GRAND FUNK RAILROAD sind eine jener Bands der 70er welche über die bluesigen Wurzeln hinaus dem aufkommendem Hard Rock (vor allem in den USA) ihren Stempel aufgedrückt haben. Dabei waren sie alles andere als Kritikerlieblinge (die fanden GFR zu arg nach Airplay und Effekten schielend), aber hatten eine breite Fanbasis, die ihnen zu einigen Platinalben und Top-Ten-Singles verhalf. Diese Fans sorgte auch dafür dass die Tourneen der Band Anfang der 70er wahre Triumphorgien wahren und in den Staaten gar Einnahmerekorde der BEATLES brachen. Dementsprechend gibt es nicht wenige, welche den Livemitschnitten der Band den Vorzug vor den Studioalben geben würden.
Die beiden nun veröffentlichten Boxen GRAND FUNK RAILROAD „Trunk Of Funk Vol. 1“ und „Trunk Of Funk Vol.2“ enthalten in chronologischer Reihenfolge jeweils 6 Alben der Band von 1969 bis 1971 (Vol.1) und von 1972 bis 1976 (Vol.2), darunter auch Live-Alben, so dass man die damalige Faszination der Band für den Konzertbesucher durchaus nachvollziehen kann – Sänger und Gitarrist Mark Farner, Drummer Don Brewer und Bassist Mel Schacher (sowie später Keyboarder Craig Frost) waren Live eine Macht: laut, innovativ, für damalige Verhältnisse regelrecht brachial – und einem übersteuerten, teils dominierend-rauen Bass. Klar, das war weniger filigrane Instrumentalkunst, aber dafür harter Rock. Auch die dazugehörigen Studioalben offenbaren den Liebhaber ursprünglicher Rockmusik dabei einiges an Schätzen und Entdeckungen – sind GRAND FUNK RAILROAD doch eine der Bands, die man heute so was von gar nicht mehr im Fokus hat. Für den Einsteiger sind die Singles, vor allem der zweiten Box, sicher das Highlight (man nehme nur „We’re An American Band“, „The Loco-Motion“ oder „Some Kind Of Wonderful“), aber auch die ersten Hits („I’m Your Captain (Closer to Home)“, „Into The Sun“ oder „Are You Ready“). GRAND FUNK RAILROAD standen vor allem für viel Groove und Härte und vermengten von Blues über Boogie bis Funk und Soul vieles in ihren Sound, gegen Ende ihres Schaffens nahmen aber auch Pop-Elemente Raum ein.
Dabei liegen die einzelnen CD in der im Jahre 2002 überarbeiteten Fassung vor (24-Bit Remastering, aus den orignialen Master von Dave Tedds). Die Boxen enthalten die Alben in einem einheitlichen Layout und aufklappbaren (einem Gatefold-Cover nachempfundenen) Pappschubern mit den Originalcovern (LPs und Singles). Neun der zwölf Alben kommen dabei mit Bonusmaterial daher (siehe Titellisten unten). Dazu gibt es jeweils ausführliche Booklets mit Fotos und Liner Notes des englischen Musikjournalisten und Rock-Radiomoderator Malcom Dome. Alles in allem eine wertige Sache
