Normalerweise reicht die Nennung von MYSTIC PROPHECY schon aus, um mich eine Scheibe wieder weglegen zu lassen, vorzugsweise in schnell. Bei WATCH ME BLEED sieht die Sache etwas anders aus, hat die Combo doch mit dem Brötchengeber von Markus Pohl und Steffen Theurer (SYMPHORCE) musikalisch nicht viel gemein. Die Herren haben offenkundig Bock auf ein dicke-Eier-Brett modernen Metals gehabt, der MACHINE HEAD, PANTERA und Death Metal ordentlich mischt. Produktionstechnisch erste Sahne („Burn Down Hope“), vom Artwork her ebenfalls und auch der Plattentitel ist irgendwie cool. Die ersten paar Male macht „Souldrinker“ auch Spaß und lädt zum schön hirnfreien Abgehen ein, aber nach und nach stellt sich Ernüchterung ein, denn zu glatt, zu seelenlos wirken die Songs. Zu oft nach Schema F geschrieben („All Red Roses Die“) und dadurch anbiedernd wirkend. Mag ja sein, dass die beiden Hauptprotagonisten wirklich Bock auf die Musik hatten, letztendlich ist „Souldrinker“ da aber nicht überzeugend genug, um den faden Beigeschmack der Berechnung verschwinden zu lassen. Wer sich daran nicht stört und zur Keychain-Baggy-Plugs-Fraktion zählt, kann WATCH ME BLEED ruhig mal eine Chance geben.
THIS BLEEDING SOUL legen mit “As All Ebbs Away” ihre zweite EP vor, die zwar nur drei Songs beinhaltet, aber es trotzdem auf 13 Minuten Spielzeit bringt. Den Songs wird also genug Zeit zur Entfaltung gegeben, positiv gesagt. Leider ist das, was THIS BLEEDING SOUL hier präsentieren, allerhöchsten durchschnittlicher Metalcore, meistens sogar darunter angesiedelt. Die Songs haben keinen Spannungsbogen und wirken oftmals nicht aus homogenen Parts bestehend, was besonders bei „April 1st“ deutlich wird. Handwerklich sind die Musiker zwar einigermaßen fit, es fehlt ihnen aber noch das Gespür für knackige Riffs, Melodien, die im Ohr bleiben und einen spannenden Songaufbau. Da auch die Produktion etwas schwach auf der Brust ist, wirkt „As All Ebbs Away“ insgesamt unrund und wie das Demo einer Schülerband.
Die 2005 im bayrischen Schweinfurt aus der Taufe gehobene Band THE GHOST ROCKETS setzt auf ihrem gleichnamigen Debüt auf Rock, Stoner und Alternative-Sound welcher den Hörer, dem Cover entnehmend, überrollen soll. Letzteres gelingt mit Songs wie den deftig, schnell auf den Punkt kommenden „Morphosis“ und „Sunchild", dem cool groovenden und sich schnell in Ohr und Beine festsetzenden „Aurora Borealis“ sowie dem etwas längeren mit ausreichend Stoner-Faktor versehenen „This Life Must Be A Sample“ gut und lässt vergessen, das es sich bei THE GHOST ROCKETS um deutsche Neulinge handelt. Die zehn Songs auf „The Ghost Rockets“ haben eine eigenständige Note - und das die Jungs es schon ganz gut draufhaben kann man auch daraus ersehen, dass sie es schaffen abwechslungsreiche und eingängige Songs zu komponieren ohne sich groß zu wiederholen. THE GHOST ROCKETS wissen mit ihrem Debüt-Longplayer also zu gefallen. Ergo, wer auf Mucke im Fahrwasser der flotteren QUEENS OF THE STONE AGE steht darf hier ruhig mal seine Lauscher riskieren.
