Das zweite reine Coveralbum von den DAISIES - böse Zungen würden jetzt behaupten, dann haut das auch mit dem Songwriting wieder hin. Aber, gerne, gebe ich zu, das letzte THE DEAD DAISIES-Album, auch mit John Corabi, ist klasse und hat eine wohlmundende Konsistenz. Und live sind die Gänseblümchen ohnehin eine Macht.
Nun also wieder ein Longplayer mit Coversongs, zehn Stück an der Zahl, jedoch ist auf "Lookin' For Trouble" only Blues inside. Die ausgewählten Klassiker sind die üblichen Verdächtigen: "Boom Boom" von John Lee Hooker, "Black Betty" von Huddie Ledbetter und "Crossroads" von Robert Johnson kennt jeder Genre-Anhänger. Die DAISIES präsentieren die Nummern mit Spielfreude, einem kräftigen arschtretenden Groove; dazu feuert Doug Aldrich feine Gitarren-Salven in den brodelnden Blues-Sud, so dass Applaus gerechtfertigt ist. Das Ding eignet sich insbesondere für Hörer, die Blues eher nicht in der Sammlung oder auf dem Schirm haben und so eine bunte Mischung der herausragenden und repräsentativen Blues-Klassiker bekommen.
"Lookin' For Trouble" ist ein unterhaltsames Blues-Album, das die prägenden Künstler des Genres ehrt und starke, in jedem Fall mit viel Rock ausgehärtete Interpretationen großartiger Songs bietet. Ein "nice to have"-Album!
MISFIRE aus Chicago/ Illinois (USA) liefern ein Füllhorn an Riffs zum Headbangen und Faust in die Luft recken. Hier wird turbulent geprügelt, gedrescht und traktiert – die Jungs lassen das Thrash-Herz höher schlagen!
„Product of the Environment“ ist das zweite Album der Band, die 2022 ihr Debüt „Sympathy For The Ignorant“ veröffentlichte. Sie klingen nicht wie eine Kopie der Thrash-Klassiker, haben aber Einflüsse von DESTRUCTION, KREATOR, SACRED REICH, OVERKILL und EXODUS.
Nach der Ruhe vor dem Sturm („Borrowed Time“) folgt mit „Day to Day“ eine rasante Thrash-Attacke mit feiner tuckernder Riffarbeit und guten Soli. „All Over the Place“ hat melodische Momente, vor allem aber cooles Schlagzeugspiel mit ordentlich Doublebass-Action.“We Went Through Hell“ klingt wütend und agiert im Midtempo. Im Hause MISFIRE hatte sich zuletzt das Besetzungskarussell in Bewegung gesetzt: Tim Jensen (Vocals), Dan Stapinski (Bass) und Kostadin Kostadinov (Gitarre) sind neu dabei. Als Konstante ist lediglich noch Schlagzeuger James Nicademus am Start. Tim Jensens Gesang ist ein echter Zugewinn im Sound der Band. Er passt formidabel zur bissigen Thrash-Mucke und kann sowie für aggressive als auch für melodische Färbung sorgen. „Born to Die“ und „Living the Dream“ grooven wie Sau. Zu „Left for Dead“ heisst es Headbang-Alarmstufe Rot, Jensen schreit panisch und voller Leidenschaft „Get out of my head“. „End of an Age“ setzt das Energielevel hoch und auch zu „Privacy“ wird’s zackig: Schlagzeug und Gitarre geben Knallgas. Das abwechslungsreiche „Twist of Fate“ vermittelt eine aufpeitschende Stimmung und nach „Artificially Intelligent“ und Titelsong „Product of the Environment“ ist Schluss. Hier zeigen MISFIRE nocheinmal was sie drauf haben mit schnellen Strophen und einem sehr präzisen Gitarrenspiel. Die Scheibe ist von John Douglass und Alex Parra in Atlanta gut produziert. MISFIRE sind derzeit gemeinsam mit EXODUS und DEICIDE auf Nord Amerika-Tour.
Wie sagte einst Peete Steele: „Wir brachen Thrash Metal, die Musik der urbanen Fäule“. Wir brauchen Platten wie diese, die voller Energie und zu 100 Prozent ein Arschtritt sind.
