Dieses italienische Trio (in meinem Infomaterial sind noch vier Gestalten zu sehen, obwohl auf der Homepage nur von drei Herren, nämlich Rob, Luca und Ricca, die Rede ist) scheint stolz darauf zu sein, zum Underground zu gehören, obwohl „Underground´n´Roll“, das inzwischen dritte Album der Band, gar nicht so richtig undergroundig tönen will. Es gibt recht unspektakulären, rotzigen Rock´n´Roll zu hören, der in etwa die Zielgruppe der HELLACOPTERS- oder GLUECIFER-Fans ansprechen dürfte und nicht mit schön schlüpfrigen Inhalten geizt. Es geht in durchweg soliden, aber nicht Bahn brechenden Songs wie „Satan Porno Dog“, „Cemetary Beach“, „No Scout? Yes, Party!“ oder „Dead Pride“ um die sonnigen Seiten und schönen Dinge des Lebens: Bier, Feiern, Blowjobs, Saufen, Feten, Vögeln… genau in dieser Reihenfolge. Leider mangelt es der Scheibe auch an Abwechselung, und auch nach mehreren Durchläufen will sich weder ein echter Gassenhauer zu erkennen geben noch ein größerer „Aha-Effekt“ einstellen. Als Hintergrundbeschallung für den abendlichen, geselligen Umtrunk eignet sich „Underground´n´Roll“ daher noch halbwegs, doch essentiell ist das Werk keinesfalls.
Die Hamburger MINOTAUR sind zwar längst nicht so bekannt und groß wie ihre Kollegen und Landsmänner DESTRUCTION, SODOM, KREATOR und Co., aber es gibt sie schon seit 1983, was sie so gesehen zu Mitbegründern der heimischen Thrash-Szene macht, auch wenn sie das letzte Vierteljahrhundert im Underground verbracht haben. Sie sind quasi „Original“, keine „Fälschung“ und wissen nach all den Jahren auch musikalisch zu überzeugen, auch wenn sie im direkten Vergleich nicht ganz mit dem aktuellen Schaffen ihrer oben genannten Mitstreiter konkurrieren können. „God May Show You Mercy… We Will Not“ klingt auf ungeheuer sympathische Weise ehrlich, ungekünstelt, authentisch und auf sehr positive Art naiv. Den Begriff „Weiterentwicklung“ enthält das MINOTAUR´sche Wörterbuch nicht, und während sich die Kollegen im Laufe der Jahre doch um Einiges gemausert und zwischenzeitlich mitunter sogar moderne Töne angeschlagen haben, sind die gehörnten Nordlichter irgendwo in einer Zeitschleife Mitte der 80er hängen geblieben. Eben deswegen hämmern Granaten wie der geile Opener „Armegiddo“, „Full Speed Ahead“, „Soulless“ oder die coole Aggro-Version des W.A.S.P.-Klassikers „Animal (F..k Like A Beast)“ dem Hörer ein schelmisches Grinsen in die Hackfresse und machen diese Scheibe zu einer sehr eingängigen Zeitreise. Wer etwa das (einen Tick stärkere) aktuelle BITTERNESS-Werk „Genociety“ ins schwarze Herz geschlossen hat, wird auch „God May Show You Mercy… We Will Not“ mögen. Schönes Ding!
SMOKE BLOW haben „Broken Bonds Of Friendship“ und „I Have Lived In The Monster“ von ihrem kommenden Album "The Record" bei MySpace gepostet. Erscheinen wird die Scheibe am 05.02.
WHILE HEAVEN WEPT aus Virginia, USA gehören nicht unbedingt zu den veröffentlichungsfreudigsten Bands der Szene und haben in ihrer gut zwanzigjährigen Karriere nebst diverser Singles und EPs gerade erst zwei vollständige Alben herausgebracht. Allerdings geht in diesem Fall eindeutig Klasse vor Masse, denn alles, was Gitarrist/Keyboarder/Sänger Tom Philips (der auch hier wieder Unglaubliches leistet) und Co. bislang auf dem Kerbholz haben, ist erstklassig; da macht auch „Vast Oceans Lachrymose“ keine Ausnahme. Epischer, monumentaler, bombastischer Doom Metal, der noch ausladender wirkt als etwa die Ergüsse von Kollegen wie CANDLEMASS, SOLITUDE AETURNUS und Co., überfällt den Hörer mit einer ungeheuren Wucht und will erst nach mehreren Hördurchläufen in seiner gesamten Breite erfasst werden. Die sechs Stücke auf dem Album sind durchweg großartig, auch wenn man sich an die fast schon Filmscore-artigen Instrumentalpassagen gegen Ende der Scheibe gewöhnen muss. Aber auch diese Klanggebirge sind dermaßen emotional gehalten, dass sie neben den „konventionellen“ Stücken wie dem formidablen Opener „The Furthest Shore“ oder dem mitreißenden „To Wander The Void“ kaum abfallen. WHILE HEAVEN WEPT haben wieder mal alles richtig gemacht und fügen ihrer kleinen, aber feinen Diskografie eine neue Perle hinzu, die neben dem neuen Werk von COUNT RAVEN das Beste markiert, das im Doom Metal momentan zusammengebraut wird. Für Genre-Fanatiker einfach unverzichtbar!
