Band:
Valborg
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Eine Best-Of Scheibe von einer nahezu unbekannten Band, die wohl nur den ganz harten Progfans überhaupt ein Begriff sein dürfte: die Rede ist von PARALLEL OR 90 DEGRES. Man kann sich schon drüber streiten, aber die Jungs von Prog Rock Records haben für nötig empfunden diesen Release „A Can Of Worms“ auf den Weg zu bringen. In anbetracht der Tatsache, dass die sechs in wechselnden Besetzungen aufgenommenen Studioalben (2002 erschien „More Exotic Ways To Die“) nicht mehr offiziell erhältlich und zum Teil nur noch zu üppigen Sammlerpreisen zu bekommen sind, bietet diese Doppel-CD mit zweimal fast 80 Minuten Spielzeit zumindest viel Musik für’s Geld. Ob es auch inhaltlich so dolle ist, da habe ich eher so meine Zweifel.
PARALLEL OR 90 DEGRES sind eine Progressive Rock Band, die 1996 aus dem Musikerkollektiv GOLD FRANKINCENSE AND DISKRIVE hervorging. Die beiden Protagonisten Andy Tillison und Sam Baine, bis dahin Mitglieder von Gold Frankincense and Diskdrive, arbeiteten zunächst mit wechselnden Musikern zusammen. Mit dem Ausstieg von Gitarrist Guy Manning 1996 wurde PARALLEL OR 90 DEGRES offiziell gegründet. Im selben Jahr wurden das Debüt „The Corner Of My Room“ aufgenommen, welches man Anfangs ausschließlich via Internet vertrieb. Aber auch mit den folgenden Werken war die Band kommerziell relativ erfolglos. Nicht von ungefähr entwickelte sich deshalb THE TANGENT, eine neue Formation, die eher retromäßig orientiert ist und sich aber sowohl musikalisch als auch was die Plattenverkäufe anging, wesentlich besser entwickelte und den Flop mit PARALLEL OR 90 DEGRES schnell vergessen lies.
Für alle THE TANGENT Fans bietet "A Can Of Worms" nun vielleicht schon eine interessante Chance den Vorgänger doch noch kennen zu lernen. Auf dem Doppler sind die vermeintlich besten Tracks sowie einige unveröffentlichte Raritäten enthalten u.a gibt es einen lässig-coolen "Blues For Lear" mit dem späteren THE TANGENT Mitbegründer sowie THE FLOWER KINGS Chef Roine Stolt an der Gitarre sowie den Lead Vocals und einige komplett unveröffentlichte Tracks.
PARALLEL OR 90 DEGRES sind stilistisch etwas vielschichtiger als THE TANGENT aber nicht komplett grundlegend anders.
Man findet viele Anleihen an Retroprog, Neoprog, Blues, Psychedelic und sogar etwas Triphop - nur unbedingt packend ist dies meist nach meinen Empfingen nicht. Nur wenn mal das Tempo angezogen wird und es etwas weniger verschroben zugeht wie bei „The Single“, dann kann die Mucke schon überzeugen. Ein großer Vokalist ist Tillison ansonsten eher auch nicht und sein recht glatter bzw. gleichförmiger Gesang sorgt auch nicht gerade für viele Ausrufezeichen. Ausnahme: das aufwühlende „Modern“, da wird es mal etwas heftiger und richtig aggressiv. Auf der zweiten Disc überzeugen mich neben dem überlangen aber sehr speziellen „Aftercycle Sequence“ noch am ehesten „Four Egos On the War“, ansonsten gleitet mir die Musik bei den langsamen Parts zu sehr in wässrige Dudelei ab.
Für alle Sammler, die die Erstauflage unbedingt haben müssen, Retro Rock Fetischisten mit viel Geduld und THE TANGENT Fans dürften mit „A Can Of Worms“ vielleicht schon etwas anfangen können, alle anderen könne sich diese Scheibe schenken.
Unlängst gab die Band übrigens bekannt, dass man wieder aktiv sei und erstmals am 9. Oktober 2009 dem Summer End Festival in Lydney (UK) auftreten werde. Zudem sei auch ein weiteres Studioalbum in Planung, na denn.
