Mit "The Painter’s Palette" haben EPHEL DUATH damals unseren armen Mono an den Rand des Wahnsinns gebracht (kurze Zeit später hat er auch aufgehört, für uns zu schreiben…), jetzt bin ich an der Reihe. Ich hab damals schon VIRULENCE überlebt, bin also abgehärtet. Aber was mich dann an musikalischem Irrsinn empfing, war schon hart. Worte wie nachvollziehbar, vorherhsehbar oder einfach genial habe ich ganz schnell aus meinem Wortschatz gestrichen. Keine Ahnung, was in die Italiener gefahren ist, aber wer so abgefahrene Mucke macht, hat auf keinen Fall alle Latten am Zaun. Konsequentes Nichtbeachten elementarer Songschreiber-Grundsätze führt zu neun Songs, die einfach nur irre sind. Jazzige Parts wechseln sich mit purem Geballer ab, was in ruhige, sphärische Klänge mündet ("Few Stars, No Refrain And A Cigarette") und der Sänger brüllt, kreischt und wimmert wie ein Patient einer finsteren Irrenanstalt, der den großen Cthulhu gesehen hat. Noch abgedrehter als MR BUNGLE und VIRULENCE, ist "Pain Necessary To Know" nur was für ganz Harte - oder Irre, je nachdem.
AVIAN nennt sich das neue Betätigungsfeld von Lance King, dem ehemaligen BALANCE OF POWER, - und amtierenden PYRAMAZE - Sänger, der das Debüt seiner neuen Band auch gleich mit Hilfe von Tommy Hansen (unter Anderem HELLOWEEN, PRETTY MAIDS) gemischt und mit Hilfe von Dave Ellefson (ex - MEGADETH) produziert hat. Das Trio King, Weingarten und Leviathan gibt sich epischen, getragenen, weitgehend melancholischen und teilweise bombastischen Power Metal - Klängen hin, die allein schon durch den Gesang gewisse Ähnlichkeiten mit PYRAMAZE nicht verleugnen können. Lance King könnte sogar als der inoffizielle Nachfolger von JD Kimball gehandelt werden, denn er versprüht einen sehr ähnlichen Charme und gehört meiner Meinung nach zu den zurzeit unterbewertetsten US Metal - Sängern überhaupt. Wer das nicht glaubt, sollte sich Stücke wie den genialen Opener "As The World Burns", den Stampfer "Black Masquerade", "Final Frontier", "Time And Space Part I - City Of Peace" oder "Blinding Force" anhören und sich selbst überzeugen. Leider können die Kompositionen nicht immer Erstliganiveau halten und ein paar Songs, zum Beispiel "Queen Of The Insane" oder der Titelsong, setzen sich nicht richtig im Ohr fest. Da war der PYRAMAZE - Erstling (siehe Review) vergleichsweise doch einen Zacken stärker. Nichtsdestotrotz ist "From The Depths Of Time" ein gutes bis sehr gutes Album geworden, dem US Metaller ohne Bedenken Beachtung schenken können und vielleicht sogar, je nach Geschmack, einen echten Glücksgriff damit machen!
Metalcore wird gemeinhin nicht mit Schweden assoziiert, anders als Melodic Death oder das feine old schoolige Totmetallgehacke. TRENDKILL (irgendwie passt der Name nicht zu einer Metalcoreband) machen sich nun auf, diesen Mangel zu ändern und deutlich zu machen, dass auch in Schweden und dem Rest Skandinaviens mehr zu finden ist als Power, Black und Death. Ob TRENDKILL mit "No Longer Buried" aber einen Eindruck hinterlassen, der stark genug ist, weiß ich nicht. Die Scheibe klingt dafür zu unspektakulär und bietet die mittlerweile sattsam bekannte Mixtuer aus PANTERA, MACHINE HEAD und Hardcore. Das ist nix sonderlich Neues, einzig die an MESHUGGAH erinnernde Produktion hebt TRENDKILL von ähnlichen Bands ein wenig ab. Die Songs ballern zwar ganz gut, unterscheiden sich aber auch nicht sonderlich voneinander und haben durchgehend kein Hitpotential. Technisch versiert sind die Schweden (war auch nicht anders zu erwarten), aber Songs schreiben erfordert mehr als nur cool auszusehen, fiese Riffs aneinanderzuklatschen und einen Brüllwürfel ans Mikro zu stellen…
Schwer eingängig wie Band-Name (das lateinische Buchstaben-Konglomerat steht für 1999) und Albumtitel klingt dieses Werk der auch als All-Star-Projekt durchgehenden Kapelle. Mit dabei sind Member von Grave, Entombed, God Among Insects, Ton Predator, Evergrey und produziert hat Onkel Dan S. im Square One. TPHs Vierte geht voll los, bölk-knall - bevor die unbekannte Kollegin Jo anfängt opernhaft zu trällern. Das Wechselspiel zieht sich durch die ganze Scheibe, sorgt für Abwechslung und für persönlichen Fußnagel-Alarm. Zwar nicht so schlimm wie Nightwish mnit Tarja, After Forever oder andere Knallchargen mit Trulla anner Front, aber auch schon recht anstrengend. Dafür auf der Habenseite: Die fiesen Growls des Mannes, jawoll. Und: Wirklich interessante Musik: Die acht sehr langen Songs verfolgen alle eine Linie: Nämlich die, extremen Metal (vor allem Death) mit elektronischen Spielereien zu mixen. Das klappt, wird Fear Factory (aber härter) und auch Red Harvest (aber wesentlich smoother) interessieren. Inwieweit Frau J.s Gemache dabei zu ignorieren ist, muss jeder halt ausprobieren. Zwiespältiger, wenn auch wirklich interessante Scheibe. Wie hieß sie doch gleich?
