Es gab eine Zeit, da schossen punkig-thrashige Metalbands mit rotzigem Garagen-Sound nur so aus dem skandinavischen Boden. Lange tat sich nicht viel auf dem Gebiet, vernichtet und vergraben, ausgelaugt und ausgestorben – tot. Voll vitaler Lebendigkeit und ohne die alten Größen zu kopieren kommen nun die Schweden BEAST daher: Schon nach den ersten Takten wird klar, dass es keine großen Experimente und keine langen Worte – wie auch keine langen Titel braucht um etwas vollkommen Neues zu kreieren, klingen die Schweden doch trotz altbekannter Methoden herrlich unkonventionell, was nicht zuletzt der stimmgewaltigen Dame am Mikro zu verdanken ist. Keine Ruhe, keine Pausen gibt es hier, denn das BEAST ist zu 100% „Alive“. Knapp 27-Minuten Hoch-Geschwindigkeits-Rock’N’Roll werden hier ohne Gnade und Durchhänger zum Besten gegeben. Die wenigsten Songs knacken die Drei-Minuten-Grenze, die meisten Songs verankern sich spätestens nach Durchlauf Nr. 3 (und somit gerade einmal 1½ Stunden) fest im Ohr. Starke Refrains und prägnantes Riffing („Save Me“, „Dead Or Alive“, „Outracin‘ Hell“, „Across The Ocean“) und gnadenlose Härte („Nightmare“), klangvolle Solis und eine weniger klangvolle – dafür aber umso ehrlichere – Garagenproduktion werden hier serviert. Ein starkes Debüt, das nach Bier und Freiheit schreit!
Dead Or Alive
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
9
Länge:
26:55 ()
Label:
Vertrieb:
Review: Made In Japan (Re-Release)
DEEP PURPLE waren in 1973 auf der Höhe ihrer musikalischen Genies – und besetzungstechnisch in einer musikalischen Form wie weder davor noch danach. Das die in der Band bereits vorhandenen Spannungen dem eher noch zuträglich waren, dürfte kein Geheimnis sein. Dabei wurde „Made In Japan“ nur auf Druck der japanischen Fans überhaupt aufgezeichnet, und sollte auch nur dort erscheinen. Die Band musste ihr Label praktisch zwingen, den Livemitschnitt weltweit zu veröffentlichen. Der Rest ist Musikgeschichte – DEEP PURPLE hatten de Facto die „Mutter aller Hard Rock Liveplatten“ eingespielt; der Doppeldecker mit den ausgesuchten sieben Songs wurde unverzüglich zum platinveredelten Megaseller. Eine entsprechend intgensiv livehaftige Vorstellung voller künstlerische Finesse, genialen Jams und Duellen sowie emotionaler Performance war bis Dato noch nicht auf Vinyl gebannt worden. Ergo – diese Platte gehört in jede anständige Rocksammlung.
Denn allein die erste Platte eröffnet mit einem Dreier der durchaus historische Dimensionen annimmt. „Highway Star“ ist ein perfekter Opener – ein Opener der erahnen läßt was noch kommen sollte. Ritchie Blackmore solierte um sein Leben, denn Bassist Roger Glover und Schlagzeuger Ian Paice trieben ihn geradezu in die Duelle mit Keyboarder Jon Lord. Ganz großes Kino. Danach das epische, von Sänger Ian Gillan überragend intonierte „Child In Time“ - ruhiger Beginn, furiose Mittelpart. Einer der Livesongs der Rockgeschichte überhaupt – für die Ewigkeit. Noch das unkaputtbaren „Smoke On The Water“, und wir haben das Trio Infernale. Mit dem unterbewerteten und im Laufe der Zeit etwas in Vergessenheit geratenen „The Mule“ (welches Live besser rüberkommt als auf Platte und mit einem überragenden Solopart von Drummer Ian Paice gesegnet wurde) haben wir schon mal die angesprochene saustarke erste Platte.
