Die LOSTPROHETS sind einmal als Überflieger gestartet, ihre erste drei Alben rannten wegen ihren eingängig, unbekümmerten Modern Rock offene Türen ein – manch Kritiker zum Trotze. Das letzte Werk der Waliser („The Betrayed”) konnte dem nicht mehr ganz folgen. Man klang zu bemüht, versuchte sich auf Melancholie und Stadion-Poprock, manchen Songs fehlte einfach die Frische. Also Album Nummer fünf soll es jetzt richten – tut es aber nicht. Denn mit „Weapons“ bewegen sich die LOSTPROPHETS mehr Seit- als Vorwärts. Atmen Songs wie die drei tollen Opener „Bring 'Em Down“, „We Bring An Arsenal“ und „Another Shot“ noch Höhenluft und legen eine Umkehr zu den Wurzeln nah (melodische Ohrwurm-Kracher mit Pfiff), so kommt der große Rest des Songmaterials als Standardware - da wäre (denke ich) mehr drinnen gewesen. Ergo: „Weapons“ ist schon ein schönes Album zum durchhören - melodisch, radiokompatibel, der Pop eher nur angedeutet. Ein Album dem aber auch etwas der Drive und die Abwechslung fehlt. Den LOSTPROPHETS-Fans wird es wohl trotzdem zusagen, qualitativ hält man das Niveau der letzten Scheibe. Für Neueinsteiger darf man „Weapons“ aber eher als solide bis gut klassifizieren – der letzte Kick zur Langzeitwirkung fehlt hier einfach.
SABATON sind zurück! Mal wieder, mal wieder stark erwartet, mal wieder das gleiche Thema. Nicht? Oh! Richtig, die so schnell an die Spitze gesprungenen Jungs aus Schweden singen dieses Mal nicht über den zweiten Weltkrieg, dafür aber über die musikalische Geschichte ihrer frostig-nordischen Heimat. Das erklärt übrigens auch den Namen: Carolus Rex war nämlich ein Schwedenkönig.
Da es aber im 18. Jahrhundert leider keine E-Gitarren gab muss man sich der Musik die SABATON dazu gemacht haben halt jetzt widmen. Und was soll ich sagen: Der musikalische Aufstieg geht weiter. Ich kann es einfach nicht anders sagen; nach „Coat Of Arms“ von 2010 schließt „Carolus Rex“ eigentlich genau da an wo der Vorgänger aufgehört hat. Songs wie „Gott Mit Uns“ oder „Carolus Rex“ gehen noch besser ins Ohr als das ein ohnehin potentiell Ohrwurm-verursachendes „The Final Solution“ oder „Ghost Division“. Jedenfalls muss das so sein – ich habe mich nämlich selber diverse Male trotz ausgeschalter HiFi-Anlage beim Summen der Refrains erwischt. Ansonsten ist der Sound mächtig, geschwängert von mehrstimmigen Gesangseinlagen, harten Gitarrenriffs und sowohl Songs in Mid- („The Carolean’s Prayer“) als auch in High-Tempo („Killing Ground“). Das ist genau das was wir von SABATON erwarten. Das sie musikalisch sich nicht neu erfinden ist dabei natürlich augenscheinig, dafür sorgt die neue Thematik aber definitiv für Abwechslung.
Des Weiteren ganz interessant ist die Tatsache, dass es „Carolus Rex“ auch auf Schwedisch gibt (daher das „Englisch“ im Review-Titel). In den Genuss dieser Sprache kommt ihr allerdings wohl nur via Import oder Deluxe Edition.
In einfachen Worten zusammengefasst: Diese Platte ist einfach fett! Ich habe bei keinem Song wirklich was zu meckern, muss (bis auf „Gott Mit Uns“, die Nummer schlägt noch alles) keine besondere Anspiel-Empfehlung aussprechen – geht nämlich alles! Nun stehe ich zwar ohnehin auf SABATON, aber mit „Carolus Rex“ haben sie zweifelsohne den ohnehin starken Vorgänger einfach getoppt. Und da das echt was heißen will, eine Empfehlung mit vollem Rückenwind von mir!