Armageddon March Eternal – Symphonies Of Slit Wrists
Hin und wieder kommen Bands auf die Idee, eine Handvoll Klassiker neu zu vertonen (also komplett neu einzuspielen), weil sie zeigen möchten, wie die alten Aufnahmen in der Moderne klingen. So geschehen bei etwa SAXON, GAMMA RAY oder EXCITER. Mit DIMMU BORGIR wagt sich nun auch eine Black Metal - Formation an die Recyclinganlage und beschränkt sich dabei nicht nur auf ein paar Songs, sondern nimmt sich gleich ein ganzes Album vor! Die Frage, ob dieser große Schritt sinnvoll ist, will ich mal ganz auf die Fans abwälzen, denn hier werden sich definitiv die Geister scheiden. Objektiv hat das Album durch die Neuvertonung natürlich zugelegt, denn die Songs dröhnen jetzt fetter, heavier und intensiver aus der Anlage und das damals (1996) noch recht kitschige Keyboard - Geklimpere ist einer fetten Bombast - Breitsoundwand gewichen, ganz im Stil der "neuen" DIMMU BORGIR. Mit "Sorgens Kammer - Del II" und "Abmaktslave" hat man sogar zwei unveröffentlichte Stücke dazugepackt, von denen mir aber leider nur ersteres vorliegt. Dieses allerdings überzeugt als aggressiver Midtempo - Stampfer mit cooler Doublebase - Befeuerung. Für Soundfetischisten ist "Stormblast 2005" ohne Frage ein Gewinn, aber alle anderen sollten sich überlegen, ob sie diese Wiederverwertung mitmachen möchten oder prinzipiell zum Original greifen. Eines muss ich aber noch loswerden: auch, wenn das Album in vielen Kreisen Kultstatus genießt, sind für mich alle späteren Alben seit "Enthrone Darkness Triumphant" (immer noch DER Klassiker!) stärker. Auch eine Band wie DIMMU BORGIR ist im Laufe der Jahre nicht nur soundtechnisch, sondern auch als Songwriter gereift. Damit wird "Stormblast 2005", trotz aller objektiven Qualitäten, ein zwiespältiger Release bleiben.
Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass das Album inklusive einer Bonus - DVD mit dem kompletten Gig vom "Ozzfest" 2004 ausgeliefert wird. Sehr cool!
Nachdem die Berliner Psychobilly-Urgesteine im Frühjahr diesen Jahres mit "Young, Dumb & Snotty" bereits eine grandiose Best Of-Compilation ihrer ersten vier Alben veröffentlicht haben, steht jetzt mit "Dead Moon´s Calling" endlich die langerwartete neue Scheibe in den Läden. Und ich muss gestehen - als Anhänger der Frühzeit der Band hatte ich so einen Hammer nicht erwartet! MAD SIND klingen so frisch wie nie zuvor, und mit unendlich viel Spielfreude wird mit Krachern wie "Point Of No Return" oder "Fuel For Brain" direkt in Höchstgeschwindigkeit drauflos gebrettert. Aber dabei bleibt es nicht: In "To Walk The Night" wird geswingt, im Partysong "Not Invited" gerockt und gerollt und das atmosphärisch düstere "Houdinis Pool" erinnert an Filmmusik aus einem alten Schwarz-Weiß-Horror-B-Movie. Überhaupt ist das komplette Album von herrlicher Gruselatmosphäre durchzogen, und dazu gibt es ohne Ende Ohrwurm-/Mitgröl-Refrains. Auf "Dead Moon´s Rising" gelingt es MAD SIN scheinbar spielend, das Beste von THE CLASH, den MISFITS und Johnny Cash zu vereinen und einem mit gnadenloser Energie dreckig in die Gehörgänge zu prügeln. Mit diesem Album zeigen die Berliner endlich wieder, dass sie nicht nur die deutsche Psychobilly-Band schlechthin sind, sondern verweisen auch die vermeintlich ganz Großen wie DEMENTD ARE GO und die METEORS in ihre Schranken. Höllisch genial!