Knapp 20 Jahre musizieren die Schweden VENI DOMINE schon, jedoch konnte der Doom / Gothic Metal des Quartetts nach einigen frühen Erfolgen in den späteren Jahren nicht mehr viel reißen. Auf gerade einmal vier Alben brachte man es in den Jahren 1987 - 2004; vielleicht war genau diese Veröffentlichungspolitik der Spärlichkeit der Grund dafür, dass die Band heute nicht in größeren Hallen spielt, sondern "nur" das "Doom Shall Rise" headlinen darf. Na gut, mittlerweile ist es 23:59 Uhr und die Frage offen, ob nun das Ende oder ein neuer Anfang folgt… soviel zumindest gibt der kurze, gut klischeebehaftete Kurztext im Booklet wieder. Und gänzlich frei von Klischees ist auch die Musik von VENI DOMINE anno 2006 nicht, denn obwohl sich Styrbjörn Wahlquist und Co. bei ihrer durchgehend traurig - melancholischen Grundstimmung nicht blamieren, kommt man nicht umhin, "23:59" einen gewissen Goth - Kitsch - Anteil zu attestieren. Zwar wird die Band unter dem "Doom" - Banner geführt, doch erinnert mich das Album eher an die grandiosen SAVIOUR MACHINE, denn an typisch Doomiges wie COUNT RAVEN oder CANDLEMASS. Die Drums von Thomas Weinesjö klingen zudem auffallend dünn und nach "Angelo Sasso", was dem Ganzen einen zusätzlichen "Electro - Goth" - Touch verleiht. Dennoch sind Stücke wie "Shine" (mit cooler Kopfstimme), "Patience, Receive", das (im positiven Sinn) herrlich romantische "Valley Of The Visions", das epische "Burdens" (cool!) oder das relativ harte "Die Another Day" (James Bond - Soundtrack?) absolut hörenswert und dürften sowohl der Verdammnis (weniger), - als auch der Rotwein - Fraktion (mehr) munden. Viel atmosphärische Düsternis ist jedenfalls garantiert!
Pagan Black Metal, heidnischer Black Metal, Heathen Black Metal - Umschreibungen für ein Subgenre, dass der Mama viel voraus hat: Wenn True-Blackies auf jeden Funken von Melodie und Eingängkeit speien, dann wüten ORLOG erst los. Und durch diesen klugen Schachzug werden die Krieger, die auf dem Ragnarök - wie zu hören ist - eine weitere Schlacht gewonnen haben, viel, viel eindringlicher als die vermeintlich so harten Kollegen mit Garagensound und knüppeliger Kompromisslosigkeit. Nun wäre es aber falsch, zu denken, die Jungs wären Mama-Söhnchen oder der Sound etwa glattpoliert. Weit gefehlt - ORLOG gehen zumeist sehr flott zu Werke, die Stimme krächzt, wie es das Genre befiehlt, nervt aber nie und manchmal ist sogar fetzenweise etwas des Vokabulars zu vernehmen. Manchmal erinnert die Band ein wenig an Dissection, ist aber irgendwie schwarz-metallischer - vor allem weil die Musik trotz vieler Raserei nie stumpf klirrt, sondern mit verspielten Riffs und passenden Tempowechseln immer wieder Kontrastpunkte setzt. Der Sound ist gut, die Musik prima und die Aufmachung der Promo (im braunen Pappschuber) überzeugt ebenso wie die fertige Version mit ihrem stilvollen Artwork. Die deutsche Band macht fast schon sehr erwachsenen Eindruck - und das ist in diesem Fall ein großer Vorteil. Die ganze Scheibe wirkt in sich unglaublich kompakt - ein weiteres gutes Album auf DGF.
Die ASIA-Formation der zuletzt bestehenden DOWNES/PAYNE Ära ist mittlerweile seit Januar auch schon Geschichte u.a tatkräftig dazu beigetragen haben dürfte sicherlich die recht erfolgreiche 2005’er Reunion aus den Anfangstagen zwischen Bassist/Sänger John Wetton und Keyboarder Geoffrey Downes. Mit ihrem insgesamt soliden "ICON"-Werk haben sich die Beiden als immer noch als schlagkräftiges Songwriter-Duo zurückgemeldet. Derzeit gibt es sogar ernsthafte Überlegungen eventuell zum Jubiläum das Original Line-up mit Carl PALMER sowie Steve HOWE zu reaktivieren.
Jetzt legen WETTON/DOWNES wieder etwas "neues" vor und zwar eine DVD sowie CD mit dem Titel "Icon Acoustic TV Broadcast" wobei die Beiden im Rahmen einer TV-Ausstrahlung einzig unterstützt durch ELO´s Hugh McDowell am Cello sieben alte ASIA-Klassiker sowie fünf brandneue Songs von "Icon" rein akustisch performen. Die DVD-Aufnahme in einem TV-Studio ganz ohne Publikum kommt doch reichlich unspektakulär rüber und birgt mit diesem etwas zu sauberen Hochglanzambiente im kalten Stil eines Sonnenstudios nur wenig erbauliches für´s Auge. Musikalisch hingegen gibt es garnichts zu mäkeln, vor allem John Wetton singt äußerst emotional wie zu seinen besten Zeiten, trifft auch die ganz hohen Töne ausnahmslos, allein die fetten und absolut perfekten Backings bzw. Chöre nehme ich den beiden Herren live so nicht ab, die sind einfach zu gut, da wurde hinterher sicher einiges noch aufgemotzt. Sei’s drum die Titelauswahl ist absolut gelungen (DVD & CD unterscheiden sich nur um "There In Your Bed" welches live nicht gespielt wurde, ehrlich gesagt diesen schwachen Song hätte man sich lieber schenken sollen!) die meisten Stücke wurden deutlich umarrangiert, Downes spielt ein einfühlsam sowie beseelt klingendes Klavier und auch das Cello kann durchaus als stilistischer Zugewinn gesehen werden. Wie gesagt, rein optisch bieten die Herren nicht gerade viel Sehenswertes, sind hochkonzentriert auf ihre Instrumente ohne großen Schnickschnack - hier werden wohl nur höchsten eingefleischte Fans auf ihre Kosten kommen. Alle anderen Classic Rock sowie AOR Freunde sind mit der CD bestens bedient - alle zum Teil an die 25 Jahre alten Hits wie u.a. das unvermeidliche "Heat Of The Moment" (kommt spitzenmäßig rüber), "The Smile Has Left Your Eyes" oder "Voice Of America" haben in diesen etwas weniger bombastischen Versionen nichts von ihrer Faszinität eingebüßt. Wetton/downs schaffen es durch einen mit viel Liebe für ergreifende Harmonien sowie trotzdem noch mit genügend Dynamik & Frische ausgestatteten Vortrag mühelos den Brückenschlag aus 80ern bis heute. Auch die neueren Songs wie "God Walks With Us", "Meet Me At Midnight" oder "In The End" sorgen für viel Gänsehautatmosphäre, können ebenfalls unplugged bestehen und schaffen so eine perfekte Verbindung zwischen alt und neu.
Ansonsten bietet die DVD noch eine recht unverkrampfte Behind the Scenes Aufnahmen, ein recht gelungenes Interviews (leider ohne Untertitel!), sowie eine ziemlich unspektakuläre Fotogalerie. Das Comeback wurde trotzdem souverän bestätigt - jetzt warten wir mal ab und hoffen vielleicht sogar auf eine Original-Reunion mit Tour durch Europa (träumen wird man wohl noch dürfen!).
