Eigentlich können die BONES nichts mehr falsch machen. Dass sie eine geniale Live-Band sind, haben sie in den vergangenen Jahren ausgiebig bewiesen, sie haben drei Hammer-Alben veröffentlich und sich immer mehr von ihren Vorbilden SOCIAL DISTORTION, MOTÖRHEAD, den RAMONES etc. emanzipiert, ohne jedoch deren Einfluss zu leugnen. Einzig neues Material war seit "Straight Flush Ghetto" aus der ersten Jahreshälfte von 2004 Mangelware. Mit dem von Leadgitarrist/Sänger Boner produzierten "Burnout Boulevard" gibt es jetzt endlich Nachschub. Musikalisch ist der Vierer sich einmal mehr absolut treu geblieben. Sprich: Es gibt keine Überraschungen, dafür 15 mal den üblichen BONES-Sound zwischen Punkrock und Rock ´n Roll, garniert mit unwiderstehlichen Sing-Along-Refrains. Dabei gehen Songs wie "Not My Kind" und "Sealed With A Fist" ohne Ende nach vorne, "Stuck In The Mud" bietet bluesig-stampfendes Midtempo und der Rocker "Black Dog Boogie" lässt AC/DC und KISS anklingen. Musikalisch sind die vier Musiker ebenfalls deutlich gewachsen, und die Backings sind ausgefeilt wie nie. Eigentlich ein perfektes Album, wenn da nicht die Produktion wäre, bei der es Boner etwas zu gut gemeint hat. Irgendwie klingt alles etwas zu glatt und zu geschliffen, die Rhythmusgitarren und die Backings sind zu sehr im Hintergrund und wirken seltsam indirekt. Das kommt zwar dem Solo-Sound zugute und ebenso dem Bass, den man trotz der zwei Gitarren durchgehend gut hört. Trotzdem fehlt mir das raue Element der Vorgängerscheiben, die zwar weniger transparent klangen, dafür aber authentischer und dreckiger. Der typische BONES-Sound und seine rohe Energie gehen auf dem neuen Album daher leider etwas verloren. Aber egal, die Songs sind allesamt erste Sahne, und umso mehr freue ich mich auf die anstehende Tour, denn live wird´s wieder so dreckig wie eh und je werden.
KRISTEENYOUNG. Nun, vielleicht können wir es so formulieren: sollte man einen eher missliebigen Menschen kennen, der über ein etwas labiles Nervenkostüm verfügt, das ohnehin schon angeschlagen ist und dem man gerne den Todesstoß versetzen möchte, dann ist "The Orphans" das Mittel der Wahl. Wenn man es recht bedenkt, muss das Nervenkostüm eigentlich noch nicht einmal angeschlagen sein. "The Orphans" ist, gelinde gesagt, immens gewöhnungsbedürftig. Zu ihrer Ehrenrettung muss man wohl darauf hinweisen, dass KRISTEENYOUNG zum guten Teil gezielt mit Dissonanzen arbeitet (zumindest darf das vermutet werden), was jedoch das Hörerlebnis nicht wirklich angenehmer macht. Schon allein ihre Stimme ist, nun, sagen wir: nur sehr bedingt mehrheitskonsensfähig. "(But It´s All Just) Imagined", "Life´s Not Short, It´s Sooo Long" und "Dead Wrong" sind vergleichsweise ruhig gehalten und tendenziell noch am allgemeinverträglichsten. Wer es dagegen ausgeprägt und in jeglicher Hinsicht schräg mag (auch was Harmonien angeht), könnte auf "The Orphans" geradezu gewartet haben. Allen anderen jedoch sei im eigenen Interesse davon abgeraten, wenn man nicht gerade die eigene nervliche Belastbarkeit testen möchte.
Ich habe keine Ahnung, ob sich eine Band von ihrem ersten zu ihrem zweiten Werk so dermaßen verändern kann, dass man von der Champions League direkt in die Kreisklasse hüpft, oder ob mein Kollege Goofy beim Hören des Debüts "Hearts & Bones" der Hamburger Schmalzrocker KICKHUNTER ein gehöriges Pfund Bohnen in den Ohren hatte. Ich kenne zwar das Debüt nicht, aber das nach vier Jahren erscheinende zweite Album der Band, "Little Monsters", ist von einem "Tipp" soweit entfernt wie wahlweise St. Pauli vom deutschen Meister, Ralf Schumacher von der Pole Position oder Dolly Buster von der Jungfräulichkeit. Meine Fresse, was für eine gequirlte Scheiße! Das Album fährt die banalsten und schlechtesten Songs in der Schnittmenge aus Hard- und Blues Rock auf, die ich je gehört habe. Kein Klischee wird ausgelassen, die Texte ("…ain´t got nothin´ better than my girl and my guitar…", "…I love you more than words can say…” oder der Höhepunkt: "…uhuhu…gimme some water…”) sind nicht mal mehr unterste Schublade, sondern bereits in den Fußboden integriert, und dazu kommt nicht nur der quakende Gesang von Jörg Wesenberg, sondern auch noch das völlig gruselige Gequietsche einer Gast-Trällerine names Ela. Dass hinter dieser Band verdiente Namen wie Markus Großkopf (Bass) oder Dennis Ward (Produktion) stehen, erscheint dabei fast schon irreal. "Little Monsters" ist eines der miesesten Stücke deutschen Rocks, die ich je gehört habe. Hier passt nix, gar nix, und es ist mir ein Rätsel, was daran vier Jahre gedauert hat. Darüber hinaus fällt mir zum Cover-Artwork auch nichts mehr ein. Furchtbar, einfach nur noch furchtbar!
ASHURA aus Frankreich sind nett - wie sie als Support von Massacre in Berlin abseits der Bühne vermittelten. Nett ist aber auch ein Hamster. Und eben die Death-Metal-Mischung der inzwischen fünf Jungs aus Amiens. Sie mischen nämlich auf ihrer zweiten Scheibe US-Death der Marke "brutal" mit groovigem Schwedentod und Pantera-inspirierten Thrash-Elementen; Grind nicht zu vergessen. Das ist alles auch recht kompetent gezockt, mit wirklich gutem Sound gesegnet, es stecken feine Melodien drin, Härte und Finesse, eigentlich alles da. Im Prinzip also eine gute Platte? Eben nicht, sagt nicht nur Radio Erewan. Denn während die einzelnen Bestandteile durchaus punkten könnten, versagen die Songs in ihrer Ganzheitlichkeit. Denn hier wirkt vieles wie Stückwerk, vieles auf Deibel eil herbei zusammengeworfen. Das ist außergewöhnlich schade, denn so wird aus einer möglicherweise guten CD (die übrigens mit einem Video von "Eye of the D.R.E.A.D." garniert ist, eine allenfalls nette - weniger Nette sagten bestimmt eine überflüssige.
Gönnern ist vielleicht einigen bekannt als Bundesligaverein - im Tischtennis. Die Band HYEMS aus genanntem hessischen Örtchen sind ungleich interessanter als PingPong. Weil: sind laut, böse, schwarz und tot, aber eben nicht blöd. "Antinomie" ist ein Mix, der vor modernen Einflüssen nicht Halt macht. Aber keine Angst: HYEMS Mucke ist garantiert MetalCore-frei, aber eben nicht ohne - Anspruch. Zar klingen manchmal Bands wie Naglfar durch, aber HYEMS halten sich durch die eigenwillige Hinzunahme vieler Stilelemente den eigenen Weg frei. Ähnliches machen sie auch mit der Änderung des Bandnamens von Hiems zum jetzigen - denn der Grund lag in der Existenz einer nicht ganz koscheren italienischen Band gleichen Namens - und in der Abgrenzung von eben dieser. Was zu den erfreulich klischeefreien Texten kommen lässt: Trotz deutscher Sprache bleibt kein Raum für Peinlichkeiten, der gute Sound reiht sich in die Folge positiver Aspekte ein. Eine gute Scheibe - eine sehr gute noch nicht. Denn zum einen wirkt der energische Gesang des Jägers bisweilen ein wenig eintönig und ermüdend (ganz im Gegenteil zur Musik und eben auch nur stellenweise). Und das Streben nach Abwechslung durch das Zulassen vieler Einflüsse wirkt manchmal noch etwas bemüht, der strenge Handlungsstrang fleddert an manchen Stellen ein bisschen auseinander, und manche Elemente bleiben trotzdem vorhersehbar. Dennoch: HYEMS sind ambitioniert, haben mit Leif (Dew-Scented) und Jost (Lay Down Rotten) prominente Gastsänger, sind nicht in der alten Schule hängen geblieben, ergehen sich nicht nur in öden Klischees - sie wissen, was sie tun. Und das kann ja schon eine Menge wert sein. Spannender als Tischtennis ist es um Längen - im Schneider sozsagen.
