Die norwegischen SPIDERGAWD sind eigentlich durchgehend produktiv und veröffentlichen regelmäßig jedes Jahr ein Album. Nur hat ihnen dieses Mal eben die Covid-Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Vorgänger «V» war Anfang 2019 erschienen, die Pause bis «VI» und damit Ende 2021 ist der längste Abstand zwischen zwei Alben in der Bandgeschichte. Dazu dürften aber auch einige Besetzungswechsel beigetragen haben: Baritonsaxofonist Rolf Martin Snustad ist nach der letzten Tour aus- und mittlerweile wieder eingestiegen, ausserdem ist jetzt mit Brynjar Takle Ohr (war für ein Name!) ein zweiter Gitarrist als festes Bandmitglied mit dabei, der auch schon am Songwriting beteiligt war.
Insgesamt sind SPIDERGAWD ihrem Sound aber treu geblieben bzw. führen die Entwicklung der letzten Alben fort. So wird auch «VI» durch straighten, meist treibenden, teils auch stampfenden Classic bzw. Hard Rock und Einflüsse aus der NWOBHM bestimmt. Dabei nutzt die Band immer wieder aus, dass sie jetzt über zwei Gitarristen verfügt, wie in den Twin-Lead-Gitarren-Parts in «Prototype Design» und «At Rainbows End» sowie dem wunderbaren Instrumental-Teil von «Into The Deep Serene», der fast die gesamte zweite Hälfte des Stücks einnimmt. Durch die dadurch oft dominante Rolle der beiden Gitarren wurden allerdings der Bass und das Saxophon noch weiter in den Hintergrund geschoben, was insofern schade ist, da gerade letzteres ein Alleinstellungsmerkmal dieser Band darstellt.
Aber gut, Spaß machte die Platte allemal, nicht zuletzt aufgrund des nach wie vor hohen Energielevels und toller, melodischer Refrains wie in «Ocean Child» oder «Running Man». Ganz am Ende sorgt dann «Morning Star» noch einmal für einen Ohrwurm und ein Highlight des Albums: Die zweite Hälfte besteht aus einem treibenden, aber atmosphärischen, fast komplett instrumentalen Jam, der einen abheben lässt. Trotzdem: nächstes Mal bitte wieder mehr Saxophon.
Zuerst möchte ich mich dafür bedanken, dass du dir Zeit nimmst einige Fragen für eure deutschen Fans zu beantworten. Im Info zur neuen Platte steht, dass ihr gerade euer 35-jähriges Jubiläum feiert. Aber soweit ich weiß, wurden SHOW-YA 1981 gegründet und euer Debütalbum erschien 1985. Welches Jubiläum feiert ihr denn dieses Jahr?
1981 trat ich der Band bei. 1985 fanden dann endlich alle Mitglieder der heutigen Besetzung zusammen und wir veröffentlichten unser Debüt im August 1985. Unser Jubiläumsjahr ging also von August bis August und aktuell befinden wir uns im 36sten Jahr im Line-Up unseres Debüts.
Lass uns mal über diese Anfänge sprechen: Wie habt ihr euch denn kennen gelernt? War es damals schwierig andere Frauen zu finden, welche in einer Hard Rock / Heavy Metal Band spielen wollten?
In den 80ern gab es wenige weibliche Bands…um ehrlich zu sein gab es wenige weibliche Musiker. Und im Vergleich mit anderen Genres gab es im Hard Rock besonders wenige. Ich ging also zu vielen Konzerten und Bandwettbewerben und sprach mit sehr vielen Leuten, von denen ich hoffte, dass sie meinen Traum teilten, und lud sie ein, ein Teil der Band zu werden.
Ende der 80er Jahre habt ihr begonnen einige Shows in den USA zu spielen. Aber meines Wissens nach wart ihr noch nie in Europa. Warum hat das nie geklappt?
Zu Zeiten unsers Debüts haben wir zwei Shows in London gespielt und einmal sogar in Moskau. Allerdings war es zu dieser Zeit sehr schwierig für uns nach Europa zu kommen, um dort zu spielen. Wir haben tatsächlich über Pläne diskutiert als Band in die USA zu ziehen. Doch bevor dies wahr werden konnte, habe ich der Band erst einmal den Rücken gekehrt und mich auf meine Solokarriere konzentriert.
