Wem alles mit "Emo" zu klischee-beladen und die Deftones zu abgedreht sind, der sollte es mal mit STURCH versuchen. Denn die Band macht emotionale, moderne Musik mit der nötigen Härte - aber ohne alles nervige, was den bis vor kurzem noch hippen Schubladen anhängt. Waren STURCH in ihrer Anfangszeit in Schneverdingen noch Garanten für eine Polarisierung ihres Publikums in Anhänger und verbitterte Gegner, und hatte der New Metal anfangs einige arg holprige Breaks, über die Stolpern konnte, wer wollte - bei "Beauty, Anger & Aggression" wird nach dem Motto "beim dritten Mal wird alles gut" alles schon fast zu richtig gemacht. Tolle Melodien, echte Verzweiflung, gut dosierte Wut und schöne Melancholie werden von pumpenden Gitarren und Bässen in die genau richtig ausgeleuchtete Szene gesetzt und vom Schlagzeug im genau richtigen Timing gezügelt. Gerade die Balladen "My Guide" und "Teamlove" machen diesen Tonträger besonders. Essenziell für einsame Momente, Liebeskummer, Tage ohne warmen Ofen und Hamburg-8-Grad-Regen.
Göteborger Death Metal ist eine Stilart, die nicht totzukriegen ist, egal was versucht ist. Aber DARK TRANQUILLITY machen sich mit Veröffentlichungen rar, IN FLAMES haben sich zu sehr weiterentwickelt (auch wenn "Come Clarity" wieder back to the roots geht) und SOILWORK waren schon immer zu modern. Mit AT THE GATES ist bis zum Wacken 2008 wohl auch nicht rechnen, so dass nur noch der Blick auf den Nachwuchs bleibt. BLINDED COLONY gehören schon seit ihrem Scarlet Records-Debüt "Divine" zum Besten, was derzeit aus Schweden kommt und sind auch knapp drei Jahre später ihrer Linie treu geblieben. Auf "Bedtime Prayers" wird in bester Göteborg-Manier Melodie mit Brutalität verwoben und gleichzeitig mit modernen Einflüssen kokettiert, die spätestens seit "Natural Born Chaos" hoffähig geworden sind. Neu-Sänger Johan Schuster passt sich mit seiner aggressiven Röhre eprfekt zum Sound der Band und fühlt sich auch in tiefen Lagen hörbar zu Hause. Das Songmaterial ist über jeden Zweifel erhaben und haut den Hörer vom Start weg um, wie der Opener "My Halo" eindrucksvoll beweist. Kurz, das Album ist Schwedentod Göteborgscher Prägung in bester Manier und ist jedem ans Herz gelegt, der mit Göteborg positive Hörerlebnisse verbindet.
Die HEIDEROOSJES wachsen in Holland, man könnte aber auch denken, sie kämen aus L.A. Denn die live sehr aktiven Niederländer haben nicht nur für viele der kommerziell erfolgreichen Genre-Kollegen eröffnet, sondern sie bewegen sich auch im Kielwasser von Bands von Bad Religion über Pennywise bis SUM 41. Seit 1989 sorgen die Oranjes bereits für gute Laune, daran wird auch die neue Scheibe nix ändern. Denn die Kaugummi-Punk-Trademarks sind vorhanden: Schöne Melodien, angenehmer Gesang, catchy Riffs, klebrige Refrains. Der Sound, den der Social-Distortion-erfahrene Cameron Webb oberdick gemanagt hat sorgt für zusätzliches Vergnügen. Das ist alles nichts Besonderes, aber es macht trotzdem Spaß, zumindest all denen, die auf diese Art von Musik stehen. Originell sind die beiden Songs mit holländischen Texten - und Originalität ist etwas, mit dem diese Art von Musik eben nicht unbedingt gesegnet ist. Metal-Affinität gewinnen die HEIDEROOSJES durch Kollegen Lemmy, der den Titel "My Funeral" durch einige einleitende Worte veredelt. Und der Ignite-Sänger gastiert ebenfalls. Fazit: Keine besonders aufregende, aber beileibe keine schlecht Scheibe.
