Bands wie THE MORNING AFTER werfen immer die Frage auf, ob sie überhaupt irgendwas ernst nehmen und wenn ja, was. Ihr Album „You Can’t Hurt Steel” macht schon mit dem Titel klar, dass hier Metal durch den Kakao gezogen wird, ohne Gnade, ohne Rücksicht. Und richtig, von Stadionrock bis Power Metal, von Metalcore bis Glam Rock findet sich alles im Sound der Band wieder, die es dabei versteht, alles zu einer kurzweiligen Mischung zusammenzurühren. Tracks wie das extrem cheesige „Glitter And Bombs“, in denen der Sänger alles gibt, was ein Power Metal-Sänger zu geben in der Lage ist, oder die 80er Jahre-Hommage „Atlantis“ machen durchaus Laune, solange sie nicht zu ernst genommen werden. Aber das wirft die Frage auf, wer sich so eine Scheibe kaufen wird. Echten Metallern wird das im Zweifelsfall zu abwertend sein und wer mit dem ganzen Metalzirkus eh nicht viel anfangen kann, braucht auch „You Can’t Hurt Steel“ nicht. Zudem sind die Songs bei allem Stilmix mit starker Heavy Metal-Schlagseite, was die Originale besser können – für eine trashige Party taugen IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST und MÖTLEY CRÜE allemal besser als THE MORNING AFTER.
Das ewige Thema bei NIGHTRAGE sind Line Up-Wechel, scheint es. Vor „Wearing A Martyr’s Crown” musste Marios Iliopoulos schon wieder neue Leute suchen, wie ihm das bisher vor jeder Scheibe nach dem Debüt ging. Gefunden hat er Musiker, die bei Bands wie BURN YOUR HALO, DRAGONLAND oder SUICIDE OF DEMONS anzutreffen sind. Gefunden hat sich die neu zusammengestellte Mannschaft hörbar gut, die handwerkliche Leistung und das Zusammenspiel klappt auf „Wearing A Martyr’s Crown“ sehr gut. Besonders hervorzuheben ist Drummer Johan, der immer wieder Akzente setzt und mächtig Druck macht. Mario hat mittlerweile ein gutes Gespür dafür, wie ein melodischer Death Metal-Song zu klingen und aufgebaut zu sein hat und so gibt es auch auf diesem Album durchweg gelungene Songs, die zwar immer wieder an alte IN FLAMES, DARK TRANQUILLITY und den Rest der Göteborg-Band erinnern, aber gut genug sind, damit das nicht stört. „Collison Of Fate“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie catchy Schwedentod sein kann, während „A Grimm Struggle“ wuchtiger daherkommt und einen Hymnen-Charakter aufweist. Die beiden Gitarren machen ordentlich Dampf und haben viele sehr schöne Melodien in ihrem Repertoire, selbst vor Soli scheuen sie nicht zurück („Sting Of Remorse“). Insgesamt ist „Wearing A Martyr’s Crown“ ein gutes Melodic Death Metal-Album geworden, das in seiner Gesamtheit überzeugen kann und Erinnerungen an die gute alte Zeit weckt. Bleibt zu hoffen, dass die Band diesmal länger im gleichen Line-Up aktiv ist und die Anerkennung bekommt, die ihr zusteht.
Schon auf ihrem starken Debüt “Begins Here” (siehe Review) wusste die australische Alternative-Hoffnung zu überzeugen, und auch der Drittling „Final Conversation Of Kings“ (cooler Titel übrigens!) geizt nicht mit tollen Songideen und sehr gefühlvollen Melodien, die allerdings, im Gegensatz zu früher, nicht mehr ganz so „schrammelig“, bzw. „grungig“ daherkommen. Hat man beim Debüt noch partiell Bands wie PEARL JAM, DEFTONES oder auch mal NIRVANA rausgehört, tendiert der Sound von THE BUTTERFLY EFFECT anno 2009 etwas mehr in Richtung RUSH oder PORCUPINE TREE, was die Musik insgesamt etwas zugänglicher und für Proggies ebenfalls noch interessanter macht. Modern klingt die Band aber immer noch, wenn auch im positiven Sinn zeitlos, woran besonders Sänger Clint Boge großen Anteil hat, der es schafft stets kraftvoll und emotional zu klingen, was Songs wie „Final Conversation“, „… And The Promise Of The Truth“, „In These Hands“ oder dem geilen „Window And The Watcher“ (toller Refrain!) eine ganz eigene Note verleiht. Normalerweise würde ich “Final Conversation Of Kings” sofort einen “Tipp” verpassen, aber einige der Stücke (etwa der kaum in Fahrt kommende und am Ende sogar mit Bläsern getunte Opener „Worlds On Fire“, das ein wenig an U2 erinnernde „Rain“ oder das sperrige, abschließende „Sum Of 1“) wirken auf mich ein Stückweit so, als hätte man dort gute Ideen nicht zu Ende gedacht und die gelungenen Songwriting-Ansätze verpuffen lassen. Das ist aber natürlich lediglich ein rein subjektiver Eindruck, der modern angehauchte Proggies und alternative Rocker nicht davon abhalten soll, dieses sehr starke Album auszuprobieren!
Die Polen AZARATH sind in ihrer Heimat tief in der Death Metal-Szene verwurzelt, schließlich existiert die Band schon seit 1998, hat unter Anderem mit VADER und VESANIA getourt und hat mit Drummer und Gründungsmitglied Inferno den amtierenden BEHEMOTH-Wunderknüppeler in der Band. Erwähnte BEHEMOTH und VADER sind dann auch so etwas wie die Eckpfeiler des Sounds von AZARATH, die jedem Fan beider Bands ohne Umschweife zusagen dürften. Bollerndes Doublebase-Gewitter trifft auf messerscharfe Riffs und die ultratiefen, maßgeschneiderten Growls von Bassist Bruno. Das Niveau ihrer deutlich bekannteren Landsleute erreichen AZARATH trotz bereits drei Vorgängeralben nicht ganz, dafür ist das Songmaterial etwas zu eindimensional, vorhersehbar und wenig spektakulär. Aber besonders in technischer Hinsicht machen die Jungs absolut keine Gefangenen und können fast den Anschluss zu den „Stars“ finden. „Praise The Beast“ dürfte Todesmetallern, die auf schnörkelloses, anspruchsvolles Geballere stehen, ohne Probleme gefallen, auch wenn das Album gerade im Bereich der Kompositionen noch einige Luft nach oben lässt. Nix Besonderes, aber gut!
Mit THE RAVEN steigt allem Anschein nach ein neuer Stern am amerikanischen Düsterrock-Himmel auf. Nach dem Umzug von Sänger und Songwriter Davey Strehler aus der Schweiz in die USA gegründet und ohne Major Label im Rücken, veröffentlicht die Band nun eine fünf Songs umfassende EP, und die kann sich sehen lassen. Strehlers dunkle, volle Stimme ist dazu angetan, einem jedem Dark Rock/Metal-Fan wohlige Schauer über den Rücken zu jagen, und mit Eingängigkeit geizt der Mann auch nicht, wie schon der Opener "Fireflies" eindrucksvoll demonstriert. "Self Denial" kommt etwas härter daher und erinnert vom Gesang her stellenweise ein wenig an MARILYN MANSON in seinen melodiöseren Phasen, wohingegen sich als hübscher Kontrast dazu mit dem darauffolgenden Titeltrack "One Last Time" eine üppige Piano- und Steicherballade anschließt. Mit "Eleanor Rigby" findet sich- ja, richtig!- tatsächlich ein BEATLES-Cover auf der EP, dem, man kann es nicht anders sagen, das verdunkelte Gewand, in das es THE RAVEN hüllen, ebenfalls ausgezeichnet steht, bevor das Werk mit "Devil´s Path" mit einem härteren Düsterrocker abschließt. Da hätte selbst E. A. Poe´s Rabe von seinem berühmt-berüchtigten "Nevermore" abgesehen, denn von THE RAVEN wird man sicherlich noch mehr hören.