Ordentlich zur Sache geht es bei den sechs Schweden von C.B MURDOC. Erster Eindruck: MESHUGGAH. Ein bisschen hardcoriger. Progressiver Hardcore wird vorgeschlagen. Passt auch. Oder einfach Djent. Djent als Begriff für eine Stilrichtung existiert noch gar nicht so lange, jedenfalls gab es MESHUGGAH lange bevor man eben diese in jene neue Schublade als sogenannte Vorreiter des Genres steckte. Zitat aus C.B MURDOCs Biographie, die ein norwegischer Journalist geschrieben hat:
„At any rate, up to now, there’s only been a couple of ways to play this „djent“. Either you:
A) play it EXACTLY like MESHUGGAH or you play it
B) wrong”
Hört, hört. Wo das dann weiter hinführt kann man ahnen. Abseits der etwas provokativen Bio, zocken C.B MURDOC echt geile Mucke. MESHUGGAH ist gefallen, KVELERTAK könnte man noch einschieben und auch COALESCE. Unbeschriebene Blätter sind die meisten der sechs Herren auch nicht, denn immerhin spielten vier von ihnen schon bei der Black Metal-Truppe MÖRK GRYNING, die sich allerdings 2005 auflöste. Eine hervorragend Mischung also, die sich trotz ihrer Nähe zu MESHUGGAH in diversen Momenten doch auch ebenso deutlich absetzen kann. „The Green“ sollte sich jeder Freund von roher, technischer und äußerst zorniger Hardcore- oder auch Metal-Musik mal genauer anhören. Es wird sich lohnen.
Mucker-Platte. Hervorragend. BETWEEN THE BURIED AND ME-Basser. Noch hervorragender. Keine Gitarre. Ein Traum. Und siehe da, das Side-Project von Dan Briggs lässt sich hören. Und wie. Um nicht ganz so allein zu sein, holte der Mann sich den Saxofonisten und Flötisten Walter Fancourt und dazu den Schlagzeuger Matt Lynch, um gemeinsam TRIOSCAPES zu formen und ihrem Drang nach free jazzigen musikalischen Eskapaden nach zu geben. Mit dem, sechs Stücke umfassenden, Werk „Separate Realities” geht Dan Briggs mit seinen endlosen Bassläufen den BETWEEN THE BURIED AND ME-Weg, allerdings ohne metallische Gitarren, sondern eben „nur“ mit Saxophon, was ja z.B. auch bei THE MARS VOLTA und den Solo-Geschichten von Omar Rodriguez schon gut geklappt hat, und einem hervorragenden Drummer. Ab und an wird der Verzerrer natürlich auch mal getreten, aber ansonsten ist TRIOSCAPES sehr Fusion-artig und natürlich sehr experimentell. Tolle Sache und schön das Metal Blade als neue Labelheimat von BETWEEN THE BURIED AND ME anscheinend auch die gesamte Experimentierlustigkeit der fünf Extremmusiker unterstützen, siehe auch die Solo-Veröffentlichung von Thomas Giles, seines Zeichens Sänger und Keyboarder bei BETWEEN THE BURIED AND ME. Das sind doch gute Zeichen und wird hoffentlich zum nächsten Überalbum von BETWEEN THE BURIED AND ME führen. Zu alledem ist „Separate Realities” natürlich auch mal wieder ein schöner Beweis dafür, dass auch ein Bass ganz ohne quietschende Gitarren auskommen kann. In diesem Sinne viel Bass!
Im Zuge des nach wie vor anhaltenden, qualitativ durchaus viel versprechenden Thrash Metal-Booms leisten auch die Amis ihre Beiträge, hier vertreten durch HEXEN aus Los Angeles, die sich etwas progressiver und trockener (vor allem im Hinblick auf die Produktion) präsentieren als das Gros der europäischen Kollegen. Und auch wenn HEXEN auf ihrem zweiten Album (seit der Bandgründung im Jahr 2003) „Being And Nothingness“ nicht wirklich hexen können, überzeugt das Werk mit ordentlichem Stehvermögen, das aus dem ausladenden, selten vorhersehbaren und leicht obskuren Songwriting herrührt. Stellenweise erinnern die Songs von HEXEN an die etwas komplexeren Kompositionen von MEGADETH (etwa zu „Rust In Peace“-Zeiten), aber auch WATCHTOWER oder ältere ANACRUSIS scheinen hin und wieder durch. Allerdings verzettelt sich das Quartett mitunter in den frickeligen Parts, und Sänger und Bassist Andre Hartoonian krächzt reichlich uninspiriert und kraftlos; an bleistiftsweise einen Mille oder Tom Angelripper reicht er in Sachen Charisma zu keiner Sekunde heran. Somit kann man zwar gewöhnungsbedürftige und nicht leicht verdauliche, aber hörenswerte Stücke wie den Stampfer „Grave New World“, das abwechselungsreiche „Defcon Rising“, das flotte „Private Hell“ oder den sehr gelungenen, überlangen Abschluss „Nocturne“ speziell den Leuten empfehlen, die den Begriff „Techno Thrash“ noch nicht ganz vergessen haben. „Normale“ Thrasher könnten hier allerdings Zahnschmerzen bekommen.
