Stephen Stills, Kenny Wayne Shepherd und Barry Goldberg – drei Koryphäen des Blues sind THE RIDES. Und „Can’t Get Enough” das Album, welches nach Aussage von Stills (CROSBY, STILLS AND NASH) von der “Blues-Band seiner Träume” eingespielt wurde. Mit Goldberg hatte Stills schon vor einem gefühlten halben Jahrhundert ein Album aufgenommen; der hochgelobte (32 Jahre jüngere) Gitarrist Kenny Wayne Shepherd soll dem Ganzen frischen Wind verleihen. Dazu noch Bassist Kevin McCormick und Shepherds Schlagzeuger Chris Layton (Gründungsmitglied von Stevie Ray Vaughans „Double Trouble“). Herausgekommen ist ein im positive Sinne eher altmodisches Blues-Rock-Album, das eigene Kompositionen (hier ragt der Titeltrack „Can’t Get Enough Of Loving You“ heraus) mit mehr oder weniger bekannten Coversongs mischt - „Honey Bee” (MUDDY WATERS), „Talk To Me Baby” (ELMORE JAMES), das fast schon totgenudelte „Rockin’ In The Free World” (NEIL YOUNG) und „Search And Destroy (IGGY POP & THE STOOGES). Atmosphärisch fährt man gen Süden und bringt dies erwartungsgemäß gut groovend rüber. Auf Platte funkt das leidlich, setzt aber nicht die großen Akzente. Das dürfte bei dieser Besetzung eher Live wirken. So ist „Can’t Get Enough” nicht gerade jenes Überflieger-Album, welches die hochkrätige Besetzung verheißt. Aber ein gutes Blues-Rock-Album mit exzellenten Musikern ist es allemal.
Mit dem selbstbetitelten Eröffnungstrack zeigen ROXIN’ PALACE das man Old-School ist. Die Italiener orientieren sich mehr an den 80er-US-Größen und deren Nachfolger (MÖTLEY CRÜE und STEEL PANTHER) als an aktuellen Hair-Spray-Band wie HARDCORE SUPERSTARS oder THE POODLES (deren letzten Veröffentlichungen sie locker schlagen). Highlights für die Gemeinde dürften feineOhrwurm-Hard-Rocker wie „Wildest Party“ und „Relaxin' Shock 108°“ sein. Auch die Ballade „Gothic L.A.“, wie sie typischer für das vergangenen Jahrhundert nicht sein könnte, passt im Kontext. ROXIN’ PALACE bringen die nötige Räudigkeit einer Sleaze-Metal mit, auch wenn der Sound an sich ist dann leider doch noch etwas glatt geraten ist – wie auch das Songwriting, dass sich vornehmlich dem Sleaze-und Glam-Rock-Setzkasten bedient. Da dies aber auf einem guten Niveau geschieht, das Quintett handwerklich den Szenegrößen in nichts nachsteht und „Artesonika” von Anfang an einen hohen Spaßfaktor ausstrahlt dürfen Fans des Genres ruhig mal bei ROXIN’ PALACE reinhören.
GIBONNI gehört in seiner kroatischen Heimat und auf dem Balkan zu jenen Stars, welche auch mal Arenen füllen. Geboren 1968 und aus Split stammend, verdiente er sich seine Sporen als Mitglied der Metal-Band OSMI PUTNIK, bevor er seit 1991 Solo unterwegs ist. Dabei entwickelte er seine eigene, unverkennbare Mixtur aus Rock, Pop und Balkan-Folk, stimmlich durchaus mit ZUCCHERO zu vergleichen. Außerhalb dieses Wirkungskreises fristet der eigentlich auf Zlatan Stipisic getaufte Künstler bisher ein Schattendasein. Das soll sich mit „20th Century Man” ändern, der ersten Veröffentlichung außerhalb Südosteuropas. Starke Songs mit eben jenem Folk-Einschlag wie zum Beispiel der Opener „Hey Crow“ oder die pathetische, Rockballade „Hide The Mirror“ machen dabei richtig Laune. Andererseits setzt GIBONNI aber auch auf „einfach schöne“ Rock- und Popsongs, die aber zu glatt daherkommen und durchaus einen Hang zur Austauschbarkeit aufweisen. Für private wie öffentlich-rechtliche Mainstream-Radiostationen enthält „20th Century Man” Songs en mas. Wer bei BON JOVI, BRYAN ADAMS & Co. sich freut, endlich mal wieder Rockmusik im Radio zu hören, der dürfte auch an GIBONNI gefallen finden. Für meinen Teil wirken, wie schon oben angesprochen, vor allem jene Songs mit eingebrachten folkloristischen Stilmittel authentisch und anders. Ansonsten geht mir GIBONNI viel zu sehr, wenn auch gut gemacht, auf Nummer Sicher.
KORBEN DALLAS – durchaus kultverdächtiger Name für eine Band; aber die lieben Pandas auf dem rosa Cover, naja. Das Debüt der Jungs aus Neuwied (Rheinland-Pflaz) nennt sich „Schwarz auf Weis. Punkt!” und läßt schon mal auf deutsche Texte schließen. Musikalisch gibt es Metalcore mit Punk und Crossover-Einschüben, der rotzige Deutsch-Rock-Flair ist durchaus dem zwischen Punk-Rock-Stimme und eingeröchelten Growls dargebotenen Songtexten geschuldet. Standesgemäß eröffnet KORBEN DALLAS mit einem kurzen O-Ton (“Wo Korben Dallas Her?”, dem mit “Noch am Leben” gleich seine Verbeugung vor CALLEJON folgt. Ansonsten mischen die Jungs wohlfeil aus bekannten Repertoire und versuchen eine eigene Richtung zu finden – was noch am Besten bei “Inspektor Mosh” gelingt. Qualitativ ist der Anspruch des Bruce Willis und des “fünften Elementes” aber deutlich zu hoch. denn über die gänzliche Spiellänge hinweg, macht sich eine gewisse Langeweile breit, da KORBEN DALLAS ihre Songs oft nach Schema F strukturieren und auch die instrumentalen Stilmittel keine Grenzen sprengen. Potential und gute Ansätze – ja, deutlich ausgerichtet auf ein junges Publikum - aber leider dann doch nur ein weiterer netter Newcomer im Metalcore Trend.
“Fashionably Late” - “Spät, aber mit Stil!”– nennt sich der zweite Solostreich von Möchtegern-Superstar Ronnie Radtke - was durchaus eine Anspielung auf die reichlich vorhandenen, nicht mehr ganz so neuen Nu-Metal und Crossover Elemente im Post-Hardcore-Sound von FALLING IN REVERSE sein könnte. Aber keine Frage, dem durchaus schon schrägen Vorgänger setzt man noch einen drauf. Die Basis bildet ein aggressiver Hard- und Metalcore Fundament, mit clean gesungenen Passagen, aber auch sehr derben Growl und Screamo-Elementen. Die Refrains haben erwartunggemäß reichlich Pop- und Ohrwurmpotential; dazu recht viel Rap-Gesang, welcher sehr aggressiv dargeboten wird und von fetten Riffs, Samples, Dubstep oder Hip-Hop Strukturen begleitet wird. Textlich sind mal wieder vor allem die Kraftausdrücke und Ghetto-Lotterleben stilprägend - “Bad Girls Club” – Hardcore für pupertierende Teenies fällt mir da als eher nachteiliges Beispiel ein - ein OFFSPRING-mäßiger Background.Chor aus 15-jährigen Chearleader inklusive. Den Fans von Radtke und seiner ex-Band ESCAPE THE FATE wird es egal sein und eh’ das meiste zusagen – einen Eindruck kriegt man mit dem derb-lauten Opener “Champion”, den auf Crossover getrimmten Ohrwurm “Rolling Stone”, dem sehr elektronischen “Alone” oder dem Pop-Punk-Song “Game Over”. Auf Teufel komm raus anders klingen zu wollen, und das in der dargebrachten Aggro-Art, ist alleine kein Qualitätsmerkmal. Aber FALLING IN REVERSE klingen Frisch und dürften die jugendliche U20-Zielgruppe mit “Fashionably Late” durchaus ansprechen (oder warum erinnert mich das Bandfoto nur an TOKYO HOTEL?).
DIRT RIVER RADIO setzen die Tradition australischer Bands im Bereich des eher dreckig, erdigen Rock gekonnt fort. Und obwohl zum Beispiel das Vanda-Young-Cover „Hard Road“ stark an AC/DC erinnert, ist man mit Verweisen auf THE QUIREBOYS, einen rockenden ROD STEWARD, THE POGUES oder einer räudigen Version des BRUCE SPRINGSTEEN hier besser bedient. „Rock’n’Roll Is My Girlfriend“ setzt auf sein Hard-Rock-Fundament eine abwechslungsreiche Mischung aus Blues, Folk und Country und kann so mit Songs wie dem Opener „Blackhearted (Gin Drinking And Blue)“ oder dem Folk-Rocksong „The Big One“ punkten. Auch die tränenreiche Rausschmeißer-Ballade „England Skies“ und das schwer melancholische „Broken English Baby“ kommen völlig kitschfrei rüber. Manches mal wünschte ich mir etwas mehr Power und fettere Gitarren, aber das hätte der gewollten Aussie-Pup-Atmosphäre wohl den Garaus gemacht. Ergo - mit „Rock’n’Roll Is My Girlfriend“ macht das allabendliche Feierabendbier spaßig Sinn.