Da flattert mir die Tage mal wieder eine Bandinfo ins Haus, mit dem dezenten Hinweis, dass beiliegende CD "Prayer For The Dying" der Metaller von Messiah’s Kiss wohl eines der Heavy-Highlights des Jahres 2002 sein wird. Das geile Coverartwork ist es allemal! Also rein mit der Scheibe in den CD-Player, Regler hoch und los: schon nach den ersten Takten war mir klar, ganz so daneben scheinen die Damen und Herren der Plattenfirma diesmal nicht zu liegen. Messiah’s Kiss haben mit ihrem Debüt ein Stück Metal-Mucke abgeliefert, welche zwar nichts grundlegend Neues bietet, aber trotzdem - oder gerade deswegen - voll Spaß macht. Klassischer Heavy Metal, straight nach vorne gespielt, mit packenden Gitarrenriffs, Doublebass-Rythmen und tollen Melodien. Das Ganze ohne jegliche Anbiederung an gängige Trends und mit einem gehörigen Schuss Achtziger versehen. Nicht von ungefähr zählt die Band nach eigener Aussage zu den Fans der NWOBHM und hat ihre Musik an Vorbildern wie Iron Maiden, Accept und Judas Priest ausgerichtet. Und das Teil hat einiges zu bieten - das an Dio erinnernde, recht eingängige "Night Comes Down”, "Dream Evil” und "Thunderball" sind nur einige Anspieltips. Das an selige Priest-Zeiten angelehnte "Blood, Sweat & Tears" ist einer meiner persönlichen Sommer-Highlights und auch der epische Schlusspunkt dieser Scheibe, der mit über sieben Minuten Spielzeit längste Song "Blood Of The Kings” sollte man beim Antesten auf jeden Fall genauer durch die Ohrmuscheln dröhnen lassen. Aber auch die anderen Songs wissen zu gefallen und halten den Level. Starten tut das Ding aber mit dem obligatorischen (wenn auch unnötigen) Intro "The Rising" (dafür ist weit und breit keine Ballade auf diesem Album - Pluspunkt!). Allerdings sind Messiah’s Kiss mitnichten ganz so neu am Start wie es aussieht: vier der fünf Herren stammen aus Dinslacken und hatten in den Jahren 1988 bis 1998 schon einige selbstproduzierte Alben unter dem Namen "Repression" aufgenommen. Das Ausscheiden des alten Sängers Ende der Neunziger erwies sich im nachhinein als Glücksfall für die Combo. Unter Mithilfe des befreundeten Produzenten Detlef Mohrmann kam ein Kontakt zu dem New Yorker Sänger Mike Tirelli (ex-Holy Mother) zu Stande. Aus einem Anfänglichen unverbindlichen Telefonanruf und dem Zuschicken eines Tapes mit den in der Zwischenzeit neu entstandenen Stücken wurde kurze Zeit später eine professionelle Zusammenarbeit unter neuem Namen, welche sich wahrlich hören lassen kann. Mike’s Stimme gibt den überwiegend von Gitarrist und Co-Produzent Georg Kraft komponierten Tracks den letzten Schliff und könnte Messiah’s Kiss auch außerhalb Deutschlands zu einiger Beachtung verhelfen. Produziert wurde das Album in den Karo-Studios in Brackel u.a. von Rainer Hänsel (Saxon, Molly Hatchet) und hat einen klaren, transparenten Sound der voll abgeht. MK’s Bandmotto lautet folgerichtig "Es muss rocken!" - dem kann ich mich nur anschließen: "Es rockt!".
Es gibt was Neues von Spock’s Beard; "Snow" heißt das Ding, und ist ein 115 Minuten langes Konzeptalbum. Damit könnte ich die Review bereits beenden, denn eigentlich müsste jetzt jeder halbwegs vernünftige Musik-Freak zum nächsten CD-Dealer stürmt und sich das Teil besorgt. Weiteres überflüssig? An sich ja! Aber trotzdem noch ein paar Infos, erst mal zum Konzept: Das Doppelalbum behandelt die Geschichte eines Jugendlichen, der von der Natur die kostbare Gabe erhalten hat, andere Menschen zu heilen, und dadurch natürlich in seiner Umwelt auf Probleme und Komplikationen stößt - dies wurde von Neal Morse und Mannen in einer musikalischen Achterbahnfahrt erster Güte umgesetzt. Musikalisch gesehen streifen die Songs alle bisherigen Lebensphasen der Band, wobei man als Grundtenor sagen kann, dass Spock’s Beard härtemäßig einen Tick zugelegt haben. Dabei aber in einem melodischen Kontext geblieben sind, der Ohrwürmer erzeugt, die einen tagelang verfolgen. Die ruhigeren Parts sind noch feinfühliger komponiert als das bisher schon der Fall war - hier regiert teilweise Gänsehautatmosphäre pur. Dazu gibt es natürlich auch wieder richtig abgefahrene Instrumentalpart und –tracks. Der Frickelanteil ist aber alles in allem weniger worden. So haben Spock’s Beard das Kunststück fertiggebracht; ihr bestes Album so zu vertonen, dass die