Es ist offensichtlich, dass ihr den Weg für viele der heute erfolgreichen Musikerinnen und weiblichen Bands geebnet habt. Wie wichtig ist es euch junge Künstlerinnen zu unterstützen und welche Rolle spielt dabei das von euch gegründete „NAON no YAON“ Festival?
Ich bin sehr glücklich darüber, dass junge Musikerinnen heute so erfolgreich geworden sind. Aber auch heute noch ist es so, dass es nicht viele Möglichkeiten für junge Musikerinnen gibt ihren Traum in Japan zu leben. Es liegt da noch viel Arbeit vor uns.
Deshalb versuchen wir, da wir schon sehr lange im Musikbusiness dabei sind, die mediale Aufmerksamkeit auf diese Künstlerinnen zu lenken.
Wir hoffen, dass „NAON no YAON“ dazu beiträgt Musikerinnen, die ihr bestes geben, zu unterstützen und bestmöglich bekannt zu machen.
Wenn wir uns die vielen unterschiedlichen Alben in euer langen Karriere anschauen, dann stellen wir fest, dass sich der Stil SHOW-YAs das ein ums andere mal deutlich verändert hat. Wie müssen wir uns vorstellen werden im SHOW-YA Camp diese Entscheidungen getroffen? Gibt es ein Bandmeeting, in dem ihr alle einen gemeinsamen Plan entwerft oder passiert das eher zufällig und hängt damit zusammen was für Songs jede einbringt?
Wie ich schon sagte, waren die 80er für eine weiblichen Band eine schwierige Zeit. Natürlich haben wir zuerst intern diskutiert, welche Art von Album wir denn machen wollen, jedoch war das Hauptproblem, dass unsere Meinung von der Industrie überhaupt nicht akzeptiert wurde.
So mussten wir zuallererst die Plattenfirma von unserer Vision überzeugen und erklären, dass Rock Musik kein kurzlebiges Phänomen sein wird und man auch als weibliche Band für eine lange Zeit erfolgreich sein kann.
Das bringt mich zu eurem neuen Album „Showdown“. Euer Produzent Nozomu Wakai (DESTINIA) war auch als Songwriter sehr aktiv. Wie habt ihr euch gefunden und war es schwierig für euch eine außenstehende Person in euren „inneren Zirkel“ zu lassen?
Wir wollten uns im Rahmen unseres 35-jährigen Jubiläums neuen Herausforderungen stellen und entschieden uns ein Album zu produzieren welches dazu geeignet ist, um auf der ganzen Welt veröffentlicht zu werden. Der Kontakt zu Nozomu kam über unsere Plattenfirma zu Stande.
Er kennt SHOW-YA seit unseren Anfängen, ist durch seine Band DESTINIA aber auch sehr vertraut mit der Musikszene in Europa und zeigte viel Respekt für die Geschichte SHOW-YAs. Es gab also kein Problem ihn zu integrieren und wir hatten sofort ein gutes Vertrauensverhältnis.
Ich bin ihm sehr dankbar für die neuen Impulse, welche er dem SHOW-YA Sound hinzugefügt hat und bin sehr glücklich über das Ergebnis mit „Showdown“.
Nozomu hat ja nicht nur die Hälfte der Musik, sondern vor allem auch alle Texte geschrieben. Wie schwierig ist es für dich, dich in die Emotionen und Gedanken einer anderen Person hinzufühlen und diese Texte dann mit Leben und „Keiko“ auszufüllen?
Die Texte stammen in der Tat komplett von Nozomu, jedoch sprachen wir lange über die Texte und erörterten gemeinsam Fragen wie „Was hast du bei diesem Song gefühlt?“ oder „Was ist die Aussage hinter diesem Stück?“
Um ehrlich zu sein, ist dies auch keine ganz neue Situation für mich. Nach dem „Outerlimits“ Album hatten wir Textschreiber, die auf Basis meiner Notizen oder Tagebucheinträge Texte verfasst haben.