Dario Lorina, Gitarrist, Sänger und Produzent von DARK CHAPEL, kennen wir von BLACK LABEL SOCIETY, auch dort bedient er die Sechssaiten. "Spirit In The Glass" ist das Debüt seiner Band. Es sind sicher Einflüsse aus seiner Stammband zu hören, aber auch AUDIOSLAVE und ALICE IN CHAINS sind beigemengt. Was aber doch dem Ganzen den Stempel aufdrückt, sind Darios gelassene, dennoch voller Emotion und eigenständige Vocals. Ein wenig fühle ich mich an eine Mischung aus Chris Cornell und Layne Staley erinnert. Zumindest muss ich die Stimme als formgebend und die Songs ausleuchtend beschreiben. Das besondere dabei, erst auf den zweiten Blick, gerade im Kontext des harten und groovenden Umfelds, scheint sie immer heller auf.
DARK CHAPEL transportieren Heavyness mit Gefühl und Coolness. Und das funktioniert wunderbar, macht Spaß und geht über Albumlänge. Nach dem dynamischen und riffgewaltigen "Afterglow" folgt mit "Hollow Smile" ein Hybrid aus JUDAS PRIEST und ALICE IN CHAINS. Das Riffing und die charismatischen Vocals punkten, die Songs leben davon. Das Glockengeläute bei "Corpse Flower" bereichert die ansonsten eher durchschnittliche Nummer, und klar ist hier, dass METALLICA und auch BLACK SABBATH als Ideengeber für das Geläute ins Bewusstsein rutschen. "Glass Heart" ist akzentuiert und unfassbar packend mit einer fast schon funkigen und quirligen Spielfreude - großartig! Und ja, eine flehende Ballade mit dunklem Piano ("Dead Weight") hat DARK CHAPEL auch noch zu bieten. "Gravestone Humanity" ist dann ein Groover in BLACK LABEL SOCIETY- oder auch ACCEPT-Manier.
Was soll ich noch groß zu dem Longplayer schreiben? Feines Album, durchweg stark, kaufen oder streamen, hören und genießen. Ich habe fertig!
PINHEAD ist das neue Projekt von dem finnisch-britischen Multiinstrumentalist, Produzent, Songwriter & Sänger Ilja John Lappin. Der Künstler ist bekannt als Sänger und Bassist der Progressive-/Artcore-Band THE HIRSCH EFFEKT; von da hat er auch gleich das Spiel mit der Atmosphäre mitgebracht. Unter dem Titel „Egomessiah“ veröffentlicht er sein, wenn man so will, Solo-Debüt.
Iljas Gesang pendelt zum Auftakt ("Lapse", "Violetar") meist zwischen Zorn, Verzweiflung und melodiösem Klargesang. Die Songstrukturen sind ambivalent, aber weit weniger herausfordernd als es zu Beginn den Anschein hat. Stürmische und warme Emotionen wechseln mit kühlem Sound und brachialen Riffs. Mit schmissigen Nummern wie "In Recent Times" positioniert sich PINHEAD im Metalcore. Das Programm, heiß und fetzig, zieht sich bis zur Mitte des Albums. Dann wird es zunehmend spannungsvoller und nahezu schillernd unberechenbar.
Es gibt Industrial-Klänge, mit "Counterfate" eine melancholische, sanfte Ballade, die einen Hauch Gothic in sich trägt, mit "Serene Day" ein stilles Piano Intermezzo und mit "Lonefall" eine gefällige Alternative Rock-Nummer. Abschließend präsentiert er mit dem Longtrack "Lesser Lights" großes Artrock/-core-Kino. 12 Songs, 64 Minuten Spielzeit und ja, Ilja John Lappin zieht hier für "Egomessiah" alle Register seines Ego Programms durch, Scheuklappen und Berechenbarkeit gibt es nicht.
PINHEADs Debüt punktet mit Diversität, mit starkem Sound, Details und Umfang der einzelnen Songs, einnehmender Atmosphäre und gefälligen Melodien. Starkes Debüt!
