BLACKFINGER sind nicht etwa die wenig anatomisch korrekte Umschreibung für das, was manch einem Bergsteiger bei niedrigen Temperaturen, vielen Höhenmetern und einem Mangel an Handschuhen widerfahren kann (ich gebe zu, das Intro wäre sogar für ein Festival-Guten-Morgen-Witz nach 3 Bier zum Frühstück schlecht gewesen...), sondern ist vielmehr die neue Band von Eric Wagner, ehemals TROUBLE und aktuell THE SKULL. Das Ganze resultiert dann in einem stimmschweren Doom-Projekt namens BLACKFINGER mit Rock-Allüren.
Man könnte auch anders sagen, ich nenne es nur Doom weil es die Band selber es scheinbar so bezeichnet, für mich BLACKFINGERs "Blackfinger" vielmehr gleichzeitig fetter wie spaciger 70er Jahre BLACK SABBATH Rock mit Doom-Allüren und einer dicken, fetten Betonung auf "Rock". Während sich Songs wie "Yellowood" wirklich in direkter SABBATH-Manier mit gar nicht mal so langsamen, dafür mit Wah-Wah-Solo hinterlegten Rock-Riffs und passenden Vocals durch die Lautsprecher pressen könnten die ruhigeren, von Akustik-Gitarren getragenen Parts bei Songs wie "On Tuesday Morning" oder "Keep Falling Down" auch aus einer x-beliebigen Band mit sehr gutem, charismatischen Sänger und vielleicht einer Leih-Klampfe von OPETHs aktueller Platte stammen.
Unmittelbar in der Metal-Schiene wird bei "Here Comes The Rain" gewütet, ein Song den man so auch auf den etwas jüngeren SABBATH-Werken mit einem starken Gitarren-Riffing (von in diesem Falle Rico Bianchi und Doug Hakes anstatt Tony Iommi) wiederfinden könnte. Gleiches gilt für "My Many Colored Days", ein Song der mich mit seinem simplen, fast repetetiven aber dennoch clever gebasteltem Haupt-Riff für sich gewinnen konnte.
Eigentlich sind diese Vergleiche gar nicht so passend wie ich es mir wünschen würde, dennoch sind sie passend genug um sie stehen zu lassen: "Blackfinger" wirkt definitiv wie eine Band welche ihre Freude an erwähnter, zum Vergleich herangezogener Truppe gefunden hat, gleichzeitig macht es das ausgefuchste Songwriting und die wirklich ausgesprochen gute musikalische Umsetzung es wiederum so eigenständig, dass man hier beim besten Willen nur von Inspiration, nicht von Abschreiben reden kann.
Fazit: BLACKFINGER sind für mich schlicht und ergreifend eine Truppe die ich einfach nur als spannend bezeichnen muss - "This is a revelation for your mind", der Song "Yellowood" sagt es. Okay, so krass ist es nicht; "Blackfinger" ist aber schon ziemlich gut.
Blackfinger
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
11
Länge:
43:44 ()
Label:
Vertrieb:
Review: The Theory Of Everything
Mein Lieblingsholländer ist wieder da: Mit seiner aktuellen Scheibe „The Theory Of Everything“, diesmal wieder unter dem AYREON-Banner, untermauert der umtriebige Multi-Instrumentalist, Komponist, Sänger und Produzent Arjen Anthony Lucassen erneut seinen hervorragenden Ruf als Meister des Progressive Rock's. Wie fast immer garniert er seine typischen opulenten Klangbilder aus kraftvollen Metalriffs mit folkig-symphonischen Beiwerk.
Eigentlich war die Story von und um AYREON musikalisch nach „The Human Equation“ (2004) und „01011001“ (2008) schon fertig erzählt. Aber Mastermind Lucassen wollte doch nochmal etwas Neues dazu machen und so einfach eine komplett andere Story entworfen, die weniger kryptisch, eher in einer nächstmöglichen Gegenwart angesiedelt ist.
Nach seinem überzeugenden Solowerk „Lost In The New Real“ (2012) bietet dieses opulente Doppelalbum „The Theory Of Everything“ erneut viel packende Musik für's Geld.
Verzichtet wird diesmal auf die sonst üblichen 30 Gaststimmen (das war beim Vorgänger wohl doch etwas zu viel). Arjen hat außerdem bewußt „nur“ vier (Haupt)Songs aufgenommen, die jeweils um die 20 Minuten lang sind und in vier Hauptparts mit 42 (Stichpunkt „Per Anhalter durch die Galaxis“ .. Fans wissen bescheid) teilweise recht kurze Sektionen aufgeteilt sind. Er wollte bewußt in Anlehnung an seine großen musikalischen Vorbilder aus den 70ern eher längere Songs schaffen ohne zu starke Betonung einzelner Tracks oder Refrains.
