MADE OUT OF BABIES sind mit „The Ruiner“ auch schon beim dritten Album angekommen, der mysteriös-verklärten Wendepunkt in der Karriere einer Band. Das Quartett um Sängerin Julie ließ sich davon aber nicht beeindrucken und schrieb neun Songs, die eine logische Weiterführung des eigenen Sounds sind – und gleichzeitig das Beste, was die Band bisher auf Platte gebannt hat. Wie gehabt dominiert Julies wunderschöne Stimme, die sowohl verführerisch flüstern als auch gnadenlos schreien kann, was durch Kniffe wie die in den Hintergrund gemischte Stimme, gegen die sie dann selbst ansingt, verstärkt wird („The Major“). Da ist Charisma, da ist Leben, da ist Emotion drin! Unterstützung bekommt sie vom fett wummernden Bass und einer Gitarrenarbeit, die viele krachige Riffs beisteuert, um „The Ruiner“ gleichberechtigt Noise und Rock nennen lassen zu dürfen. In der Zeit seit „Coward“ haben sich MADE OUT OF BABIES (eigentlich müsste noch ein Witz kommen, dass Kinder doch zu was gut sind…) auf den Arsch gesetzt und sich beim Songwriting noch einmal gesteigert – mit Erfolg, die Nummern auf „The Ruiner“ sind unterschiedlich, krachig und fesselnd. Düster wie in „The Major“, verstörend wie im langen „Stranger“ oder bösartig („Bunny Boots“), MADE OUT OF BABIES haben nur erstklassige Songs auf die Scheibe gelassen, denen man die lange Bearbeitungszeit anmerkt, da passt einfach alles. „The Ruiner“ ist nicht umsonst die beste Platte in der Bandgeschichte geworden und weiß Noiserock-Freunde zu fesseln – ganz großes Kopfkino!
Ich verstehe gar nicht, warum sich bei unserem Memme die Ohren nach innen falten, wenn er „Assassins“, den inzwischen vierten Longplayer der Black Metaller aus Chicago, in den Player wirft. „Zu viele chemische Drogen“ attestiert er dem Haufen, womit er zwar irgendwie nicht ganz Unrecht hat, denn das Album strotzt neben zahlreicher sehr geiler Hymnen vor arg fiesen LSD-Soundcollagen, doch am Ende reagiert zumindest mein Trommelfell mit Zustimmung, wenn ich den erstklassigen Titelsong, das treibende „Ghosts Of Grace“, die Abrissbirne „Your True Enemy“ oder das atmosphärische „Code Negative“ höre. Stilistisch erinnert mich das Album ein wenig an HYPOCRISY zu „Hypocrisy“- oder auch „The Arrival“-Zeiten, weil die Band blackmetallische Ursprünge mit einer gehörigen Prise Industrial vermischt und daher auch nicht mit der skandinavischen Clique in einen Pott geworfen werden kann. Man kann mit gutem Willen noch einen Hauch von späteren SATYRICON erahnen, aber selbst dafür sind NACHTMYSTIUM zu „modern“ und „spacig“, besonders was den stellenweise arg bekifft-verzerrten Gesang von Gitarrist Blake Judd betrifft. Eigentlich ist diese Platte fast sogar den „Tipp“ wert, doch gerade mit den verdrogten Zutaten übertreibt man es gerne und häufig, so dass am Ende doch noch ein wenig Spielraum nach oben bleibt. Trotzdem eine coole Scheibe, die sich aufgeschlossene Schwarzträger ruhig mal geben sollten!
Wes Borland und Kollegen von NIN und A PERFECT CIRCLE haben sich nach dem gelungenen „Cruel Melody“ erneut im Studio eingefunden, diesmal um eine Coverscheibe einzuspielen. Da ihnen zehn Covertracks aber nicht genug schienen, haben sie noch drei unveröffentlichte Instrumentalstücke und zwei Remixe auf die Scheibe gepackt. Außerdem gibt’s noch eine DVD, auf der drei Musikvideos und eine 90minütige Doku der Tour enthalten sind. Bei den Coversongs ist der Auftakt keine Überraschung, „Forkboy“ von LARD passt zum BLACK LIGHT BURNS-Sound – aber danach finden sich Songs von PJ HARVES (sehr coole Variation von „Rid Of Me“), DURAN DURAN (sehr poppig, sehr kultig) und eine rotzige IGGY AND THE STOOGES-Version. Wes und Co. haben es geschafft allen Songs ihren eigenen Stempel aufzudrücken, ohne das Original völlig zu verfremden. Hier sind Könner am Werk, das wird deutlich. Die Instrumentalsongs können sich ebenfalls hören lassen, sind dabei erstaunlich poppig und chillig, allen voran „Giving In Again“. Zwei interessante Remixe runden ein sehr gutes Album ab, dass die überbordende Kreativität der Combo aufzeigt. Bleibt zu hoffen, dass Wes Borland hier eine neue langfristige Heimat gefunden hat und noch einige BLACK LIGHT BURNS-Scheiben einspielen wird.
