Mit “Irreversible” haben DEITUS ihren dritten Longplayer am Start. Das Trio gründete sich im Jahr 2004 in York; die ersten Alben „Acta Non Verba“ (2016) und „Via Dolorosa“ (2018) gingen an mir vorüber. Höchste Zeit sich die Mucke der Engländer zu Gemüte zu Führen.
Die Platte startet mit dem gut dreiminütigen Instrumental „Incursion“, das knorrige Stoner Doom-Klänge offenbart. Zu „Straight For Your Throat“ gibt’s aber ein amtliches Black/ Thrash-Inferno: Biestig gemeine Vocals, garstiges einprägsames Riffing und melodische Leads. Nach sechs Minuten nehmen DEITUS gekonnt das Tempo raus und doomen ein Ründchen. “A Scar For Serenity” ist herrlich roh und mit waschechten schnellen Heavy Metal-Riffs versehen. Der Thrash-Touch setzt sich fort und im Hintergrund arbeitet sich eine gute Melodie heraus. Die Briten lassen sich von DISSECTION beeinflussen und das ist ein durchaus lohnenswerter Einfluss! Natürlich ist das auch die Sorte Einfluss, bei dem Eltern sagen: „Jung, das ist kein guter Umgang für Dich“, aber was solls. Bei „Irreversible“ überzeugt die tough-gespielte melodische Gitarrenarbeit. Neben Fans von DISSECTION, sollten auch WATAIN-Freunde hier reinhören. England meets Schweden! Super Nummer. Aber was passiert nun? Mit „Voyeur“ folgt eine Gothic-Ballade mit weiblichem Gesang. Hab` ich aus Versehen zu einem anderen Album geswitcht? Das kommt wie ein unerwarteter Tiefschlag! Das ist einfach zu verträumt, da fehlt Aggression und Angriffslust. Erst nach fünf Minuten nimmt der Track etwas Tempo auf und Sänger Andy aka LDN gesellt sich dazu. Der Rausschmeißer „As Long As They Fear“ ist wieder etwas infernalischer und erinnert, in seiner beschwörerisch-aufbauenden Art, etwas an die polnischen Kollegen BEHEMOTH.
Der Sound von “Irreversible” ist rund und gut, abgemischt und gemastert wurde von Tore Stjerna im schwedischen Necromorbus Studio. Das passt wie Faust aufs demolierte Auge, weil hier auch Bands wie FUNERAL MIST und WATAIN zugegen waren. DEITUS kreieren ein gutes Album, dass sich stellenweise als eine Spur ZU facettenreich darstellt.
Mit über 50 Dienstjahren (est. 1969) gehören AEROSMITH definitiv zu den Dinosauriern des Rock – und mit einem über 150 Millionen mal verkauften Backkatalog und unzähligen Top-Ten-Hits zu den Stars des Genres. Dass das Schaffen der Band auch in zahlreichen Best-Of-Veröffentlichungen gewürdigt wurde versteht sich da von selbst. Mit der von der Band (Steven Tyler, Joe Perry, Tom Hamilton, Brad Whitford und Joey Kramer) selbst autorisierten neuesten Compilation kann man da also keinen draufsetzen, sondern das Angebot nur erweitern.
Das Teil gibt es dann auch in den unterschiedlichsten Varianten; von einer CD mit 18 Tracks bis zur 4LP Deluxe Version mit 44 Tracks. Wobei vom Preis-Leistungsverhältnis die 3-CD mit 44 Tracks wohl das Rennen machen dürfte. Darauf sind Songs welche jede Ära von AEROSMITH repräsentieren, von kraftvollen Rockern und emotionalen Balladen, bis zu der wegweisenden Zusammenarbeit mit Run DMC („Walk This Way“). Kann man so gut durchhören – dürfte „Altfans“ ebenso munden wie „Neueinsteiger“ (wenn es diese den gibt).
Wer es total edel mag: Die Super Deluxe Edition kommt in einer hochwertigen Buchhülle, enthält vier Schwarz-Weiß-Lithografien und zeigt reichlich Live-Fotografien sowie seltene Fotos der Band, die ihren Aufstieg von einer lokalen Bostoner Band zu den globalen Megastars von heute dokumentieren.