Das zweite Vinyl präsentiert dann mit „Strange Kind Of Woman“ und „Lazy“ (beides auf Seite 1) Gitarren-Gesangsduelle in einer Art und Weise, welche die an sich schon starken Studioversionen locker in den Schatten stellt. Die 20-minütige Achterbahnfahrt „Space Truckin‘“ bietet als Abschluss Psychedelic-Rock vom Feinsten. Noch mal zum mitschreiben: DEEP PURPLE waren selten so gut wie damals in Japan.
Da es sich um eine „remasterte“-Vinyl-Version des Klassikers handelt sind klangliche Differenzen zum kultigen Original durchaus drin. Aber das vorliegende Doppel-Vinyl ermöglicht Hörgenuss pur, und klingt in seiner remasterten Form besser, als dass was man auf dem letzten, nicht ganz so opulent erhältliche Re-Release aus dem Jahre 1998 zu hören bekam (CD halt). Noch zur Info: auf den CD- und Luxus-Vinyl-Ausgaben gibt es jedes der drei Konzerte in voller Länge, dazu alle Zugaben („Black Night“, „Speed King“, „Lucille“) – die DEEP PURPLE „Made In Japan“ Vollbedienung halt.
Made In Japan (Re-Release)
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
7
Länge:
77:0 ()
Label:
Vertrieb:
Jungejunge, WHITECHAPEL überraschen mit jedem Album mehr. War schon der letzte Longplayer "Whitechapel" ein echter Kracher, legen die Amis mit "Our Endless War" noch eine ganze Schippe drauf und lassen ihr bislang bestes Werk vom Stapel. Schon der Titelsong, der das Album nach einem kurzem Intro einleitet, fräst sich als gnadenlos brutaler Song seinen Weg in den Gehörgang. Schon hier beeindrucken WHITECHAPEL mit noch mehr Intensität und Wucht als bisher. Das hohe Niveau wird auch in den weiteren Songs gehalten ("Let Me Burn"), zudem ist Shouter Phil noch präsenter als bisher, ohne dabei die anderen Musiker zu sehr in den Hintergrund zu drängen. Das Songwriting hat sich bei WHITECHAPEL sowieso schon stetig verbessert und zeigt sich bei "Our Endless War" auf dem gleichen hohen Niveau wie bei "Whitechapel". Die Songs kommen wie gewohnt auf den Punkt, diesmal spielen WHITECHAPEL aber noch mehr mit Groove, Eingängigkeit und schierer Brutalität. "Diggs Road" entpuppt sich dann nicht nur als würdiger Abschluss einer knallharten, guten Platte, sondern auch als heimlicher Hit des Albums, getragen vom intensiven Spiel von Drumtier Ben. Zwischen dem Song und "Our Endless War" geht WHITECHAPEL zu keiner Sekunde die Puste aus, knapp 40 Minuten legen sie alles in Schutt und Asche. Die Konkurrenz muss sich warm anziehen, denn in dieser Form sind WHITECHAPEL weiterhin auf den Champions League-Plätzen im Death Metal und Metalcore. Faszinierend, wie sich die Band kontinuierlich verbessert, ohne ihren Stil zu sehr zu verändern oder an Wiedererkennungswert einzubüßen.
Our Endless War
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
10
Länge:
38:52 ()
Label:
Vertrieb:
„ Aokigahara“ von HARAKIRI FOR THE SKY. Was im ersten Augenblick witzig klingt, erweist sich nach einiger Recherche als ziemlich düster und japanisch, ist das Ritual „HARAKIRI“ doch gar die würdevolle Selbstentleibung japanischer Krieger (durch das „Stürzen“ in ihr eigenes Schwert) und „Aokigahara“ der finsterste und düsterste Wald Japans, welcher aufgrund seiner schwarzen Weitläufigkeit von etlichen Selbstmördern heimgesucht wird. Jährlich werden hier zahlreiche Leichen geborgen.