Neues Label – neues Glück – die Classic-AOR Rocker von THE NIGHT FLIGHT ORCHERSTRA veröffentlichen auf Napalm Records ihr bereits siebtes Studioalbum und nehmen uns mit auf einen grandiosen Flug. Die Band verlässt sich auf ein bewährtes Konzept: Bockstarke Refrains, die einfach gute Laune verbreiten! Nachdem das Flugzeug mit den Klängen des Intros „The Final Call“ die Landebahn verlassen hat, lässt uns der Song „Stratus“ entspannend die Reisegeschwindigkeit erreichen. Die Keyboards stehen weit im Vordergrund und der klasse Gesang von Björn Strind mache Lust auf die weitere Reise. „Shooting Velvet“ bringt die Reisegruppe in leichte Turbulenzen, da der Refrain doch ein wenig vorhersehbar wirkt und sich einfach nicht das gewohnte „Mitsingfeeling“ einstellen will. Die gewünschte Reisehöhe wird spätestens bei „Like The Beating Of A Heart“ und „Melbourne, May I“ erreicht. Jetzt wird es auch in den Sitzreihen hektisch und der ein oder andere Passagier springt verzückt vom Sitz. „Paloma“ beginnt ruhig und Björn schwört und auf magische fünf Minuten ein. Spätestens jetzt ist klar, dass kein weiterer Song die Reise gefährden kann, da Kapitän Björn und seine Crew das Flugzeug unter Kontrolle haben und keine weiteren Turbulenzen zu erwarten sind. Die Reiseflughöhe wird mit „Runways“ verlassen und langsam wird das Fahrwerk ausgefahren. Feinste Pianoklänge und ein typischer AOR-Rhythmus lassen auf eine sichere Landung hoffen und ein überragender Refrain erschallt über die Bordlautsprecher. Mit fast acht Minuten ist „Stewardess, Empress, Hot Mess (And The Captain Of Pain)” nicht nur der längste Track auf dem Album, sondern auch am abwechslungsreichsten. Nicht nur am Titel des Stücks wird die Band lange gebastelt haben – der Track vereint einfach alles, was Retro-Fans von der Band erwarten und somit steuert das Flugzeug sicher in seinen schützenden Hangar. Fazit: Nach dem Hören von „Give Us The Moon“ habe ich gute Laune und was kann man mehr erwarten?
Es ist jetzt genau ein Jahr her, daß uns Anthony Michael „Tony“ Clarkin (R.I.P.) völlig unerwartet verlassen hat. Er gab zwar kurz zuvor bekannt, dass er an einer Wirbelsäulenkrankheit litt, plante aber nach Fertigstellung von "Here Comes the Rain“ bereits die Tour für das vergangene Jahr. Mit ihm verliert die Rockwelt nicht nur einen äußerst charismatischen Gitarristen, sondern vielmehr einen begnadeten Songschreiber, dessen Ideen MAGNUM nicht nur in die Geschichtsbücher der Rockmusik brachten, sondern ihnen ebenso einen zweiten und dritten Frühling bescherten. Er war Kopf, Rückgrat und Antriebsmotor der englischen Hardrock-Dinosaurier. Mit "On a Storyteller’s Night“ hat er ein Werk für die Ewigkeit geschaffen, das seinesgleichen sucht und an dem MAGNUM sich selbst immer wieder messen lassen mußten. Er komponierte maßgeblich darüber hinaus sage und schreibe zwölf Alben nach dem Comeback 2001, von denen sich keines hinter den Großtaten ("On a Storyteller’s Night“ mal ausgenommen) vergangener Zeiten verstecken braucht. Zu meinen persönlichen Favoriten gehört unter anderem "Princess Alice & the Broken Arrow“, wovon es leider kein Track auf die vorliegenden Scheibe geschafft hat, um es vorwegzunehmen.
Wolverhampton spielte in der Bandgeschichte immer wieder eine Rolle. So war es dieser Ort, an dem das letzte Konzert stattfand, bevor sich die Engländer 1995 auflösten. Rick Benton haute 2016 dort das erste Mal in die Tasten und ist seitdem fester Bestandteil der Truppe.