Die Drover Brüder sind wieder vereint und verbünden sich mit EX-FATES WARNING Basser Joe DiBiase und einer der stärksten Stimmen aus Deutschland: Henning Basse. Und sie machen keine Kompromisse. WITHERING SCORN klingen am ehesten wie eine etwas zugänglichere Version von EIDOLON. Das heißt es gibt satten und recht gnadenlosen Power Metal US-Amerikanischer Prägung, welcher natürlich kompetent und virtuos runtergezockt wird. Die Gitarren braten ordentlich und die Rhythmussektion pumpt unentwegt, während über allem Hennings starker Gesang thront. Verschnaufpausen gibt es wenige, das Tempo und der Härtegrad sind durchweg hoch. Nur ganz am Ende gibt es „Eternal Screams“ noch einen epischen, aber nicht minder harten Song, der das Album hervorragend abrundet. Was bei EIDOLON mitunter auf Kosten der Konsumierbarkeit ging, ist hier strukturierter und der heiße Stahl wurde von gutem Songwriting etwas gezähmt, was das Album definitiv aufwertet. Die Stimmung ist düster und passend zum Artwork dystopisch. Ich sage es jetzt mal ganz deutlich: WITHERING SCORN gelingt das, woran METAL CHURCH mit ihrem aktuellen Album meiner Meinung nach gescheitert sind: Ein dunkles, modernes Power Metal Album mit thrashiger Härte zu schreiben, bei dem Melodien und Emotionen trotzdem nicht zu kurz kommen. Für Fans von VICIOUS RUMORS, HELSTAR oder alten SAVATAGE ein Muss.
Tom Tas von der belgischen Power Metal Band THORIUM hat mit ENTERING POLARIS ein Mammutprojekt auf die Beine gestellt. Auch wenn es ähnlich wie bei AVANTASIA oder AYREON eine lange Liste an Gastvokalisten gibt (u.A. Nick Holleman, Thomas Vikström, Roy Khan, Arno Menses, Fabio Lione, Lance King, Georg Neuhauser…), so ist das fast 2stündige Doppelalbum aber kein Konzeptwerk und die einzelnen Songs stehen für sich. Tom tobt sich komplett aus und bedient einen weiten stilistischen Rahmen. Das beginnt beim JAG PANZER artigen „The Tempest And The Sea“ geht über das sehr reduzierte und ruhige „Do Raindrops Aspire To Be Oceans?“ und endet bei dem 20-minütigen proggigen Megaepic „Six Directions Of Space“. Auch wenn man sich sehr breit aufgestellt hat und mit großem Personalaufwand aufwartet, so wirkt der erste Teil „Atlantean Shores“ doch in sich geschlossen und stringent. Entering Polaris ist sowohl Egotrip eines vor Kreativität überschäumenden Musikers als auch sehr gut konsumierbare hochklassige Metalkost für den Zuhörer. Tas gelingt es catchy Melodien in seine Songs einzuflechten ohne hartes Riffing zu vergessen oder gar in kitschige Gewässer abzudriften. Sämtlicher Kitsch wurde bereits beim Artwork aufgebraucht und schlägt sich nicht in der Musik nieder.
Das zweite Album „And Silently The Age Did Pass” ist hingegen rein akustisch gehalten. Von daher erinnert der Aufbau ein wenig an GENTLE STORM, auch wenn Tom auf der 2ten Scheibe mit komplett neuen Songs aufwartet und nichts von „Atlantean Shores“ akustisch recycled. Aber auch hier machen ENTERING POLARIS eine gute Figur. Mal erinnert man an KANSAS und mal an die erste DOMENICI Scheibe oder in anderen Worten: Tas kreiert wunderschöne erwachsene Musik, die auch mit reduzierten Mitteln niemals langweilig wird und welche von tollen Stimmen adäquat interpretiert und in Szene gesetzt wird. Überraschend starkes Ding.
Wie futuristisch und tanzbar kann Heavy Metal klingen? EDGE OF PARADISE: Ja!
Auf ihrem nunmehr 4ten Album loten EDGE OF PARADISE einmal mehr aus, wie weit man im Metalkosmos gehen kann und bauen auf tanzbaren Rhythmen vielschichtige Soundlandschaften, welche mit einem traditionellem Metalverständnis nicht mehr all zu viel gemeinsam haben. Wenn man sich darauf einlassen kann, dann ist das aber durchaus spannend. Frontfrau Margarita Monet pendelt dabei von schmachtender Marilyn Monroe hin zur emotionalen Explosion und ist unter tausenden Sängerinnen eindeutig herauszuhören und pflegt einen eigenständigen Stil. Auch wenn die Musik, wie bereits beschrieben, extrem tanzbar ist, so ist das keine leichtfüßige Partymucke, sondern erinnert eher an einen Soundtrack welcher David Lynch als Untermalung einer Orgie von maskierten Cyborgs wählen würde. Man möge mir meine kruden Fantasien an dieser Stelle verzeihen. Die Grenzen zum Pop sind teils noch fließender als bei beispielsweise AMARANTHE, dennoch ist „Hologram“ keine Easy Listening Veranstaltung, sondern bietet meist viel Tiefgang und eine echte Pop Nummer wie „Unbeatable“ funktioniert als Kontrast zum melancholisch-düsterem Rest ganz vorzüglich. Es ist schon erstaunlich, wie sicher EDGE OF PARADISE Genregrenzen pulverisieren und aus scheinbaren Gegensätzen eine neue Legierung fertigen und das, was BEAST IN BLACK, AMARANTHE oder BATTLE BEAST erfolgreich anreißen auf die Spitze treiben um mit Melodien, die eher von Verzweiflung und Düsternis, denn unbeschwerter Party geprägt sind, einen ganz eigenen Sound zu schaffen.