Lieblingsthema Sex und Gott. Oder besser vielleicht sexuelle Abgründe und die Institution Kirche - UMBRA ET IMAGO ist nicht abzusprechen, dass sie knallhart konsequent ihren Weg verfolgen. Protagonist Mozart verpasst keine Gelegenheit seine Neigungen zu zeigen und zu erklären, und Kritik an Gott und Kirche zu üben. Plakativ, direkt, unermüdlich - das wirkt sicherlich für einige lächerlich, ich empfinde darüber hinaus langsam aber sicher eine thematische Sättigung der UMBRA ET IMAGO Inhalte - als gotische SM-Konstante hat die Band aber wohl eine Daseinsberechtigung. "Gott Will Es" als Mini Album ist ein von Fans sicher sehnlichst erwartets Lebenzeichen - denn weder gab es in den letzten beiden Jahren ein reguläres Album, noch ist in naher Zukunft eins geplant. Und es gibt solide UMBRA ET IMAGO Kost mit einigen Extras: Oswald Henke (GOETHES ERBEN) steuert die Vocals zu "Die Ballade Von Den Lästerzungen" bei - ein alter Text, nicht aus der Feder Mozarts, der herrlich widerlich den Höhepunkt des Albums schon früh markiert. "Glaubst Du?" und "Gott Will Es" sind 0815-Songs dieser Band, textlich geht es im engeren und weiteren Sinne um Gott, musikalisch warten monotone Gitarren und kreativ seichter Gothic Metal auf. Als zweiter Gast tritt Eric Burton (CATASTROPHE BALLET) mit dem THE ANIMALS-Cover "House Of The Rising Sun" auf den Plan - leider ein zu oft gecoverter Song, der keine neuen Facetten offenbart. Gesanglich kann Mozart ohnehin mit keinem der beiden auch nur ansatzweise konkurrieren. Die zu erwartenden Remixe werden auch erfüllt: eine "2007 Version" ihres "Vampir Song" und eine dancig zermatschte "Birkenbeil Mix" Variante von "Glaubst Du?" erfüllt - nein, das ist kein EBM und wird nur durch ein paar Sprachsamples ansatzweise smart. "Gott Will Es" wollen sicher nur durch alte UMRA ET IMAGO Veröffentlichungen gehärtete Hörer.
BENIGHTED haben nach ihrem letzten Album das damals im Untergehen befindliche Schiff Adipocere Records verlassen und bei Osmose angeheuert. Musikalisch hatte der inner-französische Wechsel keine Auswirkungen, "Icon" ist genau so ein derbes Death Metal-Stück wie es "Insane Cephalic Production" war. Wie gehabt wird in bester Ami-Tot-Manier geprügelt, gegrunzt, gequiekt, dass dem Death Metaller die Sabber läuft. DYING FETUS haben weiterhin großen Einfluss auf die Franzosen, gepaart mit Grindcore ergibt sich eine brutale Mischung, die dank guten Songwritings voll und ganz überzeugen kann. Wem ABORTED zu technisch sind, wird von BENIGHTED besser bedient, zumal die Produktion (Kohlekeller Studio) erste Sahne ist und die Chose druckvoll aus den Boxen kommen lässt. Frankreichs Metal-Szene ist mal wieder für eine Überraschung gut, wie es scheint.
JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE gehören sicherlich zu den unkonventionellsten Bands im Krachbereich, die sich von Genregrenzen nicht aufhalten lässt. Das Endergebnis ist zwar durchweg brutal wie Sau, gleichzeitig aber mehr als simpler Prügelgrind. Ihr neues Werk startet - beinahe erwartungsgemäß - unkonventionell mit einem schweren Mid Tempo-Song, der ein echter Kopfnicker ist. Etwas dunklere Produktion und das Teil wäre in Hit bei allen Nachwuchs-Düstermetallern. Schön schnell auf die Fresse gibt’s dann aber schon beim zweiten Song "Der Hund kriegt nichts", in bester Grindmanier wird hier Gas gegeben und geröhrt. Wie schon im ersten Song sind auch hier die Texte auf deutsch verfasst,was sich im Laufe des Albums nicht ändert und die zynisch-kritische Betrachtung der Gesellschaft natürlich deutlich auf den Punkt bringt. JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE haben mit "Rauch und Yoga" einerseits die erwartete Krachdröhnung veröffentlicht, andererseits unerwartet heftig neue Ideen eingebaut, wie die vielen langsam-heftigen Songs und -Parts ("Komm, wir drehen einen Porno") zeigen. Ob sie damit alle alten Fans glücklich machen, wird die Zeit zeigen, aber da die Band schon immer im positiven Sinne anders war, werden ihr Anhänger für Veränderungen leichter zu begeistern sein als der durchschnittliche Die Hard-Fan anderer Bands. Und ein paar derbe Krachnummern haben sie ja immer noch in petto.
In eine schnieke Aufmachung haben JORMUNDGARD ihre aktuelle EP verpackt, auch wenn leider die Texte im Booklet fehlen. Der Fünfer fährt in den sechs Songs ein ordentliches Death Metal-Geschütz auf, dass sich Black Metal- und Hardcore-Einflüssen aber nicht entziehen konnte. Ideen sind viele da, auch wenn manchmal noch der rote Faden in den Songs fehlt - was aber schwerer wiegt, sind die vielen kleinen Unzulänglichkeiten, die das Hörvergnügen schmälern. Klasse Riffs gibt es viel zu selten, die Drums sind viel zu leise und der Sänger muss bei den Growls noch kräftig zulegen, bevor JORMUNDGARD ernsthaft in um die vorderen Plätze im deutschen Underground mitspielen können. Angesichts der Tatsache, dass die EP bereits Anfang 2006 aufgenommen wurde, besteht Hoffnung, dass sich die Musiker insgesamt verbessert haben und beim Nachfolger ein besseres Ergebnis rauskommt.
Mit ihrer Anfang des Jahres veröffentlichten 3-Track-EP konnten OCTOBER FILE auf ganzer Linie überzeugen und machten Lust auf ihr neues Album. "Holy Armour From The Jaws Of God" (kultiger Titel, keine Frage) spinnt den Faden problemlos weiter, was nicht weiter überrascht, waren die Tracks doch ein Auszug aus dem Album. Zusammen mit den neuen Nummern verschmelzen sie zu einer hypnotisierenden Einheit, die den Hörer mit einer basslastigen Produktion und Postcore-mäßigen Soundwänden erschlägt - für das Cover wäre statt der MG-bemannenden Infanteristen ein Panzer viel passender, aber das ist das einzige "Manko" der Scheibe. Musikalisch gibt es nichts zu meckern, solange man mit einer kraftvollen Mischung aus Industrial, Postcore und Punk-Attitüde was anfangen kann. Wer das mit Ja beantwortet, sollte sich diesen Leckerbissen nicht entgehen lassen. Sah auch KILLING JOKE-Jaz so, der bei einigen Songs mitwirkte. Er hat einen guten Riecher bewiesen, "Holy Armour From The Jaws Of God" ist eine fette Scheibe geworden.
Seit 13 Jahren schon wildert das Duo Istar und Forn durch das norwegische Unterholz, immer begleitet von wechselnden Mitmusikern. Außer zwei nicht wirklich bekannten Alben hat die Band aber bislang nichts gerissen, und auch Streich Nummer drei dürfte selbst bei Black Metal-Puristen kaum satanische Euphoriezustände auslösen. Auf "Sadness And Wrath" wildert man sich durch acht eher durchschnittliche Schwarzmetallkompositionen, die stilistisch ganz im Zeichen der Heimat stehen. Das Problem bei SVARTAHRID ist, dass die Jungs für eine "professionelle" Band zu wenig spektakulär und technisch herausragend klingen und für einen fies abgefuckten Act einfach zu sauber produziert sind. Zieht man etwa Vergleiche zu (jüngeren) GORGOROTH oder SATYRICON auf der einen und DARKTHRONE oder MAYHEM auf der anderen Seite, dann stellt man fest, dass SVARTAHRID weder die eine noch die andere Seite ansprechend bedienen. Apropos DARKTHRONE: Nocturno Culto hat im Song "Intension: Krig" einen Gastauftritt als Texter und "Sänger", doch das reicht nicht, "Sadness And Wrath" aus dem Mittelmaß zu heben. Es gibt viele wesentlich schlechtere Black Metal-Scheibchen, aber eben auch genauso viele aufregendere.
