FASTWAY 2011 klingen rauer, erdiger und bluesiger als vor der Jahrtausendwende. "Eat Dog Eat" hat nichts mehr gemein mit den amerikanisch gefärbten, Keyboard-betonten Hardrock-Scheiben der späten 80er sprich 90er, deren trauriger, unfreiwillig komischer Höhepunkt "Bad Bad Girl" (1990) war. Sicher, "Waiting For The Roar" und "Trick Or Treat" waren gute Scheiben, doch richtig ins Herz konnte man die Band, die unter ständigen Besetzungs-Wechseln litt, nicht schließen. Zu unbeständig war der Sound, und nach Dave King`s (Vocals) Weggang verlor FASTWAY endgültig an Ausstrahlung.
Nun, über zwanzig Jahre später gibt sich ex-MOTÖRHEAD-Urgestein Fast Eddie Clark noch mal die Ehre, verstärkt von Bluesrock-Vocalist Toby Jepson (LITTLE ANGELS, DIO DISCIPLES) und Drummer Matt Eldrige. Geboten werden 10 Songs, die ihre Wurzeln in den Siebzigern und auf der größten und verregnesten Insel Europas haben. LED ZEPPELIN, BAD COMPANY und THUNDER schimmern durch die Nummern, vorgetragen von der kräftigen und charaktervollen Stimme von Herrn Jepson, gebettet auf Eddis krachender und bluesbetonter Gitarre. Yep, Retro ist angesagt, und was THE ANSWER können, kann FASTWAY schon lange - ist der Gitarrist doch selber eine Legende, und mit 61 Jahren ist man(n) ja irgendwie sowieso Retro. Das Songwriting ist Klasse und die Tracks rocken authentisch und kantig nach vorne. Wer auf englischen Hardrock im 70er Jahre Flair steht, kann mit dieser Scheibe, die wie ich finde noch dazu ein klasse Cover hat, nix falsch machen.
Da hat sich ja mal jemand Zeit gelassen: gute zehn Jahre ist das letzte NIGHT IN GALES-Album her, was schon die Frage aufkommen ließ, ob die Band überhaupt noch aktiv ist. „Five Scars“ knüpft dabei nahtlos an die alten Scheiben an, was sicher auch an der Arbeit von Dan Swanö himself hinter den Reglern liegt. Der neue Drummer kann zwar einige Akzente setzen und macht generell einen guten Job, bringt die Chose aber nicht vom melodischen Death Metal weg. Zum Glück, denn was NIGHT IN GALES hier abliefern, ist erstklassiger Stoff, der der reinen Schwedenlehre folgt und durch zuviel neumodischen Scheiß und neue Einflüsse nicht so gut klingen könnte, wie es in der vorliegenden Form der Fall ist. Die Gitarrenarbeit ist erste Sahne, gerade die vielen zweistimmigen Leads („Bloodsong“) lassen den Fan mit den Ohren schlackern, genauso wie die kraftvollen Passagen zum Bangen einladen („Void Venture“). Shouter Björn hat in den letzten Jahren scheinbar nur alte AT THE GATES gehört und sich darüber zu einem Tompa Lindberg-Klon entwickelt – für einen Death Metal-Shouter gibt es wahrlich schlimmere Schicksale, zumal seine Röhre wie Arsch auf Eimer zur Musik passt (wenig überraschend, nicht wahr?). Beim Songwriting setzen NIGHT IN GALES auf bekannte Strukturen, was „Five Scars“ zwar ein wenig berechenbar macht, aber das Niveau durchgehend hoch hält. Wo NIGHT IN GALES draufsteht, ist melodischer Death Metal drin. War so, ist so, wird so bleiben. Gut so.
