STORMAGE sind ein Metalquartett das dem Bandinfo zufolge Massiv-Metal zelebriert. Das Debüt "Balance Of Power” an sich bietet dann Power Metal der meist mehr auf Wucht als auf reines Tempo setzt und sich bemüht trotz einer gewissen Komplexität eingängig und melodiös rüber zu kommen. Gesanglich bewegt man sich mit cleanen Vocals in angenehm mittleren Tonlagen - bisschen mehr stimmliche Power hätte es aber schon sein dürfen. Was mal 2002 zwischen Iron Maiden und Metallica begann weist auf "Balance Of Power” eher in Richtung Annihilator, Nevermore oder den älteren Werken der deutschen Kollegen von Rage - natürlich noch auf einem anderen Level angesiedelt. Das bemühen ist da, Luft nach oben aber auch noch. Ganz gut kommen da schon die beiden rhythmisch stampfenden Opener "Another Day" und "Born To Kill" (leicht thrashig), das mit ruhigen Beginn versehene "They Plan To be Like God" und das sich langsam steigernde epische "Green Mile" rüber. Die Ansätze passen für ein Debüt das in Ordnung geht - nur dem Sound fehlt es hin und wieder mal etwas an Transparenz. Hörproben gibt es auf genannter Homepage.
TIM FITE scheint einer jener mehr oder minder begabt-intellektuell-positiv-verrückten Songwriter zu sein, welche es in den Staaten zu Haufe gibt, und die meist alle in irgend einer Weise mit NY verbunden sind. Demzufolge ist auch "Gone Aint’t Gone" nur etwas für einen speziell kleinen Kreis von Musikliebhaber. Trotz meines eher begrenzten Wissens in Bezug auf derartiger Alben fällt mir da erst mal Bob Dylan ein (der übliche Verdächtige halt). Aber irgendwo lauert da auch Tom Waits, und bei der Mischung aus Folk, Rock, Blues, R&B, Hip-Hop, Country sowie Samples kommen einen auch mal Beck oder gar Everlast in den Sinn. TIM FITE wildert in allen Genre, bleibt dabei aber meist semiakustisch im folkigen Grundton - und in diesen Momenten auch am eingängigsten. Er lockert das Ganze aber mit kleinen Spielereien und Soundcollagen auf und kommt auch mal kurz krachend um die Ecke, nur um danach auf Schifferklavier und ähnliches zurückzugreifen. "Gone Ain’t Gone" braucht Zeit und das was man heutzutage gerne als "Open Mind" bezeichnet - beides oft nicht vorhanden. Mit TIM FITE muss man sich beschäftigen; nun mal gar nichts für nebenbei.
Visual Kei ist eine Spielart der modernen Rockmusik welche in Japan die größten Hallen ausverkauft (und dies mittlerweile in ganz Ostasien tut) und DIR EN GREY sind das Aushängeschild dieser Szene. Beim ersten Ausflug in europäische Gefilde brachten es die fünf Japaner gar fertig die Berliner Columbiahalle in Frühjahr 2005 innerhalb weniger Tage auszuverkaufen - und das ohne jegliche Werbung. DIR EN GREY in eine der bestehenden Schubladen einzuordnen sollte man tunlichst unterlassen. Musikalisch mixen DIR EN GREY eine Vielzahl von Stilrichtungen - von hartem Emocore über progressiven Metal bis zu an Hardrock und Pop grenzenden Songs bzw. Songelementen einschließlich dem Wechsel zwischen harten Growls und cleanen Gesangspassagen, welche auch mal ganze Songs dominieren. Dazu gehören dann noch eine recht extreme Bühnenperformance mit dazugehörigen Klamotten und vor allem viel Schminke. Dabei geht es hier nicht um eine Hype á la "Tokyo Hotel" (was vor allem die überwiegend junge Fanschar vermuten lässt), dafür sind DIR EN GREY schon zu lange auf dem heimischen Markt präsent (seit 1998) und mega-erfolgreich, noch um eine Bewertung unter dem Zeichen der Weltoffenheit und mit Exotenbonus. Visual Kei vereint neben der musikalischen Ausrichtung auch einen gewissen Lebensstil, der im asiatischen Raum eben auch durch jene Songs seinen Ausdruck zu finden scheint. Dementsprechend beschäftigen sich die Lyrics in erster Linie mit schmerzvollen bis düsteren Gefühlen und deren Verursachung durch menschliche Schwächen - was sich trotz aller auftretenden Härte in einer melancholischen Grundstimmung des Albums ausdrückt. Anspieltipps: Das heftige, mit diversen Schreiattacken versehene "Saku", das traurig-melodische, semiakustische und mit gehörigem Pop-Appeal ausgestatte "Itoshisa Ha Fuhai Nitsuki", das direkt folgende, fast schon an harten Ska angelehnten "Jesus Christ R’n R", die abwechslungsreiche, mit nahezu sphärischen Gesang und derben Grunts versehene Single "The Final" und die gefühlvolle Depri-Ballade "Higeki Ha Mabuta Wo Oroshita Yasashiki Utsu". Wer sich mit alternativer Musik abgibt und offen für Neues ist, sollte also ruhig selbst mal reinhören und sich seine Meinung bilden. Vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig (auch durch die größtenteils japanischen Vocals) - aber vor allem genannte Tracks durchaus hörenswert.