TRUNK OF FUNK VOL 1
DISC ONE – On Time
1. Are You Ready
2. Anybody's Answer
3. Time Machine
4. High On A Horse
5. T.N.U.C.
6. Into The Sun
7. Heartbreaker
8. Call Yourself A Man
9. Can't Be Too Long
10. Ups And Downs
BONUS TRACKS
11. High On A Horse (Original Version)
12. Heartbreaker (Original Version)
DISC TWO – Grand Funk
1. Got This Thing On The Move
2. Please Don't Worry
3. High Falootin' Woman
4. Mr. Limousine Driver
5. In Need
6. Winter And My Soul
7. Paranoid
8. Inside Looking Out
BONUS TRACKS
9. Nothing Is The Same (Demo)
10. Mr. Limousine Driver (Extended Version)
DISC THREE – Live Album
1. Introduction
2. Are You Ready
3. Paranoid
4. In Need
5. Heartbreaker
6. Words Of Wisdom
7. Mean Mistreater
8. Mark Say's Alright
9. T.N.U.C.
10. Inside Looking Out
11. Into The Sun
DISC FOUR – Closer To Home
1. Sin's A Good Man's Brother
2. Aimess Lady
3. Nothing Is The Same
4. Mean Mistreater
5. Get It Together
6. I Don't Have To Sing The Blues
7. Hooked On Love
8. I'm Your Captain
BONUS TRACKS
9. Mean Mistreater (Alternate Mix)
10. In Need (Live)
11. Heartbreaker (Live)
12. Mean Mistreater (Live)
DISC FIVE - E Pluribus Funk
1. Footstompin' Music
2. People, Let's Stop The War
3. Upsetter
4. I Come Tumblin'
5. Save The Land
6. No Lies
7. Loneliness
BONUS TRACKS
8. I'm Your Captain (Closer To Home)
9. Hooked On Love (Live)
10. Get It Together (Live)
11. Mark Says Alright (Live)
DISC SIX – Survival
1. Country Road
2. All You've Got Is Money
3. Comfort Me
4. Feelin' Allright
5. I Want Freedom
6. I Can Feel Him In The Morning
7. Gimme Shelter
BONUS TRACKS
8. I Can't Get Along With Society (2002 Remix)
9. Jam (Footstompin' Music)
10. Country Road (Unedited Original Version)
11. All You've Got Is Money (Unedited Original Version)
12. Feelin' Alright (Unedited Original Version)
TRUNK OF FUNK VOL 2
DISC ONE – Phoenix
1. Flight Of The Phoenix
2. Trying To Get Away
3. Someone
4. She Got To Move Me
5. Rain Keeps Fallin'
6. I Just Gotta Know
7. So You Won't Have To Die
8. Freedom Is For Children
9. Gotta Find Me A Better Day
10. Rock 'N Roll Soul
BONUS TRACKS
11. Flight Of The Phoenix (2002 Remix With Extended Ending)
Es geht munter weiter mit den Re-Releases aus dem Hause Noise Records: nachdem zuletzt die (Meister-) Werke von VOIVOD und CELTIC FROST erneut das Licht der Plattenläden erblicken durften, sind nun einige Alben der Hamburger Freibeuter RUNNING WILD an der Reihe. Und hört man sich im Zuge dieser (durchweg remasterten) Reinkarnationen durch den eindrucksvollen Backkatalog von Rock´n´Rolf und Co., wird einmal mehr klar, dass es neben MANOWAR wohl keine einzige traditionelle Metal-Band gibt, die einerseits geniale Musik in ihrer frühen und mittleren Phase veröffentlicht, sich andererseits jedoch im Herbst ihrer Karriere dermaßen zum Affen gemacht hat... aber das ist eine andere Geschichte!
Nach dem sehr guten, aber nicht überragenden Vorgänger "Port Royal" legten Herr Kasparek und sein zu drei Vierteln verbliebenes Line-Up (lediglich Drummer Stefan Schwarzmann war durch Iain Finlay ersetzt worden) einen ganzen Tender Kohlen nach und schufen mit "Death Or Glory" 1989 einen Band-Meilenstein, der bis heute zu den absoluten Lieblingen der RUNNING-WILD-Gemeinde zählt. Die Produktion drückte noch eine Ecke kraftvoller, speziell die Gitarren wurden optimal in Szene gesetzt, aber letzten Ende begeisterten großartige Song wie das überragende "Riding The Storm" (für mich bis heute einer der besten traditionellen Opener aller Zeiten!), "Running Blood", "Marooned", "Bad To The Bone" (Oberhammer!), "Tortuga Bay", das Titelstück oder das überlange "The Battle Of Waterloo", die RUNNING WILD endgültig aus dem Underground katapultierten und die letzten knapp 30 Jahre ohne Abnutzungserscheinungen überstanden haben.
Die beiliegende Bonus-CD beinhaltet die komplette, sehr gute 1990er EP "Wild Animal" mit dem Titelsong, "Tear Down The Walls", "Störtebeker" und "Chains And Leather" sowie mit "Riding The Storm" und "Bad To The Bone" zwei überarbeitete Stücke von der Compilation "20 Years In History", die jedoch einmal mehr verzichtbar sind. Abgerundet wird auch dieses Digipak durch einige rare Bilder im Booklet sowie ein recht informatives Interview mit Rock´n´Rolf von Malcolm Dome aus dem Jahr 2016.
Es geht munter weiter mit den Re-Releases aus dem Hause Noise Records: nachdem zuletzt die (Meister-) Werke von VOIVOD und CELTIC FROST erneut das Licht der Plattenläden erblicken durften, sind nun einige Alben der Hamburger Freibeuter RUNNING WILD an der Reihe. Und hört man sich im Zuge dieser (durchweg remasterten) Reinkarnationen durch den eindrucksvollen Backkatalog von Rock´n´Rolf und Co., wird einmal mehr klar, dass es neben MANOWAR wohl keine einzige traditionelle Metal-Band gibt, die einerseits geniale Musik in ihrer frühen und mittleren Phase veröffentlicht, sich andererseits jedoch im Herbst ihrer Karriere dermaßen zum Affen gemacht hat... aber das ist eine andere Geschichte!
