Nach seinem Motorradunfall in Woodstock erholte sich BOB DYLAN 1967 in New York. Dort entstanden dann zwischen Juni und Oktober in einer Reihe von Sessions die sogenannten „Basement Tapes“, welche daraufhin jahrelang als Bootlegs kursierten. 1975 veröffentlichte Columbia dann 24 der über 100 zusammen mit seiner Begleitband (firmierten später unter THE BAND) eingespielten Songs als „The Basement Tapes“, wobei bei 16 Songs DYLAN’s intensives Organ zu hören ist. DYLAN wie auch die Musiker stellten im Nachhinein immer wieder fest, das die damaligen Aufnahmen in einer einzigartigen kreativen Atmosphäre stattfanden, die so nicht zu reproduzieren sei. Die Musik ergibt sich in einer Mischung aus dem damaligen Rock’n’Roll, Blues und viel Folk – wobei die Lyrics hier eher in der zweiten Reihen stehen - Bedeutungsschwangeres, wie von DYLAN gewohnt, ist hier nicht alles. Es darf auch dank der späteren THE BAND manches mit Augenzwinkern betrachtet werden. Als Anspieltipps gibt es mal das melancholisch weinerliche „Tears Of Rage“, das anspruchsvoll kurze „Crash On The Levee (Down In The Flood)“, den DYLAN-Klassiker „You Ain’t Goin’ Nowhere”, „Nothing Was Delivered" und natürlich „This Wheel’s On Fire”. Aufgemacht in schicken Doppel-Digi atmen die damaligen Aufnahmen der recht lockeren Sessions trotz der digitalen Nachbearbeitung den Charme der 60er.
Tony Pettitt (FIELDS OF THE NEPHILIM) und seine alten Kollegen Peter Yates, Nod und Paul Wright sind zusammen mit vier (!) Sängerinnen - Julianne Regan (ALL ABOUT EVE), Evi Vine, Amandine Ferrari und Monica Richards (FAITH, THE MUSE) sowie Violinist Bob Loveday und weiteren Musikern mit einem neuen Projekt am Start: THE EDEN HOUSE. Alle harten Heulbojen-Combos zum Trotz wird auf dem Debüt „Smoke & Mirrors“ Musik geboten, die sich in der Ecke zwischen Gothic Rock und Dark Wave gut einsortiert. Das dabei mit Andy Jackson auch noch ein Mann aus dem PINK FLOYD Umfeld beteiligt war spricht ebenfalls für die atmosphärisch chillige Ausrichtung des gesamten Albums. Songs wie der sich für einschlägige Tanzfläche eignete Opener „To Believe In Something“, dem erhabenen „Gods Pride“ oder dem sehnsüchtig traurige „Reach Out“ laden zum versinken ein. Im zweiten Teil der Scheibe wird es dann etwas ruppiger und die Gitarre gewinnt an Zugkraft. Hier kommt einen gar mal U2 in Düster mit weiblichen Vocals in den Sinn („The Dark Half“). Das episch orchestrale vieler Parts und die Detailverliebtheit der Arrangements lassen sich bei THE EDEN HOUSE am Besten laut oder unter Kopfhörer erfassen. Wer also auf eher altmodischen Gothic abfährt, mit den FIELDS OF THE NEPHILIM was anfangen kann und gerne in sphärisch weiblichen Vocals schwelgt, der liegt mit „Smoke & Mirrors“ sicher nicht verkehrt.
FLUISTERWOUD lassen gleich sechsmal einen fahren – doch sind jedoch kein dicken Fürze ist so richtig viel Inbrunst, sondern eher lauter Langeweile-Püpschen. Die Holländer sind nicht nur längst aufgelöst, sondern gehen auch noch – wie der Titel ja nun sagt – ohne Hoffnung an ihre Scheibe heran. Und verbreiten auf ihrem posthumen Werk ein gerüttelt Maß an Klischee und Biederkeit. Das fängt beim schwarz-weiß Cover an, macht bei den unleserlichen Texten weiter – und hört dummerweise auch nicht bei der Musik auf. Nicht, dass die Gelderländer wirklich schlecht waren, nein, aber sie sind einfach zu wenig spektakulär, zu wenig eigenständig, zu wenig konsequent. Klar, in dieser halben Stunde frönen Saglinge, Nachtgraaaf und Co. den großen Vorbildern wie DarkThrone und Co., haben mit „Hoemannen“ sogar einen auffälligen, chaotischen, vielleicht sogar interessanten Song an Bord, bleiben aber meist in der eigenen Beliebigkeit stecken. Eigentlich stimmt alles, die Produktion ist verwaschen, die Songs schwarz, die musikalischen Fähigkeiten sicherlich nicht unterdurchschnittlich. Aber alles in Allem bleiben die Holländer einfach mittelmäßig – vielleicht ist das ein Grund für ihren Split, vielleicht ist das auch die Krux im gesamten Black Metal. Flatulenz ahoi!
„Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen“, krächzt ein schwarz-metallisch Stimmchen im Opener „Der Geiger“ und reiht sich damit ein in eine Reihe misslungener Parodien – könnte man meinen. Und doch wäre es zu oberflächlich, nach diesem Fehltritt auf die ganze Scheibe zu schließen, schließlich widmet sich die Süddeutschen streng dem Schaffen deutscher Dichter. Musikalisch geht es mehrdeutiger zu: Irgendwo auf dornenreichen Pfaden tapsen die Süddeutschen durchs anspruchsvolle Black-Metal-Unterholz, am Wegesrand stehen große gotische Fichten, kahle Ambient-Sträucher und vergammelte Bombast-Gräser. „Æschatologia“. Das Album ist ambitioniert, aber eben auch noch nicht so weit, wie beispielsweise NOCTE OBDUCTA zu guten (will sagen, allen Tagen vor ihrem letzten Album). Hier klingt der Sechs-Tracker zu aufgebauscht, da zu monoton, manchmal zu schmalzig, mal zu konstruiert. Und dennoch schafft es das Duo (das sich für die Aufnahmen mit Daniel von AHAB verstärkt hat) immer mal wieder meisterhaft (vor allem durch markanten Violinen-Einsatz), melancholisch-eindringliche Atmosphäre zu versprühen. Insgesamt aber wirkt die ganze Angelegenheit zu pathetisch, um Metallern wirklich zu gefallen – Vollmond klingt auch in Baden-Württemberg definitiv anders.
Necrovomit ist der „Invocator of Bestial Incantations“ und seine Band MANIAK „returned to krush your fucking skull“. Wie sie das machen will, bleibt nach dem Konsum dieser Black-Thrash-Scheibe allerdings ein vollendetes Rätsel. Allenfalls zum Lachen bringt den geneigten Hörer diese digitalisierte Zumutung. Okay, wäre heute 1982, ja dann... Aber heute wirkt das wie gewollt und nicht gekonnt. Abgedroschene Pseudonyme machen noch keine Angst, Phrasendrescherei sind keine Terror Propaganda, grottenschlechter Sound noch keinen Old-School-Kult. Und auch die Entschuldigung, auf den Phillipinen könne man sich keine bessere Aufnahmetechnik leisten als den scheinbar verwendeten Telefunken-Kassettenrekorder, interessiert mich nicht. Sicherlich gibt es auch heute gute Old-School-Bands – und es gibt vor allem noch die (wirklich kultigen) Original-Scheiben von Bands wie Sodom. Leider erreichen MANIAK diesen Standard zu keiner Sekunde, sondern sie nerven mehr als eine halbe Stunde lang mit langweiligem, ausgelutschtem, abgedroschenem, rumpeligem Kram – da bleibt einem sogar das Lachen im Halse stecken. Die beste Leistung der Asiaten ist vermutlich, dass sie Thrash mit zwei „h“ geschrieben haben.
Wie es der Zufall so will: Die just reviewten DARKNESS BY OATH machen noch das falsch, was SOUL DEMISE immer noch richtig machen. Auch die Franken orientieren sich an schwedischen Legenden wie AT THE GATES – nur sind sie, wenn lange nicht so bedeutend, fast genauso gut. Vier Jahre lang brauchten Alex, Roman und seine neuen Freunde – wegen Besetzungswechseln und unverständlich lang andauernder Labelsuche. Kein Wunder, dass ein Freak wie Chris Otto die Scheibe jetzt via Remission veröffentlicht. Denn diese Band ist so echt wie das Gefühl, das dich beim Lesen des Eckeroth-Buches über den schwedischen Death Metal überkommt. Sie schütteln die fetten Riffs nur so locker aus der Hose, nerven eben nicht mit Breakdowns vom Reissbrett, wie die Metal-Core-Abkömmlinge. Blast-Blitze durchzucken die Hemisphäre, Tempowechsel erschüttern die Erde, die Melodien sind so schön wie ein Sonnenuntergang am Strand – vergesst die alten Schweden, wenn SOUL DEMISE mit ihren „Acts Of Hate“ loslegen. Das hier ist so echt, so ehrlich, so geil. Und wenn Swanö mal hören möchte, wie man eine harte und melodiöse Death-Metal-Scheibe mit Thrash-Einflüssen heute produziert, dann sollte er bei Herrn Brandes im Iguana hospitieren. Die neue SOUL DEMISE ist schlichtweg ohne Abstriche Klasse, die vier Jahre Warten haben sich gelohnt. Als Bonus haben die Herrschaften noch ein Video von „Evidence Of Spoken Words“ beigepackt – „value for money“ heißt das wohl auf Neudeutsch. Falls ihr also irgendwelche Gutscheine im Osterei habt/hattet, gehet hin (vielleicht nach Amazonien) und kaufet „Acts Of Hate“ – Amen.
