Die Schweizer Thrash Band DRIFTER hatte Ende der Achtziger mit „Reality Turns To Dust“ (1988) und „Nowhere To Hide“ (1989) zwei beachtenswerte Alben am Start und hätten es wohl durchaus zu einigen Erfolgen gebracht, wenn anschließende Besetzungswechsel ihnen nicht Genick gebrochen hätten. Schade, denn ihre Mischung aus Thrash, Power Metal und leicht progressiven Einschüben, zusammen mit einer tollen Gesangsleistung (Tommy Lion) hatte Wumms und wurde vielfach mit Höchstnoten bewertet. Vor Jahren reformiert gab es 2006 dann u.a. einen bejubelten Auftritt auf dem Keep It True Festival – und danach erst mal wieder Funkstille, welche die Band nun selbst mit einer Demo zu Promo-Zwecken durchbrochen hat. Auf vorliegender Demo 2010 gibt es neben vier guten Bangern aus alten Tagen („So Much Blood“, „Strontium Dog“, „Reality Turns To Dust“ und „Highlander“) mit „The Clown“ (Tempo und Melodie), „Dream Eagle“ (für DRIFTER ein wohl eher bedächtiger Song) und „Tortured Brain“ (schön fett) auch aktuellen Stoff, der aufzeigt das die Herren Tommy Lion (Gesang, zwischenzeitlich STORMHAMMER), die Gitaristen Peter Wolff und Ivan Marcon (alle drei noch vom Original Line-Up), sowie Gabor Szabo (Bass) und Bruno Naef (Schlagzeug) auch heute noch Alben veröffentlichten sollten – was laut Band ja auch für dieses Jahr in Planung ist. Denn DRIFTER können sich auch Anno 2010 mit ihrer Mucke noch hören lassen. Wer sich da selbst einen Eindruck verschaffen möchte, der sollte sich mal auf die Band-Page bzw. auf der DRIFTER MySpace einklinken.
GRAVE haben sich nie irgendwelchen Trends gebeugt, im Gegenteil: in letzter Zeit scheint bei Ola Lindgren und Co. wieder eine Rückbesinnung auf die eigenen Anfangstage angesagt zu sein, was „Dominion VIII“ bewies. Im gleichen Stil geht es mit „Burial Ground“ weiter, old-schooliger waren GRAVE schon lange nicht mehr, genauso genommen seit „Into The Grave“. Immer schön auf die Fresse, direkt und ehrlich, ganz wie es im Sinne alter Stockholmer Schule ist, gehen GRAVE vor, wobei sie gekonnt zwischen typischen schnellen Passagen (mit etwas ausgefeilterem Drumming als anno 1991) und fies-langsamen Abschnitten wechseln, wobei die schnellen Sachen in der Überzahl sind. „Dismembered Mind“ ist für die schnellen Songs ein gelungenes Beispiel, genau wieder arschtretende Opener „Liberation“, dessen Gitarrenarbeit GRAVE-typischer kaum hätte sein können. GRAVE geben Death Metal-Fans mit diesem Longplayer alles, was die wollen, brauchen und mögen, prominente Unterstützung inklusive: bei „Bloodtrail“ ist NILE-Kopf Karl Sanders an der Gitarre zu hören. Aber eigentlich brauchen GRAVE solches Namedropping nicht, spricht doch die Klasse der „Burial Ground“-Songs für sich. Old school as fuck!
Relativ zeitgleich mit der Tour zusammen mit VLAD IN TEARS brachten CHEENO mit "2 Face Macy" nun ihr zweites Album in die Läden, das im Übrigen auch wieder von einer die Geschichte der Platte illustrierenden Comic-Veröffentlichung begleitet wird. Die Kombo mit Sängerin Jennie Kloos, die 2006 den Deutschen Rock- und Pop-Preis für sich beanspruchen konnte, lässt es auch auf diesem Album ordentlich krachen und die Gitarren volle Breitseite geben. Musikalisch bewegt man sich in der Grauzone zwischen Alternative und Metal; das Ganze kommt mal metallischer, wie zum Beispiel bei "No Harm Intended", mal grooviger wie bei "The Both Of Me" daher. "Raum 18" schwankt zwischen ziemlich dreckig und hypnotisch, "See You Next Sunday" dagegen präsentiert sich zunächst als Gitarrenballade mit mehrstimmigem Gesang, um dann, wenn man schon nicht mehr damit rechnet, schlagartig von Null auf Hundert zu beschleunigen. Für alle, die sich erschreckt haben: "Who´s The One" bleibt dann tatsächlich durchgängig ruhig. Wer auf krachende, fette Gitarren und Frauenstimmen, die nicht in Richtung Oper tendieren, steht, sollte sich CHEENO ruhig mal anhören.