"Port Royal" von 1988 kann als so etwas wie das inoffizielle "Bindeglied" zwischen den rohen (und anfangs sogar noch als "Death Metal" etikettierten) Anfangstagen und den musikalisch deutlich mächtigeren, ausgereifteren Jahren bis zu Rolfs Solo-Eskapaden (ich sage nur "Angelo Sasso"...) angesehen werden. Obwohl wahrlich kein schwaches Werk, fristet "Port Royal" bis heute ein eher untergeordnetes Dasein im Backkatalog der Band, was daran liegen mag, dass man zwar einerseits zu ausgereifteren Songstrukturen und mehr "Professionalität" tendierte, jedoch noch nicht in der Lage war, diesen Anspruch dauerhaft in mitreißenden Songs zu bündeln. Immerhin enthält das Album mit dem Titelsong, "Uaschitschun" und dem tatsächlich überragenden "Conquistadores" drei absolute Band-Klassiker, die es über die Jahre immer wieder ins Live-Set von RUNNING WILD geschafft haben.
Als Zugaben gibt es eine 1992er Alternativ-Version von "Uaschitschun" sowie die beiden neu aufgenommenen "Port Royal" und "Conquistadores" von 2003, die von der im selben Jahr erschienenen Compilation "20 Years In History" stammen und aufgrund ihres etwas sterilen Sounds (Stichwort Drums!) eher verzichtbar sind. Abgerundet wird das Digipak durch ein paar wenige Bilder im Booklet sowie ein recht informatives Interview von Malcolm Dome, das er mit Rock´n´Rolf im Jahr 2016 geführt hat.
Ein "Ruf aus der Ferne" hallt zu uns: "Ett Fjärran Kall" ist das erste Album des schwedischen BM-Duo's FORNHEM. Das die Herren das Rad nicht neu erfinden, ist schnell klar. Eisige Fluten weisen den Weg. "Ett Fjärran Kall" wird von starkem, aber oft auch durchaus melodiösem Gitarrenspiel und einer nahezu omnipräsenten "Wall of Noise" getragen. Das - und die obligatorische Überlänge der Songs - geben dem Ganzen einen durchaus meditativen Charakter, wie man es von anderem skandinavischen Black Metal-Bands wie BURZUM, TAAKE, KAMPFAR, aber auch DRUDKH kennt. Dabei bleiben FORNHEM vornehmlich im Mid-Tempo-Bereich, wozu die fast mystisch anmutenden Vocals sehr gut passen. Dezent verwendete, folkloristische Elemente akzentuieren das ganze gekonnt - wenn man genau hinnhört.
Auch wenn das Konzept von FORNHEM durchaus bekannt ist, funktioniert es bei Songs wie dem gut dreizehn-minütigen Titel-Song oder auch dem abschließenden "Fornhem" hervorragend. Trotz zugegebener Maßen vieler Wiederholungen wird die Spannung hier stets aufrecht erhalten und FORNHEM schaffen eine angenehme Atmosphäre. Auf "Kosmik Dvala" wird das Tempo brisant erhöht (und auch der Song ist mit knapp sieben Minuten im Vergleich zum Rest nahezu kurz geraten), während "Úrdjupets Svärta" etwas experimentell daher kommt.
Und auch wenn die einzelnen Songs einzeln betrachtet durchaus zu gefallen wissen, fehlt irgendetwas. Vielleicht ist es der etwas rauschige Sound, der das Album stellenweise so undiffernziert klingen lässt. Vielleicht hätten FORNHEM sich an der ein oder anderen Stelle noch etwas experimentierfreudiger zeigen können (...). "Ett Fjärran Kall" ist kein schlechtes Album, aber eben doch (leider) eher der Ruf aus der Ferne, dem man gerne lauscht, der aber auch schnell wieder verhallt.
Mit dem Lykke Li-Cover „I Follow Rivers“ konnten die Belgier TRIGGERFINGER 2012 ihren Bekanntheitsgrad europaweit deutlich erhöhen. Das Stück wurde im Radio rauf- und runtergedudelt, und dementsprechend verkaufte sich auch das folgende Album „By Absence Of The Sun“ sehr gut – wenn auch vor allem in Belgien und den Niederlanden. Ansonsten ist es eher ruhig um die Band geworden, was sich mit der Hilfe von „Colossus“ und einem neuen Label im Rücken ändern soll.