Die Finnen um den ehemaligen Amorphis-Mann Ruoja alias Pasi Koskinen quälten sich zuletzt mit einigen Umbesetzungen, jetzt sind zwei neue Männer an Bord. Da trommelt nun Tommi Lillmann (Malakias IV) - bekannt unter anderem von To/Die/For. Und ja, AJATTARA haben sich geändert, ob das am Einfluss des Drummers und seiner Gothic-Wurzeln liegt, sie mal dahingestellt. Denn nachdem die Waldgeister auf ihren bisherigen Outputs sich Motörhead-mäßig käumlichst wandelten, so klingen AJATTARA 2007 merklich anders. Nein, Gothen-Zoten erzählen sie nicht - und viele der typischen Merkmale sind vorhanden: AJATTARA bleiben bassgeprägt, Roujas kratziger Gesang ist da, steht aber einen Tuck mehr im Vordergrund. Die Songs sind - wie gehabt - im mittleren Tempobereich verwurzelt, wirken aber lange nicht mehr so einzigartig, der Opener ,Ilkitie’ scheint fast zu rockig, das folgende ,Turhuuden Takila‘ beinahe chart-anbiedernd, das abschließende Titelstück viel zu experimentell. Also für AJATTARA-Verhältnisse. Es scheint, als hätte sich das neue Line-Up erst eingrooven müssen - denn viel Groove transportieren viele Songs dennoch, aber eben nicht alle. Und mit der Zeit entfaltet der "Sterbefall" (so der CD-Titel zu Deutsch) seine düstere, morbide Wirkung wie gewohnt - jedenfalls fast. Eine gute Scheibe ist es geworden, nur scheinen sich AJATTARA nicht mehr steigern zu können. Ist der Titel vielleicht doch Programm - sie werden doch nicht im Sterben liegen?
DAM haben schon mit ihrem Debütalbum bewiesen, dass sie voller Ideen stecken, ja vor Kreativität fast platzen. Auf die Grundlage CARCASS-insipirierten Death Metals werden tausendundeine Idee verwurstet, ohne dass die Briten in progressive Gefilde abgleiten - es bleibt hemmungslos brutales Geprügel, was auf "The Difference Engine" serviert wird. Daran können auch Wechsel im Line-Up nichts ändern, im Zweifelsfall haben diese Änderungen nur noch mehr wahnwitzige Ideen in den Sound gebracht. Leider vermögen es DAM nicht, ihre Visionen in für den Hörer interessante Songs umzusetzen. Die Briten bedienen sich bei so ziemlich allen Metal-Genres und sind hörbar um Abwechlsung bemüht, aber die Songs wollen einfach nicht zünden oder nur im Ohr bleiben. Durch die nicht ganz optimale Produktion wird das eben nicht besser, so dass "The Difference Engine" am Ende hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Ganz pagan heult ein Wolf. Doch "Gabreta Hyle" beginnt noch viel traditioneller mit klarem Speed-Metal-Einschlag. Allerdings ist die Reduzierung des Alleinunterhalters Nattulv (auch bei Wolfchant aktiv) auf eine eindimensionale Stilrichtung redundant. Denn der Bayer mischt die Anfänge schnellerer und härterer Musik mit dem derzeit sehr beliebten Viking Metal, und läst dabei an finnische Bands denken. Nattulv, Geistesbruder von Petri Lindroos? Steht zu vermuten! Up-Tempo prägt die erste Label-Veröffentlichung der FESTUNG NEBELBURG (die zuvor bereits als Demo erhältlich war), doch hohes Tempo schützt vor feinen Melodien nicht. Und sogar ein wenig Black Metal, folkige und akustische Parts sorgen für Abwechslung. Genauso variabel zeigt sich Nattulv als Sänger - wobei die gekrächzten Vocals eher das Ohr treffen als die klaren Versuche in den akustischen Phasen, die eher an Polit-Liedermacher denken lassen als an einen der Natur verbundenen Schrat. Textlich hält sich eben jener an alte Traditionen aus Europa, vor allem aber zeigt er seinen lokal geprägten Charakter mit der Vertonung bayerischer Sagen und persönlicher Eindrücke aus seinem Umfeld - ein englischer Text inklusive. Allerdings muss sich manch einer vielleicht erst an Titel wie ,Die goldnen Fische vom Arberssee’ sowie an die oftmals etwas pathetische Betonung der deutschen Sprache gewöhnen, auf jeden Fall gibt es wesentlich schlichtere Vertreter der deutschen Zunge. Erstaunlich: Der Sound ist unglaublich transparent, steht besagten skandinavischen Kassenschlagern kaum nach - angenehm positive Stimmung ist garantiert. Insgesamt ist dem Süddeutschen eine abwechslungsreiche Scheibe gelungen, die in der wachsenden Zielgruppe sicherlich für Begeisterung sorgen kann - viele andere werden die Scheibe als Wald- und Wiesenromantik abtun - ob der Wolf nun heult oder nicht.
