Große Überraschungen haben FORGET TO FORGIVE auf ihrem GSR-Einstand nicht in petto, soviel vorweg. Die x-te Metalcore-Combo die auf Beatdown-Parts, einen Chris Barnes-Verschnitt am Mikro und wenig Abwechslung im Songaufbau setzt. Die flotten Abschnitte wirken zu aufgesetzt und stehen den Songs selten gut zu Gesicht („Blame“), weswegen wohl auch immer schnell der nächste Beatdown-Part kommt. Einzig „Eruption“ kann aus dem Schema ausbrechen und mit Klargesang überraschen, rettet die Scheibe aber auch nicht mehr. „A Product Of Dissecting Minds“ ist allenfalls für Sammler interessant, alle anderen brauchen die Schebe nicht – da gibt es im Genre deutlich bessere Songschreiber.
WORLD TO ASHES sind seit 2005 aktiv, mit ihrem Debütalbum ließen sie sich bis Ende 2009 Zeit. Zeit genug also, um an den Songs richtig zu feilen und ein fettes Death Metal-Album AT THE GATES’scher Schule einzuspielen. Tja. Ist ihnen fast gelungen: schlecht ist „In Contemplation Of Death“ nicht, aber wirklich überzeugen kann es auch nicht, dazu sind die Songs zu belang- und gesichtslos geworden. Da nützt auch die gute Produktion nichts, genauso wenig wie die an sich vielen schönen Zwillings-Gitarren-Attacken, zumal der Drummer nicht immer den besten Eindruck macht, gerade bei Blast-Parts kommt er ins Schwimmen. So dümpeln die Songs vor sich hin, ohne dass die wenigen gelungenen Passagen den Eindruck deutlich verbessern könnten. Am Ende der Dreiviertelstunde ist nicht viel hängen geblieben, schon gar nichts, was WORLD TO ASHES von Mitstreitern im Death Metal-Mittelmaß unterscheiden würde.
Ich muss gestehen, dass mir die Franzosen in Sachen Black Metal immer besser gefallen, jedenfalls besser als in Sachen Automobiltechnik. Nach prinzipiell starken, wenn auch mitunter reichlich unzugänglichen Bands wie GLORIOR BELLI, DEATHSPELL OMEGA oder den für meinen Geschmack immer noch zu zähen BLUT AUS NORD reihen sich nun auch ANGMAR aus der Normandie in die Reihe dieser anspruchsvollen Truppen ein. Im Gegensatz zu ihren norwegischen oder schwedischen Kollegen, die entweder auf reichlich basischen Sound (DARKTHRONE, BURZUM, MAYHEM,…) oder auf Highspeed-Geballere (DARK FUNERAL, MARDUK,…) setzen, versucht sich eine Band wie ANGMAR an progressiven, ausladenden Songstrukturen, die mitunter wirken, als wollten die Jungs eine schwarze Version von FATES WARNING oder DREAM THEATER an den Start bringen. Ein Stück wie „Perdition“ besitzt sogar „romantisch“ wirkende Parts, jedoch wird der Hörer später durch blackmetallische Raserei wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. „Zurück In Die Unterwelt“ (warum unsere düsteren Nachbarn derart auf deutsche Sprache abfahren, habe ich noch nicht ganz ergründen können…) bietet genug Stoff für anspruchsvolle Black Metaller, die sich gerne lang und ausgiebig mit einer Scheibe beschäftigen wollen. Allerdings – und damit schließt sich der Kreis – wirkt auch dieses Album über einige Strecken etwas zäh, und ein paar Songs hätten ruhig etwas kompakter ausfallen können. Hätte das gesamte Album die Klasse des grandiosen letzten, treibenden Stückes „Lachrimae Mundi“, würde über dem Album der „Tipp“ stehen, aber eben diese Gratwanderung zwischen hohem Anspruch, geilen Melodien und auf den Punkt gebrachtem Songwriting gelingt dem Trio zumindest hier noch nicht immer. Trotzdem eine starke Vorstellung!
