Erstaunlich fett für eine Eigenpressung klingt die Debut-EP der Wiener ENEERA. Da gibt es einige Profiprodukte, die um einiges schwächer klingen. Respekt. Musikalisch bewegen sich ENEERA zwischen MACHINE HEAD, FEAR FACTORY und diversen Metalcore-Kandidaten. Obwohl Oberbrüllwürfel Pujan recht rabiat zu Werke geht, schleichen sich immer wieder Melodien ein, die man oberflächlich betrachtet gar nicht vermuten würde. Meist im kraftvollen Midtempo agierend, entwickeln ENEERA eine ziemliche Durchschlagskraft. Allerdings ist dies auch gleichzeitig die Krux an der Geschichte: So fehlt es den Songs von ENEERA noch ein wenig an Abwechslung. Für die EP ist es Ok, auf Albumlänge täten sicher noch ein paar tempotechnische Variationen gut. Ein solider Einstand ist mit „Gears Of Life“ aber geglückt. Würde mich nicht wundern, wenn der erste Full-Length Output von ENEERA kein Eigengewächs mehr ist.
TOKKS VOITTO, so der Name dieser Band, haben auf ihrem Debüt „Formation“ zwar nur fünf Songs mit einer Gesamtlänge von knapp einer halben Stunde anzubieten, dafür sind diese Songs umso durchdachter und spaßiger. Mit direkt zwei Stimmen an den Vocals, beide angesiedelt im tiefen Tonbereich, gibt das einen tiefen, bösen Death Metal auf die Ohren der sich vor allem auch dadurch auszeichnet nicht in kurzatmigen Standard-Titeln abzusaufen. Ob die Bezeichnung „Melodic“ passend ist wage ich mal anzukreiden, zu tief und schattig ist der Soundcharakter mit unter dann doch. Trotzdem haben gerad Songs wie „Obvious“ oder „Reason“ ihre melodischen Anteile, gerade in dem Maße das es einem nicht auf die Nerven geht. Ab und an ist ein wenig Abwechslung und vor allem Akzentuierung zu vermitteln und der ein oder andere Ton will mir auch nicht ganz überzeugend vermitteln das der nun da hin gehört wo er erklingt – aber das passt schon.
Bis hier hin haben wir grundsoliden, wenngleich auch sicherlich nicht unbedingt völlig überragende Musik vor uns. Aber nun kommt’s: Was ist bitte Melodic Death Metal unter Creative Commons Lizenz? Ach so, jetzt erinnere ich mich: Beseelt vom „Anti-Kommerz“-Gedanken steht „Formation“ völlig frei im Netz zur Verfügung. Und wer mit der CD die Band supporten will kann das mit gewaltigen fünf Euro tun. Und liebe Freunde des nackenbrechenden Schwermetalles, das kann man nur empfehlen. Ich meine, alleine schon des Gedankens wegen – da macht’s Hören gleich mehr Spaß.
Das ist mal wieder so ein hoch erfreulicher Fall von “die Band kennt keine Sau, die Musik ist aber geil!”. Die Italiener von LUCID DREAM machen auf ihrer CD „Visions From Cosmos 11“ eine Mischung aus progressivem Rock und klassischem Hard Rock im Stil der 80ger Jahre und jonglieren galant zwischen fetzigen Riffs, starken Soli und einem sehr charismatischen Sound. Und dieser Eindruck von Charakter kommt nicht von ungefähr: Gitarrist Simone Terigi hat die Band nämlich 2009 zusammengetrommelt und dort Bekanntschaft mit dem Bassisten Gianluca Eroico gemacht. Der hat bis dato in der Band JOE SATRIANI TRIBUTE gespielt. Gerade der Einfluss von Letzterem wird insbesondere beim Song „Fallin‘“ klar, ein Titel der einerseits den starken Fokus auf die grandiose Arbeit an der E-Gitarre legt, gleichzeitig aber den anderen Bandmitgliedern genug Spielraum lässt – alles mit einem sehr hohen musikalischen Anspruch versteht sich. JOE SATRIANI lässt wirklich grüßen.
Aber auch wenn ich dieses Element besonders herausragend fand: Generell hat man bei der CD einen extrem homogenen Eindruck der einerseits an so vieles erinnert, gleichzeitig faszinierend autonom wirkt und einem keinerlei Assoziationen mit anderen Bands auf die Ohren drückt. Wenn man Namen nennen darf: SATCH, STEVE VAI, LED ZEPPELIN, DAVID GILMOUR, DEEP PURPLE, JUDAS PRIEST, GLENN HUGHES. Und das mal nur so als grobe Anhaltspunkte.