beiden Silberlinge das zugänglichste Material seit "Day For Night" enthalten und es musikalisch trotzdem den höchsten Ansprüchen genügt. Hier einzelne Songs als Anspieltipp zu nennen wäre Frevel. Bei der Qualität der Songs auf diesem Album wird jeder seine eigenen Perlen und Lieblingspassagen entdecken müssen - und wird immer wieder aufs Neue überrascht werden, wie viel hervorragende Details man doch selbst in den kürzesten Songs unterbringen kann. Langweilig wird das Teil nie. Spock’s Beard haben mit diesem Album mit Sicherheit einen Höhepunkt ihres bisherigen musikalischen Schaffens erreicht. Es ist mit Sicherheit nicht vermessen zu sagen, das Neal Morse, Ryo Okumoto, Dave Meros, Nick D’Virgilio und Alan Morse hier nahtlos an die großen Konzeptalben der Rockgrößen der Siebziger wie Pink Floyd Genesis oder gar The Who heranreichen. Es gibt viele welche der Meinung sind Spock’s Beard sind seit geraumer Zeit die Beste Band der Welt - kann ich schlecht beurteilen, aber wenn nicht, dann sind sie zumindest auf den Weg dorthin. Und noch ein Tipp: Wer bereit ist ein paar Euro mehr zu investieren sollte sich auf jeden Fall die Limited Edition krallen. Da gibt es noch eine dritte CD mit 10 Tracks und 51:19 Minuten Spielzeit. Allein das 9 Minuten lange "Southside Of The Sky" (YES) und die 11-minütige Akustik-Version "Good Don’t Last/Open Wide The Flood Gates" lohnen die Anschaffung. Aber jetzt genug Zeit verplempert. Also ab! Kaufen!
Yngwie J. Malmsteen, seines Zeichens Großmeister der Gitarre, beehrt uns nach seinen Ausflug in die Welt der klassischen Musik wieder mal mit einer Rockscheibe. Und Gott sei’s gelobt und gepriesen, bei Attack sind keinerlei popige Einlagen und trendige Anbiederungen zu finden. Malmsteen bleibt sich selbst treu: weiterhin zelebriert er neoklassischen Rock Marke Achtziger mit Anleihen aus den Siebzigern und dem ihm eigenen Wechsel zwischen schnellen Gitarrenparts und ruhigeren Songteilen; und dass ist an sich gut so. Nur dass die mühelose Eingängigkeit früherer Kompositionen und Frickelorgien, wie sie auf Klasse-Alben wie "Marching Out" "Trilogy" oder "Odyssey" haufenweise zu finden waren, hier nicht ganz erreicht wird. Der Track "Ship Of Fools" mit seinen klassischen Keyboardpassagen (Derek Sherinian - ex-Dream Theater) kommt da noch am ehesten hin und auch der nachfolgende Titelsong "Attack!" besticht durch seine Mischung aus Geschwindigkeit und Melodie und dürfte wohl mit zu den stärksten Stücken des Silberlings zählen. Die beiden eher episch ausgelegten Tracks "Valley Of The Kings" und "Valhalla" sind hörenswerte Teile, in welchen sich die einen oder anderen musikalischen Schmankerln verstecken - vor allem das fast sieben Minuten lange "Valhalla" bietet hier einiges. Viele der restlichen Songs können aber diesen Level nicht ganz halten. Dabei sind die spielerischen Leistungen von Frickelmeister Malmsteen auch auf diesem Album durchweg unbestritten, aber manche der Songs zeigen doch die eine oder andere melodische Schwäche. Die Sangesleistung von ex-Rainbow Shouter Dougie White, welche beileibe nicht von schlechten Eltern ist, kann sich häufig im Zusammenspiel mit den Gitarren und Keyboards nicht besonders in Szene setzen ("Freedom"). Letztendlich gefällt mir persönlich das fast sechsminütige Instrumental "Baroque & Roll" wirklich am Besten, obwohl es an ältere Meisterwerke wie "Trilogy" doch nicht heranreicht. Die beiden anderen auf der Scheibe vorhandenen Instrumentalstücke sind eher zu vernachlässigen. Na ja, und dazu ist die Produktion dieser "Promo-CD" leider auch nicht so, das sie einen Meister seines Faches, der wie Yngwie schon einige Jahre Musikbusiness auf dem Buckel hat, gut zu Gesichte steht. Der Sound bleibt einfach irgendwie kraft- und saftlos; und nur die Pegel hochziehen reist es halt auch nicht raus. Da kommen ja fast meine alten Malmsteen Vinylscheiben mit. Vielleicht liegt es aber doch nur an der schlechten Qualität der ärmlich ausgestatteten Pre-Mastering-CD (wollen’s doch hoffen). Sorry, Mr. Malmsteen - so gerne ich den Klassikern aus den Achtzigern lausche und mir eine Neuauflage wünsche - die Attacke des Jahres 2002 überzeugt mich nicht so richtig. Aber jeder Fan neoklassischer Rockmusik - und von Yngwie sowieso - sollte sich darüber wohl eine eigene Meinung bilden.