Coverscheiben sind schon was Lustiges, sofern sie auch originell sind, und man sich, wie im jüngsten Fall Heino, herrlich darüber aufregen/amüsieren/totlachen kann. Auch im härteren Musikbereich hat man schon die eine oder andere positive Überraschung erlebt (SIX FEET UNDERs „Graveyard Classics“ – nur die erste wohlgemerkt - oder POWERGODs hervorragende „That´s Metal“-Platten), aber „Paying Tribute“, eine Zusammenstellung diverser Klassiker, die die Südstaatler MOLLY HATCHET im Laufe ihrer Karriere eingetütet haben, braucht hingegen kein weibliches Borstentier. Nicht, dass die Band um Gitarrengott Bobby Ingram hier musikalischen Kaffeesatz abliefert, aber dieser Haufen hat derart erstklassige Eigenkompositionen in der Hinterhand, dass wenig originelle Standard-Interpretationen von ZZ TOP („Sharp Dressed Man“), THIN LIZZY („The Boys Are Back In Town“), George Thorogood („Bad To The Bone“), den ROLLING STONES („Tumbling Dice“ und „Wild Horses“), das obligatorische „Dreams I´ll Never See“ von der ALLMAN BROTHERS BAND oder das gruselige „Desperado“ von den EAGLES einfach nur belanglos und langweilig herüberkommen, zudem sie sich ohne große Überraschungen streng an das jeweilige Original halten. Deutlich wertiger sind für Fans daher die drei Live-Bonustracks „Whiskey Man“, „Beatin´ The Odds“ und „Flirtin´ With Disaster“, die „Paying Tribute“ ans Ende gehängt worden sind. Echte MOLLY-Fanatiker, die sowieso schon alles andere von den Jungs haben, werden sich diese überflüssige Compilation zwar ins Regal stellen, aber wer hier noch unbedarft ist, sollte es zuerst mit den großartigen (und inzwischen zu Dumping-Preisen erhältlichen) Überwerken „Devil´s Canyon“ oder „Silent Reign Of Heroes“ versuchen. Insgesamt eine solide, aber leider gar nicht essentielle Veröffentlichung.
Wenn das äußerst geschmackssichere finnische Label Svart Records ein Album einer Band namens OPIUM WARLORDS mit dem Titel „We Mediate Under The Pussy In The Sky“ herausbringt, dann weiß der ebenso geschmackssichere Hörer, dass er hier höchstwahrscheinlich richtig abgefahrenen Stoff zu hören bekommt, mit dem noch höchstwahrscheinlicher nur ein Bruchteil der Hartwurstszene überhaupt etwas anfangen kann. Und so sei es dann auch! OPIUM WARLORDS ist das Soloprojekt von Sami Albert Hynninen, den der eine oder andere Doomer von THE PURITAN, SPIRITUS MORTIS oder REVEREND BIZARRE kennen dürfte, deren Fans sich hier ebenfalls angesprochen fühlen sollten. „We Meditate Under The Pussy In The Sky“ ist ein schräger, obskurer Bastard aus (Drone-) Doom Metal, schrammeligem Krautrock und einem Schuss Old School-Black Metal, mit vielen verstörenden, minimalistischen Passagen und dem kranken, wenn auch selten eingesetzten Geschrei des Meisters. Wer allerdings neben den oben erwähnten Weggefährten auch mit den großartigen Labelkollegen HEXVESSEL oder GOATESS keine Probleme hat, dem werden Stücke wie das über zwölfminütige „Slippy“ oder das sehr atmosphärische „The Wind Is A Gift From A Distant Friend“ ein glückliches Lächeln in die Murmel zaubern. Das laut Info philosophische Hintergrundkonzept dieses sehr guten, aber insgesamt etwas zerfahren wirkenden und sperrigen Albums will sich mir zwar nicht so richtig erschließen, dafür dürfen wir uns aber schon auf einen Nachschlag freuen, denn ein paar der hier vertretenen Songs stammen aus den „Lohja Sessions“ von 2010, deren Rest im Laufe dieses Jahres in Form eines Albums namens „Taste My Sword Of Understanding“ nachgeschoben werden soll. Wir sind gespannt…
Die junge aus Baltimore, USA, stammende Band bringt mit "Lowlands" ihren dritten vollwertigen Longplayer auf den Mark - sofern ich das richtig recherchiert habe. Das Teil passend einzuordnen fällt mir nicht leicht. Da sind Stoner Rock-Elemente, Retro Classic Rock-Anleihen sowie Indie-Gothic/Rock-Momente aneinander gereit und kombiniert auf einem Album. Somit zeigt die Band schon mal, dass Schubladen oder Scheuklappen nicht deren Ding zu sein scheint.
"Long Gone" kommt tiefergestimmt im 70er Muscle Car angedriftet, wirbelt mächtig Wüstenstaub auf und überrascht gegen Ende mit Breitwand-Sound. "Rolling Thunder" verschmilzt DANZIG mit ... ja mit wem wohl??? Richtig. Ohne den Bandnamen BLACK SABBATH geht heuer keine Doom- oder Stoner Review mehr online. Ab Nummer vier werden die Songs depressiver und psychedelischer. "Smile" schlängelt sich wie schlechte Laune vom Magen in den Kopf. Hat Atmosphäre, ist aber mindestens um ein bis zwei Minuten zu lang. "Alive In Time" und der danach folgende Titeltrack unterscheiden sich in Stimmung, Tempo und Struktur nur marginal. Sind zwar beide klasse, düster, traurig - nur hätte man die "Song-Zwillinge" auf dem Album trennen sollen, um das Teil spannender zu halten.