Ob das gelingen wird, sei dahingestellt. So richtig vom Hocker haut einen „Colossus“ jedenfalls nicht. Zwar stimmen die Zutaten eigentlich: Stücke wie der Titelsong, „Flesh Tight“ oder „Bring Me Back A Live Wild One“ rocken an der Schnittstelle von T-REX und den QUEENS OF THE STONE AGE gerade nach vorne und haben immer auch eine gewisse Portion Irrsinn im Gepäck. Mit „Afterglow“ gibt es natürlich auch eine – wenn auch psychedelisch angehauchte und ziemlich stimmungsvolle – Ballade, und auch „Breathlessness“ zeichnet sich durch einen hohen Harmonieanteil aus. Zusätzlich haben TRIGGERFINGER ihr Klangspektrum erweitert und arbeiten hier immer wieder auch mit Samples und alten Synthesizern. Zu hören ist das z. B. im stampfenden „Candy Killer“ oder im über weite Strecken elektronischen „Steady Me“, das Horror-B-Movie-Atmosphäre verbreitet und schon als experimentell bezeichnet werden muss.
Eines muss man TRIGGERFINGER auf jeden Fall lassen: „Colossus“ ist ein mutiges Album, das immer wieder mit Hörgewohnheiten bricht. Auf der Suche nach neuen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten ist aber das Songwriting auf der Strecke geblieben. So wartet man immer wieder vergeblich auf den einen Refrain, der direkt zündet, ein fettes Riff, bei dem man nicht ruhig sitzen bleiben kann, oder einen Space-Rock-Part, in den man sich hineinfallen lassen kann. Letzteres erfüllt am ehesten noch das bereits erwähnte „Afterglow“, das damit dann auch so etwas wie den – ruhigen – Höhepunkt des Albums darstellt. Unwahrscheinlich, dass ein Power-Rock-Trio das beabsichtigt. Tatsache ist aber, dass hier ansonsten wirklich gute Song-Ideen Mangelware sind.
Das dänische Instrumental-Trio PAPIR lässt es gerne ruhig angehen. Und das in zweierlei Hinsicht: Zum einen wird es bei den Kopenhagenern selten richtig laut, zum anderen lassen sie sich viel Zeit in ihren Stücken. Ihr fünftes Album mit dem schlichten Titel „V“ ist ein Doppelalbum und enthält sieben Stücke, konsequenterweise betitelt mit „V.I“ bis „V.VII“, die zwischen 10 und 25 Minuten lang sind. Die Musik baut sich langsam auf, entwickelt sich mit leichten Variationen immer weiter, wird durch behutsame, aber stetige Steigerung immer dichter, bis sie irgendwann wieder abebbt. Dadurch befinden sich PAPIR an der Schnittstelle zwischen Psychedelic und Post-Rock, auch Progressive Rock dürfte ein Einfluss sein. Der Sound ist warm, wabernd und sphärisch und lädt dazu ein, sich davontragen zu lassen.
Einen Haken hat die Sache allerdings: Relativ bald wird einem beim Zuhören langweilig. So viel Ruhe die Stücke auch ausstrahlen, so wünscht man sich doch, es möge etwas mehr in ihnen passieren. Aber tatsächlich plätschert alles ziemlich vor sich hin, und irgendwelche Höhepunkte sucht man vergebens. Das ist schade, denn man hat das Gefühl, dass PAPIR mehr können, als sich in ihrem Wohlklang zu gefallen, sie müssten nur mal aus sich herauskommen. So aber bleibt nicht viel mehr als immerhin gut gemachte und stimmungsvolle Hintergrundmusik.
Mit ihrem letzten Album „Schön kaputt“ von 2015 erreichten SONDASCHULE erstmals die deutschen Top 10. Und die Band aus dem Ruhrpott hat dafür gesorgt, dass ihr das mit „Schere, Stein, Papier“ wieder gelingt. Richtig schnelles, punkiges Material ist auf dem Album nämlich rar gesät. „Waffenschein bei ALDI“, „Palermo“ und „Du und Ich“ gehen treibend nach vorne und machen von Beginn an Spaß. Davor und dazwischen geht es aber oft gemächlich, teils sogar balladesk zu. Schon der gemütliche Offbeat-Schunkler „Amsterdam“ ist als Opener nicht die beste Wahl. Der Titelsong zieht sich mit wuchtigem Refrain im Midtempo, und die drei letzten Stücke kann man alle mehr oder weniger in der Balladenbereich einorden. Überhaupt ist durchgehend alles sehr melodisch, und jeder Refrain muss als Hymne herhalten.
