MOSFET lärmen sich bereits seit ein paar Jahren durch die österreichische Botanik. Wenn das, was auf ihrem neuen Longplayer „Deathlike Thrash’n’Roll“ die Quintessenz ihres Schaffens darstellt, muss vor den Ösis der Hut gezogen werden – die Mischung aus PANTERA, TESTAMENT und DESTRUCTION macht nämlich richtig Laune und tritt gut Arsch. Klar ist hier mit Abwechslung Essig, aber in ihren selbstgesteckten Grenzen machen MOSFET alles richtig und hauen ein gutes Dutzend knackiger, moderner Thrash-Song raus, die dank mächtig Groove direkt in die Beine gehen. Einziges Manko ist der Gesang, der auf Dauer zu eindimensional wird und nicht immer gegen die Instrumente ankommt („A Rowdy’s Warfare“). Das schmälert den guten Eindruck aber nur minimal. MOSFET läuten das Jahr für Thrash-Fans gut ein.
Modern Rock – was Besseres fällt mir zur Beschreibung der 11 Kompositionen auf „Give Me Insanity“ nicht ein. Die Briten EXIT TEN bieten auf ihrer vierten Veröffentlichung (zwei EPs und eine CD waren es bisher) nämlich Abwechslungsreiches zwischen Post-Rock und Post-Hardcore, melodischen Metal, bombastischen Sound und etwas Prog. Ryan Redman (Vocals), Stuart Steele (Gitarre), Joe Ward (Gitarre), James Steele (Bass) und Chris Steele (Schlagzeug) heißen die Jungs aus dem englische Reading, die schon mit dem Opener-Duo (das flotte „Life“ und der geschmeidige Ohrwurm „Curtain Call“) überzeugen können. EXIT TEN bringen das Kunststück fertig, hart zu sein ohne auf billige Riffs und Metal zu setzen. Und sie bringen es fertig eingängig und episch zu klingen ohne einen auf vordergründigen Pop und symphonisch zu machen. EXIT TEN legen wert aufs komponieren und arrangieren (wie beim melancholischen und mit Streichern versetzten „Suggest A Path“ oder dem balladesken „Lion“). Manch cleverer musikalischer Schlenker verdeutlicht sich erst wenn man den Song zu Ende hört. Für „Give Me Insanity“ sollte man sich etwas Muße nehmen, um den Klangkosmos von EXIT TEN vollends wirken zu lassen braucht es Zeit. Schönes Album, das definitiv Lust auf mehr macht.
Hierbei handelt es sich nicht um die Band des ehemaligen IRON MAIDEN-Sängers, sondern um eine japanische, seit Ende der 90er operierende Formation, die nun ihr gleichnamiges Debütalbum in unseren Breitengraden veröffentlicht. Die Jungs aus Osaka beziehen ihre Einflüsse zwar zu großen Anteilen aus der NWOBHM, aber eine Truppe hat es BLAZE ganz besonders angetan: SCORPIONS. Gitarrist Hisashi Suzuki nennt Michael Schenker als sein größtes Vorbild, und tatsächlich werden die Hannoveraner hier aus jeder Pore geschwitzt. Schon der starke, flotte Opener „On The Run“ erinnert in Sachen Melodien, Eingängigkeit, Songwriting und sogar leicht nasalem Gesang an „Coming Home“. Die frühen Achtziger sind allzeit präsent, der Gitarrensound sägt herrlich trocken und knackig, wenn auch etwas dumpf, was aber Retro-Fans sicher kaum stören wird. Nicht jeder Song auf „Blaze“ ist ein Volltreffer, aber mit hymnischen Hardrockern der Marke „Walkin´ On The Cloud“, „See The Light“, „The Night Speaks“ oder der saugeilen Mitgrölnummer „Place In The Sun“ ist man sehr nah dran. Mit dem zwar ganz guten, aber nicht weltbewegenden „Night Walker“ hat es sogar ein Bonustrack auf dieses sehr starke Album geschafft, das in etwa eine ähnliche Aura versprüht wie der fantastische VANDERBUYST-Erstling. Trotz leichter Schwächen vergebe ich für „Blaze“ gerne den „Tipp“, weil die angepeilte Zielgruppe das Album und die Band einfach kennen lernen muss!
HULL haben schon vor dem Release von „Beyond The Lightless Sky” in den Internet-affinen Nerd-Kreisen für Furore gesorgt und ein gutes Beispiel für Marketing 2.0 geliefert. Die Frage ist dann natürlich, wieweit das Produkt auch überzeugen kann und dem Hype gerecht wird. „Beyond The Lightless Sky“ wildert wie erwartet im frühe-MASTODON/ BARONESS-Gewässer und scheut sich vor Ausflügen nach New Orleans nicht („Fire Vein“). Stetige Wechsel zwischen ungestümen, rockigen Parts und zähen Abschnitten zeichnen die Platte ebenso aus wie der mehrstimme Gesang, was zum textlichen Konzept passt, in welchem es um den Konflikt zweier Brüder geht. Alles gut gedacht bis hierhin. In der Umsetzung ist HULL aber nicht alles gelungen – so sind manche Songs zu vollgepackt mit Ideen, was dazu führt, dass sie zu schnell wechseln und dem einzelnen Part keine Chance zur vollen Entfaltung geben. An anderer Stelle übertreiben sie es wiederum mit dem Sludge-Anteil und mäandern ohne Spannungskurve vor sich hin. „Beyond The Lightless Sky“ wird so zu einem ambitionierten Album, das aber die Erwartungen nicht erfüllen kann. Immer noch ein gutes Sludge-Album, nur eben nicht der große Wurf.
