Finnischsprachige Alben auf dem internationalen Markt sind selten. Weiß man jedoch, wer sich hinter dem Namen JONNE verbirgt, verwundert die Veröffentlichung außerhalb der finnischen Landesgrenzen schon nicht mehr ganz so sehr: hier sind Herren von KORPIKLAANI und AMORPHIS am Werk, denn JONNE ist das Soloprojekt von KORPIKLAANI-Sänger Jonne Järvelä, der sich ein wenig Unterstützung von Kollegen (die sich im Übrigen nicht nur an den Instrumenten austoben, sondern auch am Gesang beteiligen) geholt hat, um seine ruhigere Pagan Folk-Seite auszuleben. Die vom Schamanentum ausgehende Inspiration ist auf dem Opener „Viuluni Laula Soutaa“ und „Metsään On Iäksi Mieli“ deutlich spürbar. „Ken Soi Lapsen Lattialta?“ kommt rauer und ungeschliffener daher, „Kuku Käki“ ruhig, melodiös und mit mehrstimmigem Gesang versehen. Die üppig mit traditionellen Instrumenten bestückten schamanisch-inspirierten Folk-Arrangements in Kombination mit den finnischen Texten verbreiten ein reizvolles, archaisches Flair, das den Zuhörer rasch in seinen Bann zieht. Umso überraschter ist man, wenn einen dann zum Ende des Albums hin plötzlich die Neuzeit einholt, und das dann auch noch in sehr unerwarteter Form: mit „Joki“ haben JONNE doch tatsächlich ein Cover von Styx´ „Boat On The River“ aufgenommen und zwar mit finnischsprachigem Text. Und im Anschluss folgt direkt die nächste Überraschung, denn mit „The Boxer“ von SIMON & GARFUNKEL schließt sich zum Abschluss noch ein zweites Cover an, diesmal aber mit englischem Originaltext. Fazit: JONNE ist es mit dem selbstbetitelten Debütalbum gelungen, etwas ganz Eigenes zu kreieren, das für gewohnheitsmäßige Metalheads zunächst wahrscheinlich sehr ungewohnt sein dürfte, es aber definitiv verdient an, in die persönliche Playlist für ruhigere Momente mitaufgenommen zu werden.
IMPLORE haben mit ihrer ersten 7" nicht nur Kollegin Monika beeindrucken können, sondern in Deutschland, Europa und dem Rest der Welt für Aufsehen gesorgt. Das Trio tourte seit seiner Gründung 2013 um den halben Erdball, alles schön DIY. Wenn dann noch HEAVEN SHALL BURN-Drummer Christian Bass bei "Depopulation" hinter dem Drumkit saß und die halbe Stunde Abriss einspielte, kann nichts mehr schiefgehen. Erinnert sich noch jemand an TO SEPARATE THE FLESH FROM THE BONES, das Grind-Projekt des HIM-Drummers? Ein ähnliches Gefühl stellt sich beim Hören von "Depopulation" ein: hier haben sich ein paar Leute zusammengefunden, die Bock auf - und ein Händchen für - Crust/ Grind/ Swedish Death Metal haben und einfach eine anständige Scheibe einspielen wollten. Das ist ihnen gelungen, "Depopulation" knallt von Anfang bis Ende. Es finden sich NASUM-Anleihen wieder, ENTOMED und DISMEMBER gucken vorbei und räudiger Schwedencrust hat natürlich auch seine Spuren hinterlassen. "Depopulation" ist eines der Alben, das den Hörer an den Eiern packt und ihn durch den Raum schleudert. Gute 30 Minuten geht das so - und dann will der Hörer eine weitere Runde. Wer mit intelligentem Grindcore, altem Schwedentod oder angepisstem Hardcore was anfangen kann, wird mit dem IMPLORE-Debütalbum glücklich. Fettes Teil!
Sie sind die Quasi-Nachbarn von PARKWAY DRIVE: IN HEARTS WAKE kommen aus dem gleichem Örtchen wie die Metalcore-Größen. Mit "Skydancer" wollen IN HEARTS WAKE den mit "Earthwalker" eingeschlagenen Weg fortführen und vielleicht an den großen Erfolg der Nachbarn anknüpfen. Was beim ersten Hören nicht deutlich wird: "Skydancer" und "Earthwalker" sind zeitgleich aufgenommen worden, also im Grunde ein Doppelalbum. "Skydancer" kann selten an "Earthwalker" anknüpfen, zu berechenbar und zu poppig ist es an zu vielen Stellen. Der Titelsong beispielsweise ist in Sachen Vorhersehbarkeit ein fast schon klassisches Beispiel und wird durch den sehr poppigen Gesang im Refrain nicht besser. Immer wenn sich IN HEARTS WAKE auf diesem Album berappelt zu haben scheinen, kommt ein Ausfall wie "Breakaway", bei dem weder Songwriting noch Stimme noch Instrumente überzeugen können. "Insomnia" ist ein weiteres Beispiel für Standard-Metalcore. Zum Ende hin wird es zwar etwas besser ("Intrepid") aber als Ganzes macht "Skydancer" einen schwachen Eindruck. Damit kommen IN HEARTS WAKE weder an die Leistung auf "Earthwalker" noch an Nachbarn PARKWAY DRIVE ran. Für das Nachfolgealbum muss ordentlich geackert werden.