THE MERCURY ARC sind im Grunde BUTTERFLY COME minus altem Sänger: da der aber auch die Namensrechte an der alten Band hatte, musste sich der Rest unter anderem Namen neu formieren. Und hat mit Dennis Diehl eine passablen Sänger gefunden, der zum modernen Metal der Combo wie Arsch auf Eimer passt und selbst vor Rap-Einlagen nicht zurück schreckt (und die gut meistert). Im Grunde gibt es auf „Paint The Sun Black“ eine solide Mischung aus LINKING PARK und RAUNCHY, gemischt mit Neo Thrash-Heftigkeit und manchmal sogar schwedischen Gitarren. Bei so was muss die Produktion natürlich Fett sein (FETT um genau zu sein), was sie auch ist und den Songs so die nötige Durchschlagskraft verleiht – „Paint The Sun Black“ kracht heftig aus den Boxen, leider aber ohne wirkliche Höhepunkt und auf Dauer etwas zu eintönig. Die Ballade am Ende wird nie wieder erwähnt werden, die ist echt überflüssig. Der Rest ist gut gemachter moderner Metal, der mit dicken Eiern eingespielt wurde und sich vielleicht sogar New Metal schimpfen lassen würde, was ihm stellenweise einen nostalgischen Charme verleiht, der aber die Schwächen im Songwriting nicht verdecken kann: zu wenig Variation, zu wenig wirklich im Ohr hängen bleibende Songs. Ganz gut und für einen Erstling in Ordnung, beim nächsten Mal aber bitte mehr Ellbogenfett beim Songschreiben nutzen.
LOVEHATEHERO können rocken, das haben sie in der Vergangenheit durchaus bewiesen und stellen sie auf „America Underwater“ unter Beweis – nur leider viel zu selten und fast schon verschämt. „Think Twice“ zum Beispiel könnte richtig krachig werden, wäre da nicht der viel zu starke Emo-Touch (im negativen Sinne und nicht im 90er-Emocore-Touch). Irgendwann während des Songwritings zur neuen Scheibe muss den Jungs jemand die Eier geklaut haben oder der Teufel ihnen einen Deal angeboten haben, anders läst sich die Wende zu poppig-süßem Emo nicht erklären, die mit „America Underwater“ eingeläutet wird. Manchmal sind die Amis so zahnlos, dass selbst REM wie große bös Rocker wirken und die PRESIDENTS OF THE UNITED STATES richtig krachig, wie „You’ll Never Know“ belegt. LOVEHATEHERO biedern sich viel zu sehr dem Massengeschmack an und haben dabei ihre Identität komplett aufgegeben. Wären jetzt drei, vier gute Songs rausgekommen, wäre das ja ok, aber einzig „Pants Off To Dance“ ist einigermaßen gut und swingend geworden, die restlichen Songs sind völlig durchschnittlicher und damit belangloser Emopop, den in dieser Form außer 14jährigen Mädchen niemand braucht.
Wenn der gemeine Gote in Weinachtsstimmung kommt, steht er wohl nicht auf WHAMs "Last Christmas". Eine knallbunte Mischung an Band hat sich auf dem dem "Black Snow" Sampler versammelt, ob dabei aber auch nur der Hauch einer Weihnachtsstimmung aufkommt, sei dahingestellt. Thematisch dreht sich jedenfalls alles mehr oder weniger darum - beginnend mit FEINDFLUGSs gewohnt vocallosen und durchaus atmosphärischen "Wintergedanken" wildern sich insgesamt 16 Bands durch den vorweihnachtlichen Electro/Gothrock-Garten. Größtenteils ist die Auswahl etwas zu zahnlos und es fallen lediglich DYM mit einer noisig-verqueren Version des "Little Drummer Boy" auf und ecken die Electropunks JABBERWOCK mit recht deutlicher Sprache an. Klassisch weihnachtlich sind nur die nostalgischen Klänge ("Tausend Sterne Sind Ein Dom" oder "I Want A Hippopotamus For Christmas", das dem naiven Original nur wenig nachsteht), alles andere hat im weitesten Sinne ein "Christmas" im Song- oder Remixnamen und lässt ansonsten einen roten Faden missen der schon reichlich Konsenswillen in der gotischen Familie fordert um allen zu gefallen.