio mischt genauso mit Wotan-Sänger Vanni Ceni. Aber eigentlich braucht Deathmaster gar keine Unterstützung - denn besser als DOOMSWORD ist im Bereich des wahren Epic-Metals niemand. NIEMAND!
Mit seinem vor drei Jahren veröffentlichten Debütalbum "Tides" konnte mich das italienische Sextett um die beiden Schwestern Badalini noch nicht wirklich überzeugen, obwohl bereits damals gute Ansätze zu erkennen waren, die man allerdings auf dem Nachfolger "Flies In A Jar" leider nicht groß ausbauen konnte. Immer noch krankt die durchaus facettenreiche Musik (die neben den klassischen Rockinstrumenten nach wie vor Piano und Violine enthält) an einer irgendwie volumenlosen, drögen Produktion, die die Songs, die einen Tick stärker als auf dem Debüt ausgefallen sind, nicht vollständig zum Zuge kommen lässt. Wirklich sehr hörenswerte Kompositionen wie "Icon", "The Chasm" oder "Chasing Clouds" klingen dadurch kraftlos und dünn, was das Album unglücklich nach unten zieht. Wie auch beim Debüt können Gothic Rocker, die es nicht ganz so hart und knallig mögen und eher etwas für den gemeinsamen Abend zu zweit suchen, ruhig mal reinhören. Denn auch wenn diese Scheibe sicher wieder nicht Jedermanns Sache sein wird, machen SOUL TAKERS ganz objektiv nicht viel falsch und dürften trotz einiger ungünstiger Rahmenbedingungen ihre Freunde finden.