Nun erscheint zum ersten Todestag von Tony das letzte Livealbum "Live At KK's Steel Mill“, aufgenommen in Wolverhampton. Es handelte sich hierbei eigentlich um einen Zusatztermin, der die “The Monster Roars“-Tour abschloß. Die Setlist indes hätte nicht besser gewählt sein können. Wer MAGNUM schon live erlebt hat, wird nicht überrascht sein, daß vom (damals) aktuellen Werk lediglich zwei Stücke (der Titeltrack und “The Day After the Night Before“) zum Besten gegeben werden. Wenn man seine Werksschau in eineinhalb Stunden auf die Bühne bringen möchte, geht das auch nicht anders. Die 16 Tracks findet man auf elf verschiedenen Alben, die sich über die Jahrzehnte sehr gut verteilen. Selbstverständlich überwiegt die “Storyteller“, aber auch da kann man bedenkenlos zu jedem Lied greifen und variieren. “Les Morts Dansant“ sorgt für den Gänsehautmoment der Scheibe. Eine besondere Perle finden wir abgesehen davon bereits gegen Ende der ersten CD mit “The Flood“ (von "Sleepwalking“). Diese recht düstere Nummer gab es nur äußerst selten live zu erleben und wird mit ordentlich Pathos vom Barden Bob Catley vorgetragen, der im Übrigen einen exzellenten Job mit seinen 77 Lenzen macht. Insgesamt präsentiert sich das Kollektiv in Höchstform. Tony haut alles raus, was er draufhat, die Tracks kommen mit Schmackes um die Ecke werden obendrein mit einem gelungenen Hauch von „Symphonic“ auf ein neues Level gehoben. Dem Publikum gefällt's und das ist auch immer wieder deutlich vernehmbar. Bei “Kingdom Of Madness“ melden sie sich im Refrain lautstark zu Wort und der Titel des Magnum Opus wird im Anschluss nahezu in Gänze mitgesungen. “Sacred Hour“ beendet den phänomenalen Auftritt würdig mit einem abschließenden Weihnachtslied, der Jahreszeit entsprechend.
Tony Clarkin hat sich mit seiner Musik sein eigenes Denkmal gesetzt und diese Livedokumentation setzt einerseits das Ausrufezeichen dahinter. Die Fans dieser außergewöhnlichen Hard-Rock-Band erhalten mit dieser Platte andererseits ein passendes Abschiedsgeschenk, denn MAGNUM wird es ohne den guten Tony nicht geben.
DEFENCES sind jung und dennoch über 10 Jahre, mehr oder weniger, im Geschäft. "Shadowlight" ist ihr drittes Album und wenn ich APRIL ART, LINKIN PARK und EVANESCENCE als Richtwert angebe, so liege ich hier sicher nicht ganz falsch. Der UK-Fünfer fügt schließlich noch eine Prise verkaufsfördernden und gerade recht hippen Metalcore hinzu.
Das macht das Kollektiv alles ganz anständig. Die Stimme von Sängerin Cherry Duesbury transportiert ordentlich Emotionen, und auch der Rest der Band gibt gehörig Gas und macht solide Druck. So weit, so gut. Was der Band nur leider etwas fehlt, ist Diversität und hin und wieder eine Positionsänderung. Das starke und facettenreiche "The Curse" zeigt fast schon alles, was die Band zu geben hat. Es wechseln sich kühle Momente mit warmen und emotionalen "Ausbrüchen" ab, kontinuierlich.
DEFENCES haben Potenzial, ohne Frage, nur wiederholen sie sich zu oft. Der Sound des Albums ist kraftvoll und sehr modern. Das Handwerk inklusive Vocals überzeugt. Wer die oben genannten Gruppen und ein wenig Metacore dazu, ganz nett findet, sollte hier mal reinhören.
NIGHT DEMON gehörten 2014/15 zur Speerspitze des NWoBHM Revivals, der mit BLACK TRIP einen weiteren überragenden Vertreter dieses kurzzeitigen Trends hervorbrachte.
Schon seit langem äußert NIGHT DEMONs Anhängerschaft den Wunsch nach physischen Kopien von Alben aus den Anfangstagen der Band, darunter das Debütalbum"Curse Of The Damned" und dessen Nachfolger "Darkness Remains". Leider sind beide Alben seit geraumer Zeit vergriffen – zumindest in bestimmten Formaten –, so dass der Wunsch der Sammler bislang unerfüllt geblieben ist. NIGHT DEMON haben daher entschieden, dass sie dieses Bedürfnis der Fans nicht länger ignorieren können. Im Frühjahr 2024 haben sie exklusive Deluxe-Versionen über ihr eigenes Plattenlabel Night Demon Records außerhalb Europas veröffentlicht. Am 4. Oktober wird Steamhammer/SPV die neuen und aufgewerteten Deluxe-Editionen von "Curse Of The Damned" und "Darkness Remains" nun auch in Europa herausbringen.