Erst gegen Ende kehrt wieder etwas Leben und Hoffnung auf "Lowlands" zurück, welches Stimmung, Atmosphäre und überraschend gute Gitarrenarbeit bietet. Manchmal ist mir das Album ein wenig zu gleichförmig und unterscheidungsarm. Zwei, drei Songs hätte es gutgetan, wenn sie kürzer und kompakter aus den Boxen kämen. So wäre das musikalische Potential verdichtet und mehr zur Geltung gekommen. Hier meine ich im speziellen die 6-Minuten-Songs, die ihre Längen haben. Dennoch - zumindest ein Daumen geht für die THE FLYING EYES nach oben.
„Tormented To Oblivion“, der Titel und das Cover-Artwork deuten es gegenüber dem Vorgängerwerk „Between Hell And Oblivion“ bereits an, ist kein neues Album der Death Metal/Grindcore-Formation aus Denver, sondern „nur“ eine Compilation, bestehend aus dem vollständigen, erwähnten Vorgängeralbum sowie der bisher unveröffentlichten EP „Diametrically Opposed“, auf der noch Ex-SKINLESS-Fronter Sherwood Webber am Mikro zu hören ist. Beide Scheiben wurden für diese Zusammenstellung remixt und remastert, wobei die älteren Stücke der EP einen Tick weniger voluminös tönen. Da es zum Album bereits ein Review gibt, belasse ich es bei der Feststellung, dass auch „Diametrically Opposed“ ordentliche Volldampf-Arschtreterei bietet und sich von dem Album stilistisch kaum unterscheidet; lediglich Mr. Webber tönt gegenüber seinem Nachfolger Steve Boiser etwas heiserer und weniger röhrend. Das Songmaterial ist sich in etwa ebenbürtig, auch die EP ist keine Ikone in Sachen Songwriting und Eigenständigkeit, bietet mit „Make Enemies“ oder dem Titelstück jedoch ebenso sehr hörenswerte Kost. Wer sich für ENEMY REIGN interessiert und das Album noch nicht besitzt, sollte spätestens jetzt zugreifen.
Die Norweger EXTOL haben schon immer zu den Bands gehört, die stets hochkarätige Qualität abliefern, vom Großteil der Szene aber konsequent ignoriert werden. Das Problem ist, dass das Trio keinem bestimmten Trend folgt und für die meisten Hörer scheinbar wirr zu viele Stilrichtungen durcheinander wirft, was vielleicht stimmen mag, nur machen das die Herren Espevoll, Husvik und Børud aus einem einzigen Grund: weil sie es können! Nachdem es lange still um EXTOL war (von 2007 bis 2012 lag die Band auf Eis; das letzte Album „The Blueprint Dives“ stammt von 2005), ist man gleich doppelt froh, dass das selbst betitelte Comeback-Scheibchen kein lauer Aufguss alter Tage ist, sondern erneut ein herausragendes Werk, auf dem sich Progressive Metal, technischer Death Metal, ein Spritzer Alternative Rock und bisweilen auch thrashige Parts gute Nacht sagen. ANACRUSIS gucken gerne mal um die Ecke, CYNIC sind auch nicht weit weg, mit OPETH und PORCUPINE TREE wird heftig geflirtet, DEATH lassen sich ab und an mal kurz blicken, und FAITH NO MORE stehen auf Abruf bereit. In der Praxis sind Songs wie der mit einem einschmeichelnden Ohrwurm-Refrain ausgestattete Opener „Betrayal“, die sogar an die allmächtigen PINK FLOYD erinnernden „Open The Gates“ und „Faltering Moves“, das brillant aufgebaute „Wastelands“ (Gänsehautrefrain!), das etwas brutalere „Ministers“, der hymnische Titelsong oder der fett riffende Abschluss „Unveiling The Obscure“ trotz ihrer Vertracktheit wieder überraschend eingängig ausgefallen, mit der Option, hier auch nach dem x-ten Hören noch feine Details ergründen zu können. Für dieses Album kassieren EXTOL von mir den „Tipp“, wie schon vor zehn Jahren für ihr Meisterwerk „Synergy“!
Was, bitte schön, darf man von einer Band erwarten, in der eine Death Metal-Ikone wie Rogga Johansson seit 15 Jahren das Ruder in der Hand hält, und die über all diese Jahre zahlreiche Gourmet-Schlachtplatten veröffentlicht hat?! Auch „World Lobotomy“, Album Nummer neun der schwedischen Oldschool-Fraktion, führt den soliden, erwarteten Kurs weiter und glänzt mit feinen Midtempo-Stampfern, die stilistisch direkt aus der Pionierzeit der heimischen Szene importiert worden sind. Mit leichten Thrash-Anteilen versehen, machen Stücke wie der Titelsong (nach einem Piano/Keyboard-Intro namens „Prelude To The Lobotomy“), „The Sky On Fire“, „As The Maggots Gather“ oder „The Last Chapter“ einmal mehr ordentlich Laune, auch wenn das Album den Fluch der letzten PAGANIZER-Scheiben nicht ablegen kann: mein Kollege Lars das Heitmännchen hat bereits in seinen Reviews zu den Vorgängeralben „Scandinavian Warmachine“ und „Into The Catacombs“ angemäkelt, dass die Alben entweder zu lang sind, manche Ideen mehrfach Anwendung finden und einige Songs nicht ganz zu Ende gedacht worden sind. Dieser Umstand macht „World Lobotomy“ auf sehr hohem Niveau über weite Strecken vorhersehbar mit starkem Grenzgang Richtung Langeweile, auch wenn das neue Werk etwas kürzer ausgefallen ist als die Vorgänger. PAGANIZER besitzen nach wie vor das Zeug zu großen Taten und beweisen auch hier ihre Kostanz, aber vielleicht sollte Herr Johansson seine Kreativität stärker bündeln, als sie bei gefühlten 753 Bands und Projekten zu verfeuern.