DALE COOPER QUARTET AND THE DICTAPHONES verfolgen mit ihrem neuen Werk den eingeschlagenen Weg konsequent weiter, das wird nach dem ersten Hördurchlauf von „Metamanoir” klar. Verstörend, dabei faszinierend, ganz wie die femme fatale in einem guten Film Noir gebiert sich die Musik, die Jazz-affinen Franzosen geschrieben haben. Dabei ist das neue Material stellenweise leichter zugänglich als erwartet, gleicht das aber durch anständige Sperrigkeit an anderer Stelle wieder aus, gerade bei den sich immer wiederholenden Parts. Richtiggehend schön wird „Metamanoir“ immer dann, wenn der weibliche Gesang einsetzt; ein Stilmittel, das von DALE COOPER QUARTET AND THE DICTAPHONES glücklicherweise nicht übertrieben oft genutzt wird. „Metamanoir“ ist eine beklemmend schöne Scheibe, sich in nahtlos in das Schaffen der Band einfügt und Denovali-Jünger auf hohem Niveau verzaubern wird.
MYTHOLOGICAL COLD TOWERS nehmen die Hörer ihres vierten Albums „Immemorial“ mit auf eine Zeitreise in die Mitt- bis Spät-90er, als der Doom/ Death in voller Blüte stand. Man denke nur an alte MY DYING BRIDE oder PARADISE LOST… Die sieben Songs von „Immemorial“ klingen genau nach der Zeit, ergänzt um die Finnland-Melancholie, die neuzeitliche Bands wie SWALLOW THE SUN so gekonnt auf Platte gebannt haben, „Akakor“ ist dann auch die Finnland-Hommage von MYTHOLOGICAL COLD TOWERS. Aber auch die anderen Songs sind eine Erwähnung wert, immerhin transportieren sie die Stimmung genannter Bands, auch wenn manchmal etwas mehr eigene MYTHOLOGICAL COLD TOWERS-Note zu wünschen wäre. Handwerklich haben die Jungs einen guten Job gemacht, gerade die Growls, die akzentuierte Keyboardarbeit und die durchweg melancholischen Riffs wissen zu gefallen. Wer mit Doom/ Death was anfangen kann, sollte hier ein Ohr riskieren. „Immemorial“ ist eine schöne, gelungene Hommage an die Bands und Alben, auch wenn die ganz großen Kracher auf der Platte fehlen.
Aus Italien kommen nicht nur Tonnen an melodischen Speed Bands oder diverse Epik / Okkult Rocker, sondern auch immer wieder erstklassige AOR Scheibletten. SOUL SELLER aus dem Norden Italiens sind da keine Ausnahme. Nach diversen Demos und Jahren der musikalischen Unentschlossenheit und den damit verbundenen Line-Up Wechseln haben SOUL SELLER nun ihren Stil gefunden und fühlen sich ohrenscheinlich recht wohl damit. Knackiger AOR im Fahrwasser neuerer JOURNEY, ALIAS, TERRY BROCK oder auch Landsmann MICHELLE LUPPI und dessen HEAVEN Projekt steht auf der Speisekarte. Und das angerichtete Menue schmeckt vorzüglich. SOUL SELLER verstehen es ihre klassischen Melodic Rock Songs mit einer angenehmen Grundhärte auszustatten und niemals ins Kitschige abzudriften. Beim Duett mit Ex-AT VANCE Röhre Oliver Hartmann „Keep On Moving“ schielt das Riffing sogar ein wenig nach ACCEPT. Die Ballade „Hell Of Tears“ gar kann es mit den besten Momenten BON JOVIs aufnehmen. „New Power Day“ vermittelt viel positive Energie und lässt einen über einen imaginären Highway fahren. Und der Opener „Wings Of Freedom“ ist die ganz große Melodieschule. Außerdem verfügt Fronter Michael Carrata über ein kraftvolles und sehr angenehmes Organ, welches perfekt zu den mit starken Hooks ausgestatteten Songs passt. Während also draussen der Herbst im wahrsten Sinne des Wortes die Stimmung verhagelt, lassen SOUL SELLER wenigstens in den heimischen vier Wänden die Sonne scheinen.
