Nach diversen Demos und der "Leben Leben"-EP legen die Provinz-Punks aus dem Allgäu KIND IM MAGEN? jetzt Ihr erstes Album vor. Was die vier hier präsentieren, ist ziemlich authentischer End 70er/Anfang 80er Deutsch-Punk, allerdings mit angenehmem Rock ´n Roll- und eher unangenehmem Hamburger Schule/SPORTFREUNDE-Einschlag. Authentisch für die Zeit vor ca. 25 Jahren sind allerdings auch die unausgereiften spielerischen Fähigkeiten der Jungs sowie der Sound, der mehr nach Proberaum als nach Tonstudio klingt. Mag sein, dass das bei echtem Underground eben so sein muss, aber was hat man davon, wenn man sich´s einfach nicht anhören kann...? Am besten sind KIND IM MAGEN? noch, wenn sie grade und punkig nach vorne spielen, wie bei "Alles Oder Nichts" oder "Welt Bewegen", wobei besonders letzteres wirklich ein guter und noch dazu ohrwurmtauglicher Song ist. Probleme entstehen aber bei Breaks und abgehackten Beats, wo die Rhythmusarbeit stellenweise etwas ungelenk und wenig präzise klingt. Neben den größtenteils schnellen Songs gibt es mit "Ein Schritt Zu Viel" noch ein recht gelungenes, melodiöses Mid-Tempo-Stück und mit "Geben & Nehmen" und "Schläfer" zwei Stücke komplett ohne Beat, ersteres durch eine Akustik-Gitarre, letzteres durch eine verzerrte E-Gitarre begleitet, die aber ziemlich langweilig daherkommen. Besonders durch den jaulig-naiven Gesang fühlt man sich zu o.g. Vergleichen mit der sogenannten Hamburger Schule genötigt, und die Texte verbessern diesen Eindruck nicht grade, indem sie zwischen pubertär/gewollt witzig und pseudo-poetisch/nichtssagend schwanken. Songzeilen wie "Dein Kuss schmeckt wie wilder Wein und ich sag es ist gefährlich, doch du schaust mich fragend an", "Du ziehst dich durch den Dreck und riechst den Atem der Menschen, die dich sehen wollen mit deinen nackten Taten" oder "Eine Quelle des Regens aus der Erkenntnis herabfällt, der Sinn des Redens, wenn man sich zur Welt gesellt, die Lunge, sie atmet" mögen dies verdeutlichen. Und der Text von "Deanna Aus Dem All", der von einer Begegnung mit Deanna Troi handelt, enthält gar einige schwer wiegende sachliche Fehler: Erstens schreibt sich der Enterprise-Counseler nicht mit "y", sondern mit "i" - also "Troi" - zweitens kommt sie nicht von einem Planeten namens B 13, sondern von Betazet, und irgendwelche Antennen besitzt sie schon gar nicht. Nennt mich einen Pedanten, aber wer über eine Figur aus Star Trek singt, sollte vorher wenigstens rudimentäre Hintergründe recherchieren. Fernsehen und Internet sollte es mittlerweile auch im Allgäu geben... Sicherlich wird diese Band ihre Fans finden, ich persönlich finde sie dem eben Geschilderten gemäß eher anstrengend zu konsumieren.
Ein gar’ lecker Cover haben die Holländer EXTREEM ECZEEM sich da zusammengebastelt. Und der Rest des schön aufgemachten Digis steht dem Cover in nichts nach. Da mag jemand CARCASS, was? Siehe da, auf der HP steht es dann auch noch mal groß und breit, für Doofe wie mich. Wer jetzt beim Gedanken an "Heartwork" einen mittleren Orgasmus bekommt und voller Hoffnung EXTREEM ECZEEM als Nachfolger der rockigen CARCASS-Ära sieht, der wird enttäuscht werden. Die Anfangstage der Gods Of Grind haben einen bleibenden Eindruck bei den Oranjes hinterlassen und so wird auf "Magnus Contaminus" old schoolig gebrettert. Einen ordentlichen Groove bekommen EXTREEM ECZEEM aber locker hin, wodurch die Songs sofort zum Mitnicken einladen. Hin und wieder mal ein dezenter Blastpart eingebaut und jeder Death-Metal-Fan ist glücklich. Gesang im Wechselbad von Gekeife und Growls passt dazu wie der berühmte Arsch auf Eimer, genau wie die druckvolle Produktion. EXTREEM ECZEEM haben eine arschcoole Death/Grind-Platte an den Start gebracht, die CARCASS zitiert, ohne zu kopieren (auch wenn hin und wieder mal ein Riff ausgeborgt wurde). Einfach cool und old school. Reimt sich ja auch. Toll.