Schwächen weiß die CD nur mit der knapp einminütigen Pseudo-Ballade „Night Feel“ aufzuweisen. Kann man ignorieren. Denn der Rest von LUCID DREAMs „Visions From Cosmos 11“ ist ein absolut faszinierender Geheimtipp für Freude klassischem Rock und Metal auf höchstem Niveau! Es hat wohl doch einen Grund warum das Ding neuerdings andauernd bei mir im CD-Player rotiert…
LOST WISDOM kommen aus Berlin und spielen nach eigenen Angaben Melodic Death Metal, wobei ich die Musik eher als melodischen und langsamen Black Metal bezeichnen will. Die nun erfolgte Erstveröffentlichung "A Journey To The Edge" ist eine EP mit drei Songs und zwei Bonustracks. Das Cover als eine einfache Bleistiftzeichnung einer Welt als Scheibe, bei dem ein Schiff vom Rand herabzukippen droht, macht nicht gerade Lust auf die Scheibe und wirkt wie der erste Versuch einer Schülerband, ein paar Songs, die man im Rahmen eines Jugendprojekts geschrieben hat, zu veröffentlichen. Leider muss man beim Reinhören direkt erhebliche Abzüge bei der Soundqualität des Silberlings machen. Kein Instrument überzeugt im Sound, der viel zu dünn ist und keinen Druck aufbauen kann. Auch der Gesang von Sänger Thomas ist leider mehr als bescheiden, was sicherlich aber auch an der schlechten Soundqualität der CD liegt. Die Songs schleppen sich alle langsam oder im Midtempobereich dahin. Leider schafft es kein Track, meine Aufmerksamkeit zu wecken. Hier und da dudelt eine Melodie ins Ohr, der Sänger krächzt und keift über wenig bewegende Gitarren- und Keyboardlines, und irgendwie könnte die ganze Scheibe dazu geeignet sein, eine Metaldisco endlich ausklingen zu lassen. Leider muss ich feststellen, dass der Band mit diesem Werk kein weiter Wurf gelungen ist. Derartiges hätte vor 15 Jahren vielleicht noch Aufmerksamkeit erzeugt, heute will man weder die Qualität noch die Songs der Machart hören. Herausheben will ich allerdings, dass die Band ein gutes Gespür für einen Songaufbau hat und nicht gerade im 08/15-Stil die Nummern runternudelt. Positiv auch der Umstand, dass alle Songs auf der Internetseite der Band kostenfrei heruntergeladen werden können. Klasse. Die Band will Ende 2011 wieder eine weitere EP aufnehmen. Ich hoffe, dass die Band sich weiter entwickelt. Eine Steigerung sollte leicht möglich sein.
Die 2010 gegründeten ILLUCINOMA kommen aus Amsterdam und legen mit ihrer gleichnamigen Drei-Song-EP einen Appetithappen auf künftige Werke des Quintetts in klassischer Besetzung (zwei Gitarren, Bass, Sänger und Schlagzeuger) vor. Leider bleibt mir dieser Happen doch etwas im Halse stecken, denn die EP plätschert an mir recht belanglos vorbei und fängt bei mehrmaligem Hören an zu nerven. Ein Lob gilt allein der Gitarrenarbeit, die sehr abwechslungsreich und typisch progressiv verspielt sich durch die vielen Riffs der dre Songs arbeitet. Gesanglich kann ich mit der Band auf gar keinem Nennen kommen. Sänger Joram Bronwasser klingt ähnlich wie Mille von KREATOR, leider nur schlechter. Sein Gesang quält sich durch die 3 Songs und ist dabei zum Einschlafen eintönig. Sieht man von den stellenweise gute Ansätze zeigenden Gitarrenriffs ab, so verbleiben oft komplexe Songstrukturen, die bei den drei Tracks, die alle gut fünf Minuten Länge aufweisen, mehr Verwirrung als Freude bringen. Sorry, ich kann mit der Musik nicht viel anfangen und glaube auch nicht, dass die Band eine musikalisch bedeutsame Zukunft haben wird. In erster Linie sollte man am Gesang arbeiten, so dass insgesamt zu hoffen bleibt, dass die Band sich irgendwann in besserer Form präsentiert.