Visual Kei? Trübsinniger J-Rock? Nein. Die „sich für den Himmel (selbst) erdolchenden“ kommen aus Österreich und spielen Post Black Metal. „Aokigahara“ ist nach dem gleichnamigen Debüt das Zweitwerk der Össis und ein enorm langes und vielfältiges Album, mögen die knapp siebzig Minuten Spielzeit doch flugs vergehen und genossen worden sein. Keine Minute wirkt hier überflüssig. HARAKIRI FOR THE SKY schaffen es auf wunderbare Art und Weise stimmungsvolle Klanggebilde zu erschaffen und den Hörer in die finstere Atmosphäre des „Selbstmörder-Waldes“ in Fern-Ost zu bugsieren. Dominiert wird das Ganze von melancholischen Gitarren-Melodien und ergreifenden, qualvollen und Kummer-belasteten Vokals. Unterzeichnet wird diese brisante Düsternis von prasselndem Schlagzeug, depressiven Keys und dem ein- oder anderen Soli, was aber immer passend in den Soundteppich eingewebt wurde ohne das Ganze verfrickelt und zerhackt wirken zu lassen. Glückwunsch! Ein einziges Manko sind lediglich die Endings der einzelnen Stücke, welche meiner Meinung nach zu abrupt abbrechen und die erbaute Atmosphäre mit einem heftigen Schlag zerstören – bevor der nächste Song einen packen und mit unfassbarer Leichtigkeit in die ewige Schwärze ziehen kann.
Ein Hochgenuss für Fans von HERETOIR und TRÄUMEN VON AUROA.
Aokigahara
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
10
Länge:
69:31 ()
Label:
Vertrieb:
Für SABATON habe ich ja tatsächlich was über – auch wenn ich mich bei jedem Album, jedem Live-Auftritt und jeder Ankündigung frage, wie lange die Band es noch schaffen wird, ihren Erfolgskurs zu halten. Denn seien wir mal ehrlich: So ein Erfolg, wie die Band seit der Gründung hat, das ist doch nicht gesund. Eine eigene App! Und das positive Presse-Echo! Nicht, das ich da so ganz unbeteiligt wäre… aber dennoch: Führt „Heroes“, das 2014er-Album von SABATON, den Erfolgskurs der Truppe fort?
…ja. „Heroes“ macht genau das, was SABATON eben so machen: Heavy Metal mit einer unglaublich mächtigen Soundkulisse. Dazu kommen die Lyrics, die sich mit der doofen Erfindung befassen die wir „Krieg“ nennen - in diesem Aspekt bleiben sich SABATON ebenso treu wie beim Sound. So befasst sich der Song “Inmate 4859” mit dem polnischen Soldaten Witold Pilecki, welcher das KZ Ausschwitz freiwillig als Inhaftierter gesehen hat um den Genozid, den die Nazis bekanntlich nicht nur im polnischen Kraków durchgeführt haben, zu dokumentieren und die Alliierten zu informieren. Außerdem formierte der Mann einen Widerstand im KZ und war außerdem Gründer von polnischen Widerstandsgruppen im zweiten Weltkrieg – wäre die Geschichte Drumherum nicht so dramatisch, dann würde ich diesen kleinen Aufsatz nun etwas offenherziger mit „…und nun wird er noch in einem guten Heavy Metal Song verewigt!“ abschließen. Jedenfalls: Der Titel „Heroes“ kommt nicht von ungefähr.
Dieses Thema wird mit bekannten Metal-Stilmitteln unterlegt. Es ist kein Geheimnis, dass man den Stil der Band mögen muss um sie sich zu geben. Wenn Frontman Joachim in einem Song wie „Resist And Bite“ knallhart zum militärischen 4/4-Basstakt mit ebenso Stakatto-getakteten Gitarren-Chords seinen Chorus auf gefühlten siebenzwanzig Vocal-Spuren singt, dann ist das eben SABATON. Und da fügt sich „Heroes“ voll in die Diskographie ein.
