Konzert:
Slime, Velvetone - Bremen, Schlachthof
Konzert vom SLIME hatten im Grunde alles richtig gemacht und sich zu einem Zeitpunkt aufgelöst, an dem es nicht mehr besser für die Band laufen und bevor sie zu einer (peinlichen?) Karikatur einer alternden Punkband werden konnten. Bis 1994 waren sie mehr oder weniger aktiv, was nicht zuletzt an den Steuerproblemen von Dicken lag, so wird jedenfalls gemunkelt. Pfingsten 2010 stand dann die erste Show seit Jahren an, mit immerhin drei alten Mitgliedern (Dicken, Elf und Meys) – und jetzt die Tour. Die scheint gut zu laufen, Berlin und Hamburg sind ausverkauft und auch in Bremen ist der Schlachthof gut gefüllt, ja knapp vor ausverkauft.
Wer aber auf die Idee kam, mit VELVETONE eine Rockabilly-Band ins Vorprogramm zu holen, hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Die Jungs mühten sich zwar redlich, aber nach einer guten halben Stunde waren die lustigen Sprüche des Sängers aufgebraucht und begann sich der Rockabilly zu wiederholen. Für weitere 30 Minuten, insgesamt blieben die Kerle fast eine Stunde auf der Bühne, ohne dass es wirklich viele Leute interessierte, denn die bunte Mischung aus Altpunks, Nachwuchspunkern und gesetzten Herren, die SLIME während ihrer Studentenzeit gehört hatten, hatte auf VELVETONE wenig Bock [ob das für die erste Vorband auch galt, kann wegen dezenter Verspätung nicht gesagt werden – lh].
Um 22 Uhr war es dann soweit und ein gut gelaunter Dicken betrat die Bühne, begleitet von Elf und Meys, während am Bass und hinterm Drumkit die beiden MIMMI’s-Aushilfen Platz nehmen. Los geht’s, auf in 90 Minuten Punk-Nostalgie. Vor der Bühne geht es sofort hoch her, spätestens nach der „Störtebecker“-„Seekarten“-Combo tobt der ganze untere Saal, schön mit Zeigefinger in der Luft, Mitgröhlen und Bier verspritzen. Da kommen Erinnerungen hoch, wenn „Brüllen, zertrümmern und weg“ intoniert wird oder das legendäre „Polizei SA/ SS“ aus den Boxen kommt. Witzigerweise haben einige Songs nichts an Aktualität eingebüßt, wie die auf die Grünen gemünzte Ansage vor „Linke Spießer“ oder natürlich „Schicksalsspiel“. Hannes Wader wird dann auch noch gecovert, bevor SLIME 2010 die Bühne verlassen, um sich für eine Zugabe zurück rufen zu lassen. Völlig zu Recht, denn was die Nordlichter ablieferten, war richtig gut. So wird auch die Zugabe, bei der die Luft endgültig brennt und die Stagediver die Security (mit schickem A.C.A.B.-Shirts bekleidet) noch mal fordern, wobei den Jungs auf der Bühne etwas mehr Gelassenheit gut getan hätte. SLIME bedanken sich danach artig bei den Fans, die zufrieden nach Hause torkeln (der Bierumsatz war enorm), während die Band ebenso zufrieden auf eine ziemlich gute Show zurück blicken kann, mit der sie bewiesen haben, dass auch Altpunks cool sein können.
CREED sind ja seit letztem Jahr als Band wieder aktiv geworden (das kann man nun gut oder schlecht finden), sehr positiv ist allerdings jetzt, dass die dreiviertel der Besetzung von ALTER BRIDGE (eben damals aus Creed entstanden) trotzdem weitermachen und jetzt Album Nummero drei vorlegen. Sehr originell waren die Herrschaften mit der Titelwahl zwar nicht, „AB III“ klingt nicht sehr dolle aber die Musik entschädigt bei weitem für die lieblose Bezeichnung und ein eher schlichtes Coverartwork.