01. Forkboy (LARD)
02. So Alive (LOVE AND ROCKETS)
03. Hungry Like The Wolf (DURAN DURAN)
04. Lucretia My Reflection (SISTERS OF MERCY)
05. Rid Of Me (PJ HARVEY)
06. The Art Of Self Defense (JESUS LIZARD)
07. On The Bound (FIONA APPLE)
08. I Am The Sun (SWANS)
09. Blood Red Head On Fire (BIGDUMBFACE)
10. Search And Destroy (IGGY AND THE STOOGES)
11. Drowning Together Dying Alone (unreleased "Cruel Melody" instrumental)
12. Giving In Again (unreleased Cruel Melody instrumental)
CHARING CROSS kommen aus der gemütlichen Schweiz und haben sich ähnlich ihren Kollegen von CRYSTAL BALL dem melodischen Heavy Metal mit starker 80er Schlagseite verschrieben. Weder musikalisch noch textlich („Kick Ass Rock N’ Roll, Forever Rockin’) wird mit Klischees gegeizt. Was aber bei diesem Sound einfach dazugehört und auch eher sympathisch als störend rüberkommt. Wäre die Scheibe vor 20 Jahren veröffentlicht worden, wären CHARING CROSS wahrscheinlich mit den deutschen STEELER, RENEGADE oder MAD MAX auf Tour gegangen. Innovationsgehalt dieser Scheibe ist zwar gleich null, ich bin aber versucht zu sagen: Na und?? Das Ding ist klassischer Hard Rock, rockt, macht viel Spaß und entwickelt seine volle Wirkung mit Sicherheit auf der Bühne. Als Soundtrack für die nächste 80er Metal Party auf jeden Fall zu empfehlen, es wird keiner merken.
Mit SILENT CALL schickt sich eine weitere schwedische Combo an, in die Geschicke der Metalwelt einzugreifen. Das Debutalbum „Creations From A Chosen Path“ bietet in etwa auch das was man von einer skandinavischen Melodic Metal Band erwartet. Die Songs sind irgendwo zwischen, TWILIGHTNING, STRATOVARIUS, SONATA ARCTICA, TWILIGHT GUARDIANS und AXENSTAR angesiedelt. Was allerdings auffällt ist, dass die meisten Songs recht entspannt ausgefallen sind und es Doublebass Hymnen überhaupt nicht zu hören gibt. Dadurch fehlt auf Dauer etwas die Abwechslung, auch wenn die Songs für sich genommen alle recht gelungen sind. Aber über die komplette Spielzeit wäre es schön, wenn es mal einen Ausbruch aus dem einmal für gut befundenen Schema geben würde. Man hört aber SILENT CALL auch an, dass hier keine Grünschnäbel am Werk sind, sondern alle Musiker schon auf eine langjährige Musikerlaufbahn zurückblicken können. Das gesamte Werk tönt sehr erwachsen. Wer bei genannten Referenzbands eher die Midtemposongs favorisiert, der sollte „Creations From A Chosen Path“ mal antesten.
Um das Fazit gleich einmal vorwegzunehmen: "Pandora", das zweite Album des Trios MNEMONIC aus Nevada, kann sich sehen lassen. Druckvoller, fetter Rock mit leichten Metal/New Metal-Einflüssen wechselt sich mit ruhigen, melancholischen bis depressiven ruhigeren Songs, und alles davon geht ins Ohr. "Quicksand" hat etwas Hypnotisches bis unterschwellig Psychedelisches, "T.A.P." beginnt ruhig und geht dann im Refrain mit fetten Gitarren in die Vollen. "P.S." rockt geradlinig drauflos und mit "Souvenir" findet sich eine schöne, melodiöse Ballade mit mehrstimmigem Gesang und Ohrwurmcharakter auf dem Album. "Palindrome" ist ein herrlich bittersüßer Abgesang auf Verlorenes und auf "Suffer" gibt das Trio zum Abschied noch mal richtig Gas. Bei sich zuhause haben die Jungs es bereits erfolgreich ins Radio geschafft, und es scheint eigentlich nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sich das hierzulande wiederholt- Bands wie Nickelback haben es vorgemacht. Verdient hätten es MNEMONIC allemal.
Gab’s nicht schon vor ewigen Zeiten mal eine THE GATHERING-Compilation mit gleichem Namen? Egal. „Downfall“ in der Ausgabe von Vic Records fasst auf zwei Scheiben die Anfänge der Holländer zusammen. Vor Anneke van Giersbergen. Und das ist der wichtige Punkt: hier singt noch Bart Smits, der mit seinen Growls den Songs eine ganz andere Note gibt und sie an CEMETARY oder alte TIAMAT erinnern lässt. Ist auch kein Wunder, stammen die Songs doch aus den frühen 90ern, noch vor „Always“ und „Almost A Dance“. Einige Songs haben es dabei in mehreren Versionen auf die Scheiben geschafft, sieben sind immerhin bisher unveröffentlicht gewesen. Gerade die zweite Scheibe hat soundtechnisch einige Probleme und klingt sehr nach Proberaumaufnahmen. Für Anneke-Fans ist die Zusammenstellung somit nur wenig interessant, wer sich aber mit den Anfängen der Band auseinandersetzen will, dem seien die beiden Scheiben ans Herz gelegt – die Keyboard- und Gitarrenarbeit zeigt schon in den ganz frühen Songs die Klasse, die THE GATHERING zu einer ganz großen Nummer gemacht haben.