A Can Of Worms
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
15
Länge:
160:31 ()
Label:
Vertrieb:
Ich kann mich noch ziemlich genau an ein Hammeralbum von MARTIGAN "Man Of The Moment" aus 2002 erinnern – das Ding war einfach klasse und bot alles was (Neo) Progrockfans sich so (meistens) wünschten. Und dies hat sich auch mit dem aktuellen Werk „Vision“ keinen Millimeter geändert, denn die Kölner stehen für lupenreinen, klassischen Neo-Progrock, eine Art Querschnitt der alten MARILLION, PENDRAGON und natürlich einen guten Schuss IQ. Letztere wegen der teilweise recht dominanten Keyboards sowie des wunderbar virtuos-perligen Gitarrenspiels. Für die Texte und den prägnanten Gesangseindruck sorgt nach wie vor Leadsänger Kai Marckwordt, der den gleichwertigen Widerpart zur bestens abgestimmten Instrumentenfraktion bildet. Der neue Silberling beinhaltet acht Tracks, davon zwei ultralange Epen über der Zehn- und zwei andere jenseits der Zwanzig-Minuten-Grenze.
Die Songs, angefangen mit dem 23:12 Minuten Teil "Boatman's Vision" verzaubern durch breitflächige Klanglandschaften und üppige Melodiebögen die den Zuhörer mit auf eine elegische Reise nehmen. Beinahe wie selbstverständlich, ohne dabei etwa zu angestrengt zu klingen, werden großzügige Soloparts miteingebaut wobei insbesondere Gitarre (Björn Bisch) und variantenreiche Keyboards mit viel Hang zum symphonischen (Oliver Rebhan) glänzen können. Hier wird vielfach auf melodramatische Effekte gezielt, eine Erzählstimme ist beim Opener genauso eingebaut, wie Geräuschkollagen, sphärische positive Parts wechseln sich ab mit hymnischen Teilen um dann wieder in mollige Bilder abzutauchen. Bei dem opulenten-pompösen „Touch In Time“ mal mit etwas riffigeren Gitarren (die ruhig etwas mehr nach vorne gemischt sein könnten) ausgestattet, singt, lebt und leidet sich Fronter und Geschichtenerzähler Kai Marckwordt nicht nur hier in bester FISH bzw. PETER GABRIEL-Manier mehr oder weniger theatralisch durch seine Texte. Auch wenn er vielleicht nicht so ganz das große Volumen abdecken kann, er hat eine tolle Präsenz und klingt authentisch. Ebenfalls sehr überzeugend: das relativ kraftvolle sowie schwungvolle „Much More“, hier singt Kai mal sogar richtig aggressiv (könnte er ruhig noch öfter tun).
Aber auch für die leichtere Muße fühlen sich MARTIGAN durchaus zuständig, dies wird bei „Craze This Town“ deutlich, aber dann sorgt diese wunderbar elegische Gitarrenparts für die Rückkehr zum ansonsten recht simplen Track.
Der eigene hohe Anspruch der Band ein abwechslungsreiches Album zu machen, das Eingängigkeit und Komplexität mit einer ungewöhnlichen Selbstverständlichkeit verbindet ist größtenteils ohne Abstriche geglückt. Weiterhin hoch anrechen muss ich den Herren auch, dass auf das bei vielen Bands übliche Gefrickel komplett verzichtet wurde.
Der selbst produzierte Sound überzeugt ebenfalls, an machen Stellen groovt es sogar mal so richtig lässig wie bei dem leicht orientalisch angehauchten „Red & Green“. Von der oftmals insbesondere britischen Neo-Prog Vertretern vorgeworfenen Kühle ist bei MARTIGAN nie etwas zu spüren, im Gegenteil hier wird Wert auf atmosphärische Intensität gelegt, die nicht nur das Hirn sondern auch das Herz überzeugt.
Trotzdem bestehen auch zu den technischen Fähigkeiten natürlich keine offenen Fragen, die Arrangements sitzen perfekt, die Melodien fließen zielgenau, Breaks und Pausen werden gefühlssicher eingestreut, so dass die vermeintliche Komplexität nie im Vordergrund steht sondern trotz aller Längen in ein entspanntes Zuhören mündet. Die Band punktet somit in allen Bereichen, es gibt genügend Ideen zu entdecken und so ist der für viele Progfans so wichtige Langzeiteffekt hier auf "Vision" absolut gegeben. MARTIGAN haben ihre Visionen nach langer Pause erneut vortrefflich umgesetzt, wenn auch die großen Innovationen aus bleiben, denn dies hat man alles schon mal so ähnlich gehört. Ein toll gemachtes Artwork sorgt noch für das I-Tüpfelchen einer starken Veröffentlichung, von einer Band die zum Vorgänger deutlich gereifter klingt und die mit diesem Output für alle Neo-Progfreaks eine absolute Kaufempfehlung darstellt.
Vision
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
9
Länge:
79:18 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten