Im UK schon als Geheimtipp im Gespräch, haben sich ENOCHIAN THEORY aller Avancen der größeren Labels erwehrt und ihr Debüt „Evolution: Creatio Ex Nihilio” komplett in eigener Regie eingetütet – spricht für die Band und für ihre weitere Entwicklung – und ist auch auf Platte zu hören. Eigenständigkeit scheint den Briten enorm wichtig. Ebenso wie die Wertlegung auf Tiefgang, große Momente und Gefühle. Atmosphärisch ist man da sicher bei PORCUPINE TREE. ANATHEMA und KATATONIA in die Lehre gegangen, aber auch PAIN OF SALVATION, TOOL, OPETH, RIVERSIDE und natürlich die unvermeidlichen DREAM THEATER haben musikalische Spuren in den Kompositionen hinterlassen. Episch orchestrales besteht hier neben Alternative Parts, ruhige und gelassene Momente, getragen von Streichern, Piano und Synths pflegen Duette mit hartem Metal. Da passen dann auch die gar nicht so selten eingestreuten Death-Growls. Die Stimmung wirkt dabei oft nur ansatzweise freudig – Melancholie herrscht meist vor. Wirken tut die Chose sowieso – man muss sich nur darauf einlassen - am Besten unter dem Kopfhörer. Langweilige Arrangements und übertriebenes Gehabe ist ENOCHIAN THEORY dabei fremd: „Evolution: Creatio Ex Nihilio” wirkt ohne nerviges Tempo und Gefrickel, ohne unnötiges Gebolze, bemühte Dynamik sucht man Vergebens. Songs wie der Dreiteiler „The Dimensionless Monologue“, „Waves Of Ascension“ oder „A Monument To The Death Of An Idea” habens einfach, basta. Dazu eine gut fette Produktion und ein sauberes Artwork, bei dem leider die Songtexte vergessen wurden – schade bei solch einem ausgefeiltem Gesamtwerk. Aber ansonsten gilt: für anspruchsvolle Metal-Proggies sind ENOCHIAN THEORY ein „must have“ für die kruden Herbsttage.
JUNIUS nisten sich irgendwie bei THRICE, DREDGE und OCEANSIZE ein – aber auch zwischen THE CURE, DEPECHE MODE und SISTERS OF MERCY – die Bostoner definieren sich auf Post- und Indierock, haben aber auch progressive Parts und viel düsteren, vergangenen Pop und Wave im Petto, sowie eine Stimme welche an eben jene Größen in den Achtzigern erinnert. Das dabei der Eindruck aufkommt JUNIUS tun des Guten zuviel ist nicht ganz von der Hand zu weisen – aber wohl auch subjektiv. So auch der Umstand, dass die vertonten Theorien des russischen Katastrophenforschers Immanuel Veltikovs textlich als wirr oder genial zu verstehen sind. Die Amis haben ihren zehn hervorragend produzierten Kompositionen also recht viel zugemutet was aber bei intensiven Songs wie dem atmosphärisch dunklen „The Antediluvian Fire", dem wavigen „Ten Years Librarian“, dem lauten Groover „Stargazers And Gravediggers”, dem melancholischen „Elishiva, I Love You” und beim klasse, zwischen Traum und Aufwachen pendelnden „Letters From Saint Angelica“ gut aufgeht. JUNIUS haben mit „The Martyrdom Of A Catastrophist” auf jeden Fall mal ein richtig gutes Debüt abgeliefert (von ihrer selbstbetitelten, aus zwei EPs bestehenden Veröffentlichung letztes Jahr mal abgesehen) das trotz eines gewissen Übermutes Lust auf weiter macht. Sollte man anchecken.
Das Debüt der schwedischen Hard Rocker von GALAXY SAFARI rockt ganz ordentlich nach vorn, die selbstbenannte Ausrichtung zwischen DANZIG, MONSTER MAGNET, AUDIOSLAVE und FOO FIGHTERS gibt dabei einen ungefähren Eindruck der Marschrichtung. Dabei legt das Quartett Wert auf gradlinige Kompositionen die schnell ins Ohr gehen und instrumentalisieren das Ganze auch recht direkt – eine richtig gute rauchige Grunge Stimme bietet Sänger Jesper Nyberg dann auch noch. Der gut mitzubangende Opener „Save Me“, das locker groovige „Nothing“, das fast schon QOSTA-mäßige und schnelle „Far Too Long“ und der Schlusstrack „Illusion“ seien mal als Appetizer genannt. Neben dem schlimmen 70er-Disco-Artwork stört noch etwas die maue Spielzeit von etwas über 30 Minuten – ist aber in dem Genre ja ebenso nichts ungewöhnliches wie eine gewisse Gleichförmigkeit. Anyway! GALAXY SAFARI haben mit „Star Of The Masquerade” einen durchaus guten Start erwischt, der in der Schnittmenge zwischen Hard Rock und schnellem Stoner ganz gut funktioniert und bei entsprechender Lautstärke einfach rockt.