So war also nicht allzu schwer für mich, mich in die Gedanken von jemand anderen hinzufühlen, da es ja schon etwas gab zu dem ich eine Verbindung hatte.
Ihr habt auf dem neuen Album beim Song „Heavy Metal Feminity“ eine Kollaboration mit DORO. Ich bin der Ansicht, dass wir in der Szene eine bessere Situation für Frauen haben als vor z.B. 30 Jahren, es bis zu einer wirklichen Gleichberechtigung es aber noch viel zu tun gibt.
Wo denkst du wurde in den letzten Jahren der größte Fortschritt erzielt und wo sollte noch viel mehr Energie hineingesteckt werden, um eine wichtige Veränderung zu erreichen? Und was wünscht du dir von den Männern? Was sollten wir tun, bzw. wo sollten wir aufmerksamer sein?
Zuallererst möchte ich mich bei DORO bedanken, dass sie sich bereit erklärt hat auf unserem Album als Gast dabei zu sein. Ich fühle mich sehr geehrt mit jemandem zusammenarbeiten zu dürfen, der alle Hürden zu einer Zeit überwunden hat, in der vieles unmöglich schien.
Was den Fortschritt angeht: Es gibt heute schlicht viel mehr weibliche Bands als früher und auch wenn eine Frau heiratet oder ein Kind bekommt, so ist das heute zum Glück kein Grund mehr seine Karriere als Musikerin an den Nagel zu hängen. Früher war nur das eine oder andere möglich. Band oder Familie.
Aktuell ist es zumindest in Japan so, dass Rock Musik prinzipiell in einer schwierigen Phase steckt.
Dazu kommt, dass Japan in vielen Belangen eine sehr männlich dominierte Gesellschaft ist und was Gleichberechtigung und Feminismus anbetrifft der restlichen Welt ziemlich hinterherhinkt. Das gilt auch für Politik und Wirtschaft.
In dieser Situation können wir immer nur unser bestes abliefern. Großartige Shows spielen und exzellente Alben aufnehmen. Aber wir brauchen die Unterstützung der Medien, damit die Welt sieht zu was Frauen im Stande sind zu leisten.
Der Song “So…” ist recht außergewöhnlich und erinnert mich sehr an dein letztes Soloalbum. Wie entscheidest du, ob du einen Song für SHOW-YA verwenden möchtest oder doch lieber für eines deiner Soloalben?
Ich denke, dass du so empfindest, liegt daran, dass ich den Song geschrieben habe.
Ich wollte immer schon mindestens einen bluesigen bzw akustischen Song auf unseren Alben haben.
Und auch für dieses Album hatte ich einige Songs in diesem Stil geschrieben und am Ende hat sich „So…“ durchgesetzt.
Welche Erwartungen verknüpft ihr mit dem neuen Album? Plant ihr 2022 in Europa zu touren? Habt ihr schon mal darüber nachgedacht eine größere Festivaltour mit anderen japanischen Bands zu machen?
Inmitten der Pandemie ist es natürlich nahezu unmöglich verlässliche Pläne zu schmieden.
Nichtsdestotrotz sind wir für alles bereit: Live spielen, Touren, Festivals
Und es wäre in der Tat ein großer Spaß eine internationale Version von „YAON no YAON“ zu veranstalten.
Gibt es noch etwas, dass du unseren Lesern sagen möchtest?
Danke, dass ihr bis zum Schluss alles gelesen habt und wir werden auf jeden Fall nach Deutschland kommen. Ihr dürft gespannt sein.
Vielen Dank für deine Zeit und das Beantworten meiner Fragen
SON OF A SHOTGUN kochen ein norwegisches Süppchen aus Grindcore, Death Metal und Nu Metal, garniert mit Südstaaten-Groove. Am 11. September (hä, Absicht?) veröffentlichte die Combo um Ivan „Meathook“ Gujic (BLOOD RED THRONE) ihr zweites Album „Be For Oss Alle“.