SERPENT OBSCENE sind wahrlich nicht vom Glück begünstigt: ihr 2001er-Album "Devastation” erscheint mit satten zwei Jahren Verspätung und nach dem Release haben die Schweden einige Line-Up-Wechsel zu ertragen, so dass sich "Chaos Reign Supreme” ebenfalls verzögert. 2005 konnte dann endlich das Berno Studio gebucht und zehn neue Death/ Thrash-Granaten eingezimmert werden. im Vergleich zum Vorgänger haben (die um zwei KAAMOS-Leute verstärkten) Schweden die Thrash-Seite noch stärker betont, besonders beim Riffing und dem Grundtempo der Songs wird das deutlich. Immer schön auf die Zwölf und dabei leicht rumpelig. Wobei das bei SERPENT OBSCENE sicher nicht an mangelndem Können liegt, da wird einfach dem originalen Thrash-Gedanken gehuldigt: "Bist du zu gut, bist du kein Thrash". Die Röhre von Sänger Erik paßt dazu wie Arsch auf Eimer und ist mit "Vokills" absolut passend beschrieben. Bei den zehn Songs gibt es keine Verschnaufpause, so was wie langsame Parts kennen echte Thrasher eben nicht. Trotzdem ist die halbe Stunde Gemetzel nicht langweilig und kann zum Ende hin mit den drei stärksten Tracks aufwarten. Feine Scheibe, wie schon der Vorgänger. Bleibt zu hoffen, dass die Band diesmal mehr Glück hat und die Granaten auch live abfeuern kann.
Das großartige People Like You-Label vereint auf dem dritten Teil der "Where The Bad Boys Rock"-Reihe mal wieder alles, was Rang und Namen im Bereich Punkrock und Artverwandtem hat. Die Bandbreite ist wie immer vorbildlich: Los geht es mit punkigem Rock ´n Roll von den KINGS OF NUTHIN´, dann gibt es Psychobilly von den METEORS, DEMENTED ARE GO (mit einem Track vom leider recht schwachen letzten Album), den HEARTBREAK ENGINES und MAD SIN (beide mit Tracks von ihren letzten wirklich starken Alben), jede Menge ´77er Punkrock, u. a. von den melodischen GENERATORS und den beiden Duane Peters-Bands DIE HUNNS und U.S. BOMBS, und abgeschlossen wird das Ganze von den Arsch-Kick-Rockern ADAM WEST. Außerdem gibt es das Traditional "Psycho Dad" von der letzten BONES-E.P. zu hören, und zu meiner großen Freude wurde auch das CLASHige "Suburbia" von der GENERATORS-Vorgänger-Band SCHLEPROCK auf die Compilation gepackt, der People Like You Mitte letzten Jahres ein Best Of-Album der alten Songs gewidmet hatte. Was ich an dieser Scheibe im Gegensatz zu Teil 1 und 2 der Reihe allerdings vermisse, sind unveröffentlichte oder rare Tracks, so dass es sich hier um eine reine Vorstellung des Labels und seiner Bands handelt. Trotzdem beweisen die Dortmunder mal wieder, dass sie nicht nur die heißesten und dreckigsten Rock ´n Roll-Acts überhaupt im Programm haben, sondern auch Qualität und Vielfältigkeit stetig zu steigern wissen. Da die Compilation für einen Hammerpreis von deutlich unter zehn Euro zu haben ist, sei sie allen wärmstens empfohlen, die auf die oben genannten Stile stehen und auf der Suche nach neuem Material sind. Hier werdet Ihr fündig!
Keyboarder Finn Zierler und seine jeweiligen Mitstreiter unter dem BEYOND TWILIGHT-Banner haben bereits mit ihren ersten beiden Alben "The Devil’s Hall Of Fame" und "Section X" echte Perlen abgeliefert - mit ihrem aus 43 Parts bestehenden neuem Werk "For The Love Or Art And The Making” streifen sie aber die Grenze des Wahnsinns. Die dänisch-schwedische Truppe packt in nicht mal 38 Minuten so ziemlich alles was man unter progressiven Metal versteht und bringt dabei das Kunststück fertig nicht mal überladen zu wirken, sondern einfach nur spannend und abwechslungsreich. Symphonisches, sakrales oder von Piano getragenes balladeskes wechselt unvermutet zu puren Heavy Metal, aggressiven Riffs oder progressiv epischen Soundwänden - dazu kommt mit Björn Jansson ein Sänger der seinen Vorgängern Jorn Lande und Kelly Sundown Carpenter nicht nachsteht und eine amtlich fette Produktion. Die 43 Parts folgen einem durchgehenden Konzept welches die Musik und deren Entstehung zum Mittelpunkt hat, aber auch mit den große Fragen des Lebens spielt: Leben, Tod, Liebe, Unehrlichkeit, Lügen, Sünde, Diebstahl, also dem Menschsein an sich - die einzelnen (Kurz-) Tracks stehen aber auch jeweils für sich. Das Abspielen der 43 Parts per Shuffle eröffnet "For The Love Or Art And The Making” völlig neue musikalische Zusammenhänge und konzeptionelle Perspektiven, dem jeweiligen Hörer bleibt es aber überlassen dieses Puzzle zusammenzusetzen und sich immer wieder von neuem überraschen zu lassen. Einzelne Titel zu nennen erweist sich hier also als völlig zwecklos, die Gesamtheit ist das einzigste Kriterium. BEYOND TWILIGHT haben mit "For The Love Or Art And The Making” ein Stück außerordentliche Musik geschaffen, welches von Anfang an fasziniert, sich aber als Gesamtwerk erst nach intensivem Genuss offenbart - schwere Kost zwischen Genialität und Verrücktheit. Für viele sicher nur mit Vorsicht zu genießen - für offene Musikfreaks aber Anno 2006 wohl unverzichtbar.