Jawoll ja, so geht das. Die Italiener von VOODOO HIGHWAY zelebrieren mitreißenden Hard Rock der ganz alten Schule. DEEP PURPLE, alte RAINBOW oder WHITESNAKE werden gekonnt zitiert, aber nicht kopiert. In Sachen Songwriting und Spielfreude nageln VOODOO HIGHWAY mit „Broken Uncle's Inn“ die letzten Alben ihrer offensichtlichen Vorbilder gnadenlos an die Wand. Zusammen mit VOODOO CIRCLE die beste neue Hard Rock Band....hier scheint echt Voodoo im Spiel zu sein.
„The Fire Will Burn Away (All The Darkness)“ zeigt das Händchen der Band für große Refrains, „Window“ besticht durch wunderschöne Hammond Sounds wie sie auch ein Jon Lord oder ein Ken Hensley nicht besser hinbekämen. Bei „Runnin' Around“ wir richtig gerockt und „Heaven with no Stars“ zeigt die gefühlvolle Seite der jungen Herren vom Stiefel. Auch der Rest des Albums fällt nicht ab, so daß wir hier von einer wirklich runden Sache sprechen können. VOODOO HIGHWAY marschieren mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung gen Hard Rock Olymp und lassen gestandene Altmeister wie Coverdale noch älter aussehen als sie ohnehin schon sind. Ganz groß. (FZ)
Aufgepasst! Jetzt kommen fünf Hamburger Jungs mit einer neuen Band namens DEATHTRAP FOR PHÖNIX an den Start. Unter den vielen Neuveröffentlichungen fällt mir besonders das hochwertige Cover und die ansprechende Gestaltung des Booklets ins Auge. Der dortige düstere Comicstil mit einer Krimistory macht direkt Lust auf das Album. Das beginnt dann auch sehr atmosphärisch mit einem gesprochenen Intro im "SIN CITY"-Stil. Der erste Track "Pale Dead Beauty" ist wie die folgenden Songs eine Mischung aus Alternative Metal, Metalcore bis Death Metal, wobei man sich nicht scheut, auch plötzlich völlig stilfremd eine Bluespassage einzubauen. Gesanglich wechseln sich cleaner melodischer Gesang, der deutlich überwiegt, mit derbem Death/ Metalcore-Geschreie ab. Das Album ist erstklassig produziert und schon direkt nach einigen Sekunden merkt man, dass die Band etwas besonderes unter der Flut der vielen Veröffentlichungen ist. Man hat Gespür für gute Melodieläufe und weiß einen Song überzeugend aufzubauen. Die ersten drei Tracks sind Bestandteil der erwähnten kleinen Kurzgeschichte. Zwischendurch gibt es kurze Erzählpassagen eines professionellen Sprechers, um die Story fortzutreiben. Sehr gelungen. Auch die Folgetitel im Midtempo überzeugen mich. Ausnehmen muss ich "One Moment For The Fallen", eine Ballade, die sicherlich gelungen ist, ich jedoch nicht gebraucht hätte. Dafür hätte ich lieber eine weitere Haudraufnummer wie das folgende treibende "Revelation" gehört. Es verbleibt ein sehr guter Gesamteindruck. Ich gebe die Höchstnote für eine Band, von der man hoffentlich noch eine Menge hören wird.
Hinter OLD GHOSTS stecken Leute, die u.a. bei DEAD HEARTS aktiv waren, also keine völligen Anfänger mehr sind. Ihr auf der Band-Website kostenlos zu bekommendes „2011“-Album macht das vom ersten Track an eindrucksvoll klar, wenn „Invocation“ mächtig Druck und Spannung aufbaut, die im folgenden „Scapegoat“ in bester DEAD HEARTS-Manier entladen wird. OLD GHOSTS bedienen sich fröhlich in der eigenen Discography, mixen ordentlich RINGWORM und SICK OF IT ALL dazu und bekommen so ein mitreißendes, heftiges HC-Album raus, das neueren TERROR und TRAPPED UNDER ICE nicht nur musikalisch nahe, sondern bei der Qualität in nichts nachsteht. Die Kerle machen einfach alle richtig, halten die Songs kurz und knackig, setzen die Breaks im richtigen Moment, um Spannung aufbauen zu können, die sich wieder eruptiv entlädt. Verdammt geiles Album, mit dem OLD GHOSTS auf viel Gegenliebe stoßen werden, zumal sie einen Kontrast zum Modern-HC-Hype um TOUCHE AMORE/ LA DISPUTE/ DEFEATER setzen. Schönes Ding.
