Konzert:
Schlachtnacht - Göttingen, Juzi
Konzert vom Das „Juzi“, das seit Mitte der 80er als Treffpunkt für die linke Szene Göttingens dient und eine bewegte Geschichte hinter sich hat, bietet auch alle paar Monate eine Veranstaltung für den gemeinen Metaller, nämlich die „Schlachtnacht“, die von einigen Göttinger Fans veranstaltet wird und gänzlich Underground-Charakter besitzt. Der Eintritt beträgt immer fast schon lächerliche fünf Euro, und dafür bekommt man meist drei bis vier Bands zu sehen, die eher der härteren Kategorie zuzuordnen sind. Das größte Bonbon, aber auch das größte Problem, wenn man über das Spektakel angemessen berichten will, ist der unglaublich konkurrenzlos niedrige Preis für Bier und ein paar andere, wenige alkoholische Getränke. 1,50 Euro inklusive Pfand sind für wahlweise 0,5 (!) Liter Krombacher oder Becks aus der Pulle ein Witz; so etwas gibt es sicher kaum irgendwo anders!
Meist hat man schon acht bis zwölf Gerstenkaltschalen intus, wenn die erste Band anfängt, was an diesem Tag die niedersächsischen Death Metaller BLOODSTAIN waren, die wir allerdings leider aufgrund eines verpassten Busses nicht erleben konnten. Als wir im „Juzi“ ankamen, hatte das Band bereits ihren letzten Song gespielt, doch Zeugenaussagen zufolge sollen sie absolut überzeugt haben.
Ebenfalls aus dem todesmetallischen Lager stammten GUERRILLA, die ich bereits einmal vor über zwei Jahren auf dem „Thrash Till Death“-Festival gesehen hatte, die aber allerdings ihr Line-Up seit dieser Zeit ordentlich „überarbeitet“ haben. Sänger Marcello White war ebenso nicht mehr dabei wie Ex-FORCES AT WORK-Bassist Armin Alic, so dass ich die Band kaum wiedererkannte. Musikalisch hat sich jedoch nicht viel verändert; die Jungs brettern nach wie vor eine knackige Mischung aus Groove- und Death Metal in die Menge, die nicht nur meine spärlich ausgestattete Matte ordentlich zum Fliegen brachte. Die Songs gingen einfach ins Blut, genau wie das schätzungsweise vierzehnte Bier, das ist ich gegen Ende des wirklich geilen Sets in mich hineinschüttete. Prost!
Die holländischen Frohnaturen IZEGRIM gehören im Großraum Südharz bereits zur Familie und haben sowohl in Osterode wie auch in Göttingen beinharte, zumeist männliche Fans, woran zwei attraktive Damen in den Reihen der Band vermutlich nicht ganz unschuldig sein dürften. Gitarrist Jeroen kam mir schon lange vor dem Gig breit grinsend auf dem Flur entgegen und schien auch nicht mehr so ganz alleine zu sein. Der Gig des Gespanns gehörte nicht unbedingt zu den besten, die ich schon von der Band erleben durfte, aber immerhin gab es einen vielversprechenden, akustischen Ausblick auf das neue Album, das den coolen Titel „Tribute To Totalitarianism“ trägt. Meine Fresse, dieses viele Bier hatte mich schon reichlich in den Standby-Modus geschaltet, denn die letzten Songs der Band steckten schon reichlich im Nebel. Aber mit diesem Symptom stand ich nebenbei bemerkt nicht ganz alleine da…
Das ging echt gar nicht mehr! Als die Underground-Kultband PAGAN RITESzum Gig ansetzte, hatte ich schon richtig derbe einen in der Krone. Die obskuren Songs der Band waren sicher nicht Jedermanns Sache, so dass einige beinharte Death Metaller schon den Rückzug antraten, doch die Show an sich war wirklich sehenswert, nicht zuletzt dank des völlig peinlichen Outfits von Sänger Thomas Karlsson, der mit Spandexhose und Corpsepaint auch nüchtern echt lustig ausgesehen hätte. Für echte Old School-Fans waren die teils blackmetallischen, teils doomigen und teils traditionellen Stücke eine runde Sache, so dass man insgesamt von einem gelungenen Auftritt sprechen kann. Danach wurden viele glückliche Metaller nach einer geilen Party und voll wie tausend Russen ins Göttinger Nachtleben entlassen. Und mit gut 100 zahlenden Gästen war diese „Schlachtnacht“ auch angemessen besucht, wobei noch mehr Publikum sicher nicht geschadet hätte. Freuen wir uns auf die nächste Runde im Jahr 2008!
