InterviewBis es aber soweit ist, dürfen sich Freunde der gepflegten Verwüstung mit dem Erstling "Chaos Complete" amüsieren. Anders Edlund ist Basser und erklärt, daß sich die Band nur aus einem Grund zusammen fand: für das erste Album bei Cold Records. Die Jungs kennen sich seit langem, mußten innerhalb der ersten drei Monate gleich drei Besetzungswechsel ertragen. Dennoch gelang es ihnen, das Album schon sechs Monate später fertig zu stellen. Auf der Scheibe hört der geneigte Fan den derzeit nicht unbeliebten Hybriden aus Death- und Thrash-Metal.
"Manch einer beschreibt uns als Mischung aus Old-School-Death und neueren Sachen. Andere meinen, wir hören uns nach Edge of Sanity an, nur brutaler. Wenn du mich fragst, es klingt einfach wie INCAPACITY.”
Eine Rolle beim Vergleich mit Edge of Sanity mag die Tatsache spielen, daß "Dread" (Anders "Drette" Andersson) früher bei denen gesungen hat. Festzuhalten bleibt jedenfalls: dem Newcomer gelang ein amtliches Album, das mit Titeln wie "Cancer Christ" regelrechte Hits aufweist. Noch ein Vorteil: die Scheibe wird nicht langweilig. Das kann daran liegen, daß in der Band gleich drei Mann beim Songwriting mitmischen. Oder an der Hilfe Jonas Kjellgrens, der mitsang und –zupfte, vor allen Dingen aber das Studio Black-Lounge betreibt, wo auch Carnal Forge und Centinex gern mal was eintrümmern.
Diesbezüglich kann Herr Edlund seine Begeisterung kaum zügeln: "Jonas ist der Größte, als Mensch und als Produzent. Ich hoffe, daß "Chaos Complete" genau wie das kommende Centinex-Album ein bißchen Werbung für seinen Schuppen machen. Er macht es wirklich schnell und gut."
Textlich dreht es sich bei INCAPACITY um die negativen Auswirkungen des Christentums. Dabei heben die Jungs allerdings nicht Satan in die Höh’. So mag Dread, für die Texte zuständig, Leute überhaupt nicht, die für ihre Taten keine Verantwortung übernehmen.
"Du kannst nicht 300 Menschen umlegen und dann behaupten, das wäre passiert, weil du deinem Gott dienst. Du mußt vielmehr zugeben, daß du grundlos gemordet hast."
Tot scheint auch die schwedische Szene zu sein, wenn man Edlund glauben kann. Vor allem, weil Gigs von Metal-Bands schlecht bis gar nicht besucht werden. Und wenn, dann seien die Besucher oft selber Mucker und kümmerten sich beispielsweise überhaupt nicht um eine deutsche Underground-Band.
"Traurig aber wahr", meint der Basser, "da können wir von den Metal-Heads im restlichen Europa viel lernen." Vom guten alten Kontinent kommt auch der Herr Artworker, Jacek Wiesniewski, der für Vader und Behemoth arbeitete. Auf dem "Chaos Complete"-Cover ist Feuer über einer Stadt zu sehen. "Das ist einfach ein Bild, das die Welt heute repräsentiert. Allerdings hat es nichts mit dem 11. September zu tun."
Viel getan auf dem Live-Sektor hat sich bei der jungen Band noch nicht, lediglich zwei Gigs in Schweden stehen zu Buche. Allerdings haben sie mächtig Bock auf die Bühne und hoffen auf Tour und Festivals. Bestätigt sind INCAPACITY wie gesagt für Bad Berka.
Das sei extrem cool, bemerkt der Tieftöner und gibt eine kleine Kostprobe seiner elementaren Deutschkenntnisse: "Prost! Sehen euch alle bei Party San O.A!!!"
Konzert:
Progsol - Solothurn, Kulturgarage
Konzert vom Bereits zum zweiten Mal wurde im schweizerischen Solothurn ein Festival der progressiven Rockmusik durchgeführt. Zu diesem Zweck gründete man anfangs dieses Jahres den Verein Progsol. Die Organsisatoren bemühten sich, ein abwechslungsreiches Programm zusammen-zustellen. Dabei stellte sich das OK folgende Regeln: Die Bands sollten grösstenteils aus verschiedenen Ländern stammen und in der Musikrichtung jeweils andere Massstäbe setzen.
Mit Zenit (CH), Omni (ESP) und TAAL (F) sowie Ex-Vagus (F), Ars Nova (JAP) und Focus (NL) fand man schnell interessante und bereitwillige Gruppen. Leider mussten Omni ca. einen Monat vor dem Festival wegen internen Bandproblemen absagen, dass somit schnellstens ein ebenbürtiger Ersatz gefunden werden musste. Glücklicherweise klärten sich die Italiener La Maschera di Cera bereit, die Lücke zu füllen, Somit war der Grundsatz "Progressive Rockmusik aus 5 verschiedenen Ländern" gerettet.