ORDEN OGAN’s erste Veröffentlichung „Testimonium A.D." wurde 2004 in der Szene ja geradezu abgefeiert – und die Arnsberger Band legt nun in 2010 mit ihrem erst dritten Werk „Easton Hope“ eine Album vor, welches die Reaktionen zum ersten Album bestätigt und meines Erachtens dem klasse Vorgänger „Vale“ (2008) in nichts nachsteht. Nein, die Scheibe zeigt eine deutliche Weiterentwicklung die sich selbst vor alten Haudegen wie BLIND GUARDIAN oder den letzten regulären SAVATAGE-Scheiben nicht verstecken muss. Denn genau hier haben ORDEN OGAN ihre Wurzeln – orchestraler Melodic Power Metal, mit viel Gitarren, Doublebass und satten Chören, ohne dabei den Kitschfaktor zu strapazieren. Thematisch ist „Easton Hope“ die Geschichte vor „Vale“, aufwendig und detailverliebt in zehn Epen (und einem Intro) dargeboten. Dabei schaffen es ORDEN OGAN ihre Songs nicht nur im Kontext sich entfalten zu lassen, auch einzeln wirken die Songs als jeweiliges Gesamtkunstwerk, ausgefeilt arrangiert, gefühlvoll inszeniert und mit hoher Langzeitwirkung - „Easton Hope“ offenbart mit jedem Durchlauf erneut Überraschungen und musikalische Kleinode. Hier Songs hervorzuheben wäre fahrlässig – machen wir aber trotzdem mal. Als da wären das düstere und mit satten Riffs ausgestattete „Goodbye“, der im Refrain JON OLIVA atmende Titeltrack „Easton Hope“, das bombastische mit Ohrwurmchören aus den Boxen schallende „Welcome Liberty“, das flotte „Nothing Remains“ (mit Thomen Stauch am Schlagzeug – wer Arges dabei denkt), die völlig klischeefreie Highlander Ballade „Requiem“ und „We Are Pirates“ das nicht von ungefähr ziemlich deutlich an bessere Tage von RUNNING WILD erinnert (samt Schifferklavier und ultraeingängigem Mitgrölparts) - klasse. Die abschließende, fast 9-minütige ideenreiche Achterbahnfahrt „Of Downfall And Decline“ glänzt dann durch progressive Ausflüge und schließt ein echtes Highlight des deutschen Metals in 2010 ab. Da dürfen sich andere erst mal strecken und man kann da nur hoffen und wünschen das „Easton Hope“ nicht wie seine beiden Vorgänger ein echter Geheimtipp bleibt, sondern das ORDEN OGAN endlich den verdienten breiten Durchbruch schaffen. Klare Kaufempfehlung!
Zeitgleich mit der 25th-Anniversary Veröffentlichung des KEEL-Hammers „The Right To Rock“ versucht Sänger und Bandleader Ron Keel zusammen mit Originalgitarrist Marc Ferrari eine weitere Achtziger-Reunion. Unter dem Titel „Streets Of Rock & Roll” lassen die Veteranen nach ihren ersten, in den Staaten durchaus erfolgreichen Alben von 1984 bis 1989 eine neue Scheibe folgen. Seitdem ist viel Whiskey den Hollywood Boulevard runtergeflossen, Ron Keel hatte es gar in erweiterte Western und Country-Gefilde vertrieben (unter Ronnie Lee Keel oder u.a. bei der Southern-Metal-Band IRON HORSE). 2010 erinnern KEEL nun eher an SAXON und teilweise gar an rockige MOLLY HATCHET anstatt wie früher an KISS, was aber nicht nur an der mittlerweile etwas tieferen Stimme von Sänger Ron KEEL liegt, sondern auch an den oft NWOBHM-kompatiblen und leicht southern-bluesigen Kompositionen. Als Appetizer darf der geneigte Fan ruhig mal in die gut und locker ins Ohr gehende Rocksongs „Come Hell Or High Water“, „No More Lonely Nights“ und „Brothers In Blood“ reinhören und natürlich in die typische, gut gemachte 80er-Rock-Ballade „Does Anybody Believe“. Mitgewirkt haben auf „Streets Of Rock & Roll” auch noch Jaime St. James (von den zu Unrecht fast vergessenen BLACK’ N BLUE) und Paul Shortino (ROUGH CUTT, QUIET RIOT), produziert wurde das Album von Pat Regan (KISS, WARRANT, DEEP PURPLE), wobei aber die Tracks etwas mehr Punch vertragen hätten – da hat man etwas Power verschenkt. Alles in allem ist „Streets Of Rock & Roll” so eine gute Scheibe für die Zielgruppe geworden um mit KEEL und neuem Stoff in allen Erinnerungen zu schwelgen.