InterviewEuer neues Album „The Alchemy Index Vols. I+II“ ist vor Kurzem veröffentlicht worden. Wie sind bisher die Reaktionen von Fans und Presse?
Sie sind sehr positiv, was uns sehr ermutigt, da die Songs ein sehr ambitioniertes Projekt sind, mit denen wir musikalisch in eine neue Richtung streben. Es ist sehr angenehm, dass das bei den Fans und den Medien so gut ankam. Natürlich gibt es Leute, die mit unserer neuen Richtung nicht zufrieden sind, die wir seit zwei Alben haben, aber am Ende des Tages ist es für uns wichtig, mit dem glücklich zu sein, was wir machen, Spaß beim Live-Spielen der Songs haben und dabei, die Grenzen unserer Kreativität als Band weiter zu versetzen. Wir können nicht jeden glücklich machen.
Haben sich beide Teiles (Feuer & Wasser) musikalisch so entwickelt, wie ihr es geplant hattet?
Ja – auch wenn ich denke, dass wir selbst von der „Wasser“-EP überrascht waren, da es das erste Mal war, dass wir mit Elektronik und Synthesizern gearbeitet haben. Ich denke, wir sind alle sehr stolz auf das Ergebnis. Die „Feuer“-EP war sehr spaßig, da es der heftigste und aggressivste Kram ist, den wir in den letzten Jahren gemacht haben.
Hattet ihr konkrete Pläne, wie die EPs klingen sollten, als ihr mit dem Songschreiben begonnen habt?
Ja. Wir hatten eine generelle Idee, wie jede EP sein sollte, sowohl klanglich als auch textlich und wir haben beim Schreiben und Aufnehmen uns die Freiheit genommen, etwas von dieser Idee abzuweichen, so dass die EPs geschlossener und ausbalancierter klingen.
Wie lange habt ihr insgesamt an den Songs gearbeitet, also im Proberaum und im Studio?
Es waren so ungefähr ein oder eineinhalb Jahre. Einige Parts entstanden bereits in der Zeit, als wir mit unserem letzten Album „Vheissu“ getourt sind. Wir haben versucht den Aufnahmeprozess so zu gestalten, dass wir einen Moment einfingen, als zu versuchen den „perfekten“ Take zu erreichen, von daher haben wir recht schnell gearbeitet.
Das Schreiben und Arrangieren ging ebenfalls schneller als gewöhnlich vonstatten, da wir die Songs nicht überanalysieren wollten, wie uns das in der Vergangenheit passiert ist. Damals wurden viele Songs, die eigentlich gut gewesen wären, überfrachtet, da wir zu sehr nachgedacht haben – und das wollten wir dieses Mal wirklich vermeiden.
Läuft bei euch das Songschreiben entspannt ab? Trägt jedes THRICE-Mitglied zu den Songs seinen Teil bei?
Jeder in der Band hat die Fähigkeiten, auf verschiedenen Instrumenten Parts und Ideen zu schreiben und zu entwickeln, was wir bereits seit langer Zeit nutzen. Über die Jahre haben wir unsere Kommunikation stetig verbessert und den anderen Möglichkeit zur Einflussnahme auf die eigenen Ideen gegeben. Wir haben gelernt, uns zu vertrauen und Vertrauen in die Fähigkeiten eines jeden zu haben, was den Songwriting-Prozess viel weniger schwieriger gemacht hat, als es noch zu Anfang der Fall war.
Ihr habt einen Deal mit einem neuen Label unterzeichnet und Island Records verlassen – warum habt ihr diesen Schritt getan? Welche Argumente gaben den Ausschlag für euch, mit Vagrant Records zu arbeiten?
Ich denke, dass Island Records eine andere Vision für THRICE als wir hatte. Sie schienen auf einen Hit zu warten, auf eine Hit-Single und das passierte einfach nie. Wir waren immer mehr damit beschäftigt, Alben zu schreiben, als zu versuchen, einen Hit zu landen. Wir haben uns im Guten getrennt und sind ihnen definitiv dankbar für die Möglichkeiten, die wir bei ihnen hatten – aber ich denke, dass wir jetzt an einem besseren Ort sind. Rich Egan (der Kopf von Vagrant Records) hat uns schon immer unterstützt, schon seit langer Zeit, und mir immer wieder gesagt, dass er unsere Sachen veröffentlichen wird, wenn es mit Island Records nicht mehr funktioniert. Als er hörte, dass wir das Label verlassen haben, rief er mich sofort an. Es ist sehr schön mit einem Label zu arbeiten, das unsere Vision unterstützt und glücklich damit ist, uns das tun zu lassen, was wir wollen.