Freitag, 17.10.03
Da die Besucherzahl an diesem Abend ein wenig zu wünschen übrig ließ, versetzte man kurzfristig den Anfang des ersten Konzertes auf 20.15. Bis dahin trudelten immerhin noch einige wenige Leute mehr herein. Die aus dem schweizerischen Tessin stammenden ZENIT erhielten die Ehre, das Festival zu eröffnen. Zenit veröffentlichten bereits vor 3 Jahren ihr Debütalbum Pravritti, das einige gute Kritiken erhielt. Bis dahin hielten sie die Lyrics größtenteils in italienischer Sprache. Doch mit dem herannahenden Termin zur Veröffentlichung ihrer zweiten Cd wechselten sie vermehrt zur englischen Sprache. Das Publikum kam in den Genuss einiger neuen Stücke, die schon mal sehr vielversprechend klangen. Vor allem Genesis-Fans dürfen sich auf das neue Werk freuen, den bei Keyboarder Ivo Bernasconi merkte man schon, dass Tony Banks ein Vorbild ist.
Nach einer kurzen Umbauphase enterten LA MASCHERA DI CERA die Bühne. Mit Makeup im Gesicht des Sängers und einem bombastischen Sound eroberten sie schon bald die Gunst des Publikums. Ihre Mischung aus Art Rock der Siebziger diverser italienischer Bands sowie ein wenig King Crimson und Genesis konnte einfach gar nicht ignoriert werden. Im großen und ganzen eine tolle Band, die gerade wegen ihrem dramatischen italienischen Gesang von vielen heutigen sogenannten Progbands abheben.
Es folgten TAAL aus Frankreich. Ganze 10 Musiker standen zusammen auf der Bühne. Neben Keyboards, Gitarre und Bass fiel vor allem die ungewöhnliche Kombination zweier Drummer, die sich auch noch für die meisten Vocals verantwortlich zeichneten sowie die an ein Kammerorchester erinnernden restlichen Musiker auf. Da spielten also Instrumente wie Cello, Violinen, Saxophon, Querflöte, Gitarren und Tasteninstrumente um die Wette. Das Resultat: ein gewaltiger Wall of Sound klassischen Ursprungs. Wer mit der Vorstellung Heavy Rock meets Klassik sehr gut leben konnte, kam voll auf seine Kosten. Schade, dass zum Teil gewisse Instrumente in der Lautstärke der Performance ein wenig untergingen.
Samstag, 18.10.03
Bedeutend mehr Zuschauer konnte das Festival am zweiten Tag verzeichnen. Um 20.00 starteten Ex-VAGUS aus Grenoble (F) ihr gut 75-minütiges Programm. Den Einfluss der französischen Prog-Legende Ange konnte man nicht überhören. Die Band verfügt über einen ausdrucksstarken Sänger, der seine Texte sehr glaubwürdig zu präsentieren vermochte. Ob man nun seine Stimme mochte oder nicht, die Band legte einen atemberaubenden Set hin.
Nach 30 Minuten Pause betrat das japanische Trio ARS NOVA die Bühne. Von Anfang an dominierten natürlich die Keyboards von Bandleaderin Keiko. Dass sie in ihrer Jugend Emerson Lake and Palmer sowie King Crimson gehört haben muss, war nicht zu verleugnen. Dass die Performance sich aber zu einem Highlight seinesgleichen mutierte, ist vor allem dem verrückten Aushilfsdrummer der japanischen Band Gerard zu verdanken. Ich meine, der Typ versteht was vom Trommeln, ohne Frage. Der haute so richtig auf seine Drums ein, schrie zwischendurch dem Publikum entgegen, legte ein gut 5-minütiges Drumsolo hin und spielte mit einem Mikro an diversen Effekten rum. Eine Performance, die man nicht so schnell vergessen wird. Die Zuschauer gebührten der Band lange Applause und man merkte, dass jeder auf seine Weise beeindruckt war. Die Crew vom Progsol gewährten der Band daraufhin eine Zugabe.
Auf die letzte Band des Festival, FOCUS, hatten die meisten natürlich schon sehnlichst gewartet. Als Focus am Nachmittag eintrafen, waren sie schon guter Laune und wir vom Progsol-OK kamen in den Genuss eines knapp 20-minütigen Jams, bevor sie überhaupt zum Soundcheck übergingen. Somit durfte man vom Abend einiges erwarten. Das letzte Mal, dass die Band in der Schweiz gastierte, war 1977. Ein wenig vor Mitternacht betraten sie nun also die Bühne und legten mit einem emotionsreichen Instrumental gleich los. Der neue Gitarrist Jan Dumee liess Jan Akkerman schnell einmal vergessen. Thijs van Leer brillierte auf Hammond und Flöte, jodelte und brummte zwischendurch. Ein Riesenspaß, der sehr spielfreudigen Band zuzuhören. Natürlich durften die Riesenhits Hocus Pocus und Sylvia nicht fehlen. Aber auch neuere Songs der brandneuen Cd Focus 8 fanden ihren Weg zum Zuhörer. Das Publikum feierte die verlorenen Söhne Hollands wie eine königliche Familie. So schnell liessen wir Focus nicht wieder gehen und man kam in den Genuss diverser Zugaben.
Die Organisation, der Sound, das breite Angebot an CD’s, T-Shirts, Getränken und gleichgesinnten Proghungrigen Leuten liess keine Wünsche offen. Bis auf die mässige Anzahl der Zuschauer kann man das diesjährige Progsol-Festival als vollen Erfolg bezeichnen.
(Daniel Eggenberger/Progsol, Kontakt über die Redaktion)
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