CRAAFT und TOKYO hießen die Bands, in denen Klaus LULEY federführend mitwirkte. Letztgenannte erarbeitete sich einiges an Beachtung und erreichte mit immerhin drei Veröffentlichungen einen gewissen Status in der Melodic Rock Szene. Frühsommer 2012 veröffentlicht nun Herr LULEY unter eben diesem Namen ein neues Album. An den Reglern saß "Hans Dampf in allen Gassen" Michael Voss (MAD MAX, MICHAEL SCHENKER, VENGEANCE etc.), der ja mittlerweile zum festen Inventar der deutschen Hardrock-Szene gehört. Somit passt schon mal der Sound der Scheibe.
Wie zu erwarten, bleibt Klaus L. "seinem" Genre treu und bietet uns elf Melodic/ AOR-Nummern zu Gehör. Der Einstieg mit "Can't Live Without You" gelingt; eine gute, sich langsam steigernde Rocknummer, die Aufmerksamkeit und Appetit weckt. Die Gitarre macht hier mächtig Druck, bleibt uns aber nicht bei allen Songs gleichwertig erhalten. Auf dem Album wechselt sich kerniger Hardrock mit gediegenem, Keyboard-durchwachsenem AOR ab. Mit dem Titel "Tokyo" findet sich gar eine Neuauflage der gleichnamigen Band auf der Scheibe - diese Nummer macht nochmal klar, wie stark einst das Songmaterial bei TOKYO war. Ausfälle sind - naja bis auf Titel Nummer Zwei, welcher der Grenzlinie zum Schlager gefährlich nahe kommt - keine an Bord. Somit kann ich "Today´s Tomorrow" Genre-Fans durchaus ans Herz legen und Euch bei der Gelegenheit mal den Tipp geben, in die "alten" TOKYO-Scheiben reinzuschnuppern.
BE'LAKOR sind mit „Of Breath And Bone” auch schon bei ihrem dritten Album angekommen, ohne dass sie bisher die ihnen zustehende Aufmerksamkeit der Melodic Death-Gemeinde bekommen hätten. Das muss sich schleunigst ändern, denn was die Jungs aus Down Under in die acht Songs gepackt haben, sind nicht nur ihre besten Ideen, sondern schlicht bester melodischer Schwedentod. Stärker als bisher sind sie dabei an alten IN FLAMES und DARK TRANQUILLITY orientiert („The Dream And The Waking“), lassen aber auch immer wieder OPETH-Einflüsse aufblitzen. Bei mehr als 55 Minuten in den acht Songs ist klar, dass sie nicht auf Easy Listening-Kram aus sind, sondern ihren Songs genug Zeit zur Entfaltung geben, den Hörer aber auch so mehrere Durchgänge abverlangen, bis der die Schönheit des Gebotenen erkennt. Handwerklich ist dabei alles top, von den starken Growls über die melodische Gitarrenarbeit (Göteborg in Reinkultur) bis zum Songwriting – da passt einfach alles. „Of Breath And Bone“ hält ein konstant hohes Level und wartet mit Songs auf, in denen das Tempo gut variiert wird, die aber trotzdem zum konstanten Moshen einladen, aller Komplexität zum Trotz. Kurzum: wer melodischen Schwedentod mag, kommt um diese Scheibe nicht herum! Kaufen, Hören, Glücklich sein!
Aha! Letztes Jahr hatte dann auch die AHAB-Rhythmusfraktion Stephan Wandernoth (Bass bei AHAB) und Corny Althammer (Drums bei AHAB) mal wieder Bock ’n bisschen Geschwindigkeit aufzunehmen und brachten mit ihrer Kapelle DEAD EYED SLEEPER das bereits dritte Album an den Start. Gut verstehen sie es auch hier zu spielen, obwohl Stephan bei DEAD EYED SLEEPER nicht den Bass um der Schulter hängen hat, sondern die Gitarre und die Geschwindigkeit, wie gesagt um einiges höher ist als bei AHAB. Zusammen mit Sam Atzenberger (FRAGMENTS OF UNBECOMING) am Mikro, Thomas Amann am Bass und Peter Eifflaender an der zweiten Gitarre, haben die fünf Herren mit „Observing Obliveon” ein richtig starkes Album eingezimmert. DEAD EYED SLEEPER spielen vertrackten, technischen und dennoch mit ordentlich Wucht versehenen Death Metal aller erster Sahne.