Ihr habt euch durch die Unterstützung karitativer Einrichtungen einen sehr guten Ruf aufgebaut. Unterstützt ihr auch weiterhin ein soziales Projekt, mit einem Teil der Einnahmen des neuen Albums?
Ja, wir unterstützen noch immer gemeinnützige Organisationen. Für „The Alchemy Index“ spenden wir einen Teil der Einnahmen zu Blood:Water Mission . Das ist eine Organisation, die Afrika mit sauberem Trinkwasser versorgen will und die medizinischen Einrichtungen dort im Kampf gegen HIV/AIDS unterstützt.
Habt ihr Tourpläne für 2008? Werdet ihr eure Shows mit einer speziellen Lichtshow oder visueller Unterlegung im Stile von NEUROSIS aufpeppen?
Wir werden im Februar durch Kanada touren und dann eine Headliner-Tour in den USA im April und Mai machen. Wir versuchen nach Europa und England zu kommen.
Momentan touren wir mit mehr Lichtern als wir jemals hatten und ich finde die Lichtshow ziemlich cool. Wir haben einen Background, der komplett aus LEDs besteht, durch die wir ziemlich coole visuelle Effekte zu unserer Show hinzufügen können. Ich bin aber nicht sicher, ob wir das auch in zukünftigen Touren nutzen werden oder nicht.
Finden sich in eurem Set auch alte Songs? Wie fühlt es sich an, diese zusammen mit den neuen Sachen zu spielen?
Wir spielen noch immer einen recht großen Teil Songs von den „Illusion Of Safety“ und „Artist In The Ambulance“-Alben, auch auf dieser Tour, die wir für die neuen Songs machen. Es ist eine Herausforderung, alles so zu ordnen, dass der Set fließt und sich zusammenhängend anfühlt, aber ich glaube, wir werden dabei besser. Die wahre Herausforderung ist es, herauszufinden wie wir die vielen verschiedenen Dynamiken (was wir bei unseren Alben versuchen) in einen einstündigen Live-Set zu integrieren.
BOYSETSFIRE haben euch in euren früheren Zeiten unterstütz, sich aber mittlerweile leider aufgelöst. Bist du noch in Kontakt mit ihnen?
Wir haben Robert (b.) ein paar Mal bei Shows getroffen, sind aber schon seit längerem nicht mehr mit ihm in Kontakt. Sie waren eine großartige Band, die unglaubliche Shows gestaltet hat, aber wie alles Gute musste es an einem Punkt zum Ende kommen.
Was hältst du von der heutigen Metal/Hardcore-Szene, die boomt wie nie zuvor. Ist es gut für die Fans, dass es so viele Bands, so viele Veröffentlichungen, so viele Shows gibt, aus denen sie jeden Monat wählen können?
Um ehrlich zu sein halte ich das alles für übersättigt, jedenfalls an diesem Punkt. Es gibt viele Bands, die ihre Musik wirklich gerne spielen, aber es ist Zeit für etwas Neues die Führung zu übernehmen. Wenn es nur noch Rip-Offs von Rip-Offs von Rip-Offs von Rip-Offs von Bands gibt, die KILLSWITCH ENGAGE „Alive Or Just Breathing“ (das ich liebe) oder POISON THE WELL „The Opposite Of December“ (was ich ebenfalls liebe) rippen, ist es wohl Zeit, auf den Refresh-Button zu drücken.
Was denkst du, wie lange werden THRICE aktiv sein?
Ich habe keine Idee… Wir werden stoppen, wenn es keinen Spaß mehr macht und ich kann ehrlich sagen, dass wir noch nie so viel Spaß hatten wie während dieser Tour.
Habt ihr Projekte abseits von THRICE? Wie wichtig sind diese für euch?
Ich habe zur Zeit kein Soloprojekt, aber ich werde wohl bald eins beginnen und wenn es nur ein Vehikel für einige Ideen ist, die ich loswerden will. Dustin hat dieses Jahr ein Soloalbum veröffentlicht und Teppei schreibt gerade an seinem. THRICE ist aber für jeden die Top-Priorität und ich sehe nicht, dass sich das bald ändern wird. Die Nebenprojekte sind etwas, dass wir in der Zwischenzeit machen.
Welche Bands, welche Künstler beeinflussen dich?
Es sind wirklich zu viele, um sie aufzulisten. Es gibt definitiv einen Kern von Bands, die für uns vier gleich wichtig sind, aber unsere Geschmäcker jenseits dieses Kerns variieren. Mit unserem Projekt werden diese Unterschiede deutlicher hervortreten, dank der Vielfältigkeit der EPs. Es gibt alles von aggressivem Rock zu elektronischen Künstlern zu klassischen Komponisten zu Singer/Songwriter-Kram zu Jazz zu Folk bis zu Filmsoundtracks. Es ist querbeet gestreut.