Irgendwie ist es komisch, wenn so mir nichts, dir nichts eine CD ins Haus geflattert kommt, mit der man spontan gar nichts anfangen kann. So bei "Orakel", dem ersten Kontakt, den ich mit ISLAND habe. Ein Blick auf deren Website lässt die Verbindung zu KLABAUTAMANN erahnen, sowohl musikalisch als auch persönlich, zockt doch bei beiden Bands Florian Toyka mit. KLABAUTAMANN sind für mich eine der besten deutschen BM-Bands, da waren meine Erwartungen an ISLAND natürlich hoch. Und wie schon "Our Journey Through The Woods" weiß auch das Werk von ISLAND voll und ganz zu überzeugen. Kalter, nordischer Black Metal der alten Schule kommt aus den Boxen, der mich an Norwegens alte Helden erinnert, durch den cleanen Gesang ("Ueber dem Tal") aber auch BORKNAGAR-Vergleiche rechtfertig. Also eine Mischung aus rohen Parts und majestätisch-erhabener Mucke, unterbrochen von leisen, fast schon OPETH’schen Zwischenspielen. ISLAND schaffen es, der Platte Atmosphäre einzuhauchen und die in sich widersprüchlichen Parts nahtlos ineinander übergehen zu lassen. Egal ob sie nun kalt rocken oder sich in ruhigen, getragenen Tönen ergehen (bei denen Gesang nur spärlich eingesetzt wird, wie überhaupt auf der Platte), ISLAND können’s einfach und haben "Orakel" zu einer eindrucksvollen Black Metal-Scheibe werden lassen. Fernab billiger Provokation Marke ZORN oder MORD haben ISLAND sich als viel versprechende Band positioniert, die man als Black Mettler ohne Zögern antesten darf, nein sollte.
BRODEQUIN haben sich in der Gemeinde der US-Death-Jünger echten Kultstatus erspielt ("Festival Of Death” ist ohne Zweifel ein Klassiker), sind aber leider nicht die schnellste Band, was Veröffentlichungen angeht. Vom Start weg ist der Ami-Dreier bestrebt, das traute Heim des Hörers in Schutt und Asche zu legen, so heftig wie hier geblastet wird und die Produktion basslastig aus den Boxen kommt. Drummer Jon gilt spätestens seit der "Festival Of Death" als einer der besten Drummer im brutalen Death Metal, eine Aussage, die er auf "Methods Of Execution" untermauert. Der Mann ballert ist nicht nur in Sachen Fußarbeit ein (ziemlich schneller) Gott, sondern kann bei aller Geschwindigkeit immer noch Finessen in sein Spiel einarbeiten, die man selten hört. Er legt den Grundstein für die vernichtende Power der Combo, die einem Orkan gleich über den Hörer hinwegfegt. BRODEQUIN gewährend dem Hörer keine Verschnaufpause und ballern sich unbarmherzig von Song zu Song. Was für Fans eine wahre Offenbarung ist, sei es beim ultra-Gegurgel von Jamie oder Mikes Riffs, mag für Außenstehende nur vertonter Krach sein. Gut so, solche Leute werden die Klasse BRODEQUIN eh nie erkennen. Man muß brutalen Death Metal wirklich lieben und auf gnadenloses Gehämmer stehen, sonst braucht man sich mit BRODEQUIN, DEEDS OF FLESH, DISAWOVED oder wie sie alle heißen, gar nicht beschäftigen. BRODEQUIN gehörten bisher zur absoluten Creme der Szene und untermauern diesen Anspruch mit dem Knaller "Methods Of Execution" eindrucksvoll! Blast on!