Die Alben wurden von NIGHT DEMONs Gitarristen John Anthony neu gemastert und durch jeweils 2 Bonus-Songs aufgewertet. Die Vinyl-Version wird es mit schicken Farben passend zum Artwork geben. Die CD-Versionen kommen im Jewelcase mit Schuber und Poster.
NIGHT DEMON haben den Trend unbeschadet überstanden und sich musikalisch weiterentwickelt. Heute gehören sie zu den aufstrebenden Vertretern des klassischen Metals und überzeugen gerade mit ihrer umtriebigen und dynamischen Live-Präsenz, im besonderen auf Europas Bühnen und mit einem starken aktuellen Album.
Seit einigen Jahren macht ein Quintett aus Melbourne in Florida auf sich aufmerksam. Die fünf Herren schrecken nicht zurück vor brutalster Massakrierung ihrer Musikinstrumente, und jeder einzelne Release strotzt regelrecht vor gnadenloser Aggression. Sie nennen sich "Bodysnatcher", zu Deutsch in etwa "Leichendieb", und ballern uns schwungvoll mit schwerster Artillerie astreinen Südstaaten-Deathcore um die Ohren.
Nun hat der Schlachthaus-Squad aus Florida erneut zugeschlagen, und zwar in Form einer recht kurzweiligen EP, die den gruseligen Namen "Vile Conduct" trägt (dt.: scheußliche Tat). Das Cover des Werks zieren ein paar blutige, frisch gezogene Zähne nebst rostiger Zange auf holzigem Untergrund. Wer den physischen Datenträger in die Hände bekommt, erhält auch noch einen Blick auf die Rückseite, die den passenden Unterkiefer zu besagten Zähnen zeigt. Blutverschmiert, schmerzverzerrt, alles irgendwie abstoßend.
Das mag alles nicht sehr einladend sein, aber es ergänzt ganz gut das, was den Hörern akustisch auf der EP geboten wird und visualisiert den Wahnsinn einer Krise, die das Heimatland des Quintetts seit mehreren Jahren plagt, wie wir im Verlauf noch sehen werden.
Musikalisch ist das Ding einheitlich und kompromisslos: Brutale Breakdowns, treibende Drums, alles herrlich dissonant und ultra tiefgestimmt. Mal schnell, mal langsam - das klassische Deathcore-Rezept, garniert mit brutalen, tiefen Growls direkt aus der Hölle. Es scheint fast müßig, dabei auf einzelne Songs einzugehen, denn im Grunde wird genau das mit jeder Nummer präsentiert. Man mag es, oder man mag es nicht - wer den Opener "Infested" feiert, feiert wohl auch den Rest der EP.
Spannend wird es dann aber doch mit dem 36-sekündigen "Confession", das ein einziger schwer verständlicher weil stimmlich verzerrter Monolog ist, der die derzeit in den USA grassierende Fentanyl-Krise thematisiert. Der Track leitet über zu "Murder8", für den sich die Jungs niemand geringeren als Hatebreed-Sprachrohr und Infield-Zerstörer Jamey Jasta ("DESTROOOOOY EVERYTHIIING") für ein paar Gast-Vocals ins Studio geholt haben. Auch wenn die Lyrics schwer verständlich bleiben, ist ihre Message, die schonungslose Verurteilung der Fentanyl-Krise in den USA, nur zu deutlich. Das Ausmaß der Drogenkrise, die auch den Heimatstaat von Bodysnatcher stark heimsucht, ist für uns in Europa kaum zu begreifen, das menschliche Leid der Betroffenen und Angehörigen herzzerreißend und schwer zu ertragen. Für Drummer Chris Whited ist der Song autobiographisch: er verlor beide Geschwister an die Droge, die als bis zu 100-mal stärker als Heroin gilt. Die Band zeigt einen klaren Standpunkt und gibt der Droge ein musikalisches Gesicht: Brutal, hässlich, unangenehm. Lines wie "Fentanyl made me an only child" gehen unter die Haut, erst recht, wenn man den Hintergrund kennt.