Beginnen wir die Rezension mal mit einem kleinen Quiz: Wie viele Songs haben NAPALM DEATH bisher in ihrer Karriere veröffentlicht? Ich glaube, wer darauf eine Antwort hat, ist nicht nur Allerhöchster Fan, sondern knapp vor dem Nerd-Status anzusiedeln, hat die Birminghamer Grind Institution mit ihrem neuesten Output „Utilitarian“ doch mittlerweile ihr 14. Album am Start. Die unzähligen EPs, Mini-Alben, Live-Mitschnitte und Sampler-Beiträge würden für die Zählung noch ihr Übriges dazu tun. Ich denke nicht mal die Band kann diese Frage beantworten. NAPALM DEATH sind ein echtes Wunder. 30 Jahre sind die Mannen um Fronter und Die Hard-Aston Villa-Fan „Barney“ Greenway schon am Krach machen. Und das dieser Krach so lange überlebt hat, ist einfach ein Wunder. Wenn man die BBC Sessions bei Radiolegende John Peel Anno 1989 anhört (im Übrigen absolute Kaufempfehlung für jeden Grind- und Musikgeschichte-Freak! „Grind Madness At The BBC“ via Earache Records), muss man doch damals gedacht haben, dass nun die Apokalypse angebrochen ist. Das diese Krachmaten, die solch einen Sound abliefern nach 30 Jahren immer noch Alben veröffentlichen, ein ganzes Genre gebildet haben, dazu noch immer fleißig am touren sind und sich angepisst wie eh und je geben, hätte wohl damals niemand gedacht. Auch als der 13jährige Nicholas Bullen 1981 die Band NAPALM DEATH aus der Tauf hievte, war wohl niemandem bewusst, was diese Combo bewirken wird. 32 Jahre später also kommt mit „Utilitarian“ ihr neuestes Werk raus und der Hörer kann getrost wieder zugreifen und sich auf alte NAPALM DEATH-Standards verlassen. Das Album ist wirklich angepisst wie eh und je. Drummer Danny Herrera prügelt und blastet sich den Teufel aus dem Leib, Gitarrist Mitch Harris liefert zusammen mit Basser und Band-Tausendsassa Shane Emburry wieder ein wütendes Riffs nach dem anderen ab und Barney kotzt, gurgelt und schreit sich ebenfalls die Seele aus dem Leib. Natürlich flechten die Herren hier und da auch mal wieder eine ihrer kleinen Überraschungen ein, wie beispielsweise das kurze Saxophon Intermezzo auf „Everday Pox“ oder die oft mit strangen Effekten versetzte Stimme von Barney. Aber richtig große Experimente will keiner, braucht keiner und NAPALM DEATH haben das auch gar nicht nötig. „Utilitarian“ ist ein Sau starkes Album geworden, das keine Wünsche offen lässt. Lasst euch begeistern und seid auch beim nächsten Gig der vier Engländer am Start wenn es wieder heißt: „Nazi Punks: FUCK OFF!!!“ Cheerz!
LES DISCRETS haben schon mit „Septembre Et Ses Dernières Pensées“ ihr Händchen für das Verbinden von veträumt-melancholischer Musik mit brachialer Härte gezeigt, die Erwartungen an den Nachfolger sind also nicht gerade klein. „Ariettes Oubliées“ spinnt dann auch erwartungsgemäß den Faden weiter. Getragen vom durchgehend sanften, verträumten Gesang, der von Fursy und Audrey geteilt wird, und im Hintergrund flirrenden Gitarrenwänden, baut sich im Laufe der gut 40 Minuten eine Atmosphäre auf, die zum Verweilen und Entspannen einlädt, auch wenn die schwarzmetallisch eingefärbten Abschnitte („Le Mouvement Perpetuel“) immer wieder den Kontrast setzen und den Hörer ins Gedächtnis rufen, dass jenseits der sanften Töne noch eine harschere Welt existiert. Für den einzelnen Song betrachtet funktioniert das sehr gut, hier können LES DISCRETS ihre Stärken beim Erschaffen der passenden Atmosphäre voll ausspielen. Über Albumlänge sieht die Sache schon etwas anders aus, da hier der Spannungsbogen fehlt, das Album sich als zu homogene Einheit entpuppt. So homogen, dass es in die monotone Ecke abrutscht. So fehlt „Ariettes Oubliées“ am Ende die Abwechslung, um ein richtig grandioses Album zu werden. Wer damit leben kann, wird eine trotz allem gute Post Black Metal-Platte vorfinden, die dem Vorgängeralbum in nichts nachsteht.