Welchen Alben haben dich in diesem Jahr beeindruckt?
Radiohead „In Rainbows“, Baroness „Red Album“, The Shins „Our Love To Admire“ und die neuen Alben von DILLINGER ESCAPE PLAN und GOD IS AN ASTRONAUT haben mich persönlich sehr erfreut. Und einige habe ich sicher vergessen.
Letzte Worte?
I promise we'll make it over to the UK and europe next year. Thanks for
your patience and support.
InterviewServus Henning, euer neues Album ist (zumindest für mich *g* etwas unerwartet) absolut spitzenmäßig ausgefallen - wie beurteilt dies die Band vor allem auch im Vergleich zu früheren Werken?Hihi, in Bezug auf die anderen Alben kann ich nur sagen ist das aktuelle Album wieder spitzenmäßig. Wir sind davon überzeugt, dass es aber noch kein Album gegeben Hht, für das wir so gekämpft haben. Für uns schließt sich ein Kreis und wir sind abgeklärter und hungriger denn je!
Ich glaube sogar, die neue CD ist das bisher beste Werk von Euch insgesamt... sogar noch besser als das Debüt oder etwa doch nicht? Doch ich würde das so stehen lassen wollen, auch wenn das erste Album wohl für die Öffentlichkeit eine größere Überraschung/Sensation gewesen sein dürfte.
Was hat sich in den 20 Jahren dazwischen produktionstechnisch aber auch in der Band (Einstellung usw.) verändert? Wir sind alle reifer geworden und nicht mehr so ungeduldig. Außerdem war es wichtig, dass wir mit Andreas "Boogieman" Herbig einen externen Produzenten dabei hatten.
Die nächste Single wird "Open Letter To A Friend" sein - warum gerade dieser Track? Weil er repräsentativ für das Album und auch für die Zeit in der das Album entstanden ist. Außerdem spricht der Text ein mir wichtiges Thema an!
Mir hätte das rotzigere "I Don´t Want You To Like Me" besser gefallen .. habt ihr darüber intern abgestimmt oder war es ne Vorgabe? In der Tat stand der Titel auch zur Debatte, aber der kann ja auch noch kommen.
Euer Debüt verkaufte sich damals 750.000 mal .. dies scheint heute in Zeiten von Downloads usw. ziemlich unmöglich egal wie gut die CD auch sein mag zu sein oder? Ist jetzt für mich persönlich auch nicht das primäre Ziel.
Mit welcher Zahl wärt ihr denn zufrieden und wo steht ihr aktuell?Ich bin mit dem Album zufrieden, wer es nicht kauft ist selber schuld!
Die CD klingt souverän, alles wirkt unglaublich abgeklärt aber trotzdem vom Songwriting her frisch und abwechslungsreich, will sagen gut rockig - wie habt ihr dies so umsetzen können?Für mich war entscheidend, dass wir aus dem Bauch heraus gearbeitet haben. Es war sehr schwer, den Kopf auszuschalten und sich auf Intuition zu verlassen.
Woher kam die Motivation oder auch die Inspiration? Die Motivation war, dass wir das Gefühl hatten, dass noch irgendetwas auf uns wartet. Die Produktion hat dies in großen Teilen auch so bestätigt. Inspiration war für mich die Auseinandersetzung mit der Band, den Freunden, dem möglichen Ende der Band und den letzten 17 Jahren im Allgemeinen.
Über was handeln die Texte, haben die autobiografischen Charakter oder eher nicht?Wie ich es schon vorher erklärt habe, aber ansonsten eigentlich ja.
Es gab angeblich Schwierigkeiten mit der Plattenfirma im Vorfeld, denen das Material zunächst nicht gefallen haben soll .. stimmt dass und ihr habt euch letztlich durchgesetzt oder was gabs da?Ganz genau so war es und diese Sache hat uns aber einiges an Kraft gekostet.
Dass mit der Wette bzw. den zu teuren Kosten für das Video nehmen euch manche nicht so recht ab und halten dies für einen raffinierten Promotiongag. Erzähl doch mal was dazu... Jede Erklärung würde nur Raum für noch mehr Spekulationen bieten. Und natürlich hat es auch was mit Promotion zu tun, wenn man so eine Sache in die Öffentlichkeit stellt. Aber Marketing und Promotion waren nicht der Anlass für die Wette sondern lediglich das Mittel, um unsere Interessen durchzusetzen. (Die Mehrkosten des aufwendigen Videos zahlte schließlich dank der abstimmenden Fans das Label - Anm. der Redaktion !)