Der Film, der sich auf den Kinoplakaten damit brüstet der Nachfolger des wegweisenden Psychothrillers "Sieben" zu sein, ist seit kurzem in den deutschen Kinos. Und selbstverständlich gibt es zu dem Schocker ohne Jugendfreigabe einen zielgruppenkonformen Soundtrack. Und dort fährt "Saw" schweres Geschütz auf. Neben einigen großen Namen des Roadrunnerstalls - FEAR FACTORY, ILLDISPOSED, CHIMAIRA und dem Neuzugang CALIBAN - zeichnet sich der ex NINE INCH NAILs Livekeyboarder Charlie Clouser für den eigentlichen Score verantwortlich. Herausgekommen ist ein spannungsgeladener und ein die beengende Atmosphäre von "Saw" fulminant wiedergebender Soundtrack, der nicht selten die kalte Hand im Nacken spüren lässt, die auch ohne die entsprechenden Bilder dazu für Gänsehaut sorgt. Ein gekonnt arrangierter Spannungsbogen führt den Hörer fast ohne eine Melodie durch düstere Klänge. Clouser ist technisch zweifellos fit, er kokettiert gar kurz mit dissonanten Geigen als Klischee, fährt lärmigen Industrial auf und füllt weite Teile mit nervenzerfetzenden und endlos gespannten Soundscapes. Organisch pumpende Bässe und sich langsam entfremdende Samples werden nur durch zwar abwechslungsreiche aber eben doch irgendwie vertraut wirkende Drums davor bewahrt, den Horror komplett ins Wohnzimmer zu holen. Und so stören - bei aller Klasse der beteiligten Bands - nur die nicht von Clouser stammenden Beiträge das detailliert arrangierte Szenario. Die perfekte Musik für aufgestellte Nackenhaare zum perfekten Film für verwöhnte Thrillerfreaks.
Beniihana Records haben nicht immer nur Metalcore/HC-Bands am Start, in Fällen wie "No Souvenirs” von DOWNSHIFTER überrascht das Label und macht sein breites Spektrum deutlich. DOWNSHIFTER sind eine Emocore-Band, die für mich nichts sonderlich Neues zum Genre zufügt, aber bekannte Zutaten erstklassig mixt und so eine nette EP zusammengeschustert hat. Eingängige Melodien, ein Emo-Weiner am Mikro der eine ziemlich gute Stimme hat und mich voll und ganz überzeugt hat und eine gesunde Härte aus melancholischen und bratenden Parts lassen "No Souvenirs" zu einer guten Platte werden. Über die Texte sage ich mal nicht viel, da gibt es eben das übliche Emo-Geweine hehe. Die Produktion geht in Ordnung, wenn ich mir die Gitarren manchmal einen Tick lauter gewünscht hätte. Ich kann normalerweise mit Emo nicht viel anfangen (JIMMY EAT WORLD *schüttel*), aber DOWNSHIFTER konnten mich überzeugen und haben sich mit "Out Here" sogar einen kleinen Hit erschrieben. Sollte man als Fan moderner Rockmucke ruhig mal anhören.
Ganz offiziell ist aus NEUROTICFISH ein Duo geworden, Henning Verlage ist vom Gelegenheitskeyboarder zum festen Mitglied avanciert. Die Zeichen stehen also auf Sturm, nach der lauten EP "Bomb" scheinen die deutschen Elektroniker aufzudrehen. Und in Anbetracht der vielen noch zur Verfügung stehenden Farben könnte "Gelb" erst der Anfang sein. NEUROTICFISH waren nie eine und werden auch nie eine innovative Kraft werden. Aber NEUROTICFISH klingen 2005 noch kompakter und wohl auch besser als sich dies schon auf dem letzten Album andeutete. Die Arbeitsteilung scheint sich positiv in Punkto Qualität der Songs niedergeschlagen zu haben. Das trancige Standbein kommt beim Opener "Why Don´t You Hate Me" effektiv zu Geltung, die Vocals ermöglichen aber auch hier die Identifikation mit den Beiden und bewahren vor der sonst oft aufkeimenden elektronischen Anonymität. Eingängig sind sie geblieben, mit "The Bomb" oder "Waving Hands" manifestiert sich ihr Anspruch auf Tanzbarkeit. Melodisch und im Chorus erstaunlich schön anzuhören zeugt "I Don´t Need The City" von einem verbesserten Songwriting. "Are You Alive" ist dabei als ruhigerer Song aber zu substanzarm und vorhersehbar um wirklich neben den anderen Tracks bestehen zu können. NEUROTICFISH spielen noch immer mit ihrem "EBM IS DEAD" Slogan, verwursten totgehörte Samples von Modem ("Why Don´t You Hate Me") bis Anrufbeantworter ("Are You Alive") mit einem Augenzwinkern und dem vollen Wissen über ebendiese aus der Mode geratenen Intros. Das großartige und herrlich atemlos, fast beschwingt umgesetzte "They´re Coming To Take Me Away" (NAPOLEON XIV Cover) reiht sich in die unterhaltsame Clubtauglichkeit par Excellence ein. Klassenziel voll erfüllt! Die CD erscheint als 2-CD mit der Geschichte "Die Bombe, Die Nicht Tickt" als Hörbuch.