Mit ihrem neuen Material im Gepäck könnten SON OF A SHOTGUN einen fetten Pit entfachen und verwursten Einflüsse von SLIPKNOT, GODFLESH, VOMITORY und PANTERA. Die Sound-Meuchler greifen mit rasantem Schlagzeugspiel und tonnenweise Breakdowns an. Teilweise versucht man sich gesangstechnisch, mal mehr und mal weniger gelungen, am Stil von Phil Anselmo und Robb Flynn.
„Caught on Guard“ startet mit relaxter Westernmucke, doch brutales Drumming rattert alles in Grund und Boden. Das beeindruckt zwar, aber läuft insgesamt nicht komplett rund. „My Bible, My Wife, My Gun“ ist ein gekonnter blutiger Schlag unters Kinn. Gegen Ende setzt sich der lässige Bass durch, PANTERA-Affinitäten sind nicht zu verkennen. In den ersten zwei Minuten von „All I Got Left“ ertönt belangloser Sprechgesang, doch der Track steigert sich: der Südstaatenstil im späteren Verlauf und die groovigen Riffs danach rocken ganz gut. In „War Inside“ kommt es zur furiosen Mischung von schnellen Grindparts, groovigen Anteilen mit Refrain-Shouting und ab 4:30 Minuten plötzlich zu bluesigen Licks. Das zu lange Anfangs-Sample bei „Pray for me“ wird von dreckigem Grindcore zermetzelt, die Drums rasen rekordverdächtig wie ein Maschinengewähr. „Natural Born Killaz“ ist eine Coverversion eines Songs von DR. DRE und ICE CUBE. Das ist nicht meine Baustelle. „Strike Above the Neck” könnte sich vollkommen unbemerkt in ein Slipknot-Album mogeln und mit „Supak“ endet die Scheibe laut scheppernd.
Der gute BRUCE und seine E STREET BAND gehörte und gehört zu den ganz großen des US-Rock-Biz. Und das bereits seit Ende der 70er-Jahre. Damals waren gerade seine beiden ersten Hit-Alben „Born To Run“ und „Darkness On The Edge Of Town“ durch und SPRINGSTEEN & Co. nach ewigen Touren auf dem Sprung zu Superstars. Da kam die Gelegenheit bei einem Anti-Atom-Energie-Konzert an zwei aufeinanderfolgenden Abend im Madison Square Garden aufzutreten gerade recht. Das MUSE Benefit Concerts wurden Ende September 1979 von Bonnie Raitt, Graham Nash, John Hall und Jackson Browne veranstaltet. Und glücklicherweise für die Fans des Boss‘ in für damalige Verhältnisse guter Bild- und Tonqualität festgehalten. Bruce war in Höchstform, aber noch kein Superstar. Selten sah man Springsteen und sein Mitmusiker so ausgelassen, authentisch und energetisch auf der Bühne stehen. Der ganze Auftritt versprüht eine Atmosphäre der Reifung – und eine Vorahnung was uns BRUCE SPRINGTEEN in den kommenden Jahren noch bescheren würde. Und auch wenn der Musiker da noch öfters etwas unbeholfen wirkte – sympathischer geht kaum.
Eröffnet wurde der Set mit „Prove It All Night“, ein Song welcher den riesigen Madison Square Garden erstmal wach rüttelt. Bekannte Live-Hits wie „Badlands“ tun in der Folge ein Übriges um das Publikum anzuheizen. Mit „The River“ (das hier erstmals Live gespielt wurde) und dem ebenfalls noch unveröffentlichten „Sherry Darling“ brachte SPRINGSTEEN auch zwei Songs des sich noch in Aufnahmesessions befindlichen 1980er-Album. Wobei vor allem „The River“ hier noch etwas ungeschliffener als später auf dem Album daherkommt. Diese Version ist ein Muss für die Boss-Jünger. Und die euphorischen Reaktionen des Publikums sprechen Bände; dieser Song geht einfach unter die Haut. Danach folgen noch arrivierte Hits, welche bis heute nichts von ihrer Faszination und Stärke eingebüßt haben: „Thunder Road“, „Jungleland“, „Rosalita Come Out Tonight“ und das unverwüstliche „Born To Run“. Die Saxophon-Parts in den Songs welche die Fans förmlich mit reißen sind dabei einfach fantastisch.