Textlich haben SONDASCHULE das Herz natürlich am rechten bzw. vielmehr linken Fleck und werden auch immer wieder politisch, aber zum Teil werden auch Nichtigkeiten besungen wie die ewige Sehnsucht nach dem Süden („Palermo“), die eigene Jugend („Zu kurz um lang zu denken“) oder eine beendete Beziehung („Meine Herz“). Dazu kommt dann noch die sehr cleane, glatte Produktion, bei der u. a. der Gesang stark in den Vordergrund gemischt wurde. Dieser bewegt sich größtenteils in ruhigen Tiefen und erinnert immer wieder an Bela B., wird auf Dauer aber etwas eintönig, und zu selten wird hier richtig Druck gemacht.
Gut möglich, dass SONDASCHULE auch mit „Schere, Stein, Papier“ einen ordentlichen kommerziellen Erfolg einfahren werden. Was hier fehlt, sind aber eine gute Portion Dreck und Arschtritt-Attitüde. Und textlich sind SONDASCHULE am Ende weder so witzig wie die TERRORGRUPPE noch so wortgewandt wie die ÄRZTE oder so authentisch wie RANTANPLAN.
"Gates To Purgatory" schlug 1984 bei uns ein, wie eine Bombe. Schon rauchend (war eine andere Zeit, da rauchte man noch in Bus, Gaststätten und im TV) und Sixpack konsumierend im Partykeller der Eltern konnten wir Teenager uns kaum satt hören an dem Debüt der jungen deutschen Band. Und bis heute ist und bleibt das Teil meine persönliche Lieblingsplatte von RUNNING WILD.
BMG veröffentlicht am 11. und 25. August alle neun Alben, die auf Noise in den 80er und 90er Jahren erschienen sind, als Digi Pack CD und auf 180g Vinyl. Den Anfang machen bei uns rezensionstechnisch die ersten drei Alben von 1984 bis 1987, weitere folgen.
Zu Beginn ist die Hamburger Band noch eine solche; okkult, roher und frei von irgendwelchen Augenklappen und Holzbeinen wird hier von vier Musikern harter Metal gezockt. Die ersten beiden Alben haben einige Songs, die man getrost dem Genre des Speed Metal zuordnen kann, aber auch traditioneller Metal à la JUDAS PRIEST und ACCEPT ist eingetütet. Das Debüt hatte mit "Prisoner of Our Time " eine zeitlose Metal-Hymne am Start, welche damals auf keinem Gemischt-Tape fehlen durfte. Das Re-Release vom Erstling "Gates To Purgatory" wird mit weiteren acht Songs von diversen Samplern und B-Seiten adäquat aufgehübscht und kommt so auf eine stolze Spielzeit von über einer Stunde. Bei dem ähnlich gelagerten, leicht schwächeren Nachfolger "Branded and Exiled" gibt es als Extra nur Alternativ-Versionen der bereits gehörten Songs.
Mit Album Nummero drei "Under Jolly Roger" ging dann die Piratenflagge auf und es kristallisierte sich langsam, aber stetig heraus, dass RUNNING WILD fest in den Händen von Gitarrist und Sänger Rolf "Rock `n´ Rolf" Kasparek ist, der im weiteren Karriereverlauf daraus ein Soloprojekt machte. Der Sound der Scheibe war breitwandiger angelegt und die Band ging ein wenig gezügelt zur Sache als zuvor. Dieser Re-Release kommt als schön und stimmig gestalteter Doppelpack und mit als Schatzkarte angelegtem Booklett um die Klippe gesegelt. Das Album gilt im Hinblick auf das Image von RUNNING WILD als Wendepunkt. Die Band bekam eine Komplettüberholung, was die Symbolik und Thematik ihrer Texte betrifft - der Piraten Metal war geboren. Hier punktet der Mitgröler "Raise your Fist" sowie der wuchtige Titelsong. CD 1 beinhaltet das reguläre Album, CD 2 Alternativ-Versionen der Titel und mit "Apocalyptic Horseman" ein non-album track, der erstmals auf der Compilation "20 Years in History" verbraten wurde.
Alles im allem wieder ein gelungenes Re-Release aus dem Hause BMG unter dem Motto "Noise Lebt!".
Gates To Purgatory, Branded & Exiled, Under Jolly Roger (Re-Release)