Die Christen-Deather um Bandgründer und Bassist/Sänger Steve Rowe gehören wohl zu den wenigen Todesblei-Bands, die auch von konservativen Kirchgängern abgefeiert werden. Außerhalb dieser Bibel lesenden Breitengrade konnte die Band bisher jedoch außer ein paar frühen Achtungserfolgen wenig vorweisen, was daran liegen könnte, dass die eher nicht ganz so religiöse Death Metal-Szene genug stärkere Bands im Repertoire hat… aber genug der antiklerikalen Herumunkerei! Das australische Trio gehört zwar nach über einem Dutzend Studiowerke noch immer nicht zur Genre-Speerspitze, aber auch noch lange nicht zum alten Eisen. Nach dem wirklich gelungenen und inzwischen über drei Jahre alten „Erasing The Goblin“ legt man mit „The Evil Addiction Destroying Machine“ einen ebenbürtigen Nachfolger vor, dessen ultratrashiges Cover-Artwork zuerst einmal abschreckt, dann aber nach kurzer Zeit die Qualitäten des Albums offenbart: die Jungs haben ihren Groove immer noch drauf und holzen sich stumpf, aber durchdacht und mit gutem Gefühl für eingängiges, mitunter sogar ohrwurmtaugliches Songwriting durch das eröffnende Titelstück, „A Sense Of Eternity“, die flotten „Elastisized Outrage“ und „I´m Not Confused“ oder den Stampfer „Alexander The Metalworker“. In ihren besten Momenten erinnern MORTIFICATION sogar an spätere GOREFEST (etwa zu „Soul Survivor“-Zeiten), was vor Allem an Steve Rowe´s Mischung aus traditionellen Growls und kehligem Gesang liegen dürfte. Lediglich bei der Produktion muss man Abstriche (ja ja, über Abstriche sprechen gläubige Christen nicht gerne…) machen; hier hätte es ruhig etwas fetter und voluminöser sein können, denn speziell die Drums tönen ein wenig nach Verpackungskartonage. Insgesamt aber ist „The Evil Addiction Destroying Machine“ einmal mehr kein überragendes, aber überzeugendes Album einer Band, die wohl ewig im Schatten stehen wird, von dort aus aber einen guten Job macht.
AIRLINES OF TERROR haben einen der beknacktesten Bandnamen ever, keine Frage. Aber da sich in den Songtiteln (Kostproben: „Polizei Zombie“ und „Spaghetti Western Death“) die sinnfreie Namensgebung fortsetzt, darf hier von Vorsatz ausgegangen werden. Die Italiener um NOVEMBRE-Demian (naja, ex-NOVEMBRE) haben auf „Bloodline Express“ alles verwurstet, was ihnen Spaß macht, von Polka- und schlechtem Viking Metal-ähnlichen Mitgröhlpassagen bis hin zu fröhlichen Melodien in der Gitarrenarbeit. So macht die Scheibe beim ersten Durchhören auch noch Spaß und lässt manches Grinsen erscheinen, aber schon beim zweiten Mal nutzt sich der Spaßfaktor ein wenig ab, mit jedem Durchlauf dann noch mehr. Was MACABRE oder MUNICIPAL WASTE locker gelingt, die Langzeitmotivation hoch zu halten, haben AIRLINES OF TERROR nicht geschafft, so dass die Scheibe schnell wieder in der Ecke verschwinden wird. Auch wenn handwerklich und von der Produktion her alles in Ordnung geht, kann „Bloodline Express“ nicht wirklich überzeugen, dafür nutzen sich die Songs zu schnell ab.
MUNICIPAL WASTE hatten schon ihr letztes Hamburg-Gastspiel in einem ausverkauften Hafenklang zelebriert und auch an diesem kalten, verschneiten Januartag war das nicht anders. Draußen Schneesturm, drinnen schnell tropisches Feeling und ein bunt gemischtes Völkchen aus Metallern (die meisten stilecht mit Kutte, weißen Basketballtretern und maggeligen Jeans), Hardcore Kids und Visons-Lesern. Die sahen mit REPORACH um 21 Uhr - also eine gute halbe Stunde früher als gewohnt im Hafenklang – den Beweis, dass Thrashcore nicht automatisch gut ist, der Erfolg des Headliners mithin nicht zufällig kommt. REPORACH präsentierten zu wenige Ideen und langweilten nach einer Viertelstunde schon hart, was selbst den old schooligsten Metaller nur zum Biertrinken bewegen konnte. Vor der Bühne ging entsprechend wenig und auch der Applaus war verhalten.
VICTIMS sind eine dieser Bands, die auf Tour immer so aussehen, als würden sie unangenehm riechen. Zudem hat der bärtige Gitarrist den coolsten Stil des Abends gehabt, schebbige Tattoos und zu enge Jeans inklusive. Die Schweden bretterten ordentlich los, wobei sich die Setlist auf „Killer“ zu konzentrieren schien, was beim Publikum gut ankam – allen voran ein junger, enthusiastischer und ziemlich besoffener Kerl brachte seine Freude über den mächtig arschtretenden Gig zum Ausdruck, hauptsächlich indem er auf die Bühne torkelte, die Monitorboxen verschob und den Musikern sein Bier über die Sachen schüttete. Als Liebesbeweis bekam er einige Schubser vom Sänger und einen gut gezielten Tritt des zweiten Gitarristen, was aber kaum Wirkung hatte. Zusammen mit ein paar nicht ganz so besoffenen Kumpeln machte der Mann ordentlich Alarm vor der Bühne, nur das Wasserflaschenklauen hätten sie sich schenken können. Der Rest der Anwesenden war zwar vom schwedischen Abrisskommando ebenfalls beeindruckt, brachte das aber dezenter zum Ausdruck.