Ich habe absolut keine Ahnung wie man ohne Kopf derart geile Musik machen kann. Ernsthaft. HEADLESS BEAST mit ihrem Debut „Forced To Kill“ ist eine frische Band aus Ulm, die mit starkem Heavy Metal im klassischen stilistischen Bereich grob um und nach der NWoBHM doch arg die Nackenmuskeln strapaziert – und das alles übrigens in Eigenproduktion! Ich weiß gar nicht, was mich hier mehr begeistern soll: Der absolut starke Sound, die eingängigen Lyrics mit ihren mitunter doch sehr ernsten Themen oder einfach die Tatsache, dass man sich mal wieder über eine Band freuen kann, die Musik macht, die den Titel „Heavy Metal“ mit Würde trägt.
Auf dem Großteil der CD finden sich Songs mit klassischem Metal-Riffing, heißt in diesem Falle „Mid-Tempo, herber Fullstack-Sound und eine klare Rhythmus- und Solo-Aufteilung“. Manch einer der betont alternativen und innovativen Musiker wird nun die Nase über ein so Oldschool-mäßiges Soundbild rümpfen – ich kann jedoch versichern, dass das mehr als Fehl am Platze ist. Denn man sollte schließlich stehts bedenken: Beim Gros der neuen Bands ist es doch so, dass diejenigen die Altbekanntes geil umsetzen mit ihrer Musik genauso viel Eindruck schinden wie jene welche sich durch besondere Kreativität auszeichnen. Oder anders gesagt: Wer sich da behaupten will, wo unsere (jedenfalls meine) musikalischen Vorbilder die Bühnen dieser Welt gerockt haben, muss was auf dem Kasten haben.
Die CD kommt übrigens mit einem hübschen, wenngleich auch sehr klischeehaften Artwork und einem hübschen Booklet. Und hiermit, ganz ohne Umschweife gesagt, mein Fazit: Geile Scheiße!
Zwischen Monstern und Psychos. Sah es in der Metalszene für Außenstehende eigentlich je anders aus? Oh, tut mir leid; da bin ich am Thema vorbei. „Between Monsters And Psychos“ ist das Erstlingswerk einer jungen Band namens CALAMITY aus Duisburg. Etwas was „nicht Mainstream ist“ und „an den Garagen-Sound der 90ger Jahre erinnert“ sollte es werden, was bei rum kam ist meiner Meinung nach allerdings leider nicht dieser gnadenlos coole NIRVANA-Sound (der war auch 90ger und Garage – nur eben in gut), dafür eher genau das was ich von einer Lokalband Marke „Konzert in der Stammkneipe“ erwarten würde. Wenig überzeugend geht das Ding mit „With You“ los, schreddert einige recht simpel gestrickte Riffs vor sich hin und wird dabei von weiblicher Stimme am Mikrofon getragen. Und „getragen“ bringt es da leider auch auf den Punkt – von stimmlicher Hingabe ist da nicht viel zu merken. Das ist jetzt nicht per se schlimm, leider funktioniert diese ruhige Schiene erstens nur bei weniger auf Oldschool gemachtem Rock, zweitens würde zu dem angepeilten Stil etwas weit raueres und druckvolleres passen. Bei „Rock ‚n‘ Roll“, Track Nummer 2, wird die gute Dame übrigens soundmäßig fast ganz geschluckt und kann sich nicht durchsetzen. Nun hatte die Band es allerdings auch noch vor ein wenig Crossover einzustreuen und hat im ein oder anderen Song („Nasty Virus“) noch etwas minimales Geschreie und einen possierlichen Pseudo-Breakdown raus. Letztendlich kann ich zu „Between Monsters And Psychos“ einfach kein positives Fazit abgeben; für Grunge fehlt das dreckige, die Energie. Einfache Riffs mit vielen Powerchords sind keine Schande, man muss sie lediglich richtig und mit Eiern spielen. Gleiches gilt, wie erwähnt, für eine nicht unbedingt energiegeladene Vocals (was übrigens, das möchte ich noch kurz anmerken, nicht heißt das Frontfrau Natalia nicht singen könnte). Im Proberaum angucken, als Vorband vor Ort angucken, ja; CD-Empfehlung, leider nein. Zuviel Garage.