Der entscheidende Unterschied ist nicht nur der erneut grandiose Sänger Myles Kennedy (er war unlängst bei SLASH als Tourvocalist auf dessen erfolgreicher Worldtour dabei) der mit seinem deutlich wandlungsfähigerem Organ Chef-Jammerer Scott Stapp deutlich in den Schatten stellt, sondern die gänzlich andere Ausrichtung gegenüber dem zuletzt gerade noch mittelmäßigen Creed Comebackwerk "Full Circle".
Mastermind Mark Tremonti ist bei seiner neuen, alten Stammband aber bei Alter Bridge musikalisch zwar stilistisch nicht völlig gegenläufige unterwegs aber der Sound macht's halt aus. Bei AB geht es deutlich heavier, riffiger, mitunter düsterer und durchgehend härter zu mehr fast schon mehr Hardrock als alternative. Und den oftmals zu schwülstigen Pathos sucht man hier ebenfalls zum glück vergebens. Die Jungs leben ihr zweites Ich durchaus kernig aus bieten aber trotzdem auch mal atmosphärische Parts oder Passagen wie beim Opener "Slip To The Void". Nach einem zunächst fast flüsternden Start, krachen pulsierende Gitarren in bester Grungemanier laut durch die Boxen und liefern einen schönen Refrain in bester ALICE IN CHAINS Manier nur fetter.
Auch die erste Single "Isolation" föhnt voll gut rein mit ungemein Drive nach vorne, dann gibt es auch so etwas hymnenhaft aufgemachten Sachen wie „Ghost Of Days Gone By" passen, klar ist voll radiotauglich aber klingt nicht so abgedroschen wie NICKELBACK und Konsorten.
Echte Balladen gibt es natürlich auch einige "Wonderful Life" geht gerade noch so, das hätten Creed auch nicht triefiger machen können, da ist das akustisch startende "Life Must Go On" ein ganz anderes Kaliber, hier wummern mächtige Gitarrenwände und wuchtiger Refrain lassen den Hörer in wunderbare Atmosphären abtauchen.
Typisch auch solche melancholisch geprägten Nummern wie "Show Me A Sign", zwar etwas weniger plakatives Tempo aber ungemein mitreißende Hooks.
Einer meiner Favoriten ist ganz klar "Fallout" eine packende Alternativehymne mit einem klasse Gitarrensolo. Die Mischung paßt ganz gut denn immer wieder werden heftige Rocker eingebaut wie etwa „Coeur d’Alene“ oder auch „Still Remains“ die für den nötigen Kontrast sorgen. Und dann immer wieder diese mächtige Stimme, die egal ob akzentuiert, heavy oder auch „nur“ brachial, einfach nur klasse daherkommt, die Songs veredelt und oftmals mit dem gewissen Etwas versieht. Myles ist für mich aktuell einer der besten Rocksänger der Szene, er schafft es seine biografischen Texte über Ängste, Glaubensverluste und neuer Hoffnung glaubhaft mit der Musik zu transportieren. Nicht umsonst war er als potenzieller LED-ZEPPELIN-Sänger im Gespräch.
Zu den beiden überragenden Vorgängerwerken fällt „AB III“ vielleicht einen Tick weniger genial aus, braucht einige Anläufe mehr zur Zündung - ALTER BRIDGE haben sich dabei nicht einfach nochmal kopiert sondern mit viel eigenem Charme ganz sicher eines der besten Genrealben des Jahres abgeliefert.
AB III
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
14
Länge:
66:35 ()
Label:
Vertrieb:
Interview „MMX" ist seit kurzem erhältlich, die Never Say Die!"-Tour steht an -
gerade viel los bei euch, was? Ja, das kann man sagen. Wir sind nun mit der Never Say Die!-Tour zu 2/3
durch und das ist eine heftige Erfahrung, beinah jeden Tag vor bis zu 3.000
Leuten zu spielen.
Freust du dich auf die Tour? Was für ein Publikum erwartest du?Das Publikum hat doch einen niedrigeren Altersdurchschnitt, als erwartet. Es
ist schon was anderes, als eine Clubtour zu fahren, wo die Leute kommen, um
uns zu sehen. Hier bist du halt eine von 7 Bands - und jede ist irgendwie
angesagt. Es kommt keine besonders persönliche Stimmung auf, aber dafür
sehen einen viele Leute, die man sonst vielleicht nie erreicht hätte. Es ist
auf jeden Fall eine interessante Erfahrung.