Für die meisten Fans wird für immer er die "wahre" Stimme von MANFRED MANN’S EARTHBAND bleiben, auch wer schon mehr als ein Jahrzehnt nicht mehr dort aktiv ist - von CHRIS THOMPSON ist natürlich die Rede. Endlich wieder ein Lebenszeichen eines der charismatischsten Rocksänger der Gegenwart wird jetzt aus dem Hause e-m-s music veröffentlicht im Rahmen der neuen "Private Music Club" Reihe die Live DVD "One Hot Night in the Cold". Passend zu seinem erfolgeichen Comeback in 2005 wobei er zunächst den "Disco Boys" bei ihrer House-Cover-Version von "For You" seine Stimme lieh um dann mit einigen begeisternden Auftritten bei den "Nokia Night of the Proms" quasi als heimlicher Headliner u.a. mit seinem alten Weggefährten Manfred Mann live voll abzuräumen, überzeugt er auch bei diesen Aufnahmen musikalisch ohne Abstriche.
Dass hier gebotene relativ aufwendig aufgezeichnete 90-minütige Konzert in einem kleinen Club in Tromsö (Norwegen) bietet Künstlernähe pur, viel Schweiß und zeigt den Briten einmal mehr als hervorragenden Livesänger. Auch dank einer ebenfalls äußerst fähigen sowie kompakten Begleitband um den Gitarristen Mads Eriksen, schafft es Thompson spielend, diesen engen Club zum Kochen zu bringen und die Emotionen des Publikums zu entfschen. Natürlich werden hauptsächlich (man verzeihe mir die etwas flapsige Ausdrucksweise) die ollen Kamellen aus den glorreichen Zeiten mit der EARTHBAND wie z.B. die Klassiker "Davy´s On The Road Again", "Mighty Quinn", das legendäre "Questions", "Blinded By The Light"/"For You" (beide von BRUCE SPRINGSTEEN geschrieben) geboten, natürlich darf die Überballade BOB MARLEYS "Redemption Song" dabei nicht fehlen. Auch einige solide Eigenkomposition wie u.a. das bekannte "You´re The Voice", dass er einst John FARNHAM als No. 1-Hit maßgerecht auf den Leib schneiderte, sind dabei. Für alle Classic Rock Fans müsste diese DVD mit einer insgesamt ordentlichen Bild-und Soundqualität sowie Chris mit seiner immer noch frischen Rockröhre im Zusammenspiel mit einer tighten Band mehr als ein gefundenes Fressen sein. Für alle Manfred Man Fans gilt dies sowieso, denn DVD-technisch gibt es aus dieser Richtung ja bisher noch nichts brauchbares.
Außerdem sind ein 30-minütiges Interview im ewigen Schnee Norwegens sowie das Musikvideo zu "Ain´t No Rain In The Farmyard" und ein 15-minütiges Making-of darüber auf der DVD enthalten. 2006 wird Chris Thompsons wieder richtig angreifen mit einer neuen CD, Deutschland-Tour mit Band sowie diverse Festival-Auftritten und darauf kann man sich schon mal freuen, denn dieser Mann ist ein begnadeter Livesänger.