MORTAL SIN haben vor ewigen Zeiten anscheinend mal zwei gute Thrash-Scheiben rausgebracht, die ihnen sogar einen Slot als METALLICA-Support einbrachten. Danach machten die Australier aber so ziemlich jeden Fehler, der eine Band machen kann. Nach der 91er Scheibe wurde es still um die Band, woran auch die 97er-Platte nichts änderte. Nach einigen Wechseln im Line-Up sind auf dem neuen Album "An Absence Of Faith" die beiden Gründungsmitglieder Andy Eftichio und Mat Maurer dabei. Letzterer ist mit seiner Stimme das Markenzeichen der Band und lässt in seinen guten Moment Vergleiche mit James Hetfield zu. Natürlich ist ganze Chose ziemlich traditioneller Stoff, der statt auf Geschwindigkeitsrekorde auf Eingängigkeit setzt und Fans alter Heroen damit voll zufriedenstellen wird. Jüngere Jahrgänge sollten in die Scheibe vor dem Kauf reinhören, viel Modernes gibt es hier nicht, stattdessen eine Handvoll gut gemachter klassischer Songs, mit denen sich MORTAL SIN stark zurückmelden.
"Culture Of Ascent" nennt sich das mit einem unglaublich guten Artwork versehene neuste Werk der Progger GLASS HAMMER. Und so wie die immer noch unverständlicherweise als Geheimtipp fungierenden Amis sich thematisch der Kultur der Bergbesteigung und damit des Aufstieges widmen, so sollte es auch mit der 2007er-Scheibe nach oben gehen. (Das es bei dem Konzept um eine gescheiterte Mount Everest Expedition geht lassen wir mal nicht als schlechtes Zeichen gelten.) Warum man zum Jubiläum (immerhin schon Album-Nummer 10 in der GH-Historie) gerade mit "South Side Of The Sky" ein YES-Cover (das Original hat gerade mal 26 Jahre auf dem Buckel) als Opener nimmt? Könnte wohl eine Hommage an die Wurzeln des Prog und von GLASS HAMMER selbst sein. Egal, genügend eigenes Hochwertiges folgt schon noch - wobei hier weniger die Anzahl der Songs von Bedeutung ist - da kommen eh’ "nur noch" fünf - sondern deren Überlänge, welche den Protagonisten genügend Raum zur Entfaltung lässt. Also startet das Album, welches als Ganzes bereits sehr an YES erinnert, ganz besonders YES-mäßig. Die dargebotene Version bleibt dabei leicht variiert am Original und als beim Gesang auch noch Mr. Jon Anderson himself Sängerin Susie Bogdanowicz unterstützt ist die Vermengung von alt und neu perfekt. Das nachfolgende "Sun Song" bietet etwas lauter frickelnde Gitarren im Kontext zu fröhlichem, an die Sechziger erinnernden Songstrukturen und Keyboard. Auch beim wohl besten Stück des Albums "Life By Light" durfte YES-Ikone Jon Anderson Vocals mit zusteuern - der äußerst atmosphärische Track lädt doch fast schon zum kuscheln unter die Decke. Die beiden überlangen "Ember Without Name" (16:33) und "Into Thin Air" (19:14) benötigen naturgemäß Zeit - zeigen aber deutlich den zu den Vorgängerwerken veränderte GLASS HAMMER Sound: die Keyboards nehmen sich zurück und lassen Gitarre, Geige und Streicherarrangements genügend Platz zum entfalten. Eingängiges gibt es zwar weiterhin, aber auch die "Frickelei" kommt zu ihrem gut in die Songs eingebundenen Recht. Mit dem eher kurzen, dem Titel entsprechend Ruhe ausstrahlendem "Rest" beendet man nach fast 70 Minuten eine überzeugende Vorstellung. Neben den beiden Masterminds Fred Schedel (der mit seinem Bass endlich mal richtig viel Raum bekommt) und Steve Babb (viel Keyboard und alles andere was Tasten hat) kann vor allem auch Sänger Carl Groves (SALEM HILL) Akzente setzen. Daneben sorgt noch Sängerin Susie Bogdanowicz für weibliche Abwechslung in der Männerdomäne Prog; Drummer Matt Mendians und Gitarrist David Wallimann machen ebenfalls einen mehr als soliden Job. Und guter Sound ist bei GLASS HAMMER ja mittlerweile selbstverfreilich. "Culture Of Ascent" ist somit nicht nur für YES-Jünger einer Pflichtveranstaltung - Proggies von SPOCK’S BEARD, FLOWER KINGS bis 70er-Veteranen sollten Fred Schedel und Steve Babb endlich mal einen verdienten Platz in den vorderen Reihen des Prog-Universums zugestehen.