Konzert:
Massacre, Exterminator, Denial Fiend, Ashura - Berlin, K17
Konzert vom Es soll ein historischer Abend werden. Wird er auch. Die "MASSACRE Re-Animated Tour 2007" startet im Berliner K 17. Im Friedrichshainer Kulturzentrum beginnt die definitiv letzte Tour der floridianischen Death-Metal-Legende - wie Sänger Kam Lee ausdrücklich bekräftigt - mit den Supportbands ASHURA, DEINAL FIEND und EXTERMINATOR. Doch vorher sind ein paar ängstliche Gesichter im Publikum auszumachen. Angst? Warum?
Vielleicht vor den Vorbands? Die Franzosen ASHURA beginnen, vor gezählten fünf Interessierten in der geräumigen Halle des K17. Nicht, dass die beiden Scheiben (2006: "At The Dawn Of Your Deterioration", Aktuell: "Legacy Of Hatred") der biederen Band aus Amiens so richtig mies sind. Aber für eine konkrete Zündung sorgt weder das oft gehörte Euro-US-Death-Gemisch noch die Show. Das Stageacting geht bei den Instrumententrägern gegen Null, Kollege Dave stolpert leicht epileptisch durch die Gegend wie Veggie-Barny mit zuviel Napalm im Haar. Und das obwohl die Kapelle mit Fabien Desgardins (Spitzname: "Fack") einen neuen Gitarristen zur Verstärkung aufs Baguette geholt hat. Letztlich kommen ein paar mehr Leute in die Halle, um sich Songs wie "The Cursed Seal" oder "My Cold Fury" vom neuen Album einzufahren. Begeistert scheint aber lediglich ein Einziger, der direkt vor der Bühne den längsten Luft-Bass der Welt spielt und trotz gehobenen Bruno-Genusses (das ist die tschechische Bier-Hausmarke - süß, aber oho) nicht umfällt.
Der lange Umbau bringt eine kleine Überraschung, denn bereits jetzt treten bereits erstmal Kam Lee und seine Freund in Aktion. Als DENIAL FIEND. Das ist das neue Projekt der Herren mit - Kam Lee vocals (Massacre, Death) Terry Buttler (Massacre, Six Feet Under, Death) am Bass, Sam Williams (Down By Law, Pseudo Heroes) an der Gitarre und Curt Beeson (Nasty Savage)am Schlagzeug. Kam Lee selbst kommt als böses Gerippe (als verkleidet, in echt ist er nicht ganz so schlank) mit schwarzer Eishockeymaske. Und macht einen auf Horror-Punk-Metaller, der über die Bühne schleich-krabbelt, wie das gefühlte Tier am Metallica-Bass. Das ist recht amüsant, weil es so gar nicht zum Death-Metal-Oeuvre einer Legende passen mag. Genau wie das Gehüppe des Nirvana-Verschnitts Williams. Die Songs klingen aber cool, stinken nach Misfits und CoKG. Songs vom Debüt "The Rise" hauen dem Death Metaller jetzt nicht die Hirse aus dem Hirn. Aber sie beweisen immerhin, dass Meister Lee es noch drauf hat ? trotz merkwürdigen, aber irgendwie nicht unsympathischen Auftretens. Groß der Jubel beim wachsenden Publikum, als Herr Lee mit "Legion Of Doom" einen Song vom 84er-Demo "Death By Metal", übrigens aufgenommen von Chuck Schuldiner, Kam Lee (auch an den Drums)und Rick DeLillo, genannt Rozz ...
Nach diesem ersten Höhepunkt entspannte sich der Bogen wieder. Das belgische Urgestein EXTERMINATOR, erklimmt die Bühne, bietet ein toughen Eindruck und macht einen kompetenten Eindruck. Kein Wunder, machen die Kinder des Reinheitsgebotsbrecher doch schon seit 1991 Death Metal. Was ihnen wiederum nicht ermöglichte, dolle Songs zu schreiben. Und so plätschert der keineswegs schlechte, dennoch aber über die Maßen belanglose Death Metal aus Peer vor sich hin, nicht wenige suchen Erfrischung an der Bar. Vielleicht ist es doch kein Wunder, dass die Belgier irgendwie nie so richtig durchgestartet (oder bei einem erfolgreichen Label untergekommen) sind. Im übertragenen Sinne: "Road Crash Rebellion" ist okay. "Slay Your Kind" - nicht unbedingt nötig.