Für mich noch heraus stechen tut der Titel „To Hell And Back“, welcher mit leisem Geflöte der ohrwurmtauglichen Hauptmelodie (die sehr an eine Militär-Kapelle erinnert) anfängt, diese durch den Song trägt (erwähnte ich das Thema Ohrwurm?) und nicht lange damit wartet, die Endstufe anzuwerfen.
Natürlich, wir wollen hier nicht in einen Lob-Circlejerk verfallen: Was ich in den letzten Absätzen gelobt habe, das ist zweifelsohne gleichzeitig die Schwäche von Heroes. Die Band erfindet sich nicht neu, hält aber sehr wohl das hohe Niveau seiner Vorgänger. Wer von einer Band erwartet, dass sie sich jedes Album merkbar weiterentwickelt hat zwar mein Verständnis, wird hier aber enttäuscht werden. Das ohnehin hohe Niveau wird gehalten um eine bombastische Platte rauszuhauen – aber nicht um SABATON neu zu erfinden. Mich stört das nicht, ich mag die Band wie sie ist und bis dato hab ich sie mir nicht satt gehört – dennoch bietet der Punkt den größten Hebel für Kritik.
Und dennoch: Die SMS mit dem Inhalt „Schon ins neue SABATON-Album reingehört?“ musste ich vor ein paar Tagen noch beschämenderweise verneinen – seit dem stellt sich nicht mehr die Frage, ob ich die neue SABATON gehört habe, sondern lediglich wie oft. SABATONs „Heroes“ wird definitiv ein großer Wurf in der Metal-Charts 2014 – und das zu Recht! Wir sehen uns dann wohl hoffentlich bald wieder live, liebe Schweden.
Heroes
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
10
Länge:
37:0 ()
Label:
Vertrieb:
DORNENREICHs achtes Studioalbum heißt “Freiheit” – ein fast schon symbolischer Titel für die Band – denn laut eigener Aussage wird nach der VÖ von „Freiheit“ eine kreative Pause eingelegt. Kein neues Material, kein DORNENREICH für einige Zeit.
Es mag auch der Grund sein, warum „Freiheit“ so anders als sein Vorgänger „Flammentriebe“ von 2011 ist. Frontmann Eviga zieht auf dem Album einen Stil durch welcher an OPETHs letzten Stilbruch erinnert: Dem sonst düsterem Black Metal wird ein wenig der Biss genommen und durch avantgardistische Akustik-Elemente ersetzt. Viele akustische Gitarren, viel Geigen und ein deprimierender, klarer Gesang dominieren den Großteil des Albums. Die ersten drei Songs („In Erster Aller Spiele“ bis „Des Meeres Atmen“) halten diesen Stil konsequent durch, nur um dann von „Das Licht Vertraut Der Nacht“ praktisch das erste Mal von einer E-Gitarre und einem Vocal-Stilbruch von Clear zu Black aufgemischt zu werden.
Hier kommt zum ersten Mal die klassische Black Metal-Seite von DORNENREICH wieder zum Zuge: Charakteristische, wenngleich nicht aufdringliche Geigen-Töne, einzelne Akustik-Akkorde und Licks, unterbrochen von Evigas Gesang, mal fast geflüstert, mal fast mit einem Tritt in die Magengrube. Der Chorus des Songs rundet das Gesamtpaket dann wirklich ab.
Dennoch – dieses kurze Intermezzo ist alles, was wir auf „Freiheit“ vom Thema Black Metal der alten Stunde mitkriegen. Der Rest ist genau das, was ich im 2. Absatz beschrieben habe: Ruhig. Deprimierend? Eine Mixtur aus vielen Jahren Dornenreich, wenngleich mit starken Abstrichen im Metal-Bereich, dafür mit vielen Einflüssen aus den ruhigen, progressiven Songs mit Folk-Allüren.