Gegen Ende werden die Songs inklusive genialer Solos von Gitarre und Saxophon immer länger. Bandleader und Band haben zunehmen Spaß am improvisieren und interagieren. Das Cover „Stay (Just a Little Bit Longer)“ mit TOM PETTY, JACKSON BROWN und ROSEMARY BUTLER ist einfach nur klasse; das für die E STREET BAND typische „Detroit Medley“ feiert über 9 Minuten lang verschiede Rock’n‘Roll-Klassiker ab (u.a. mit „Good Golly Miss Molly“). Das damals zum Standard gehörende „Quarter To Three“ von GARY U.S. BONDS und die Zugabe „Rave On“ von BUDDY HOLLY beenden eine tolle Performance die einen schon beim Anhören, und noch mehr beim Anschauen ein breites Grinsen in Gesicht zaubert.
Nun ist er erschienen, der dritte Teil ihre Album-Trilogie und der Nachfolger von „Moonlover“ (2015) und „Starmourner“ (2017) kommt mit weniger Postrock-Elementen aus. Die Scheibe ist düsterer, kompakter und deftiger. Was bestehen bleibt, ist ein emotionsgeladener Batzen an DSBM, kaskadischem Black, Post Metal und Death Metal und eine Fülle an Verzweiflungsschreien, Samples und flennenden Frauenklängen. Schroffheit und neoklassische Momente wechseln sich ab oder gehen ineinander über. GHOST BATH verändern immer wieder die Atmosphäre der Songs, variieren im Tempo, mitunter wirkt das wild und chaotisch. Als Gastmusiker wirken CJ McMahon (THY ART IS MURDER) und Graf (PSYCHONAUT 4) mit. Das Artwork ist, wie bereits bei den letzten Alben, gut gestaltet. Als die Band 2012 gegründet wurde, verlautete man, dass sie exotischer Weise aus dem chinesischen Chongqing stammt. Bald wurde jedoch klar, dass die fünfköpfige Truppe tatsächlich aus North Dakota im Amerika kommt. Ein Schelm, der da an eine Marketing-Kampagne glaubt.
GHOST BATH starten „Self Loather“ mit der Vorabsingle „Convince Me to Bleed“ und haben schnelle Riffs und heulenden Gesang im Gepäck. Schon bald übernehmen melodische Gitarrenparts die Regie. Wenn ich die Zutaten und den Musikstil betrachte, dann würde ich davon ausgehen, dass mir die Mucke zusagt. Aber spätestens bei „Hide from the Sun” merke ich, dass ich nicht so recht glücklich werde: das choruntermalte Frauenweinen nervt und die Gitarre klingt dünn und wie verstimmt, insbesondere bei den Soli. Die Melodieführung ist unaufgeräumt und die Melodien bleiben nicht im Kopf. „Shrines of Bone” ist eine aggressive verfrickelte Nummer. „Sanguine Mask“ stellt eine Steigerung dar, die facettenreiche Gesangsperformance umfasst gute Tieftöner-Growls und hysterische Schreie. „I hope death finds me well” ist ein schwermütiges Klavierstück. Zum Ende der Platte wird’s flotter und in „Unbearable“ und „Flickering Wicks of Black“ wird vermehrt die Black Metal-Keule geschwungen. Ghost Bath ließen Xander Moser produzieren und Jack Shirley (DEAFHEAVEN und OATHBREAKER) hat gemixt und gemastert.
Der Name ist Programm, auf „Self Loather“ regiert psychopathologischer Selbsthass. Eine emotionale Formierung wirrer Song-Strukturen. Kann man haben, muss man aber nicht.