Dem einen oder anderen sollte VANDENBERG noch ein Begriff sein. Benannt nach dem Gitarristen der Band, Adrian „VANDENBERG“ Ad van den Berg, der 1987 bei WHITESNAKE anheuerte hatte die Band Anfang der Achtziger mit „Burning Heart“ einen Hit, drei gute Alben und einige Touren mit großen Acts wie OZZY und KISS. Dann war Schluss und bis auf Adrian hörte man von seinen holländischen Kollegen so gut wie nichts mehr. Mit „Better Yet ...“ kommt der damalige Sänger BERT HEERINK jetzt nach über 20 Jahren mit einem Solowerk um die Ecke, zu welchem eine illustre Schar von Szenegrößen die Songs schrieb, als da wären u.a. Harry Hess (HAREM SCAREM), Bob Daisley (Ex-OZZY OSBOURNE, ex-GARY MOORE), RUSS BALLARD, Tony Martin (ex-BLACK SABBATH), John Young (Paul Rodgers, Bonnie Tyler). So wundert es nicht das „Better Yet ...“ wie eine Zeitreise in die (schmachtenden) Achtziger klingt – modernes, hartes oder gar innovatives gibt es nicht. Das Album bietet also leichte Kost wie sie im US-Radio für die Ü40 zuhauf dudelt, wobei nur ein Teil der Songs als gelungen bezeichnet werden kann, so z.B. „Love is Like Heaven“ (was entfernt an die Göttergaben von STRANGEWAYS erinnert), das locker flotte „All Fired Up“ und das ruhige „Can’t Make Me”. Die o.g. Songwriter scheinen an BERT HEERINK eher B-Material weiter gereicht zu haben aus dem selbst die klasse Stimme wenig ändern kann – musikalisch ist das eh’ PC-Standard. VANDENBERG Fans werden das Teil wohl schon aus Erinnerungsgründen erwerben – ansonsten gilt: nettes Album für Hard Rock und AOR Fans der alten Schule – easy listening - aber irgendwie auch nicht mehr.
Wer mit Kollegen wie SPOCK’S BEARD, alten Größen wie KING CRIMSON und den BEATLES oder ganz allgemein mit dem pompösen Prog-Sound und Artrock der 70er nichts anzufangen weis, der kann sich das weitere ruhig sparen. Denn das Skandinavisch-Amerikanische Quartett BIGELF zitieren und vermengen auf „Cheat The Gallows” ebenjenes zu einer höchst interessanten Mixtur – wie schrieb ein Kollege laut Sänger Damon Fox einmal: „30 Jahre hinterher und 5 Jahre voraus“ – es klingt nach BLACK SABBATH meets QUEEN, nach PINK FLOYD auf Acid, nach ZAPPA und was weis ich. BIGELF sind dabei nicht bemüht innovativ – sondern passend düster, atmosphärisch und schwelgerisch Psychedelisch. Die „Gravest Show On Earth“ eröffnet ja schon meditativ tranceartig und orchestral mit großem Kopfkino, „Blackball“ wechselt unversehen von PURPLE’schen Hammondsound in Saxophon dominierte Jazz und Big-Band Parts, um dann wieder die Metal-Gitarre einzuweben – klasse. Die Single „Money, It’s Pure Evil“ ist schon fast Pop und erinnert an die 70er-Hommagen eines LENNY KRAVITZ, „The Evils of Rock & Roll“ kommt mit süperben Chören und längst vergangenen Gitarrenriffs – wer hier nicht den Kopf bewegt ist tot. Dann wird es mit „No Parachute“ und „The Game“ merklich entspannter – FLOYD und alte QUEEN lassen grüßen. Das folgende „Superstar“ lässt den Glam-Rock durchhören und hat Airplayqualität, „Race With Time“ und „Hydra“ leben von Psychedelic-Keys und eindringlich lauter Atmosphäre. Das über 11-minütige Schlusswerk „Counting Sheep“ benötigt intensives Hören – vereint dann aber alles vorher gehörte zu einem schlüssigen Ganzen – ungewöhnliche Gesangpassagen inklusive. BIGELF liefern da einen nur vordergründig schwer verdaulichen Happen. Aber an sich egal – den spitzenmäßig kommen hier alle 10 Songs – hohe Halbwertszeit garantiert. „Cheat The Gallows“ ist eines der seltenen Alben welches selbst in der sich immer mehr im eigenen Sud wälzenden Prog-Szene für Aufhören sorgen sollte – ganz großes Theater.