THROUGH THE EYES OF THE DEAD haben ihr neues Werk „Skepsis“ nicht nur selbst produziert, sondern im Vorfeld auch auf drei Positionen Wechsel gehabt, wobei besonders der neue Sänger im Fokus steht. Aber keine Sorge, der macht seinen Job gut und lässt nicht vermissen, gerade die Growls sind erschreckend gut und kommen dank der wuchtigen Produktion gut zur Geltung. Dem steht der Rest der Bande in nichts nach und so ist die Dreiviertelstunde Spielzeit eine Lehrstunde in Sachen brutalen, handwerklich gut gemachten Death Metals, egal ob auf das Drumming, den Basser oder die Gitarrenarbeit geachtet wird. Fit sind sie an ihren Instrumenten, produzieren können sie auch, aber wie steht’s mit dem Songschreiben? Tja, da hakt es immer wieder. THROUGH THE EYES OF THE DEAD haben einige gute Ideen, wie der schöne Florida Death Metal-Song “Inherit Obscurity”, aber solche Momente sind zu selten – es überwiegen leider die seelenlos wirkenden Abschnitte, in denen keine Struktur auszumachen ist. Oder jedenfalls keine, die den Song beim Hörer hängen bleiben lässt, was ja das Manko so vieler junger Bands ist. So bleibt „Skepsis“ eine handwerklich beeindruckende Scheibe, der der letzte Kick fehlt.
ABADDEN bedienen mit „Sentenced To Death“ alle Thrash-Maniacs und haben einen Deal beim einheimischen Label Rising Records gelandet. Eine große Thrash-Szene hat die Insel ja nicht gehabt, von daher müssen sich die Jungspunde mit internationalen Bands vergleichen lassen, SLAYER, MEGADETH und KREATOR sind da zu nennen. An deren Songwriting-Qualitäten reichen ABADDEN aber noch nicht ran, zu oft gibt es in den acht Songs Leerlauf oder nur halb gelungene Parts zu hören. Ordentlich flott spielen können sie, gerade die Gitarren sind erwartet pfeilschnell und liefern sich einige irrwitzige Duelle. Dank der Produktion kommen die voll zur Geltung, genau wie der Rest der Combo. Beim Gesang gibt es nicht viel zu meckern, nur wäre und hin wieder etwas mehr Variation für die Songs gut – einige Parts hätten sehr davon profitiert, wenn nicht das immer gleiche Geschrei genutzt worden wäre. Im Vergleich mit Retro-Bands wie MUNICIPAL WASTE wird deutlich, dass ABADDEN noch das Händchen für richtige Knallersongs fehlt und sie sich zu sehr auf nach Zitieren ihrer Helden verlassen, was kurzweilig ist, aber auf Dauer zu eintönig wird. Einen guten Start haben sie mit der Scheibe erwischt, beim Nachfolger muss beim Songwriting aber noch eine Schippe draufgepackt werden.
Nach der Veröffentlichung eines Melodic Death Metal-Album vor einigen Jahren haben die Jungs von AMORTICURE nun eine musikalische Kursänderung vorgenommen: jetzt fischt man in Dark Rock-Gewässern, und in diesem Bereich bewegt sich auch das neue Album "A Bleeding Soul In A Dying World". Der neue Sound scheint für die dunkle Stimme von Sänger Matthias Müller wie geschaffen und der druckvolle, gelegentlich ein klein wenig an die Kollegen THE 69 EYES erinnernde Opener "69 Ways" hinterlässt einen durchweg positiven Eindruck. Das kurze "You Hurt Me" wird von einer ruhigen und cleanen E-Gitarre getragen, bevor mit "Tonight", einem recht klassischen Gothic-Rocksong über das in angedunkelten Kreisen allseits beliebte Thema Selbstmord wieder auf die Tube gedrückt wird. Auch bei "Just For One Day" wird das Tempo angezogen, das Lied rockt gradlinig drauflos, bevor das Album mit dem ruhigen und atmosphärischen "Silence" ausklingt. Alles in allem liefern AMORTICURE mit " A Bleeding Soul In A Dying World" ein grundsolides Werk ab, auch wenn wirkliche Killermelodien (noch) fehlen.
Mit "Six Feet Down" veröffentlichten die schwedischen MYRAH, die sich irgendwo in der Grauzone zwischen Gothic Rock und Gothic Metal bewegen, nun nach einer Reihe an Auftritten, unter denen sich auch das Metalcamp Festival findet, ihr Debütalbum. Hübsch melancholisch-dunkel und melodiös schallt es da aus den Boxen. "When All Have Turned To Gray" ist ein gradlinig-klassischer Gothic-Song, mit "Oceans Of Times" hat die Band auch eine Akustikgitarren-Ballade am Start und der Titeltrack "Six Feet Down" beginnt mit einem hübschen Klavierintro, zu dem sich der Gesang gesellt, bevor E-Gitarren und Streicher hinzukommen. Die Mehrzahl der Songs bewegt sich im Midtempo-Bereich, die dunkle Stimme von Sänger Patrik Essman fügt sich schön in den Gesamtklang ein. MYRAH erfinden mit ""Six Feet Down" das Rad nicht neu und richtige Hammerohrwürmer sind auch nicht dabei, aber sie liefern durchweg gute Arbeit und stimmungsvoll ist das Album allemal.