Die britischen Prog-Rocker mit Alternative-Schlagseite beehren uns mit einem neuen Live-Album bzw. dem, was in Zeiten der Pandemie einem Live-Album am nächsten kommt - ein physiches Publikum war bei den Aufnahmen nämlich nicht zugegen. Trotzdem schafft es die Band um Mastermind Bruce Soord eine dichte Atmosphäre zu erzeugen. Genau darin lag und liegt die Stärke der Band, die leider hin und wieder mit dem Stempel “wenn du PORCUPINE TREE bei Wish bestellst” leben muss. Aber damit tut man dem Quartett nun wirklich massiv unrecht, auch wenn es Paralellen - nicht nur beim gemeinsamen Drummer Gavin Harrison - gibt. THE PINEAPPLE THIEF gehen im Gegensatz zu Steven Wilsons Brainchild deutlich songorientierter vor und dürften auch Menschen ansprechen, die sich sonst mit proggigen Klängen schwertun.
So finden sich auf “Nothing But The Truth” straighte Perlen wie “Someone Pull Me Out Of Here”, die von der ausdrucksstarken Stimme Soords und hervorragenden Backingvocals getragen werden. Gavin Harrison setzt hierbei mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten am Schlagzeug Akzente ohne den Song aus den Augen zu verlieren. Das ist die ganz große Kunst des Musizierens. Auch anspruchsvolleres Material wie der Siebenminüter “Our Mire” werden souverän und mit bewundernswerter Leichtigkeit vorgetragen.
Im Gegensatz zu den zwar stets sehr gut produzierten, aber doch sehr glatten Studiowerken erlebt man THE PINEAPPLE THIEF auf diesem Album eine ganze Ecke rauer und natürlicher. Selbstverständlich ist auch auf “Nothing But The Truth” der Sound perfekt ausbalanciert und wunderbar transparent, aber doch mit einer gewissen Kante, die der Band ganz hervorragend steht. Das wünsche ich mir auch für das kommende Studioalbum. Die Befürchtung "Nothing But The Truth" sei mit 17 Liedern und einer Spielzeit von mehr als 90 Minuten überladen, kontert das Hochbegabten-Kollektiv mit großer Spielfreude und greifbarer Lust am Zusammenspiel, so dass zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt.
THE PINEAPPLE THIEF ist ein Live-Dokument ohne Schwächen gelungen, das auch als Einstieg in die Welt der Band exzellent taugt. Für Fans der Band ist das Album ohnehin ein Muss.
Dass die japanische Metalszene über einen erfreulich hohen Musikerinnen Anteil verfügt, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Wer aber hat’s erfunden? Die ganze Szene ist nämlich mitnichten eine Erfindung der Neuzeit. Bereits in den frühen 80ern erschienen SHOW-YA auf den großen Bühnen. Zwar spricht das Label vom 35-jährigen Geburtstag, allerdings gründete man sich vor genau 40 Jahren und das Debütalbum „Masquerade Show“ erschien vor nunmehr 36 Jahren. Aber eigentlich ist es auch egal, denn die wichtige Information ist, dass SHOW-YA schon sehr lange im Geschäft sind und als gestandene Musikerinnen genau wissen, was sie da tun. Nach den üblichen Wirrungen und Line-Up Wechseln in den 90ern und frühen 2000ern, inklusiver zeitweiser Auflösung, ist man seit 2005 wieder im Original Line-Up unterwegs.
„Showdown“ markiert das nunmehr 4te reguläre Studioalbum seit der Reunion und ist das tatsächlich erste, welches regulär in Europa veröffentlicht wird. Besser spät als nie ist man da versucht zu sagen, denn an der Qualität der vorangegangenen Alben kann es nicht gelegen haben, dass ihnen eine weltweite Veröffentlichung versagt geblieben ist.
Im direkten Vergleich mit dem experimentelleren und fast schon progressiven Vorgänger „Aurora“ ist „Showdown“ eine Rückbesinnung auf glorreiche „Outerlimits“ / „Hard Way“ Zeiten. Was bedeutet, dass einem virtuos gespielter, knackiger Hard Rock mit gelungen Ausflügen in den traditionellen Metal um die Ohren gehauen wird. Keiko Teradas Stimme ist mit den Jahren im positivsten Sinne gereift und klingt stärker als jemals zuvor. Ihr leicht rauchiges Timbre hört man sofort unter tausenden Stimmen heraus. Aber auch ihre Mitmusikerinnen agieren auf höchstem Niveau. Sei es das perfekt eingespielte Rhythmusteam Satomi Senba (Bass) und Miki Tsunoda (Drums) oder Miki Igarashi (Keys) und Miki Nakamura (Gitarre), welche sich die Leads und Licks mit traumwandlerischer Sicherheit zuspielen. Letztgenannte hat als Mutter von Shredding Queen Saki (MARY’S BLOOD, AMAHIRU, NEMOPHILA) ihr Talent auch schon der nächsten Generation weitergegeben.
