Shane Embury wird alt. Viel schlimmer: alt und ruhiger, scheinbar. Wie sonst ist zu erklären, dass der Mann, der uns mit NAPALM DEATH, LOCK UP, VENEMOUS CONCEPT und so einigen anderen Krachbands viele schöne Stunden bescherte, eine vergleichsweise softe Band wie STIGMA nett findet? Entweder hat man den armen Kerl zu einer Aussage überredet, wie es bei den Simpsons so entlarvend vorgeführt wurde, oder Mr Embury hat auch mal schwache Momente. Ganz ohne Punch sind STIGMA zwar nicht, aber aus dem Melodic Death-Einheitsbrei ragen sie nur selten heraus, kompositorisch wie härtemäßig. Sie orientieren sich zwar an der Göteborger Frühphase und sind DECAMERON und A CANOROUS QUINTET näher als weichgespülten IN FLAMES und SOILWORK, schüren mit dem Cover und lyrischen Konzept aber andere Erwartungen. Wenn der erste Schock überstanden ist, kann „When Midnight Strikes!“ streckenweise überzeugen, zumal die Italiener handwerklich sehr gut sind und die Produktion gut Druck macht. „Flesh Ritual“ ist eine herrlich rohe Granate, „Walking The Fields Of Apocalypse“ ein kraftvoller Nackenbrecher und der Opener „I Am Dracula“ treibt gut an. Es gibt zwar ein, zwei minder gelungene Songs, aber im Großen und Ganzen werden Göteborg-Fans mit „When Midnight Strikes!“ gut bedient werden –zumindest, wenn sie auf eine anständige Dosis Härte stehen. Vielleicht ist Mr Embury doch nicht weich geworden…
SOLID GROUND haben bereits mit ihrem Debütalbum gezeigt, dass sie auf heftigen Hardcore der New Yorker Schule stehen, was sich auf „Can’t Stop Now“ fortsetzt. Kräftiger Gesang, Gangshouts und viel dicke Hose bringen die Bronx in die Schweiz. Der Gitarrensound orientiert sich dabei an einer anderen New Yorker Größe: DOG EAT DOG. Das klappt manchmal ganz gut („Alive“), viel zu oft aber gar nicht. Dann sind SOLID GROUND nicht wirklich schlecht, aber zu mehr als bloßem kopieren reicht es eben auch nicht. Mag sein, dass die Songs in einem verschwitztem Club besser zünden, auf Platte sind so einige der fünfzehn Tracks zu berechenbar und lahm, um den verwöhnten Hörer vom Hocker zu reißen.
Platten wie diese zu beschreiben, ist eine undankbare Aufgabe. TRIP FONTAINE bedienen sich querbeet aus allen Genres, dass selbst eine bloße Aufzählung aller Einflüsse der Abgefahrenheit ihrer Musik nicht gerecht wird. Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger wird zwar etwas strukturierer vorgegangen, einfacher Stoff ist das aber immer noch nicht. „Some Use Many Eyes“ hat einen entspannt-jazzigen Beginn, wohingegen „Cachcaha“ eine hektische Gitarrenorgie ist, die THE BLOOD BROTHERS genauso machen würden. Die Truppe ist als Vergleich ganz gut geeignet, genauso wie JR EWING, EVERYTIME I DIE oder RAZOR CRUSADE. Neben den abgefahrenen Parts ziehen sich die Musiker immer wieder in ruhige Gefilde zurück, die fast scon Postcorig klingen und den Hörer sanft entschlummern lassen würden, wäre da nicht der nächste Krachpart am Horizont zu erahnen. Komplex, sperrig und doch mit ganz eigenem Charme rocken sich TRIP FONTAINE durch eine knappe Dreiviertelstunde wunderbarer Musik, die erschlossen werden will, die Mühe aber mit vertrackten Ohrwürmern dankt.
NEVERLAND sind ein Zusammenschluss der türkischen Band DREAMTONE und der griechischen Sängerin Iris Mavraki. Da sich beide Länder ja nicht über alle Maßen grün sind ist dieser Fakt schon mal außergewöhnlich. Leider wars das auch schon an großen Überraschungen. Neverland haben ein nettes Bombastmetalalbum im Fahrwasser von AVANTASIA, AINA und MISSA MERCURIA zusammengeschustert, ohne jedoch deren Klasse zu erreichen. Natürlich ist die Platte nicht richtig schlecht und tönt auch durch die zu Hilfenahme eines echten Orchesters recht ansprechend, jedoch fehlt die Eigenständigkeit, das Element welches Neverland von anderen Combos gleicher Machart abhebt. Leider sind die bei dieser Musik so wichtigen Hooklines äußerst rar gesäht, so daß die Songs am Hörer vorbei plätschern, ohne ihn wirklich zu packen. Auch namhafte Gaststars (wie bei solchen Projekten üblich), wie Hansi Kürsch (BLIND GUARDIAN), Tom S. Englund (EVERGREY) und die beiden SHADOW GALLERY Recken Gary Wehrkamp (Guit.) und Mike Baker (Voc.) schaffen es nicht NEVERLAND in die Nähe des Niveaus ihrer Stammformationen zu bringen. Fans der oben genannten „Metal-Opern“ sollten mal ein Ohr risikieren.
