PARACHUTES verlieren mit jedem Albumtitel mehr Coolness-Punkte, auch wenn “The Working Horse“ angesichts der Veröffentlichungs- und Spielfreude der Band stimmt. Aber cool ist was anderes. Dafür wartet die Scheibe mit einem gelungenem Artwork auf und kann auch klanglich überzeugen, die Produktion ist echt gut geworden. Mittlerweile haben PARACHUTES zudem den Dreh raus, wie ein typischer (und gut gemachter) Screamo-Song zu klingen hat – „Thrones“ ist da das beste Beispiel, von clean gesungenen Refrains bis langsamen Parts ist alles drin, was ein Screamo-Song braucht. Leider weichen sie von dem „Thrones“-Schema nicht wirklich ab, so dass sich im Verlauf des Albums immer wieder das Gefühl einschleicht, diesen oder jenen Part schon mal gehört zu haben. Wie gesagt, handwerklich alles gut gemacht, aber im Grunde austauschbar und mit zu wenig Mut für neue Wege. Gut ins Ohr gehen alle Songs, die Screamo-Fraktion wird „The Working Horse“ dafür sicher lieben, aber innovativ oder auch nur mit eigener Identität ausgestattet ist die Scheibe leider nicht.
EVERY TIME I DIE haben sich seit „Hot Damn!“-Zeiten weiterentwickelt, weg vom extrem schrägen Core zu rockigeren Gefilden. Aber auch in den letzten Alben schwang immer ein gewisser Grad Wahnsinn mit, der so oft mit (musikalischem) Genie einhergeht und verhinderte, dass EVERY TIME I DIE eine belanglose Altherrencombo werden. „New Junk Aesthetic“ stellt das erneut unter Beweis und lässt Southern Rock auf Hardcore treffen, erweitert um die erwartete Dosis Beklopptheit. Herausgekommen sind EVERY TIME I DIE-typisch abgedrehte Nummer Marke „Turtles All The Way Down“ oder „Wanderlust“ (bei der Shouter Keith alle Register zieht), aber auch bitterböse Nummern wie der schwere Opener „Roman Holiday“. Es spricht für die Band, dass die Songs durchweg hörbar sind und fast alle auch Hitpotential besitzen und dem album so nie die Luft ausgeht. Dafür sorgen die wunderbare Gitarrenarbeit, die gleichermaßen rockig wie chaotisch klingt, aber immer nachvollziehbar bleibt, und Shouter Keith, der vom Psycho bis zum schmeichelnden Sangesknaben ein breites Spektrum hat und das voll nutzt. Würde aber alles nichts nützen, wenn EVERY TIME I DIE nicht auch begnadete Songschreiber sind, in deren Hirne sich wahnsinnige Idee an wahnsinnige Idee reiht, die dann im Kollektiv zu krachigen Songs verwertet werden. Ergibt ein verdammt gelungenes Album, auf das EVERY TIME I DIE stolz sein können!
Der dicke Mann von Finntroll ist wieder: Tapio just jetzt Basser und muckelt bei SURVIVORS ZERO. Zusammen mit Kollegen, die bereits bei Impaled Nazarene, Deathchain, Machine Men spielten, überredete er Produzent Sami Jämsén (Deathchain, Barathrum) zum Musizieren und gemeinsam lassen sie sich von Jonas Kjellgren (Trillionen Kapellen) produzieren. Wie das mit vermeintlichen All-Star-Bands so ist: Der Hörer vermutet dolle viel Rauch und recht wenig. Und in der Tat: Anfangs macht „999“ einen unspektakulären Eindruck. Mal wieder geht es um eine Mischung aus (melodischem) Death Metal mit Thrash-Einschlag, aber nicht zu modern. Älter In Flames, Arch Enemy und Co. lassen grüßen. Das Album ist aggressiv und durchaus groovig, das namhafte Team der Überlebenden weiß in allen belangen, was es macht. Das Album tut niemandem weh, ist aber gleichzeitig nicht tantig – es hat durchaus das überaus professionell eingetrümmerte Zeug zum Verkaufsschlager (relativ gesprochen) und ist allemal besser als Vergleichsformation der Marke Scar Symmetry. Und vor allem: Was anfangs beinahe langweilig wirkt, entwickelt sich entgegen der eigenen Vermutungen zu einem durchaus spannenden Werk, dem die geneigte Zielgruppe eine Chance geben sollte. All-Star-Band hin, Berechenbarkeit her…
FU MANCHU gehören ja mittlerweile zum Inventar der Stoner-Szene und liefern in schöner Regelmäßigkeit gute Alben für Wüstenfreaks ab – allerdings scheint der ewige Staub auch bei den Amis erste Abnutzungsspuren hinterlassen zu haben. „Signs Of Infinite Power” geht nämlich die trockene Hitdichte der letzen beiden Scheiben ab, von den ersten Alben der Jungs aus Kalifornien ganz abgesehen. Weiterhin setzt man zwar auf fette, dreckige Riffs, viel Bass, BLACK SABBATH- und Punk-Attitüden und dezente Psychedelic-Anflüge – cool ins Ohr geht es meistens dabei auch. Aber trotz gutem Stoff wie dem tonnenschweren Opener-Duo „Bionic Astronautics“ und „Steel.Beats.Defeated“ oder den groovenden, mit ausreichend tempo versehenen „El Busta“ und „Eyes x 10“ kann das Komplettpaket FU MANCHU diesmal nicht ganz überzeugen. Der letzte Schritt vom rauen Wind zum Wüstensturm scheint Anno 2009 zu fehlen, so als wären FU MANCHU (leider) erwachsen geworden. Gewollt? Egal! Wer bisher mit FU MANCHU gut durch die Wüste gefahren ist, der wird auch mit „Signs Of Infinite Power” nichts verkehrt machen oder gar verdursten. Aber die Anfangstage oder gar die alten Vettern von KYUSS & Co. sind hier schon ein Stück weg.