Country ist das neue Alternative-Genre in den Staaten, ein Genre in dem die charterprobte ex-SIXPENCE NON THE RICHER Popsängerin Leigh Nash heutzutage recht brav austobt und an ihrer Solokarriere arbeitet. Doch wie auch die beiden FRONT LINE ASSEMBLY Protagonisten Leeb und Fulber scheint sie damit nicht ausgelastet: Alles andere als Alternative, ist FAUXLIAGE ein weiteres Ambient Pop Projekt, das die beiden Elektronik-Produzenten mit ihr gemeinsam angehen. Und musikalisch sehr weit entfernt ist FAUXLIAGE von den Vorzeige-Dreampoppern DELERIUM nicht. Anders als bei diesen begnügen sich Leeb und Fulber hier mit nur einer Sängerin, das wilde Vokal-Gewechsle wie bei DELERIUM entfällt - und Nash, die auch schon bei DELERIUM am Mikro stand, macht ihren Job gut. Harmonisch in den elektronischen Pop, vorsichtigen Trip Hop und manchmal einschläfernde Soundscapes eingebettet, ist das selbstbetitelte FAUXLIAGE Debut sicherlich kein Geniestreich der beiden Produzenten, sondern eher eine wie immer blitzsauber produzierte, handwerklich gut gemachte aber unspannende Träumerei auf musikalischer Ebene. Es wurde kein Wert auf Tanzbarkeit oder Düsternis gelegt, FAUXLIAGE markiert das leicht konsumierbare, bisweilen zu poppige Ende des Spektrum des Fulber-Schaffens. Verliert man sich dabei in den Songs bietet etwa "Something The Wind" dafür schönen Raum und nachdenkliche Textzeilen. Hört man FAUXLIAGE aber nebenbei, geht die Musik vorüber ohne eine Aufblicken der Hörerschaft zu provozieren.
Kollegin Lattwesen hatte im Classix-Review von "Apocalypse Dudes" eigentlich schon alles gesagt: das Album ist eine der grandiosesten Rockscheiben des Jahrhunderts, bei der einfach alles stimmt und jeder Song ein Hit ist. Das Re-Release ist um zwei Songs erweitert worden ("Prinde Of The Rodeo" als Single-Version und das DAVID BOWIE-Cover "Suffragette City"), die ursprünglich auf den beiden "Small Feces"-Scheiben zu finden waren. Außerdem wurde alles noch mal neu gemastert, was sich in diesem Fall aber kaum bemerkbar macht. Ändert nix an der Tatsache, dass das erste TURBONEGRO-Album mit Euroboy anner Gitarre und Chris Summer hinter den Kesseln das Highlight der Band-Karriere darstellt und bis heute unerreicht ist. Es wimmelt von kultigen Texten, die Songs sind allesamt catchy Hits und die Scheibe einfach ein Muss in jeder Punkrock-Sammlung.