Nachdem die letzten VICTIMS-Zugabe verklungen war, wurde das Drumkit umgebaut und die Herren aus Richmond kamen auf die Bühne. Die Gitarre in Übergröße mit eingearbeitetem Logo war definitiv der Hingucker des Abends und Stirnbänder das Accessoire der Stunde. Fehlt noch das Motto der folgenden Stunde – aber was kann das anderes sein als Party hard!? So war es auch, MUNICIPAL WASTE machten vom ersten Song an Laune und ließen auf der Bühne die Sau raus, während vor derselben ein schöner old school Pit entstand, Crowdsurfer inklusive, was natürlich die Temperaturen im Hafenklang gut nach oben brachte. Aber (Männer)Schweiß gehört zu einem solchen Abend genau wie der Geruch nach verschüttetem Bier und Kippenqualm. So muss das sein, dann können entspannt die Fäuste geschüttelt und „Municipal Waste is gonna fuck you up!“ gegröhlt werden. Schneesturm, Ärger im Job und was sonst noch auf der Seele lastet, sind für mehr als 60 Minuten vergessen, stattdessen Party, Metal und Mosh. Und die Erkenntnis, dass MUNICIPAL WASTE einfach den Dreh raus haben, wenn es ums Songs schreiben geht. Wenn eine Band dann auf der Bühne noch so viel Spaß hat wie der Haufen schlecht gekleideter Amis, kann eigentlich nichts mehr schief gehen.
Mit dem selbstbetitelten Debüt der schwedischen Band MAKAJODAMA haben wir mal wieder eine jene Platten progressiver Spielrichtung welche sich jeglicher Einordnung und Schubladesierung entziehen – und die auch nach mehreren Durchläufen immer wieder Neues offenbart. Gitarrist Mathias Danielssons und seine Mitstreiter mischen mit reichliche verschiedenen Instrumenten (neben den üblichen Rockstandards u.a. noch mehr oder minder ausgefallenes wie Sitar, Cello, Violine, Blasinstrumente und reichlich Percussions) klassischen Artrock mit Psychedelic, Postrock und skandinavischen Folk. Die selbstdefinierte Findung zwischen GODSPEED YOU! BLACK EMPORER und frühen KING CRIMSON sei den Proggies mal als Anhaltspunkt gegeben. Das fehlen von Vocals, gesetzte Breaks und selbst im ruhigen noch schwer Erfassbares sowie eine leicht melancholisch dunkle Atmosphäre prägen „Makajodama“ zusätzlich. Anspieltipps kann man selbstredend hier keine geben. Aber wer mal unbedingt einen Song zum reinschnuppern braucht dürfte mit dem 10-minütigen Opener „Reodor Felgen Blues“ gut bedient sein – nach schweren Start entwickelt sich der Song zu einer jamigen, nur oberflächlich verworrenen Achterbahnfahrt mit reichliche Details. Für Progger sind MAKAJODAMA durchaus mal ein antesten wert.
EXHIBIT A wollen viel, scheitern am eigenen Anspruch. Klingt nach einem Klischee-Fazit, ist aber leider so. Die junge Band will irgendwo zwischen TOOL, MESHUGGAH und modernem US-Metal einzuordnen sein, kriegt aber keinen Teilbereich auch nur annähernd gut hin. Der Gesang wirkt in seinem stetigen Wechsel zwischen aggressivem Shouting und klarem Gesang nur noch albern und zu bemüht („Pools Of Broken Glass“), die Gitarrenarbeit ist viel zu limitiert und das Schlagzeug setzt nur selten Akzente, leidet aber durchgehend unter einem nervigen Sound. Beim Songwriting zeigen sich EXHIBIT A durchaus kreativ, verfallen aber zu oft in bekannte Muster, die von den Vorbildern zur Genüge genutzt wurden. So ist „Portrait In Rhyme“ eine halbgare Platte, die einige gute Ideen hat, aber im Endeffekt zu bemüht ist und der die Kracher fehlen.
Wer mit poppiger Musik nichts anfangen kann, braucht ab hier nicht mehr weiter zu lesen, denn TUBELORD bieten genau das: sehr poppige Musik, die gerade noch genug rockige Einflüsse hat, um ein Erscheinen auf dieser Seite zu rechtfertigen. Die Briten haben aber auch gar nicht den Anspruch, heftige Musik zu machen, was bei Berufung auf AT THE DRIVE-IN, DEATH CAB FOR CUTIES und Phil Collins sehr widersprüchlich wäre. Stattdessen setzen die Herren auf viel Melodie, sanfte Zwischentöne und einen leise auftretenden Sänger, der den zehn ruhigen Songs die nötige Melancholie und Zerbrechlichkeit liefert. Nötig wozu? Um die durchaus vorhandene schwermütige Seite zu betonen, die TUBELORD innewohnt und sie von Plastik-Pop-Bands abhebt. Hier steckt Herzblut in den Songs, hier haben die Songs noch Seele. Genau das macht „Our First American Friends“ so aus der Belanglosigkeit herausstechend und zu einer guten Alternative zu den etablierten Bands für die ruhigen Momente im Leben.