Was bei AHAB auf einem Album „passiert“, passiert bei DEAD EYED SLEEPER in einem Song. Acht Stücke schwer ist „Observing Obliveon” und kann durch ziemlich geiles Songwriting und technische Finesse mehr als nur überzeugen. Ab und an kommt dann natürlich doch schon die Liebe zum tonnenschweren Brachial-Riff zu Nachte, aber auch das steht der Band ziemlich gut. So z.B. in „Narcissistic Panoptikon“ wo man unweigerlich an MORBID ANGELs „Where The Slime Lives“ erinnert wird, nur um im nächsten Moment an flächige Funeral Doom-Soundwände geschmettert zu werden, um letztendlich „Where The Slime Lives“ mit dreifacher Geschwindigkeit zu zocken. Ganz anders gehen die Mannen bei „Efficiency In Conciet“ zu Werke: sperrige zweistimmige Gitarren Läufe durchtränkt mit klassischen DEATH-Rhythmus-Riffs, gezuckert mit elektronischen späherischen Sounds.
Referenzen zu OBSCURA, SUFFOCATION aber auch KRUGER oder eben angesprochene MORBID ANGEL, poppen auf und zeigen, dass „Observing Obliveon” einige Hördurchgänge benötigt, um in seiner Gänze verstanden worden zu sein. Eine echte Entdeckung, auch ein Jahr nach offiziellem Release.
Ups, Labelwechsel bei POISONBLACK und schon geht die neue Scheibe unter…. „Drive“ ist schon seit dem Herbst erhältlich, passend zur vermittelten Stimmung. Wie gehabt wird der Sound durch die charakteristische Stimme des Herrn Ville Laihiala dominiert, der sich nicht verstellt und dadurch natürlich wieder SENTENCED-Vergleiche aufkommen lässt. Seine Leistung ist dabei tadellos, die Mischung aus Melancholie und Wut kriegt kaum jemand besser hin als er, garniert mit dem Charme des Mannes und alles geht. Musikalisch haben POISONBLACK in der ersten Albumhälfte eine ordentliche Metal-Kante vorzuweisen, „Piston Head“ oder dem mächtig nach New Orleans klingenden „A Good Day For The Crows“ gehen die Finne so brachial wie selten – und es steht ihnen gut zu Gesicht, auch wenn beim Songwriting noch nicht alles rund lief, mancher Part klingt doch arg gezwungen. Durch die Antfarm-Produktion kommt das Ganze zudem basslastig und knackig aus den Boxen. In der zweiten Hälfte wird es ruhiger und die erwartete finnische Melancholie hält Einzug in die Songs („The Dead-End Stream“). Da macht POISONBLACK kaum einer was vor, allerdings sind die Nummern insgesamt zu unspektakulär und zu sehr auf Nummer Sicher geschrieben worden. Das ist alles völlig in Ordnung, aber mehr eben auch nicht. Die erste Hälfte des Albums rettet „Drive“ dann, zeigt sie doch, dass POISONBLACK auch beim fünften Album noch Mut für Veränderungen haben und durchaus knackig klingen können. Mit Glück gewinnen sie so neue Hörer dazu, die treuen Fans werden mit der zweiten Albumhälfte zufrieden gestellt.
BREAKING THE DAY werden gemeinhin in die Sludge-Ecke einsortiert, was einigen Durchläufen ihres Debütalbums „Survived By None“ etwas irriert, immerhin sind sie da NEUROSIS näher als New Orleans. Sei es drum, in der guten Stunde geben sich die Briten alle Mühe, den Hörer mit einer fiesen Melange aus schleppenden Riffs („The Streets Will Rain With Blood Tonight“) und aus einer gekonnt eingesetzten laut/ leise-Dynamik gespeisten Atmosphäre zu fordern. In der Regel gelingt ihnen das auch, gerade da sie den Songs genügend Raum zur Entfaltung lassen und sich damit immer wieder an NEUROSIS annähern. Dezent gehen BREAKING THE DAY dabei selten vor, ihr Stil ist eher der immer wieder langsam geschwungene Vorschlaghammer das Rapier – wer auf unbarmherzige Musik steht, ist mit „Survived By None“ richtig bedient. Das Debütalbum des Briten-Sextetts kann überzeugen, auch wenn natürlich noch Luft nach oben ist, aber die Grundlagen sind gelegt und überzeugen.