Italienische Punk-Bands tendieren normalerweise in die unsägliche Poppunk/Emo-Ecke. Umso überraschter war ich, als ich mir das vierte Album der MANGES aus La Spezia zu Gemühte führte. Denn hier werden einem in gut 26 Minuten 14 (!) schönste Old School Punkrock-Songs der Sorte HARD-ONS, QUEERS und vor allem RAMONES um die Ohren gehauen: grade, schrebbelig, rotzig und irgendwie herrlich altmodisch. Dazu jagt noch eine Ohrwurm-Melodie die andere. Lediglich bei "Vengeance Is Mine" wurde ich stutzig, denn hier verfällt der Vierer unnötigerweise in Ami-Poppunk-Sound, den wirklich niemand braucht. Da drängt sich einem dann doch der Gedanke auf, dass die Jungs mal was MTV-taugliches produzieren wollten. Ansonsten gibt´s nicht viel zu meckern, außer, dass die Vielfalt ein wenig zu wünschen übrig lässt. Sprich: Im Verlaufe des Albums klingt alles etwas zu gleich und zu austauschbar und wird dann auch ein bisschen langweilig. Aber egal - die Jungs haben Spaß und Energie und transportieren das gekonnt. Und das wirkt ansteckend. Daumen hoch!
PRYMARY passen mit ihrem epischen Prog-Metal der komplexeren Sorte so gar nicht zu ihrer fröhlichen südkalifornischen Heimat und wären wohl eher im regnerischen Norden oder Osten der USA gut aufgehoben. Irgendwo zwischen den instrumentalen Parts von Dream Theater und der europäischen Atmosphäre von Pain Of Salvation angesiedelt, durfte das Quintett dabei schon für Größen wie Fates Warning, King´s X, Spock´s Beard und Enchant eröffnen und sollte mit ihrem Zweitwerk "The Tragedy Of Innocence" einen guten Schritt nach vorne machen. Thematisch geht es auf dem Konzeptalbum um eine traumatisierte Frau, welche als Kind von ihrem Vater sexuell missbraucht wurde. Das der Wirklichkeit entnommene Thema (es geht um die Frau eines der Bandmitglieder) wird dabei von PRYMARY weder oberflächlich noch vordergründig verarbeitet. Auf "The Tragedy Of Innocence" wird die Geschichte in 12 Songs und zeitlicher Abfolge (Song Eins "Dirty Room - Part 1 ... 25 Years Ago" bis Song zwölf "Choices - Right Now!") nachvollzogen und, dem Thema entsprechend anspruchsvoll und nicht immer einfach musikalisch dargeboten. Eingängigen Tracks wie der Ohrwurm "In My Shell" stehen schwerer nachvollziehbare Stücke wie "Soul Deceiver" gegenüber. Sänger "Mike Di Sarro" macht an sich einen guten Job, kann dem druckvollen Instrumentalparts aber nicht immer folgen. Aber ebenso wie die hin und wieder über die Songdienlichkeit hinausgehenden Frickeleien stört dies bei dem gut produzierten Album kaum und damit dürften PRYMARY bei der Zielgruppe mit diesem Album durchaus Punkten. Anspieltipps sind hier allerdings nicht zu geben - "The Tragedy Of Innocence" wirkt definitiv nur als Ganzes.
Mit Namen haben es die Leverkusener KINGDOM OF SALVATION irgendwie nicht so. Der Bandname läßt an eine Eierkneifer- oder Progband denken, während der Plattentitel ein akustisches Inferno Marke MESHUGGAH ankündigt. Aber weit gefehlt: die Combo hat auf der Scheibe thrashigen Death Metal versteckt, der immer direkt auf die Zwölf geht und mit Chaos so gar nichts zu tun hat. In der Gitarrenarbeit hörbar vom Schwedentod beeinflusst und beim Gesang und Songaufbau von deutschen Thrashern Marke DESTRUCTION und KREATOR, haben die elf Songs ordentlich Wumms und viel Groove - wer auf so ein Thrash/Death-Gemisch steht, wird mit "Lost In Chaos" zweifellos glücklich werden. Zum Antesten sollte der groovende Mid Tempo-Titeltrack und das rasante "Crusader" locker reichen. Feine Sache!
FEAR MY THOUGHTS haben nach "Hell Sweet Hell" bei Century Media unterschrieben, ein Schritt, der durchaus Sinn machte. "Vulcanus" ist das erste Album dieser neuen Kollaboration, produziert von Jacob Hansen und mit fast einer Stunde anständig lang ausgefallen. Schon beim Opener "Accompanied By Death" wird deutlich, dass die Hardcore-Einflüsse von FEAR MY THOUGHTS der Vergangenheit angehören und stattdessen eine reine Metalplatte vor einem liegt. Die Songs sind vielschichtig ausgefallen und lassen sich nicht beim ersten Durchlauf in ihrer ganzen Komplexität erfassen. "Vulcanus" ist eine Scheibe, die entdeckt werden muss, ein Aufwand, der sich durchaus lohnt und die Komplexität der Songs nach und nach offenbart. "Soul Consumer" kann mit einem tollen, clean gesungenen Refrain überzeugen, während das pfeilschnelle "Accelerate Or Die" (bei dem Schmier (Vocals) und Mike (Gitarre) von DESTRUCTION mitwirken) eine echte Thrash-Granate geworden ist, die live mächtig Arsch treten wird. "Both Blood" ist dagegen sehr melodisch und tempomäßig deutlich gemäßigter und klingt durch die Gitarrenarbeit sehr modern. Überhaupt ist der Gesamtsound deutlich metallischer als in der Vergangenheit und gleichzeitig sehr an neuere Sounds wie SOILWORK oder die letzte GOREFEST angelehnt. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass FEAR MY THOUGHTS einen Haufen neuer Ideen in ihren Sound eingebaut haben und "Vulcanus" zur logischen Weiterentwicklung von "Hell Sweet Hell" genutzt haben. Grundlegend Neues bekommt der geneigte Metalfan zwar nicht zu hören, jedenfalls wenn er Bands wie SOILWORK, THREAT SIGNAL und IN FLAMES konsumiert, aber die zwölf Songs sind solide und haben durchaus ihren Reiz. Eigentlich sogar mehr als, im internationalen Verlgeich mit den genannten Combos brauchen FEAR MY THOUGHTS keine Scheu zu haben und können mit breiter Brust daherkommen.