1983 gegründet gehören FRENZY neben Bands wie den METEORS und DEMENTED ARE GO zu den englischen Psychobilly-Bands der ersten Stunde. Den Bekanntheitsgrad der beiden letztgenannten haben sie allerdings nie erreicht. Wenn man sich ihr neues Album „In The Blood“ anhört, muss man sich wirklich fragen, warum das so ist. FRENZY klingen weniger dreckig als viele ihrer Kollegen, dafür swingen sie mehr und befinden sich näher am Rockabilly. Ihre Songs grooven ordentlich, und immer wieder gibt es schöne Ohrwurm-Refrains zu hören. Außerdem versteht das Trio sein musikalisches Handwerk bestens: So überzeugen neben der hervorragenden Kontrabass-Arbeit von Frontmann Steve Whitehouse vor allem Steve Eatons kurze, aber feine Gitarren-Soli. Hinzu kommt, dass „In The Blood“ im Gegensatz zu vielen anderen Psychobilly-Scheiben hervorragend produziert ist. Instrumente wie Gesang kommen prägnant und klar rüber, auf in diesem Genre üblichen Schnickschnack wie Horror-Sounds oder übertriebene Hall-Effekte wurde komplett verzichtet. Diese Schnörkellosigkeit ist auch in den Songs selbst zu finden: Hier stehen Musik und Band im Vordergrund, keine Show-Effekte. Ein paar echte Kracher vermisse ich hier zwar, aber dafür klingt das Album insgesamt angenehm rund und unaufgeregt. „In The Blood“ haut einen vielleicht nicht völlig um, aber es ist dennoch ein schönes Album geworden, das gerade denjenigen empfohlen sei, denen die maskierten und geschminkten Horror-Show-Bands des Genres auf die Nerven gehen.
Mit „Alles Und Nichts“ legt die deutsche Band BOILER ihr Debüt-Album vor, und das geniale Cover lässt auf guten Sound hoffen. Vergebens. Musikalisch sind die Jungs gar nicht mal so schlecht, es gibt fette Rock-/Metal-Riffs zu hören, die gut gespielt sind, ganz ordentlich nach vorne gehen und ein bisschen nach einer Light-Version von RAMMSTEIN klingen. Nur sind die Songs einfach nicht toll geschrieben, echte Refrains z. B. sucht man vergebens. Vor allem aber nervt der Gesang, der teils an Falco-mäßigen Sprechgesang erinnert, teils gekrächzt bis geschrieen wird, wobei Sänger Howdie noch dazu auch wirklich keine besonders tolle Stimme hat. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Texte teilweise echt übel sind. Klar, das ist immer das Problem mit Bands, die deutsch singen: Man versteht die Texte viel zu gut. Englisch gesungen geht oft der größte Nonsens durch, weil man einfach nicht alles mitbekommt und auch nicht gezwungen ist, auf die Texte zu achten. Den Unsinn, den BOILER verzapfen, versteht man aber leider viel zu gut. Dort heißt es z. B.: „Bin einsam wie ne Sau / Ich wünsche mir ne Frau / Ohne is Supergau“ oder: „Geträumte Sünde / Notmasturbation / Geträumte Sünde / Abortejakulation“ oder auch: „Willst du für mich tanzen? – JA! / Ich zeig dir meinen Ranzen – JA!“ Keine Ahnung, was die Jungs sich bei solchen Textzeilen denken und wer so was gut finden soll. Ich jedenfalls kann diesem Album nicht viel abgewinnen.
BLACK TUSK passen mit ihrem Sludge-Sound im Grunde perfekt zu Relapse Records, können aber im direkten Vergleich mit Label-interner (HOWL, BARONESS) wie externer Konkurrenz nicht mithalten – zu uninspiriert, zu eindimensional ist das Material von „Taste The Sin“. Zu ähnlich klingen die Songs, egal ob in den flotter groovenden Parts oder den schleppenden Abschnitten, BLACK TUSK haben da einfach zu wenige Ideen zu oft wiederholt. Zwar sind „Embrace The Madness“ oder „Way Of Horse And Howl“ passable Nummern, in denen der typisch rotzige Sludge-Charme hervorsticht (durch die gewollt räudige Produktion noch verstärkt), aber dem stehen viel zu viele belanglose Songs gegenüber, mit denen sich die Band nicht von der Konkurrenz absetzen kann – oder nur vor ihr bestehen.