THE QUEST fanden sich zum ersten Mal im Jahre '99 als reine Cover-Band zusammen. Ab 2003 dann begann man auch an eigenen Songs zu arbeiten. Allerdings legten die Jungs dann erst einmal eine laut Info „zeitlich bedingte“ Zwangspause ein. In diesem Tempo ging es dann auch weiter: 2005 wurden vorliegende 4 Songs (+Intro) im Proberaum aufgenommen. Das Infoblättchen schafft es nun mich vollends zu verwirren: Laut selbigem weiß das Material zu überzeugen, obwohl die Band nie zusammen gebrobt habe und es sich nur um einen Proberaummitschnitt handele. Ähm, verhält es sich mit THE QUEST wie mit reanuellem Gemüse auf der Scheibenwelt? Also Gemüse, welches man erst erntet und dann später einsäht? Dann dürfen die Jungs aber später das Proben nicht vergessen, da wohl sonst alle verschickten CDs explodieren würden, denn es dürfte sie ja gar nicht geben...aber ich schweife ab. THE QUEST haben sich dem melodischen Death Metal schwedischer Ausprägung verschrieben und sind hörbar um Abwechslung bemüht. Verschiedene Tempi, Einsatz von weiblichen Gastgesang, Keyboardintros etc. Für eine erste Duftmarke klingt das schon ganz fein, allerdings sollte die Band noch an ihren Konturen feilen, denn das Besondere und mitreißende fehlt bei THE QUEST noch. Da man aber die CD samt ihrem Cover unter www.thequestonline.de für lau herunterladen kann, geht das vollkommen in Ordnung. Ich denke wenn THE QUEST nicht wieder zwei Jahre Pause vor dem nächsten Schritt machen, dann geht hier noch einiges.
Nun ist das Thrash-Revival auch in die US of A geschwappt und damit meine ich nicht Formationen wie die gehypten TRIVIUM, sondern eine Reihe Undergroundgruppen, die sich die Helden aus den 80er ganz genau angehört haben. WARBRINGER gehören mit Sicherheit zu Speerspitze dieser „Jungen Wilden“. Obwohl erst Anfang zwanzig haben die Jungs ein Thrashbrett zusammengezimmert, dass das Beste von beiden Kontinenten verbindet. Sowohl Bay Area Einflüsse von Bands wie EXODUS oder TESTAMENT sind zu vernehmen, als auch Teutonenbands wie KREATOR und DESTRUCTION haben sich wohl oft auf dem Plattenteller der Jungs gedreht. Aus diesen Einflüssen ziehen sie sich das Beste heraus und hinterlassen nur verbrannte Erde. Der pfeilschnelle Opener „Total War“ macht seinem Namen alle Ehre, „Dread Command“ treibt ohne Ende, „Hell On Earth“ ist so oldschoolig, dass einem die Freudentränen in die Augen schießen und das abschließende „Combat Shock“ gibt einem den finalen Speedtodestoß und lässt einen den Refrain bereits beim zweiten Mal voller Inbrunst mitbrüllen. WARBRINGER liefern keine Neudefinition des Genres, sondern nehmen das Beste aus 25 Jahren Thrash Metal und treten einfach nur extrem Arsch, ohne jedoch stupide zu kopieren. Da die Produktion in Händen von Szeneveteran Bill Metoyer (SLAYER, DARK ANGEL, OMEN, ATROPHY, SACRED REICH etc.) lag, ist auch hier alles im grünen Bereich. Druckvoll, aber natürlich... einfach zeitlos klingt „War Without End“. Jedem, der sich momentan zu Legion Of The Damned ins Koma bangt, dem sei auch WARBRINGER ans Herz gelegt.
Bühne frei für eine progressiv angehauchte Hardrock-Combo aus Brasilien! Der Vierer aus Sao Paulo präsentiert sich auf seinem Debut- Album melodiös und leicht progressiv, dadurch aber nicht weniger rockig. Dass die Jungs ordentlich auf die Tube drücken können, stellen sie bei Songs wie dem Titeltrack "Bring ´em On" und "Insanity Desire" unter Beweis, die zum Teil ziemlich heavy daherkommen. Ihre große Stärke zeigen TEMPESTT aber dann, wenn sie sich in ruhigere und progressivere Gewässer begeben: "A Life´s Alibi" beginnt mit einem wunderschönen Piano, der Gesang schmeichelt sich ins Ohr bis schließlich die E-Gitarren loslegen dürfen, die Konzeption erinnert schon fast ein wenig an DREAM THEATER. Über das hochmelodiöse "Enemy In You" lässt sich ähnliches sagen. Mit "Lose Control" wird wieder mehr Gas gegeben, die Ballade "Healing" dagegen ist auf ganzer Länge ruhig und Akustikgitarren-lastig. Und zu guter letzt ist mit "Don´t Stop Believin´" auch noch ein astreiner Melodic Rock-Song auf der Platte. Gelungen.