Einen großen Anteil am neuen Album hat jedoch auch der von DESTINA bekannte Gitarrist Nozomu Wakai, welcher „Showdown“ nicht nur produzierte, sondern auch als Songwriter einen guten Teil des Albums zu verantworten hat.
Highlights gibt es reichlich: Der Uptempo Opener „Eye To Eye“, das supereingängige „Tokyo, I Scream“, das Duett mit „unserer“ Doro „Heavy Metal Feminity“, das speedige „Thunder“, das episch-monumentale „Don’t Runaway“ sowie die sehr reduzierte Ballade „So…“, welche auch von einem der letzten Soloalben Teradas hätte stammen können. Alles in Allem ist „Showdown“ eine vorzügliche Hard Rock Scheibe, die sich nicht nur in den bandeigenen Diskographie recht weit vorne einreiht, sondern auch in meiner allgemeinen Jahresliste einen der vorderen Plätze einnimmt.
Wer sich aus alter Gewohnheit für die Deluxe Variante aus Japan entscheidet, der bekommt noch eine Neuaufnahme von „私は嵐 (I Am The Storm)” als Bonus. Sowie eine DVD mit den Clips zu “Eye To Eye” und “Tokyo, I Scream”
Willkommen SHOW-YA im Rest der Welt und ich kann nur hoffen, dass uns die Ladies 2022 auch live beehren werden.
R.E.M. wurden 1980 in Athens im US-Bundesstaat Georgia gegründet und gelten mit insgesamt 15 Studioalben und fast 90 Millionen verkauften Scheiben als eine der erfolgreichsten Bands des Alternative Rock. Nun gibt es zum 25-jährigen Jubiläum Album Nummer 10 der Band in den unterschiedlichsten Formaten (Vinyl, Blu-Ray, usw.) und mit den unterschiedlichsten Boni (vom 56-seitigen Booklet, Postkarten, Poster bis hin zu Filmen), sowie soundtechnisch aufgewertet. „New Adventures In Hi-Fi” ist das letzte Studioalbum mit Gründungsmitglied und Schlagzeuger Bill Berry und man darf es noch immer als eines der unterschätzten Alben von R.E.M. bezeichnen. Die Band experimentierte hier mit anderen Sounds, Klängen und Samples. Und auch rockig-dissonanter als die doch eher dem Alternative-Pop zuzuordnenden Megaseller „Out Of Time“ und „Automatic For The People“ klang das abwechslungsreiche, durchaus mit vielen kanten versehene Album.
„Departure“, und vor allem das tolle „The Wake-Up Bomb“ stehen dabei für die wieder mehr Rock-orientierte Seite der Band. Das unwiderstehliche „New Test Leper“ und „Electrolite“ bilden den dunkel-melancholische Gegenpart dazu. Die Singles „E-Bow The Letter“ (mit Patti Smith), „Electrolite“ (fragile Perle am Ende des Albums) und das folkige „Bittersweet Me“ hat der eine oder andere sicher noch im Ohr. Wirken tut „New Adventures In Hi-Fi” aber vor allem als Ganzes – und ggf. nach mehreren Durchläufen.
Die zweite CD enthält 13 „B-Sides And Rarities“ die R.E.M. nochmals deutlich als innovative und experimentierfreudige Band zeigen; die Liveaufnahmen spiegeln gut wieder was uns seit ihrer Auflösung vor 10 Jahren bühnentechnisch entgeht. Ach ja – und die Anmerkung von Sänger Michael Stipe, dass die Version von „Leave“ ohne Sirene die bessere wäre; der kann ich nur zustimmen. Echt gut gemacht!
Disc 1 – New Adventures in Hi-Fi (remastered audio)