Das Groß eurer Fangemeinde (neben den Anhängern der 1 Stunde) ist relativ jung im Vergleich auch zu euch selbst .. wie erklärt ihr euch das? Das muss an dem guten Aussehen von dem Rest der Band liegen *g*
Die Crossoverzeiten bzw. Rapp-Parts sind wohl jetzt endgültig erledigt .. Zufall oder Absicht - wie kams dazu? Das sind Stilelemente, die mittlerweile von anderen so gut beherrscht werden, dass ich mich da nicht mit Ruhm bekleckern würde. aber das kann auch mal wieder anders sein.
Ich habe euch dieses Jahr livehaftig beim Taubertal gesehen - wie seht ihr euren Auftritt dort im Nachhinein? Das Wetter hätte besser sein können, aber trotzdem fand ich es sehr spaßig, die Leute trotzdem aus der Reserve zu locken.
Für mich wart ihr zuletzt immer mehr eine Liveband, die mit ihren zahlreichen Hits eine sichere Bank war und stets sehr mitreißend aggierte... gehen euch die ollen Kamellen nicht langsam selbst ein wenig auf den Geist? Überhaupt nicht. wir sind froh solche Songs auf dem Zettel zu haben.<
Jetzt habt ihr einige Song-Granaten auf dem neuen Album, die locker gegen die alten Sachen antreten könn(t)en - was nehmt ihr davon aktuell in euer Standard Liveprogramm hinein? Wir werden sieben Titel vom neuen Album spielen:
open letter to a friend
cliche
yesterday
selfconversation
leaving
here i go again
and i wonder
i just dont want you to like me
Nenne uns doch bitte dein beiden Lieblingssongs aus der CD und warum es gerade die sind? "Yesterday", weil ich finde, dass damit die letzten 17 Jahre sehr gut zusammengefasst werden und "Leaving", weil er sich mit dem Mut befasst Dinge oder Menschen zu verlassen um zu wachsen.
Auch gesanglich lieferst du einen klasse Job ab, sehr vielschichtig im Ausdruck - stimmst du mir zu dass hier deine beste Performance bisher zu hören ist? Auf jeden Fall dank Jan Löchel - einem von zwei Produzenten - habe ich einen gehörigen Schritt nach vorne gemacht.
Oder bist du immer noch nicht mit allem zufrieden? Zufriedenheit kenn ich in diesem Zusammenhang nicht wirklich aber das ist auch immer die Motivation weiterzumachen.
Diesmal habt ihr (leider) keine Coverversion auf der Scheibe .. warum? Man muss auch wissen wann es genug ist.
Wie geht es jetzt weiter mit der Band, was macht ihr denn gerade .. die Clubtour vorbereiten? Um genau zu sein bereiten wir gerade unser neues Video vor und dann natürlich auch die Tour.
Nächstes Jahr wahrscheinlich noch in paar Shows und Festivals und dann ist erstmal wieder Pause.
Wie muss man sich die Proben dazu bei euch vorstellen, irgendwo im dunklen Keller? Die finden immer bei uns im Studio statt. Sehr hell und sehr schön aber wir kommen eigentlich nicht zum Proben.
Wann geht es denn wo los, wie viele Termine habt ihr da zu spielen? Wir haben gerade begonnen und wir werden bis Ende diesen Jahres noch über 30 Shows spielen.
Was wird die Fans erwarten Spieldauer/Programm - habt ihr irgendwelche Gäste dabei? Anderthalb oder zwei Stunden Abfahrt ohne Bremsen: H-Blockx at their Best!
Wie sehen denn bei euch so die Ticket- sowie Merchandisingpreise aus (T-shirt) .. die so viele Bands angeblich nicht mehr beeinflussen können - deine Meinung zu diesem Thema? Wir versuchen immer einen Preis zu finden, der die Tour und die Shows finanziert. An einer Tour wie der kommenden wird bei uns nicht viel hängen bleiben. Das wichtigste ist, dass keiner hinterher das Gefühl hat zu viel bezahlt zu haben.
Wer wird denn dieses Jahr Fußballmeister...? Borussia M´gladbach in der 2. Liga.
Dein aktuelle Band/Titel Playlist sieht wie folgt aus (gerne auch Alltime/Aktuelles)? Ich bin großer Fan von den STEREOPHONICS und Altmeister UDO LINDENBERG.
Eines deiner Hobbys ist Angeln - wie überzeugst du einen passionierten Nichtangler wie mich, es doch mal zu versuchen? Es geht nie um das Fangen des Fisches selbst sondern um den Versuch Teil der Natur zu werden oder es zumindest zu versuchen sich selber besser kennenzulernen. Wenn man doch was fängt bleibt es ja deiner "Gnade" überlassen, was du mit dem Fisch machst.
Famous Last Words... Danke für das Interesse und vielleicht bis bald. Gruss Henning
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