Ob einem das als vorläufiger Abschluss gefallen muss? Ich bin mir unsicher. „Freiheit“ ist ein spannendes Album, welches viel Spielraum für lange Listening-Sessions, Lyrics-Lesen und interpretieren lässt. „Freiheit“ wird auch sicher einen Teil der DORNENREICH-Fans bedienen, insbesondere jene, die die avantgardistische Ader der Band schätzen. Mir ist nach einem Durchlauf des Albums aus Versehen noch „Hasses Freigang“ (2003) in die Playlist gerutscht – und ich vom stilistischen Kontrast aus „Blume Der Stille“ zu „Hasses Freigang“ fast aus dem Sessel gefallen, als meine Lautsprecher auf einmal das alte, böse, bissige Dornenreich von sich gaben. Wo nun eure Präferenz liegt, das müsst ihr wohl selber entscheiden…
Freiheit
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
8
Länge:
48:0 ()
Label:
Vertrieb:
Review: Labyrinth Of Carrion Breeze
Die Finnen gehören zu den Formationen, die lieber drei Splits und eine EP als ein reguläres Album herausbringen, und das ausschließlich als 12"-Vinyl erhältliche "Labyrinth Of Carrion Breeze" steht ebenfalls in dieser Tradition. Immerhin bekommt man hier zwei Songs mit einer Gesamtspielzeit von über 17 Minuten geboten, was im Zeitlupen-Genre natürlich nichts Ungewöhnliches darstellt. HOODED MENACE, die 2007 von PHLEGETON- und VACANT COFFIN-Mitglied Lasse Pyykkö gegründet wurden, versuchen auch hier, ihre ASPHYX,- WINTER,- COFFINS,- und CANDLEMASS-Einflüsse in ein eigenes Gewand zu kleiden, was ihnen sehr gut gelingt, da sie nicht endlos durch wabernden Nebel schleichen, sondern auch flotte Parts und viele melodische Gitarrenharmonien einbauen, die "Chasm Of The Wraith" und "The Creeping Flesh" zu adäquaten Doomtod-Perlen generieren. Dazu passt auch das kellertiefe Grummelgrunzen von Herrn Pyykkö (Finnen rangieren immer noch auf Rang Eins der lustigsten Nachnamen...), der auf der Bühne allerdings von Bassist Markus Makkonen vertreten wird, was recht ungewöhnlich ist. "Labyrinth Of Carrion Breeze" ist zwar kein essentielles Meisterwerk, aber ein leckerer Happen, der erst recht Appetit auf ein neues Album des Quartetts macht.
Labyrinth Of Carrion Breeze
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
2
Länge:
17:20 ()
Label:
Vertrieb:
Interview: Total Fucking Darkness - Ein Interview mit Dani Filth (Teil 2)
Band anzeigen
Interview
Bandmitglieder auszuwechseln kann wirklich nervig sein, da man ihnen erst mal alles immer wieder neu zeigen muss. Wie bewältigt ihr all die Jahre das ständige Ersetzen der Musiker?
Also, ich denke, wir haben wohl nur eine Person in unserer ganzen Karriere gefeuert. Häufig finden die Leute den Job entweder zu anstrengend oder sie denken, sie können los gehen und ihre eigenen Bands verfolgen, was zu unzähligen Anlässen passiert ist. Aber wir können uns glücklich schätzen, mit wirklich guten Musikern zu arbeiten, deshalb war es bisher kein allzu großes Problem und der Sound wurde beibehalten. Für die BEHEMOTH Co-Headliner Tour mussten wir zwei Gitarristen finden, da Paul persönliche Probleme in Amerika hatte, wo er jetzt lebt, und unser anderer Gitarrist James musste sich einer Nackenoperation unterziehen. Ansonsten hätten wir schon wieder eine Tour absagen müssen und das wollten wir nicht. Aber die beiden neuen Gitarristen sind fantastisch.
Und wie haben sie das alles gelernt? Habt ihr ihnen alles gezeigt oder hatten sie Tabulaturen und Noten?