Was werdet ihr nach der Tour bis zum Jahresende machen? Weitere Shows
stehen ja scheinbar nicht an... einfach mal abhängen und Kraft tanken?Nach der Never Say Die! spielen wir noch die Berlin Angst-Tour mit unseren
Freunden von FINAL PRAYER zwischen Weihnachten und Neujahr und die Planung
für das erste Halbjahr 2011 läuft auch schon auf Hochtouren. Wir versuchen
wieder in die USA zu kommen und schauen mal, wann wir am besten unser neues
Album betouren.
Wie sind die Reaktionen zu "MMX"?Bisher sehr positiv...von den Reaktionen der Presse her läuft es besser, als
bei unseren vorherigen Alben und auch die Fans haben es bisher fast durch
die Bank positiv aufgenommen. Irgendwer hat immer was zu meckern, aber wir
machen ja auch Nischenmusik...das kann und soll nicht jedem gefallen. *lacht*
Bist du zufrieden mit dem Album oder hättest du im nachhinein gerne noch
ein paar Sachen geändert?Auch wenn es wie eine Phrase klingt, aber ich war nie zuvor so zufrieden mit
einem Album. Man hat in der Regel nach Fertigstellung schon immer so seine
Zweifel und analysiert auseinander, ob man zufrieden mit der geleisteten
Arbeit ist. Und bei 'MMX' habe ich zum ersten mal keinerlei Zweifel, ich bin
rundum zufrieden.
Wie lange habt ihr an den Songs geschrieben? War es eine entspannte
Songwriting-Phase, die leicht von der hand ging, oder hattet ihr mit
unerwarteten Schwierigkeiten zu kämpfen? Wie immer haben wir das Album in sehr kurzer Zeit geschrieben. Das sorgt
dafür, dass das Ergebnis homogener ausfällt, besonders was Stimmung und Vibe
der Songs angeht. Und das ist uns wichtig...die Atmosphäre, die die Songs
vermitteln. Extreme Musik kann heute ja fast jeder machen, technisch gibt es
immer noch krassere Bands, aber was bringt das, wenn darunter der Vibe
leidet. Das ist denke ich heutzutage das Einzige, dass etwas rausreißen
kann.
Steuern alle aus der Band gleich viel Material bei? Nicht unbedingt, aber es sind alle beteiligt. Ich schreibe viele Riffs zu
Hause und gehe damit in den Proberaum, Paul zerhackt meine Riffs und
Strukturen rhythmisch oft noch zusätzlich und im Endeffekt stellen wir die
Songs in den meisten Fällen dann alle gemeinsam im Proberaum fertig.
Wo ordnest du "MMX" im vergleich mit "In Shoals" ein, gerade in Hinblick
auf Niko, der beim letzten Album ja erst seit kurzem in der band war? 'MMX' ist definitiv das kompromisslosere Album, das extremere und brutalere.
Auf 'In Shoals' hatten wir Lust zu experimentieren, dieses Mal wollten wir
einfach ein in erster Linie bitterböses Album schreiben und aus allen Rohren
feuern. Nico hat sich auf 'In Shoals' schon gut eingefügt in unseren Sound
und mittlerweile sind wir da natürlich auch noch mehr zusammengewachsen. Von
daher wissen wir, wie wir alle miteinander am Besten arbeiten können.
Welcher Song ist dein persönlicher Favorit und warum? 'Inferno III/IV' ist ein Stück, auf dessen Entstehung ich gern zurückblicke.
Aus einem Zufall heraus fing alles als Geheimprojekt von mir an, im
Endeffekt haben Paul und ich es aber dann gemeinsam ausgearbeitet. Das Stück
greift Franz Liszt's 'Dante Symphony' auf und reinterpretiert stellenweise
diese musikalisch. Auch inhaltlich bezieht sich alles auf den dritten und
vierten Canto der göttlichen Komödie. Es hat Spaß gemacht, mal so etwas zu
probieren und es ist finde ich sehr gut gelungen...ein perfektes Ende für
'MMX'. Definitiv etwas außergewöhnliches, ich kann mir gut vorstellen so
etwas noch einmal zu machen.
Fällt es dir leicht, so komplexe und durchaus anstrengende Musik zu
machen und zu hören? Hättest du mal Lust auf einfach gestricktere Songs
(vielleicht im Rahmen eines Nebenprojekts)? Ich war mal mit der Hardcore Band MAKE IT COUNT! als Aushilfsgitarrist auf
Tour und hatte ehrlich gesagt eher Schwierigkeiten damit, die sehr klar
strukturierten Songs mit ihren vielen Wiederholungen und gleichförmigen
Riffs im Kopf zu behalten. Mir fällt es einfacher, komplexe Musik zu
schreiben, weil es in dieser immer mehr Anhaltspunkte, Ecken und Kanten
gibt, an denen man sich orientieren kann.
Wovonhandeln die "MMX"-Texte? Gibt es einen roten Faden, der sie
verbindet? Es dreht sich alles um soziale Entfremdung und der Schwierigkeit, sich in
die Gesellschaft einzugliedern. Dafür kann es ja vielfältige Gründe geben,
wie Krankheiten a la Demenz oder Schlaflosigkeit, oder aber eben auch
einfach eine gewisse Abneigung gegenüber der Gesellschaft. Auf Basis von
fiktiven Charakteren behandeln wir diese Themen.
Wie wichtig sind texte für eure Fans, was denkst du? Sind Texte heute
generell noch so wichtig wie vor 15-20 Jahren? Ich glaube es hängt oft damit zusammen, wie sehr man in der Musik aufgeht.
Heutzutage ist ja auch extreme Musik schon ein Teil der Popkultur und viele
rutschen nur so durch, irgendwo zwischen Bushido und Electro-Party. Diese
interessieren sich sicherlich nicht so sehr für die Inhalte. Diejenigen,
die am Ende einer Szene die Treue halten, interessiert es dafür sicherlich
umso mehr, weil sie sich eben mit dem identifizieren können, was Bands zu
sagen haben.
Gibt es einen Song, dessen Text dich - in welcher Form auch immer -
verändert hat? Nicht direkt verändert, aber viele Songs haben schon für Aha-Momente
gesorgt. Wenn man mit der Hardcore-Szene aufgewachsen ist, bedeutete das vor
ein paar Jahren noch untrennbar, dass man mit alternativen Lebenswegen a la
Veganismus oder Straight Edge sowie einem politischen Anspruch konfrontiert
worden ist. Das spielt heutzutage ja alles leider nicht mehr so die große
Rolle für die Kids, was ich sehr schade finde. Ich glaube, dass es immer gut
ist, mit alternativen Subkulturen in Berührung zu kommen, weil man auf
diesem Wege offener wird und Scheuklappen ablegt.
Was sind eure Pläne für 2011? Wir wollen definitiv viel Touren, würden gern mal nach Asien oder
Australien...wieder in die USA und nach Russland. Release-technisch haben
wir ja nun ein Album im Rücken, da ist also 2011 ausnahmsweise mal nichts zu
erwarten. Weitere Split-Releases stehen auch keine an...wir wollen uns auf
das Betouren von 'MMX' konzentrieren.
Und wie war 2010 für euch, wo doch jetzt schon das Jahresende naht? Sehr interessant. Wir sind eine coole Headlinertour im Frühjahr gefahren,
haben eine Split mit BURNING SKIES aufgenommen und veröffentlicht, sind dann
direkt im Anschluss unser Album aufnehmen gegangen. Nun ist es
veröffentlicht und wir sind auf der Never Say Die! - und das Jahr wird dann
durch die Berlin Angst-Tour abgerundet. Wir können uns also nicht
beklagen...
Letzte Worte? Danke für das Interview...ich kann jedem Fan von extremem Metal nur ans Herz
legen, 'MMX' auszuchecken. Wer auf dem laufenden bleiben will, was unsere
Touren und sonstige News angeht, kann uns unter www.facebook.com/wfahm gern
besuchen und adden oder unsere Website auschecken: www.wfahm.com
Oi!
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