Namen sind wie Schall und Rauch, aber wenn hier Iscariah (unter anderem Immortal) fest mitmischt und die Gäste auf illustre Titel wie "Nazi-Penis Hoest" (Taake) hören oder von Aborym kommen, dann sei die Prominenz zumindest ansatzweise genannt. Apropos Namen: Die Song-Titel sprechen durchaus auch für sich: "Necropsy Cunt", "Effective Mass-Torture" oder "Organ Ejaculator" sprechen nicht für besonders freundlichen Inhalt. Und auch die schwarz-weiße Aufmachung mit baumelnden Latten-Jupps, Hinrichtungsbildern ähnlich nettem Schmonz lassen den guten Geschmack gern mal hinten runter fallen. Nun denn, wer den "the doomsday holocaust from the 80´s? zurückbringen will, der kann auch nicht mit Gänseblümchen werfen und von Liebe und Silberhochzeit singen. Womit wir bei den Texten wären: Skalpelle im Fleisch, Beine im Blut, Kreuzigungen, Satanspreisungen abgezogene Haut, "vomit in the body-bag" - Horror und Ekel sind Programm. Fehlt nur die Musik: Eine altertümliche Mischung aus Death, Thrash und auch Black Metal. Scheinbar niveaulos und asi dabei. Sieben Mal gibt´s vor die Nuss von den Norwegern, siebenmal klingen die Drums nach Schuhkarton, siebenmal grunzt-deibelt sich Necrocum in allehand Facetten durch de triefenden Texte, siebenmal wechselt auch gern immer mal wieder das Tempo. Und so rumpeln sich die Jungs durch ihren "Necrospiritual Deathcore", erinnern an eine krude Mischung aus Beherit, Autopsy und alten Bathory. Das abschließende, dreiteilige "Goatflesh Removal" klingt dann aber daher wie eine Mischung aus Anne Clark und Abruptum, die plötzlich zusammen auf Hoppel-Koks-Flash kommen. Und das Coolste: Irgendwie macht diese abgedrehte Scheibe total viel Bock. Wer hätte das gedacht? Ich glaub´s immer noch nicht, aber es stimmt: Dieser AMOK-Lauf ist geil und echt voll necro.
Rein vom Cover her gesehen könnte man auf Country oder Southern schließen aber beim Anhören wird schnell deutlich - hier muß ganz klar Alternative oder auch Gitarren Rock als stilistischer Überbegriff für "Closer", dem aktuellen Album von REDHANDED, gesetzt werden. Positiv klingt bei jedem der 13 Tracks absolut das Ansinnen dieses zwei Mann/zwei Frau (an Bass bzw. Leadgitarre)-Gespannes durch, nicht auf die zuckersüße, etwas glattere Richtung wie sie für Combos in der Art von 3 DOORS DOWN typisch ist zurückzugreifen. Und auch die allzu pathetischen Regungen im Stile von CREED sucht man hier vergebens - nein, es wird schon mehr Wert auf ein eigenständiges Soundbild gelegt und dies ist auch größtenteils geglückt, wenn auch die bandeigene Bezeichnung "modern" Rock etwas daneben gegriffen ist. Weiterhin besonders zu erwähnen ist: Diese Band kommt aus Regensburg, klingt aber auf ihrem Zweitwerk zu keiner Sekunde nach einer deutschen Band, sondern sehr amerikanisch, was dieser Art von Musik natürlich sehr zuträglich ist. In Verbindung mit immer wieder mal eingestreuten Grunge-Elementen bekommt die Musik einen recht rauen Charakter, trotzdem treibend und mit gefälligen Melodien. Die großen Hits sind dabei allerdings nicht abgefallen, die Vocals von Bernd Fröhlich sind ebenfalls "nur" solide, nicht besonders herausragend, viele Songs klingen von der Machart her ziemlich ähnlich und sind auch von den Arrangements her eher unspektakulär. Trotzdem