Ich glaube, es ist ein bisschen von allem. Einer der Gitarristen, Ashok von der Band ROOT, spielt ebenfalls mit Martin bei MASTERPLAN und lebt wie Martin im gleichen Dorf, in Brünn, in Tschechien. Daher konnte Martin ihm viel zeigen. Und wie gesagt, sind beide sehr gute Musiker und eigneten sich die Musik auch durchs Anhören an.
Haben James und Paul ihre Probleme bewältigt, so dass sie bei den nächsten Tourneen dabei sind oder wird es länger dauern?
Es wird wohl länger dauern, besonders bei James, da er operiert wurde und es eine ziemlich tiefgreifende und gefährliche Operation war. Es war nicht unbedingt das, was er erwartet hatte.
Sie sagten, sie würden diese Prozedur nicht mehr durchführen, sie würden den Knochen schmelzen und er meinte: Scheiß drauf, das mache ich nicht. (lacht). Er ist wieder genau so weit wie vorher.
Da wir gerade über Bandmitglieder sprechen, hast du eigentlich noch Kontakt zu dem einen oder anderen und weißt du, was sie gerade machen, z.B. Stuart (Anstis / g. 1995-1999)?
Stuart sehe ich überhaupt nicht mehr. Er ist der einzige, der aus der Band gefeuert wurde.
Magst du erzählen warum, oder ist das zu persönlich?
Er entschied sich zu streiken. Er weigerte sich, an Songs zu arbeiten, da er überzeugt war, dass einige Leute mehr Geld bekämen als andere, was lächerlich war. Zu dem Zeitpunkt teilte jeder alles.
Lecter (Les Smith / key. 1997.1999), der sich damals auf Stuarts Seite schlug, ging mit ihm und bereut es bis heute. Ich treffe ihn immer mal wieder, so auch letzes Jahr. Er hatte sogar ein von der Band bezahltes Haus in einem schönen Dorf in Suffolk. Er hatte eigentlich nicht wirklich einen Grund, sich zu beklagen. Wir probten auch dort, weswegen wir dieses Haus auch hatten.
Ja, ich sehe einige von Zeit zu Zeit. Ich traf Nicholas Barker (d. 1993-1999) auch dieses Jahr, als er mit LOCK UP spielte. Wir haben uns gut amüsiert und es war schön, ihn wieder zu sehen.
Gelegentlich begegne ich zufällig Leuten wie zum Beispiel Gian (Pyres / g. 1996-1999, 2000-2002) oder Charles (Hedger / g. 2005-2009).
Wenn ich mich nicht irre, gibt es Cradle Of Filth seit über 23 Jahren. Was sind deine 3 Lieblings-Cradle-Alben und warum?
Oh, das ist knifflig. Ich würde sagen „Cruelty And The Beast“ (1998), „Midian“ (2000) und „Damnation And A Day“ (2003). Obwohl es schwierig zu entscheiden ist, denn ich liebe sie alle... aber wohl am ehesten diese drei, einfach aufgrund der Atmosphäre und der Thematik der Lieder.
Unter euren Fans ist „Thornography“ (2006) sehr umstritten. Was denkst du heute, acht Jahre später, darüber ?
Ich liebe es! Ich habe das Problem, das die Leute mit der Scheibe haben noch nie verstanden. Im britischen METAL HAMMER gibt es immer die Rubrik „Discography“ und aus irgendeinem Grund gibt es darin immer ein Album, welches sie zu vermeiden raten. Ich verstehe nicht, warum sie immer ein Album haben müssen, welches gemieden werden soll. „Thornography“ ist halt ein Album, das nach „Nymphetamine“ (2004) den Weg bestens fortsetzte. Wir haben offensichtlich etwas leicht anderes versucht. Wir wollten nicht „Nymphetamine II“ machen. Ich finde es sehr seltsam, dass Leute sagen: „Das ist das schwarze Schaf eurer Karriere.“ Wo gibt es sonst Songs wie „Under Huntress Moon“, „I Am The Thorn“ oder „Cemetery And Sundown“? Es ist natürlich CRADLE, und es ist beileibe nicht schwach oder unheavy.