In den Reihen von SACRED GATE finden sich mit Gitarrist Nicko Nikolaidis und Sänger Jim Over zwei Ex-Mitglieder von MADE OF IRON wieder. Und auch SACRED GATE kann man durchaus attestieren aus Metal gemacht zu sein. Die Eigenproduktion besticht durch einen druckvollen Sound , hymnische Refrains und die richtige Einstellung. Was „Creators Of The Downfall“ von vielen anderen Eigenpressungen unterscheidet ist, dass hier schon alles perfekt arrangiert ist, die Ideen greifen sensationell ineinander...es fehlt nichts und vor allem ist auch nichts zu viel. SACRED GATE sind schon in diesem embryonalen Stadium erstaunlich weit gereift. Ein wenig erinnern mich SACRED GATE an die straighteren Momente von SHADOW KEEP. Neben drei Studiosongs befinden sich auch noch drei Livekracher auf der mir vorliegenden CD. Auch live können SACRED GATE das halten, was sie im Studio versprechen. Nur eine zweite Gitarre würde dem Livesound noch gut tun, sonst gibt es hier absolut nix zu meckern. Das rührige italienische Label Metal On Metal sah das wohl ähnlich und nahm die Jungs mittlerweile unter Vertrag und wird nächstes Jahr deren offizielles Debut veröffentlichen. Und darauf darf man sich als traditioneller Metalhead wirklich freuen.
Die New Yorker Formation VOICES OF EXTREME macht es mir nicht leicht. Stilistisch schwanken sie zwischen alternativ angehauchtem Hard Rock und grooviger Aggromucke à la DISTURBED. Was die Sache nicht gerade vereinfacht ist der „St. Anger“-lastige Sound. Selbiger ist sicherlich gewollt, bereitet mir persönlich aber nur bedingt Vergnügen. Handwerklich ist dagegen alles im grünen Bereich, was bei nachgewiesenen Könnern wie John Macaluso am Schlagzeug aber auch zu erwarten war. Aufgelockert wird das Material durch einige ruhigere Nummern, die für sich genommen schöne Stücke sind, das Album aber noch weiter zerfasern. Es ist ein schmaler Grad zwischen Abwechslungsreichtum und stilistischer Unentschlossenheit. Auch wenn IRON MAIDEN-Schlagwerker Nicko McBrain die Truppe sehr lobt, so fehlt mir doch der rote Faden. Moderne und aufgeschlossene Hard Rocker können ja mal ein Ohr riskieren.
Mit einem kurzen aber fetten Drumsolo leiten DEAD REMAINS aus Neubrandenburg ihr neue Scheibe mit dem Namen "Conscious Cremation" ein. Danach brechen die schweren Gitarren im Uptempo über einen herein. Geboten wird feiner Death Metal ohne Schnörkeleien. Die Band gibt es schon seit 2003, wobei zahlreiche Line-Up Wechsel die Band in der Entwicklung etwas hemmten. "Mit eingängigen Grooves gibt es harsch aufs Fressbrett! Treibende Riffs und Beats versohlen Dir den Arsch! Abgrundtiefes Gebrüll, ohne Harmonizer, gibt Dir den Rest ohne dass die CD nach dem zweiten Mal Hören abnutzt!" - So der Begleitflyer zur Scheibe und ich muss sagen: Treffend formuliert. In der Tat ist die Scheibe ein Genuss, da sie nicht altbacken klingt, aber trotzdem guten alten Death Metal liefert, den man zum Beispiel mit SIX FEET UNDER vergleichen könnte, so dass es nicht wundert, dass die Band den Song "Revenge Of The Zombie" dann auch als letzten Track gecovert hat. DIe Produktion ist druckvoll, die Gitarren bilden ein fieses Soundbrett, angereichert mit so einigen "Pinch Harmonics", also quitschenden Gitarrensounds, die die brutalen Riffs noch etwas mehr würzen. Der "Gesang" ist deathmetaltypisch in den untersten Tönen gehalten. Viele Growls, eigentlich keine Screams. Für mich insgesamt ein starkes Album. Ich hoffe, die Band geht ihren Weg weiter und die Besetzung bleibt nun mal so, wie sie ist.