Auch Gastsänger Jamey Jasta hatte bekanntlich mit einer langen Alkoholabhängigkeit zu kämpfen, und so wirkt die Nummer wie ein starkes musikalisches Statement gegen sämtliche Drogen.
Bei genauerem Hinhören entpuppt sich übrigens auch nicht nur bei Murder8 ein gewisser Einfluss, den Jamey und seine Band, die derzeit auf 30-Anniversary-Tour ist, auf die Nachwuchs-Deathcore-Sternchen haben. Grade "Human Disdain" packt immer wieder die Hardcore-Keule aus und unterstreicht, dass der Gastauftritt von Jamey durchaus passend ist.
Das erklärte Ziel der Band ist es den "Core" in den Deathcore zurückzubringen. Die EP ist ein deutliches Zeichen, dass sie dabei auf dem richtigen Weg sind. Weg von den Blackened-Death-Einflüssen, die das Genre seit längerem mit Bands wie Lorna Shore heimsuchen, auch wenn die sicherlich ebenso ihre Berechtigung haben und grade das genannte Beispiel wohl aus keiner anständigen Metal-Playlist mehr wegzudenken ist. Bodysnatcher werden sich ihren Platz in diesen Listen in Zukunft allerdings ebenso verdient haben.
Ja, "Vile Conduct" ist abstoßend, hässlich, brutal. Das fängt beim Cover an, betrifft die angesprochenen Themen, betrifft die Musik. Doch genau das möchte es auch sein, und was am Ende hängen bleibt, ist ein Werk, das vor allem eines ist: schonungslos ehrlich. Nichts wird schöngeredet, und durch die autobiographische Prägung wirkt das auch authentisch. Landet es deshalb trotzdem in meiner Playlist "Metal, der bummst"? Ja. Weil es bei aller Schwere halt auch unfassbar Spaß macht, wenn man die Texte ausblendet. Moshpit, here we go.
Die Erzählung ist kurz und nicht ohne romantische Verklärtheit. Drei junge Musiker suchen und finden sich über die gemeinsame Vision, Musik zu machen. Das sind TORUS, die sich mit ihrem selbst betitelten Debüt heuer der Konkurrenz stellen. Ein Album über das Erwachsenwerden, über frisch gewonnene Erkenntnisse, über Kämpfe und Entwicklungen auch hin zur Band. Was davon ist wirklich relevant für das Album? Die Musiker unterscheiden verschiedene musikalische Vorlieben, und das macht es spannend. So verquirlt dieses frische und lebendige Debüt stimmig unterschiedliche Moves zu einem neuen Ganzen, ohne dabei das Rad neu zu erfinden oder als Sensation abgefeiert zu werden. Nein, es bleibt schon eher simple Rockmusik ohne Feenstaub und Stadion-Ambitionen.
Eine Stoner erprobte Fuzz-Gitarre flankiert den Opener "Avalanche", der sich trotz heavy Beginn als eine locker-flockige Rocknummer präsentiert. "Into The Clear" punktet wieder mit seinem groovigen Gitarrensound, der einfach ansteckend cool ist, wobei der Song etwas eindimensional bleibt, quasi als Hauptzutat das sechsaitige Instrument im Lampenlicht steht. "When It Comes" macht uns dann ein wenig die Brit Pop-Legende OASIS. Da TORUS auch aus England kommen, kann ich diesen Einfluss durchaus nachvollziehen. Der Song hat nicht ganz die Melodie-Tiefe, die ein Noel Gallagher eingewebt hätte, aber Kraft und eine sperrige Energie, die Spaß macht. Generell ist Sänger Alfie Glass' zum Teil nölige Art zu Singen der eines Liam Gallagher nicht unähnlich.
TORUS Debütalbum ist eine packende, ambivalente und trotzdem nachvollziehbare und gebundene Angelegenheit. Das Trio bietet groovigen Rock an, der in Teilen Stoner-, Punk- und Alternative Rock sowie eine Brise Brit Pop vereint und damit luftig leicht, und direkt unterhält. Applaus nach Milton Keynes im schönen England.