Nach einer überraschend kurzen Umbaupause erklingen die ersten Takte des "From Beyond"-Openers "Dawn Of Eternity" - was zu fluchtartigen Auswüchsen auf den Pissoirs sorgt. Junge Menschen wollen nicht eine Note des unwiederbringlich finalen Berlin-Massakers verpassen, ältere und alte auch nicht. Inzwischen hat sich die Halle gut gefüllt, auch wenn noch Lücken klaffen und vielleicht 200 Leute die Flagge des Todmetalls raisen. Schade, aber die Klamotten sind nur leidlich gewechselt, vor allem unser Lieblingsgrungr hüpft mit seinem Sieben-Sekunden-Hemd herum wie ein Kleinkind in der Hüpfburg des örtlichen Möbelhauses. Dafür aber haben die Herren (Line-Up wie DENIAL FIEND, verstärkt um Gitarrist Steve Swanson (Massacre, Six Feet Under) auf der linken Seite den Coolheits-Faktor gepachtet. Und mittendrin steht Kam, überzeugt durch seine Schreie und beweist, dass Barney Greenway oder Cradles Dani sich das richtige Vorbild ausgesucht haben. "Cryptic Realms", "Biohazard", "Succubus", "From Beyond", "Provoked Accuser" (von der MLP), "Chamber Of Ages" - ein Kracher jagt den nächsten, nix von "Promise". Alles ist wunderbar. Den Corpse grindet Lee mit Fans und Musikern gemeinsam, es folgen Dankesbekundungen und Hände schütteln und viele Gespräche nach dem Gig. So will ein jeder trotz mehr als 20 Euro Eintritt, nur gut einer Stunde Auftritt und namens/gesichtsloser Vorbands glauben, die Amis meinten es ernst. Wenn nicht - auch nicht schlimm ? denn historisch war es allemal. Und trotz einiger, unrunder Passagen auch einfach gut. Die Angst, MASSACRE könnten sich ihren legendären Namen kaputt machen, diese Angst war in jedem Fall unbegründet.
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Konzert:
Eastpak Antidote Tour - Hamburg, Grünspan
Konzert vom
In der Schlange vor uns unterhielten sich zwei Metalfans Anfang zwanzig: "Gut, dass das Publikum hier jünger ist als bei Amon Amarth und Dimmu - da habe ich mich ja gefühlt wie ein Teenie!" Wenige Augenblicke später erscheint das Publikum nur noch im Schnitt ein Jahr jünger als vier Tage zuvor, aber vorhandene oder nicht vorhandene Altersdifferenzen werden im Verlauf des Abends noch eine lustige dramaturgische Rolle spielen.
SONIC SYNDICATE
Los geht es mit den Jüngsten, also mit SONIC SYNDICATE, und wir bleiben noch einen Augenblick beim Alter: Denn vor allem die anwesenden Fans unter 22 bangten bei den fünf Nachwuchs-Schweden von der ersten bis zur letzten Sekunde mit - egal, ob sie noch an der Jacken-Abgabe oder schon am Tresen standen. Und diejenigen, die so pünktlich waren und sich schon massig vor der Bühne drängten, konnten jedes Lick von "Only Inhuman" auswendig. SONIC SYNDICATE sind die Band der Stunde, und die massive Live-Erfahrung, die ihnen momentan ermöglicht wird, tut das ihre. Die Bühnen-Präsenz ist immer noch durch-choreografiert bis zur letzten Pose, aber es wirkt nur noch statisch, wenn etwas unverhofftes passiert. Und das kam in Gestalt von Darth Vader auf die Bühne. Der redete erst etwas schwedisches, und dann ein "Ich bin dein Vater" zu den Sunesson-Brüdern. Die guckten daraufhin ganz schön verwundert aus der Wäsche - und spielten eiskalt weiter. Die Überraschung war Mikael Stanne ganz offensichtlich gelungen - denn für DARK TRANQUILLITY war es der letzte Tag dieser Tour, und da hatten sie sich offensichtlich die Youngsters für das obligatorische Scherzchen ausgesucht.
SOILWORK
Vor den Altmeistern kamen aber erst SOILWORK auf die Bühne. Die hatten den schlechtesten Sound des Abends, aber das tat der Euphorie, mit der sie abgefeiert wurden, keinen Abbruch. Björn Strid gab die Rampensau, und seine Version des prolligen Alleinherrschers schien als Entertainment aufzugehen. Das Grünspan war inzwischen picke-packe-voll und ausverkauft - und ein Meer aus Händen, das sich abwechselnd nach Björns Anleitung und dem Drumsound bewegte. SOILWORK haben sich als Band im Alters- und härtemäßigen Mittelfeld für das Ungestüme der Junged entschieden, dementsprechend werden selbst eher melodische Songs runtergerotzt und zum Beispiel "As We Speak" ordentlich durch den Brüllton gezogen. Wer an diesem Lied den klaren Gesang mochte, konnte die Nase rümpfen - neunzig Prozent des Publikums waren aber so mit Bangen und Abgehen beschäftigt, dass SOILWORK den Gig achselzuckend so nach Hause gefahren haben. Als Triumphzug.