schaffen es die vier größtenteils energetisch rüberzukommen. Mir fehlt es mitunter am gewissen "Etwas", will sagen: an wirklich packenden und emotionalen Momenten. Auch ein paar ruhigere Takte dürfen nicht fehlen, mit triefenden Balladen hält man sich zum Glück zurück. "Someone told me" ist so ein Vertreter, ein schöner gefälliger Song. Dass bei den ersten Minuten bei dem melodramatischen "Nowhere" aber ständig dieses AC/DC Anfangsriff von "Thunderstruck" verwendet wurde gibt einige Klaupunkte Abzug, denn der ansonsten gelungene Titel hätte dies eigentlich nicht nötig. Mein Lieblingsstück, neben den beiden in akustischem Flair gehaltenen Tracks gegen Ende der Scheibe, ist aber eindeutig "Absolution" mit seinem gleichermaßen warm als auch gitarrenbetont gehaltenen Charakter sowie leichten Emo-Touch mit wunderbarer Hook. Da passt die Mischung einfach perfekt. Das funktioniert aber leider nicht über die volle Spielzeit auf "Closer" so gut, da sollte zukünftig noch stärker dran gearbeitet werden, um aus der breiten Masse hervorzustechen. Aber is ja auch noch eine relativ junge Band, da ist noch viel möglich.
GODDESS SHIVA hat eine recht altertümliche Vorgeschichte: Baden-Württemberg 1977 - die Youngster Mat Sinner und Armin Sabol geben ihrer Leidenschaft für Hendrix und Mahagony Rush eine Plattform und Gründen die Band SHIVA. Es folgen unzählige Liveshows, bis hin zum Vorprogramm von Acts wie WHITESNAKE, NINA HAGEN und COLOSSEUM II. Aber zu einem Album reicht es nie; Versuche dazu enden aus soundtechnischer Sicht wohl recht desaströs. Die Jungs gehen daraufhin ihre eigenen Wege. Mat Sinner wandelt auf harten Pfaden - SINNER und PRIMAL FEAR. Armin Sabol verdingt sich als Produzent und Studiogitarrist - Peter Schilling ("Major Tom"), die Fanta4, Hazel´O´Connor und als Produzent von RAGE-Alben - unterschiedlicher geht´s kaum. Anfang 2005 geht für einen guten Zweck nochmals los mit SHIVA - als Drummer holt man Martin Schmidt (ex-Leaves Eyes, ex-Atrocity) ins Boot. Das Ganze funktioniert wohl prächtig, man denkt an ein Album. Also wird 30 Jahre später das Debüt eingetütet - jetzt unter dem Firmennamen GODDESS SHIVA. Soundmäßig orientiert man sich am Siebziger Bluesrock. Leider kommt auch die Produktion recht altmodisch daher und auch die Songs sind nicht immer auf der Höhe der Zeit. So kommt der Opener "Walking On Thorns" als recht altbackener Ohrwurm aus den Boxen. "Mind Of A Killer" zündet da schon mehr und trägt recht offensichtlich Mr. Sinner´s Handschrift. Bei den nachfolgenden Mischungen aus Blues und Rock will der Funke aber nicht so recht überspringen. "Down On Luck" rockt allerdings dann gekonnt in althergebrachter Thin Lizzy-Manier und dürfte wohl das Highlight des Albums darstellen, auch "Heat Of The Night" hat was, und "Same Old City" zitiert, mit klasse, Coverdale zu seligen Whitesnake-Blues-Zeiten (und dazu noch ein Gary Moore-Solo), das passt auch noch. Aber das war es dann. Im Großen und Ganzen klingt das GODDESS SHIVA-Debüt nämlich doch etwas unausgegoren. Das Teil wäre zwar vor einem viertel Jahrhundert als zeitlose Rockscheibe durchgegangen, keine Frage - aber wäre ist Anno 2007 zu wenig, es bleibt ein angestaubter Beigeschmack. Wohl mehr was für die Blues-Fraktion mit Hang zu Retro.