"What Lies Beneath" ist die erste EP der vierköpfigen Kombo LILITH LAYING DOWN. Der Opener und Titeltrack "What Lies Beneath" präsentiert sich auf einer Länge von stolzen sechseinhalb Minuten (mit Titeldauern unter fünf Minuten scheint man sich bei LILITH LAYING DOWN ohnehin nicht abzugeben) abwechslungsreich mit Wechseln zwischen schweren, dröhnenden Gitarren, Growls und ruhigen, melodiösen Passagen, die stellenweise schon regelrecht getragen wirken. "Even The Light" kommt heavy und angedunkelt daher, verzichtet aber auf Growls, während das mit vorwärtstreibenden Gitarren versehene "Chosen Ones" mehr aufs Gaspedal tritt. Mit "Time To Change" demonstriert das Quartett zum Abschluss noch, dass es auch balladesk kann, wenn es will: das Lied ist angenehm melodiös, ohne dabei in Pathos oder Kitsch zu versinken, und zum Ende hin gesellen sich auch hier zur Steigerung noch recht fette Gitarren hinzu. Die Herren arbeiten gerade an der Planung des Albums, wer es also dunkel und gitarrenlastig mag, sollte da mal ein Auge drauf halten.
Ebenso wie das starke Album „Fight“ erscheint nun auch der Vorgänger „Calling The Wild“ als stark aufgewerteter Re-Release, der nicht nur eine Handvoll Bonustracks enthält, sondern gleich eine komplette, über halbstündige Bonus-CD mit elf Stücken. Highlight dieser zweiten Scheibe ist zweifellos die Gänsehautballade „Alone Again“, die zusammen mit Motörlemmy aufgenommen wurde und neben „Love Me Forever“ (das auf dem regulären Album steht) eine weitere Kooperation dieser beiden Rock-Ikonen darstellt. Ob es tatsächlich nötig war, den Song „Burn It Up“ gleich in fünf Remix-Versionen durchzukneten, bleibt mal dahingestellt, und die englische Variante von „Ich Will Alles“ („I Want More“) kann ihrem deutschen Original-Pendant auch nicht das Wasser reichen. Alles in Allem ist diese Bonusdisc aber für Doro-Fans eine hörenswerte Angelegenheit. Ob man das Album deswegen (und wegen der Linernotes von Doro und Nick Douglas) gleich noch einmal erstehen sollte, bleibt, wie im Fall von „Fight“, offen, doch bisherige Nichtbesitzer machen auch hier absolut nichts falsch, denn auch „Calling The Wild“ bietet eingängige Rockhymnen vom Fass und ist insgesamt sogar noch einen kleinen Tick stärker als der Nachfolger. Der treibende Opener „Kiss Me Like A Cobra“, das Live-Atmosphäre suggerierende „Burn It Up“, das fast schon poppige „Who You Love“, die gelungene Billy Idol-Coverversion „White Wedding“ oder das abschließende, leicht kitschige, aber ebenso Doro-typische “Danke” sind durchweg sehr gute Stücke und unterstreichen nachhaltig den Status der erfolgreichen Rock-Lady.
C.AARMÈ hat ihrer Unterschrift unter einen Vertrag mit Burning Heart Records nicht nur Glück gebracht, nach “Vita” kam da leider erstmal nix mehr. Umso schöner, dass sich die Schweden eine neue Heimat suchen konnten und „World Music“ in die Läden kommt. Gradlinig punkrocken sich die Damen und Herren durch elf wütend-rotzige Songs, voller schrammeliger Gitarren, voller Leidenschaft, voller Hingabe. Die sicher vorhandene Wut über die im Grunde verschenkten letzten Jahre floss in das Songwriting ein und brach sich in mitreißenden Nummern Marke „Old Shoes New Haircut“ (mit einem faszinierend-einfachem Riff) Bahn. Der Gesang ist erwartet authentisch, da kommen andere Bands nicht auch nur ein wenig mit. „World Music“ lässt förmlich den Schweiß einer Show riechen und erschafft wütende schwedische Musiker vor dem inneren Auge – Musiker, die voller Hingabe und Leidenschaft ihre Instrumente bearbeiten, um „Bodybuilding“, „Angola“ und die anderen rohen Songs aus den Boxen zu jagen. Punkrock, wie er sein muss. BLACK FLAG statt SUM 41. Gut so.