DARK TRANQUILLITY
Wer gedacht hatte, dass die Tour-Ältesten von DARK TRANQUILLITY dem nichts mehr entgegenzusetzen haben, wurde danach um so mehr eines Besseren belehrt. Die Miterfinder des Göteborg-Sounds kamen auf die Bühne, sahen und siegten. Jeder Anwesende vom Teenie bis zum Ü-30 johlte und klatschte nun mit, als DARK TRANQUILLITY mit "Terminus (Where Death Is Most Alive)" zeigten, wie schmissig und zeitgemäß Death Metal sein kann! Der Spannungsbogen hätte aber auch nicht besser gewählt sein können: Als zweiten Songs gab es Gänsehaut und geschütteltes Haar zu "The Lesser Faith", danach zwei ältere Songs aus den letzten zehn Jahren, bevor mit dem aktuellen Hit "Focus Shift" noch mal aufgelockert wird, bevor es für ganz alte Fans mit dem "The Gallery"-Opener "Punish My Heaven" Zucker gibt. Und oh Wunder - jaa, das mit dem Altersunterschied verwischt sich gerade unter einer Schicht von Schweiß - dazu schwenkten sich dann alle Haare gleichzeitig, unabhängig von Länge und Splissgrad! Der nächste Kunstgriff folgte mit dem nächsten Song, denn nur DARK TRANQUILLITY schaffen es, eine Ballade wie "Misery´s Crown" zu schreiben, auf deren Beat man herumspringen kann. Zack, den Opener vom vorletzten Album "Character" noch hinterher - kein Wunder, dass jetzt die "Zugabe"-Rufe laut wurden!
Setlist DARK TRANQUILLITY
Terminus
The Lesser Faith
The Treason Wall
The Wonders At Your Feet
Focus Shift
Punish My Heaven
Misery´s Crown
The New Build
CALIBAN
In der - ziemlich langen - Umbaupause haben sich die Temperaturen langsam wieder auf dem Niveau eines Sauna-Vorraums normalisiert. Aber das soll ja nicht so bleiben, die Gitarristen rufen zur Sportstunde mit CALIBAN und deuten mit einer knappen Bewegung an, wie die erste Disziplin aussehen soll: Zu "Nowhere To Run" gibt es den ersten, noch kleinen Circle Pit. CALIBAN haben als erste Band dieses Festival-Trecks die volle Bühne zur verfügung und müssen sich nicht wie alle anderen bisher mehr hinter- als nebeneinander aufstellen. Ideale Bedingung für Sänger Andy Dörner, um als Vorturner den Fans zu zeigen, wie weit und schnell man während eines Songs laufen kann. Der nächste Circle Pit zieht auch sofort größere Kreise und geht fast bis zum Soundpult. Nächste Disziplin ist die obligatorische "Wall Of Death". CALIBAN lassen dazu "300" nachspielen, rechts die Spartiaten gegen links die Perser. Und rauf aufeinander mit Gebrüll. Zum nächsten Song gibt es wieder einen Circle Pit. War´s das? Nicht ganz. Denn ganz nebenbei haben CALIBAN über die letzten Jahre eigentlich gelernt, wie man leisere Töne einflicht, aber wie schon SOILWORK vor ihnen, scheitern auch CALIBAN an der zweiten, klaren Stimme. Autsch! Wenigstens lassen sich CALIBAN nicht beirren, auch wenn sie zwischendurch etwas zu selbstverliebt rüber kommen: Als sich die Songs ab jetzt alle ein bisserl zu sehr ähneln, lichten sich die Reihen merklich. Stoisch spielen CALIBAN ihren Stiefel runter, die Songs werden wieder eingängiger - und als erbettelte Zugabe gibt es endlich "Burden To Bleed" - auch ohne verunglückten Gesang. Die Teilnehmer der Sportstunde gehen glücklich und ausgepowert Richtung Garderobe - und sind an der Schweiß-Wolke um sie herum auch deutlich zu erkennen...
Setlist CALIBAN
Nowhere To Run
I Rape Myself
I Have Sold Myself
I Will Never Let You Down
Stigmata
Forsaken Horizon
Beloved
Life Is Too Short
Together Alone
Stop Running
Between The Worlds
Goodbye
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Burden To Bleed
My Time Has Come
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