Das Spannendste an dieser Band scheint die Herkunft, denn sie kommen aus dem baskischen Teil Spaniens – und der hat mit Ausnahme der legendären KILLERS noch kein echtes Metal-Highlight hervorgebracht. Despektierlich wäre zu bemerken: das bleibt auch so. Denn DARKNESS BY OATH bieten auf der zweiten Scheibe recht herkömmlichen Melodic Death Metal. Punkt. Indes: Auch ohne die große Innovation macht es viel Freude, der Scheibe zu lauschen. Denn sie klingt erfrischend altmodisch nach älteren IN FLAMES oder DARK TRANQULITIY, es gibt nicht allzu soften Melo-Death ohne Keys zu hören. Der Wechselgesang zwischen Growls, Keifen und Growls, den Aritz Nabarro alleine besorgt, klingt ausgewogen und nervt auch im Kreischbereich nicht mit zu viel Metalcore-Charme. So altmodisch die Idee, so modern klingt der Sound aus dem Hause Swanö. Bei all seinen Vorteilen klingt das Ganze beinahe gewollt steril, allen voran triggert sich die Bass-Trommel ihren Weg. Total-Traditionalisten und Leute, die genannten Vorbildern oder AT THE GATES nachtrauern, die begeben sich mit den Basken aus Arrasate dennoch auf eine sehr angenehme Zeitreise, die aber nicht sonderlich fordert. Wer gern nach Malle in den Urlaub, der ist mit DARKNESS BY OATH sicherlich sehr gut bedient, wer aber etwas entdecken will und lieber mit dem Rucksack durchs Baskenland trampt, dem wird „Fear Yourself“ vielleicht zu konventionell sein – Spaß können aber beide Urlaubsarten machen.
Mit ihrem 1998er Debüt „Blacken The Angel“ lieferten die Mainzer AGATHODAIMON seinerzeit ein viel beachtetes Album ab, das es bis heute sogar zu einem kleinen Meilenstein in der Schnittmenge aus Black- und Gothic Metal gebracht hat. Danach folgten ein paar mehr oder weniger aufregende Werke, auf denen die Band längst nicht mehr so überzeugen konnte wie auf ihrem Erstling. Und genau in dieser Reihe steht auch der neueste Streich „Phoenix“, der zwischen sämtlichen Stühlen sitzt. Auf der einen Seite schielt man in Richtung CRADLE OF FILTH und Co., will aber auch die oberflächliche Goten-Community nicht vergrätzen, und zu allem Überfluss wird alles garniert mit einem Schuss traditioneller Klänge, die besonders in den mitunter sehr eingängigen Refrains durchscheinen. Das Problem ist unterm Strich einfach, dass das Album auf der einen Seite zwar leicht konsumierbar, wirklich flüssig durchhörbar und wenig sperrig ist, auf der anderen Seite aber jegliche Kompromisslosigkeit vermissen lässt. Alles wirkt irgendwie berechnet und konstruiert; auf einen fiesen Schrei-Part folgt sofort wieder der versöhnliche Clean-Refrain, auf jedes instrumentale Dauerfeuer der getragene, „softe“ Ausgleich mittels Rotwein-Keyboards. Auch nach x Durchläufen kann ich das Album nicht völlig schlecht finden, bin mir aber sehr sicher, dass diese Nummer-Sicher-Mixtur den Bläckies zu kuschelig, den Goth-Chicks zu aggro und den Traditionalisten zu „schwarz“ ist. So bleibt „Phoenix“ eine handwerklich sehr solide Scheibe, die aber an chronischer Seelenlosigkeit krankt. Nix Fisch, nix Fleisch.