AHAB haben es geschafft, zu einem Aushängeschid für Doom Metal zu werden und ganz nebenbei ihre Vinyls zu gesuchten Sammlerstücken werden zu lassen. Entsprechend hoch dürften die Erwartungen an "The Boats Of The Glenn Carrig" sein, das in verschiedenen Versionen - u.a. in der vorliegenden Form als blau mit weißem Splatter im schickem Gatefold - erworben werden kann. Fünf Songs finden sich darauf, die es auf eine Spielzeit von fast einer Stunde bringen. Doom ist weiterhin das Gebot der Stunde und bekommt von AHAB in den Songs viel Zeit, um sich aufzubauen und voll zur Geltung zu kommen. Einzige Ausnahme ist "Red Foam (The Great Storm)", das von Beginn an in die Vollen geht.
Im Grunde haben AHAB nichts an ihren Songstrukturen und den Doom-Zutaten verändert, was für Fans der Band den Vorteil hat, dass sich direkt beim erstem Hören ein entspanntes Wiedererkennen einstellt. Shouter Daniel setzt mit seinen Growls wie mit seinem Klargesang Akzente und trägt damit maßgeblich zum Aufbau der Atmosphäre bei, während sich in den Gitarren Jazz-Anleihen ebenso finden wie Doom und Drone - letztere logischerweise stärker. Manches Mal erinnert das Ergebnis an MY DYING BRIDE minus Violine, manches Mal an alten Schweden-Doom. Alles sehr gut geschrieben und mit einer schönen, warmen Produktion versehen. Dazu eine Bearbeitung der titelgebenden Geschichte in den Texten, die gut mit der Atmosphäre in den jeweiligen Songs verknüpft wird.
"The Boats Of The Glen Carrig" ist ein feines Doom-Album mit nautischem Thema und dichter Atmosphäre geworden. AHAB können ihre Fans locker zufriedenstellen und haben - neben ihrem wohl schnellsten und ihrem wohl langsamstem Song - ein rundum gelungenes Album geschrieben, das zwar lieber auf Nummer Sicher geht als Experimente zu wagen, aber überzeugen kann.
Wenn es einem schwerfällt, ein Album adäquat in Worte zu fassen, man ebendas aber seit Jahren mit ziemlich konsequenter Regelmäßigkeit tut, dann besteht die Chance, dass auf diesem Album durchaus interessante Musik lauern könnte. Tut es auch. BETWEEN THE BURIED AND ME mit „Coma Ecliptic“, Ladies and Gentlemen.
Auf „Coma Ecliptic“ muss sich der geneigte Musikfan auf eine Prog-Achterbahn sondergleichen gefasst machen – es gibt schräg-verschobene, MASTODON-artigen Akkord- und Riff-Experimente, durchbrochen von spinnenfüßigen Melodic Parts und unbarmherzigen Growl-Einlagen, verspielte Gitarrenexperimente die sich einsam auf einem Stereokanal durch die Lautsprecher wühlen, gleichzeitig aber doch selber schon potentielle Mainriffs sein könnten. Es gibt fast schon atonale Keyboard-Einlagen die einen in ein psychedelisch-abgefahrenes Musikreich locken und ein wenig wie ein wild gewordener H.P. Lovecraft mit Gitarren klingen oder ruhige Prog-Rock-Stellen, welche ähnlich wie PORCUPINE TREE oder YES nach LP-Abend und gutem Whisky schreien – „Coma Ecliptic“ bietet all das. Und mehr.
Ja, meine Einleitung war nicht nur wild dahergelabert – das Album gibt sich derart Facettenreich, dass die Einschränkung auf einige Songs nahezu ein Ding der Unmöglichkeit ist. Sicher – wer die Platte bereits kennt und das hier liest wird sicher vielleicht den ein oder anderen Song meinen erkennen zu können – aber BETWEEN THE BURIED AND MEs neues Album lädt auch derart zum Wiederhören ein, dass man eigentlich ohnehin bei jedem Durchgang neue Sachen entdeckt, welche dann natürlich wieder eigene Wortakrobatik verlangen.