Ich war ein wenig enttäuscht, dass ihr mit „Darkly, Darky, Venus Aversa“ (2010) bis auf ein paar Festivals nicht in Europa getourt seid.
Ich glaube, es war bloß ein Zeitproblem. Wir tourten unter anderem in Nord- und Südamerika. Manchmal haben Veranstalter auch Ausschlussklauseln. Wir werden zum Beispiel demnächst in Kanada spielen und wir können im Umkreis von 50 km kein anderes Konzert spielen. So sind Veranstalter eben. Wenn du noch woanders in der Nähe spielst, kommen womöglich einige Leute nicht zu den Festivals. Das war, denke ich, der Hauptgrund. Letztes Jahr hatten wir durch eine Gesetzesänderung auch Probleme, überhaupt nach Amerika einzureisen. Sie konnten uns auch nicht sagen, wann sie uns eine definitive Antwort geben würden, es hätte bis zu vier Monaten dauern können und es war noch einen Monat Zeit bis zur Tour. Es war schrecklich. Aber so ist es halt. Die Leute jammern immer herum: Warum spielen CRADLE nicht hier, warum spielen CRADLE nicht dort? Manchmal gibt es keine Nachfrage. Darüber hinaus ist es ziemlich aufwendig, Konzerte zu organisieren, da unsere Bandmitglieder alle in verschiedenen Ländern leben. Dann hast du noch zusätzlich die Crew. Ich denke, den Leuten ist manchmal nicht bewusst, wie kompliziert es sein kann, alle zusammen zu bekommen. Alle wollen ein Konzert vorzugsweise am Donnerstag oder am Wochenende und du kannst natürlich nicht drei Shows und fünf Off-Days machen. (lacht)
Dieses Jahr habe ich euch in Hamburg gesehen und ihr habt eure 'Hits' „The Forest Whispers My Name“ und „From The Cradle To Enslave“ weg gelassen und durch nicht so oft gespielte Songs wie „Haunted Shores (Of Avalon)“ und „Funeral In Carpathia“ ersetzt, was ich sehr geil fand.
Habt ihr vor, eure Setlist zukünftig noch mehr zu verändern, bestimmte Klassiker rauszuschmeissen und unter andrem „Bathory Aria“ oder „Lustmord And Wargasm“ mit reinzunehmen?
Ja, der Plan ist, die Songs abzuwechseln. Wir hatten die Möglichkeit bekommen, da die neuen Gitarristen neue Songs lernen mussten. Also dachten wir uns, lass uns ein paar Songs üben, die wir nicht so oft spielen. Wir machen schon Witze darüber, dass wir uns langweilen, „From The Cradle To Enslave“ zu hören, weil wir es so oft spielen.
Du bist nicht nur Musiker sondern auch Familienvater. Wie funktioniert das, wenn ihr acht Wochen durch die Staaten tourt und eure Familien nicht sehen könnt?
Es ist nicht optimal. Ich schätze es ist ungefähr so, wie die Leute damit umgehen, die auf einer Bohrinsel arbeiten. Wir sind auch daran gewöhnt und ich bin wahrscheinlich länger zu Hause, als die meisten anderen Leute. Es ist gar nicht mal so sehr das Touren, sondern eher die Studiozeit. Aber es gibt ein tolles Studio, das in der Nähe ist, deshalb ist es nicht mehr so ein großes Problem.
Kannst du dir ein Leben ohne CRADLE OF FILTH vorstellen? Hast du möglicherweise schon Pläne?
Ich habe ehrlich gesagt bisher nicht besonders viel darüber nachgedacht. Viele hätten es wahrscheinlich gerne, dass wir aufhören (lacht).
Irgendwann wird es natürlich lächerlich, auf der Bühne zu sein, wenn du dann 65 bist. Das würde sich nicht gut anfühlen, vermute ich.
Aber du würdest dann noch gruseliger aussehen.
Ja, das nehme ich an. Noch gruseliger und noch zitternder (lacht).
Vielen Dank für das Interview.
Seiten