Erleichtert wird er Zugang zu "Withering To Death" durch eine mit den deutschen Übersetzungen versehene Ergänzung des ansonsten aus den japanisch-englischen Texten (einschließlich der japanischen Schriftzeichen) bestehenden Booklet.
SOUL DOCTOR um Ausnahmesänger Tommy Heart (ehemals Fair Warning) haben sich nach einem furiosen selbstbetitelten Debüt Anno 2001 und einem ebenfalls nicht schlechten Zweitwerk "Systems Go Wild!" für ihren Drittling ganz schön Zeit gelassen (Line-up-Wechsel, Knochenbrüche, Managementwechsel, Krankenhausaufenthalte, Labelwechsel - die ganze Musikerpalette halt). In die Richtung Shakra, Gotthard, Thunder und die guten alten Aerosmith & Co. tendiert SOUL DOCTOR auch wieder auf "For A Fistful Of Dollars". Erdiger, nicht zu dreckiger Hardrock mit Songs welche nicht überfrachtet wurden und bei denen Gitarre und Groove im Vordergrund stehen. Innovation ist nicht - dafür durchgehend bodenständig gutes Niveau. Ob man damit die ganz großen Sprünge macht, darf zwar bezweifelt werden - Fans genannter Referenzcombos dürften allerdings schon auf ihre Kosten kommen, solcherart gelungene Kompositionen fallen ja eben nicht grade von den Bäumen. Das zeigen schon Tracks wie der fetzige Opener "Eatin’ On Me", den mit Southernrock-Flair getränkten Ohrwurm "Where Do We Go" und das mit Synthiebläsern gespickte "She’s Mine". Die beiden als Schlussakkord gewählten Songs, den eingängigen Rock’n’Roll-Banger "Give Me A Ride (The Ride)" und die akustische Ballade "Cheap Down ‘n’Nasty” zeigen SOUL DOCTOR von ihrer besten Seite. Wem schon die beiden Vorgängerscheiben gefallen haben, kann hier bedenkenlos zugreifen - ansonsten darf man auch erst mal zum eingewöhnen auf das klasse 2001er Debüt "Soul Doctor" greifen.
Die Lüdenscheider machen ein Konzeptalbum über Baldurs Tod, das scheint nicht sonderlich spannend, ist es aber. Der Gott des Lichts starb, traurig indeed. Genauso traurig wie dieses Album, so traurig, dass es schon wieder wunderschön wird. Die Sauerländer verschmelzen unendliche Trauer mit gnadenloser Wut, tiefe Melancholie mit hoffnungsfroher Kampfeslust. Und HEL schaffen es, alle diese weit auseinander liegenden Gefühle mit ihrer Musik hundertprozentig wiederzugeben. Das gelungene Wechselspiel zwischen klarem Gesang und beissender Keifstimme ist auf beiden Seiten mehr als gelungen, was bei vielen anderen Bands - vor allem im klaren Bereich - oftmals in die Hose geht. Und sogar die Auftritte der Sängerin Joran mutieren nicht zur pflichthaften Peinlichkeit, sondern setzen ein kleines I-Tüpfelchen auf diese emotionsgeladene Scheibe. Was der Gesang überzeugend transportiert, das setzt sich auf der Instrumenten-Ebene nahtlos fort. Da rasen die Gitarren und bringen Kälte, das schleppt sich das Tempo zur nächsten Hymne, da sorgen Flöten, Geigen und akustische Instrumente für romantische Feelings als träfe der Waldschrat in Sherwood-Forest auf seine neue Liebe. Und auch die wabernden Keyboardteppiche und ganz ruhigen, fast stillen Zwischenspiele steigern die Stimmung dieser Scheibe ins schier Unermessliche. Wer Bathory verehrt oder Moonsorrow liebt, der muss hier reinhören! Diese CD taugte zwar als Soundtrack zum Herr-der-Ringe-Film, wäre aber durch seine kraftvolle Kompromißlosigkeit einfach nicht schnöde und mainstreamig genug. Baldur ist tot, HEL lebt - hoffentlich noch sehr lange. Denn "Falland Vörandi" darf nicht der Schluss-Akt sein.