Aufgenommen wurde die Scheibe übrigens in den USA, gemastert in Schweden von Jens Bogren (u.a. OPETH, AMON AMARTH, DEVIN TOWNSEND).
Was lest ihr hier noch? Besorgt euch „Coma Ecliptic“. Jetzt.
DEATHRITE haben es zu einem Deal mit Prosthetic Records gebracht. "Revelation Of Chaos" entpuppt sich als gelungener Einstand beim neuem Label: in den zehn Songs gehen die Ostdeutschen gnadenlos brutal zu Werke, ohne dass die Chose auch nur zu einer Sekunde langweilt. Die Mischung aus Schwedentod-Huldigung, Groove und leichtem Crust-Einschlag macht von Anfang bis Ende Laune und lädt zum Headbangen ein. Die Band macht einfach alles richtig, von den sägenden Gitarren über die wirklich starken Gesangsparts und der unbarmherzigen Rhythmusfraktion. Dazu ein Songwriting, dass bei allem Aggressionspotential und Laune am Mosh nicht die Abwechlung vergisst - selbst kleine Doom-Anleihen finden sich - und eine Produktion, die das Ganze saufett und dabei authentisch-roh aus den Boxen kommen lässt. Death Metaller-Herz, was willst du mehr?
Nachdem „Aftershock“ schon ein richtig starkes Album war setzten Lemmy & Co. im 40. Jahr der MOTÖRHEAD-Historie noch einen drauf. Denn das neue Werk „Bad Magic“ geht noch weiter „back to the roots“ und gibt der alten Weisheit „no fillers, all killers“ neuen Schwung. MOTÖRHEAD 2015 kommen heuer derart fix auf den Punkt - alle Eigenkompositionen bewegen sich um die 3-Minuten-Marke – dass man gar nicht anders kann als den zweiten Gitarristen zu mimen und das Haupthaar zu schütteln.
Und mit „Victory Or Die“ und „Thunder & Lightning“ eröffnet die endgültige Rückkehr zu alter Stärke ja auch standesgemäß – schneller, basischer, hingerotzter Rock’n’Roll der voll in die Mitte zielt - „Victory Or Die“ und „Thunder & Lightning“ halt. „Fire Storm Hotel“ geht dann doch etwas mehr gegen Stampfer – eine Verschnaufpause klingt aber definitiv anders. Bei „Shoot Out All Of Your Lights“ darf der gute Mikkey mal wieder den vertrackten Könner geben – ein Track zum genauer hinhören. Und dann geht es erst richtig los. Wo andere Bands im Mittelteil des Albums die etwas schwächeren Kompositionen platzieren, da jagt bei MOTÖRHEAD ein Highlight das andere. Das mit einem Brian May (QUEEN) Girarrensolo versehene „The Devil“ groovt hier gen Hölle, der typische Lemmy’n’Roll Song „Electricity“ geht als toller punkiger Feger gerade mal was über 2 Minuten – wie auch „Evil Eye“. Der Song macht sowas von Spaß, hat ein paar Gimmicks zu bieten und kommt mit zwei unterschiedlichen Vocals daher; da kommt man gar nicht mehr runter von der Repeat-Taste im 2-Minuten-Takt. Nachfolgend gibt das fette und raue „Teach Them How To Bleed” den Einpeitscher für die neue Powerballade. Und „Till The End” darf man in dieser Form durchaus als einer der Höhepunkte der MOTÖRHEAD-Geschichte benennen – so reich ist man ja nicht mit Balladen versehen - Lemmy gibt hier gekonnt den melancholischen, whiskeygetränkten Blues. Den Abschluss bildet ein Trio von MOTÖRHEAD-Signatursongs – das bass-lastig dunkle „Tell Me Who To Kill”, der böse Groover „Choking On Your Screams” und der melodisch coole Rocker „When The Sky Comes Looking For You”.
Ob es ein ROLLING STONES-Cover von MOTÖRHEAD wirklich gebraucht hat lass ich mal dahingestellt sein, cool und eindeutig Lemmy kommt der Klassiker „Sympathy For The Devil“ aber allemal daher – und ist damit der 13. gute Song des Albums. Bei solch einem hohen energetischen Level können einen schon zwiespältige Gefühle befallen bezüglich der zu erwartenden Live-Performance des Lemmy Kilmister – aber da hoffen MOTÖRHEAD und wir mal das Beste. „Bad Magic“ aber macht die 40 Jahre der Rock’n‘Roll-Metal Institution aber auf jeden Fall mal richtig rund. Keine Frage - Pflichttermin.