ROHSTOFF kommen aus Graz/Österreich. Laut CD-Flyer zu Ihrer neuen künstlerisch ansprechend gestalteten EP "Echtzeitzeitsysteme" seien sie "bereit" ihren Weg zu gehen und würden "auf Knopfdruck detonieren". Außerdem würden sie "keine Gefangenen machen". Als ich das las, dachte ich, dass man eine ganz "schön dicke Lippe riskiert", wenn die CD dann doch langweilig wäre. Doch weit gefehlt, ROHSTOFF geben wirklich richtig Vollgas und überraschen mich mit frischen, mitreißenden und intelligenten Songs, die ich nicht erwartet hätte. ROHSTOFFs Sänger Roland Almer singt in deutscher Sprache. Das kommt etwas ungewöhnlich daher, funktioniert aber sehr gut. Der Musikstil ist Crossover. Eine fette Mischung aus Hardcore, Hip Hop Rap, Metal und Rock. Richtig gewaltig druckvoll bieten die Gitarren ein Soundbrett, dass einen dazu verleitet, wieder Metal schmieden zu wollen. Überhaupt ist die Scheibe überzeugend abgemischt. Dabei versteht es die Band in den Songs mit dem Tempo und den melodischen sowie den druckvollen Passagen überzeugend zu spielen. Die Songs gehen allesamt direkt ins Ohr und befinden sich stets auf hohem Niveau. Herausgreifen will ich "Wo bist Du?" und "So Weit, So Gut, Was Jetzt?", die beweisen, dass die Band weiß, wie man Songs schreibt, die das Publikum zum Ausrasten bringen sollte, well done. Auf dem Silberling gibt es neun Songs, wobei nur die ersten fünf reguläre Tracks sind, die übrigen werden als Bonusnummern ausgewiesen, die qualitativ aber nicht wirklich hinter den erstklassigen Anfangssongs hinterherhinken. Absolut empfehlenswert!
Vier Herren aus London haben wir hier. Richtig schickes Digipack mit acht Songs plus Video. Schon mal ein schöner erster Eindruck. Ob die Musik das auch beibehält? Das Anschreiben möchte einem weiß machen ,KILLERFIX seien irgendwo zwischen LAMB OF GOD, MACHINE HEAD und COAL CHAMBER anzusiedeln. Klar, den Groove haben die Herren gefressen, hier werden schöne Schredder Riffs mit ordentlichen Growls dargeboten. Immer wieder verirren sich Melodieeinlagen zwischen die abgehackten Stampfparts und verleihen dem Ganzen eine schöne Abwechslung. Stimmlich gibt es drei Variationen: Klargesang auch mal gesprochen, fiese und lang gezogene Schreie, meistens für die Refrains benutzt und eben die mit Stimme angefütterten Growls. Und hey: COAL CHAMBER…. Jetzt ja! Passt! Und außerdem höre ich da auch noch den alten Burton C. Bell raus… nett! Songlängen über drei Minuten sind Standart und resultieren aus den Melodieteilen, die doch leider des Öfteren in die Länge gezogen sind. Soundtechnisch kann noch einiges getan werden, ABER: Hier wird keine typische Neumoderne Pro-Tools Aufnahme dargelegt, sondern man hört ein gewisses Vintage Gefühl raus, was heut zu Tage eigentlich nur sympathisch seien muss. Von daher: richtiger Weg die Herren! Hervor zu heben sei dann noch „Deaf Nation“, den man getrost als die Quotenballade bezeichnen kann und der mit einem Duett zwischen der englischen Country-Sängerin Rosalie Deighton und Sänger Craig Wilson aufwartet. Bisschen kitschig aber geschenkt.
Final lässt sich sagen: Sehr schöner Einstand! Für alle die kein Bock mehr auf Pro Tools-Aufnahmen haben, dennoch auf dicke Grooves und wirklich schöne Melodien stehen und keine Angst vor dem Kreuzüber-Effekt haben.