Wie bereits im Review zum Re-Release des Vorgängers "The Secrets Of The Black Arts" erwähnt, sind die ersten drei Alben der schwedischen Ausnahme-Black Metaller DARK FUNERAL neu aufgelegt worden. Es mag zumindest klangtechnisch Scheiben geben, bei denen eine Wiederveröffentlichung mehr Sinn machen würde als bei diesen Alben, die bereits in ihren Originalversionen einen für Black Metal-Verhältnisse ultrafetten Sound auffuhren. Auch auf "Vobiscum Satanas" bediente vor gut zehn Jahren niemand anders als Peter Tägtgren (zusammen mit der Band) die Regler, und in der Neuauflage hat diese Produktion nochmals ein Feintuning mittels Remastering erhalten - ein Donnerwetter par excellence! Falls man an "Vobiscum Satanas" irgendetwas aussetzen kann, ist es die Tatsache, dass das Quartett hier fast durchweg Vollgas gibt und die Abwechselung ein wenig zu kurz kommt. Aber gerade im Kickdown-Bereich gibt es kaum eine Band, die in Sachen Intensität und Sounddichte an DARK FUNERAL heranreicht, was Orkane wie "Enriched By Evil", "Evil Prevail" oder der heute noch gerne live gezockte Titelsong eindrucksvoll unter Beweis stellen. Auch wenn das Album insgesamt nicht ganz an seine beiden überragenden Nachfolger heranreicht, ist "Vobiscum Satanas" auch heute noch ein Leckerbissen für alle Qualitäts-Schminktöpfchen mit Hauptaugenmerk auf Hochgeschwindigkeit. Leider gibt es hier keine zweite CD als Bonus, und auch Liner-Notes sucht man im normal aufgemachten Booklet (Songtexte plus Fotos der Bandmitglieder) wieder vergeblich, doch immerhin finden sich vier der Album-Songs in Live-Versionen als Dreingabe, die 1998 auf dem "Hultsfreds Festival" in Schweden aufgenommen wurden. Und auch hier gilt der Umstand, dass ich der alten Version locker den "Tipp" gegeben hätte, den ich diesem gelungenen Re-Release darum ebenfalls nicht vorenthalten will.
TEPHRA haben bereits mit ihrem selbstbetitelten 2005er-Album auf sich aufmerksam gemacht und sich als junge, aufstrebende Postcore-Band einen Namen gemacht, was sie mit "A Modicum Of Truth" zementieren wollen. Die Braunschweiger haben ihren Stil nicht sonderlich verändert, einzig ein größerer Einfluss von MASTODON macht sich in vielen Songs beim Aufbau bemerkbar, außerdem wurde dem Gesang mehr Platz eingeräumt. Wuchtige Soundwände und schädelspaltende Riffwiderholungen sind aber weiterhin ein wichtiger Bestandteil des TEPHRA-Sounds, mit denen viel dunkle Atmosphäre aufgebaut wird, die durch den psychopathisch-leidenden Gesang an Gänsehautfaktor gewinnt. TEPHRA haben mit diesem Album unter Beweis gestellt, dass ihr Erstling keine Eintagsfliege war und in den Köpfen der Mucker noch viele Ideen stecken, die zu erstklassigen Postcore-Songs verarbeitet werden können. "A Modicum Of Truth" ist das gelungene Ergebnis, dass selbst be einer Stunde Spiezeit nie langweilig wird. Schlicht gut. Punkt.