Trondheim, Norwegen ist die Heimat von DOMINIC, die durch einige 7“ und einen Longplayer bereits von sich Reden machten. „Nord“ ist ihr zweites Album, auf dem die JR EWING-Landsleute ihre Version des Screamos zum Besten geben. Diese Version ist sperriger als erwartet, was das Ganze in Richtung Postcore drückt. Dabei kommt die Energie nie zu kurz, die für Screamo so wichtig ist, genau wie Leidenschaft und Hingabe. Findet sich auf „Nord“ alles, auch wenn die Produktion manchmal den Gesang zu sehr nach hinten drückt und der Chose dadurch etwas den nötigen Punch nimmt. Trotzdem verstehen es DOMINIC, den Hörer bei der Stange zu halten und immer wieder für ein heftiges Kopfnicken zu sorgen („Ink For Bullets“ oder das knackige „Idiocracy“). Zum ganz großen Wurf und dem daraus entstehenden Ausfüllen der JR EWING-Fußstapfen fehlt DOMINIC noch das letzte bisschen Genialität, aber mit „Nord“ sind sie auf dem richtigen Weg – und JR EWING sind ja auch nicht über Nacht legendär gewesen, da waren viel Blut, Schweiß und Tränen nötig.
RISE AND FALL haben sich noch nie um Genes geschert, was ihre Definition als Punkmetal treffend auf den Punkt bringt, auch wenn bei den Belgiern schon immer eine ordentliche Hardcore-Kante mit im Spiel war. „Soul Slayer“, der Opener ihres neuen Albums (und Deathwish Inc.-Einstandes) macht das deutlich, verbirgt sich doch unter aller Punkattitüde und metallischem Vorwärtsdrängen eine solide Schicht Hardcore. Die Produktion – natürlich aus dem God City Studio – passt perfekt und ist druckvoll und gleichzeitig punkig-roh. „Built On Graves“ punktet mit dem besten Refrain seit langem, ist dabei aber genauso gnadenlos wie der Opener, bevor die folgenden Songs schleppender werden und eine nihilistische Attitüde zum Vorschein bringen, die so mit RISE AND FALL bisher nicht assoziiert wurde. Ab „Het Oog Van De Storm“, dem siebten Song von „Our Circle Is Vicious“, geht es wieder schneller zur Sache und mündet im abschließenden „Knowing“, in dem die beiden Gesichter der Band noch einmal zum Vorschein kommen. RISE AND FALL beweisen mit diesem Album, dass sie sich zum einen treu geblieben sind und zum anderen weiterentwickelt haben, wobei ihnen dabei nie die Identität flöten gegangen ist. „Our Circle Is Vicious“ ist eine bitterböse Punkmetalcore-Platte, die Ehrfurcht gebietend aus den Boxen kommt und die Belgier so facettenreich-böse wie nie zeigt.
Mit SALTATIO MORTIS wurde nun das Billing der Christmas Metal Festival am 12.12 in Lichtenfels vervollständigt. An diesem Samstag werden in der Stadthalle ausserdem folgende Bands aufspielen: SUBWAY TO SALLY(Headlinershow), KREATOR (Headlinershow), LEGION OF THE DAMNED, MEGAHERZ, JUSTICE, SILVERLANE, HATRED, ENEMA OF DEATH, NUMP, und BORBOUN LANCY. Weitere Informationen sowie Tickets unter www.rock-in-concert.de
CINDERELLA wurden von der Grunge-Explosion erwischt, bevor sie, was sie verdient gehabt hätten, richtig groß wurden. Die Band stand G’n’R oder auch SKID ROW nichts nach, die Mischung aus fetzigem Sleaze, Hard Rock, Heavy Blues und gefühlvollen Balladen, dazu Tom Keifers intensiver Gesang kam Live wie Hammer. Trotzdem war, auch aus bandinternen Gründen, Anfang der Neunziger an sich Schluss mit CINDERELLA. Und trotz Reunion-Versuche und Liveauftritten kamen die Amis aus Philadelphia nie mehr richtig in Tritt. Was der Fangemeinde blieb sind vor allem die ersten drei hervorragenden Alben - „Night Songs“ (1986), „Long Cold Winter“ (1988) und „Heartbreak Station“ (1990). Das dann noch 1994 erschienene Werk „Still Climbing“ zeigte dann CINDERELLA äußerst blueslastig. Unter dem Titel „Live At The Mohegan Sun” gibt es jetzt einen Auftritt der Band in Originalbesetzung mit Tom Keifer (Gesang und Gitarre), Jeff LaBar (Gitarre), Eric Brittingham (Bass) und Fred Coury (Schlagzeug) vom 21. Juli 2005 in Connecticut (die Location Mohegan Sun ist eines der größten Casinos der Welt). CINDERELLA war damals Headliner eines Packages mit RATT, QUIET RIOT und FIREHOUSE (wie geil muss das gewesen sein) und das Live-Album wird jetzt als Appetizer für eine 2010 geplante Europatournee veröffentlicht. Die Band powert sich durch Hämmer wie „Shake Me“ und „Push Push“, durch Hits wie „Night Songs”, „Gypsy Road”, „Don't Know What You Go”t und den No.1 Hit „Nobody's Fool” (hier hört man Tom Keifers Organ bis zum bersten) und natürlich gibt es auch das geniale „Fallin' Apart At The Seams“. Mit „Live At The Mohegan Sun” sollte sich jeder Fan gut gemachten Hard Rocks anfreunden können (die CINDERELLA Alben gehören eh’ in eine gut sortierte Sammlung) – schön das es die Combo noch/wieder gibt.