Ein ganzheitliches Kunstwerk von Story und Musik sollte dadurch entstehen und dies ist ihm ohne Frage perfekt gelungen – sein typischer sich stets spannungsgeladen steigernder Mix aus atmosphärischen aber auch progrockenden Parts, verbindet er mit einem unglaublichen Gefühl für Melodien. Lucassens Handschrift ist omnipräsent der typische AYREON-Sound zieht den Hörer sofort in seinen Bann und läßt ihn erst nach 90 fesselnden Minuten wieder zurück in die Gegenwart.
.
Wunderschöne Piano-Klänge, fette Synthesizer, Hammond Orgeln, Akustikgitarren, spacige Parts, fette Riffs, pumpende Drums, viele luftig-folkige Sprengsel und vielleicht einen tick weniger symphonisch - so präsentiert sich AYREON in Höchstform. Bei den Sängern kommen diesmal auch etwas weniger bekannte Talente den Vorzug, die aber allesamt genauso wie die bekannteren Namen eine super Performance abgeliefert haben.
Inhaltlich geht es ganz grob um eine Art Wunderkind (Tommy Karevik von KAMELOT), der aber eine gewisse Konzentrationsschwäche aufweist. Sein Vater (Michael Mills von TOEHIDER), ist ein Wissenschaftler, der die Fähigkeiten seines Sohne nicht sofort erkennt, eher auf seinen Job fixiert ist aber dem aus dem Sohn ein echter Rivale erwächst. Die eher besorgte Mutter (Cristina Scabbia von LACUNA COIL) unterstützt ihren Sohn genauso wie der Lehrer Janne "JB" Christoffersson (GRAND MAGUS). Die Rolle des Widersachers wurde mit M. Hietala (NIGHTWISH, TAROT) genauso perfekt besetzt wie die Rolle des Psychiaters mit einem meiner Lieblingssänger J. Wetton (ASIA). Auf der Instrumentenseite sind Kracher wie Jordan Rudess (Keys; DREAM THEATER), Steve Hackett (Git.; GENESIS), Troy Donockle (NIGHTWISH) oder auch Keith Emerson (Keys; EMERSON, LAKE & PALMER) mir dabei.
Aus diesem Ganzen einzelne Parts herauszustellen ist mehr als schwierig. Die „Phase I: Singularity“ ist ganz grob eher folkig geprägt mit vielen verschiedene Stimmungen. „The Teacher's Discovery“ mit einem etwas orientalischem Touch ragt etwas heraus, die beiden Stimmen von Tomy, JB und Marco agieren klasse. „Phase II: Symmetry“ startet mit John Wetton und seiner Diagnose, hier zeigt der ASIA-Fronter dass er mehr kann als einfach nur nette Melodien singen. Auch der erneut fulminante Schlagwerker Ed Warby (u.a. GOREFEST) sorgt auf dem ganzen Werk für hammermäßige Power und Rhymthmusintensität. Auch die vielen Gesangsdynamiken und Wechselspiele der Stimmen lassen mitunter eine gewisse Musicalatmosphäre (ähnlich wie bei AVANTASIA) aufkommen. in der „Phase III: Entanglement“ herrscht eine mitunter eher etwas düsterer Stimmung vor, die Songs sind etwas härter, powermetallischer geprägt. Es gibt auserdem schöne elegische weibliche Songparts. In der letzten „Phase IV: Unification“ folgt dann ein bombastisches Finale mit typisch symphonischen Streicheranteil inklusive inhaltlichem Happy End.
Lucassen geht mit diesem neuen Album und seinem Aufbau stilistisch etwas zurück in „Into The Electric Castle“-Zeiten aber mit modernerem Sound. Die Songs wirken weniger gewollt bzw. konstruiert als die beiden Vorgänger – letztlich zählt rein dass Ergebnis und hier bleiben keine Wünsche offen, es gibt über 90 Minuten keinerlei Langeweile. Alle AYREONAUTS werden erneut begeistert sein.
"The Theory Of Everything" erscheint als „normale“ Doppel-CD, als Special Edition im Digi-Book mit einer Making-Of-DVD sowie als besondere Edition, die neben den beiden CD‘s und der DVD noch zwei CD‘s mit der instrumentalen Version und ein erweitertes Booklet beinhaltet.
The Theory Of Everything
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
42
Länge:
89:18 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten