Was passiert, wenn bei EXODUS gerade mal Pause ist? Richtig, man sucht sich andere musikalische Betätigungsfelder. Gerry Holt schreddert bei SLAYER und Frontsau Rob Dukes kümmert sich um sein Projekt GENERATION KILL und stellt dabei mal eben fest, dass wir alle, wenn wir so weiter machen, bald über den Jordan gehen werden. Dies teilt er uns recht eindrucksvoll auf „We're All Gonna Die“ mit, dem zweiten Output der GENERATION KILL. Da sich der Großteil dieser Band eher im Hardcorebereich zu Hause fühlt, sind Sorgen darüber, sich einen schnöden Abklatsch von Dukes Hauptband ins Haus zu holen, überflüssig - im Gegenteil, denn was uns hier präsentiert wird, ist eher eine Symbiose aus Thrash und Crossover-Elementen. Mit diesem Album beweist Mr. Dukes, dass er definitiv mehr kann als sein - im positiven Sinne - angepisstes und aggressives Growling bei EXODUS. Hervorheben möchte ich den zweiten Song „Prophets Of War“, der mich fast schon an alte PANTERA-Stücke denken lässt sowie „There Is No Hope“, das trotz schwarzmalerischen Textes eine absolut mächtige Stimmung hinterlässt! Dieses Album aber nur auf die beiden erwähnten Tracks zu reduzieren, wäre grundlegend falsch, da es sich von Anfang bis Ende ohne Schwachstelle durch hören lässt. Sollte also Gerry Holt noch eine Weile bei SLAYER verweilen, würde ich mich sehr über den einen oder anderen Gig dieser sehr zu empfehlenden Band freuen.
TOMBSTONED tragen es schon im Namen, welcher Musik sie sich verschrieben haben: Retro-lastigem Stoner Rock, der allerdings mal ohne x aufgewärmte BLACK SABBATH-Riffs auskommt. Jetzt haben die Finnen trotzdem ein Händchen für den nötigen Groove und lassen immer wieder ihre KYUSS-Liebe aufblitzen, aber so richtig überzeugen will das Debütalbum dann doch nicht, dafür sind die Songs am Stück konsumiert zu ähnlich und ohne Höhepunkte vor sich hin dümpelnd. Der kraftlose Gesang trägt sein übriges dazu bei, dass "Tombstoned" nicht aus dem Quark kommt. Für eine Kiffer-Session ist unaufdringliche, dezent wabernde Musik im Grunde eine tolle Sache, aber TOMBSTONED haben es (bewusst oder unbewusst ist hier die Frage) übertrieben und ihren Labeleinstand zu belanglos werden lassen.
Es gibt Neues aus Galicien. Galicien, das ist da, wo die Sonne ewig scheint und die Sterne bei Nacht tanzen. Jawohl, die Küste des nordwestlichen Spaniens ist hier gemeint. Mit ihrem nun schon zweiten Album wollen SKYDANCER sich über ihre Heimat hinaus in Europa einen Namen machen. Das die Spanier ein Faible für frostige Titel haben bewies ja schon ihr zwei Jahre zuvor erschienenes Debüt „Winterkiller“. Nun, der Winter ist fort, „Land Of The Grim“ ist da ‒ ein geläufiger Name sind SKYDANCER dem nordosteuropäischem Metal-Fan immer noch nicht. Melodischer Death Metal erwartet den Hörer auf „Land Of The Grim“, mal in melodischer Heavy Metal-Manier („Ancares“), mal etwas trashiger („The Ferryman“) und mal auf galizisch („O Peso Do Tempo“) . Kurze Instrumentalstücke („L‘Even“ und „Lebraza“) lockern das Ganze auf und die Lyrics versuchen dem Hörer die galizischen Mythen näher zu bringen. Wer CHILDREN OF BODOM, INSOMNIUM und DARK TRANQUILITY mag, sollte den Sanieren ruhig mal ein Ohr gönnen. Interessant klingt ihre Musik allemal, eine Weltneuheit ist hier jedoch trotz des ungewöhnlichen Ursprungsortes nicht zu erwarten. Das Gehörte weiß zwar durchweg zu gefallen, Langeweile kommt bei der halben Stunde Musik nicht auf, aber hängen bleibt eben leider auch nicht viel.
Der Tod aus Thüringen hat wieder weit ausgeholt, und kaum überraschend ist er auch sobald wieder da: der Konflikt mit der BPjM. So mussten die Künstler diesmal auf die Darstellung eines mongoliden Flötenspielers auf dem Artwork verzichten und den dazu passende Track „Flötenmongo“ aus der Tracklist des Albums streichen. So wurden die „Todestage“ verschoben. Wäre ja auch merkwürdig, wenn die Meister aus Thüringen mal keine Steine aus dem Weg zu räumen hätten.
„Todestage“, das sollte wohl erwartungsgemäß die Spitze des Eisberges sein, stellt das Album doch schließlich EISREGEN’s Jubiläumswerk dar. Und tatsächlich findet der Hörer hier alles, was EISREGEN ausmacht. Zum einen ist der Klargesang wieder einer echten „Blutkehle“ gewichen, die verloren geglaubte Violine taucht hie und da („Waldgott“) auf und auch der Schwarzmetall hat wieder verstärkt Einzug erhalten. Zum Anderen gibt es auf dem Jubiläumswerk auch ruhigere, düstere Lieder, die ein fast gotischer Reiz ausmacht („Oh Wie Sie Schrie“, „Ostern Am Narbenhimmel“). „Lang Lebe Die Nadel“ greift in die Drogenkiste des Falco-Covers, „Seele Mein“ lässt nicht nur in der Thematik Parallelen zu des „Leichenlager(‘s)“ „Schwarze(r) Rose“ erkennen und der [in meinen Augen recht unnötige] Bonustrack ruft aufgrund verstärkter Elektronik Erinnerungen an die wahre Elektrohexe wach, jedoch hält hier tatsächlich ein Kind das Mikro in der Hand. Im Titeltrack, „Höllenfahrt“ und „Familienbande“ prasseln reichlich Blast Beats auf den Hörer hinab und „DSDSL“ („Deutschland Sucht Die Superleiche“) kratzt sogar an der Death Metal-Sparte. Hier wird wieder schön die Gesellschaft kritisiert, unterstützt werden die Thüringer dabei von Martin Schirenc von PUNGENT STENCH.
Richtig, was wir hier in den Händen halten ist EISREGEN, und zwar durch und durch. So klingt „Todestage“ bald mehr wie eine Zusammenstellung vergangener Tage, denn wie eine Neuerscheinung. Angenehm rau und angenehm abwechslungsreich kommt das hier gebotene Material daher und das ist beinahe eine Wohltat nach „Rostrot“ und „Schlangensonne“. Stellenweise scheinen die Thüringer gar an die „Farbenfinsternis“ anzuknüpfen. Somit gelang EISREGEN mit „Todestage“ wohl das Kunststück neue, wie alteingefleischte Fans, gleichermaßen zu begeistern.
ANDI DERIS dürfte dem Metal- und Hard Rock-Fan als Frontmann von HELLOWEEN und ex-Sänger von PINK CREAM 69 bekannt sein. Solo ist er bisher kaum in Erscheinung getreten (ich glaube 1999 hat er schon mal was veröffentlicht). Unter dem programmatischen Bandnamen ANDI DERIS AND THE BAD BANKERS gibt es jetzt mit „Million Dollar Haircuts On Ten Cent Heads“ seinen Kommentar zum Gebaren der Banker und zur Finanzkrise. Dazu bewegt man sich musikalisch eher im alten PC 69-Sounds, angereichert mit durchaus ruppigen Modern-Metal und rauen Alternative-Elementen als im HELLOWEEN Umfeld. Sofort herauszuhören aber die Stimme von ANDI DERIS – diese Gemeinsamkeit mit HELLOWEEB läßt sich trotz anderer musikalischer Ausrichtung und etwas tieferer Stimmlage nicht leugnen. In erste Linie für Fans seines Gesangs dürfte die Mischung aus melodischen Rocksongs (wie das an alte HELLOWEEN erinnernde „Will We Ever Change“, das noch weitere zurückreichende „Must Be Dreaming“ (PC 69 lassen Grüssen) und dem leicht melancholischen Quasi-Hit „This Could Go On Forever“) und ruppigen Metal Tracks (das Riff-harte „Cock“ und der Modern-Metal-Brecher „Banker's Delight (Dead Or Alive)“. Daneben gesellen sich aber auch einige nicht so zwingende Kompositionen. Letztlich scheint in dem dann doch etwas überambitioniert wirkenden Werk die textliche Botschaft von ANDI DERIS das Entscheidende zu sein. Für Fans!
Fakt - EAT THE GUN liefern einfach eine starke Scheibe nach der anderen ab. Leider auch Fakt – der überfällige großflächige Durchbruch läßt weiterhin auf sich warten. Nachdem schon die 2011er-Scheibe „Runner“ ungemein gut gefiel hat man auch Ende 2013 mit „Stripped To The Bone“ ein Album ohne Ausreißer nach unten am Start. Zehn klasse Heavy Rock Ohrwürmer voller Ideen und der richtigen Mixtur aus Power, Heavy Rock zwischen Metal, Stoner und Alternative sowie Verschnaufpausen – dass das Zeugs nicht im Radio läuft ist eine Schande. Denn eines ist auch hörbar – dem Trend gen „glatteren“ Classic Rock konnten sich auch EAT THE GUN nicht entziehen. Anyway – is‘ halt so und steht den Jungs auch. Bereits „At The End Of The Day“ als Opener geht als einprägsame, partytauglicher Song durch die Ziellinie; „Bad Memories“ und „Hot Blood“ schlagen in die gleiche Spaßkerbe. „Wake Me Up“ hat was von Southern, „Addiction“ und „Apocalyptic Blues“ sind Rock mit Pop-Appeal der besseren Sorte. Chapeau – das Ganze auch wieder Fett produziert, tolles Artwork und mit hoher Halbwertszeit (um die Phrase „zeitlos“ zu vermeiden) - Repeat. Von mir kriegen EAT THE GUN 2013 eine klare Erwerbsempfehlung, „Runner“ raus, „Stripped To The Bone“ rein in den Player – paßt!
Die Gelsenkirchener gehörten einmal zu den hoffnungsvollsten Vorreitern der heimischen Viking/Pagan Metal-Bewegung und lieferten ein paar sehr hörenswerte bis gute Alben ab, doch was das Sextett anno 2013 fabriziert, ist nur noch Stangenware eines Genres, das in den letzten paar Jahren wie eine Zitrone ausgequetscht wurde. „Heimweh“, das sechste Album von BLACK MESSIAH seit der Bandgründung vor über 20 Jahren, ist in jeder Hinsicht ein kreativer Schwanengesang und fast schon eine Karikatur und Parodie der Hörner-und-Met-Zunft. Bombastische, natürlich auf Eingängigkeit getrimmte Melodien aus dem Setzbaukasten für Schunkelbespaßung paaren sich mit von Geiger Zagan heiser gekrächzten Geschichten über die „Heimat der Riesen am Ende der Welt“ („Jötunheim“) oder den beschwerlichen Weg in die Heimat (der Titelsong – gruselig!). Das pseudo-lustige „Wildsau“ schießt den Vogel komplett ab; die Nummer über einen Choleriker, dessen Ur-Ur-Ur-Großvater schon alles kurz und klein haute, könnte glatt von Mallorca-Partyikone Mickie Krause stammen. Rein spielerisch geben sich BLACK MESSIAH hier erneut keine Blöße, aber sowohl das Bierzelt-Songwriting als auch die häufig unfreiwillig komischen Texte lassen mich direkt mutmaßen, dass die Band genau weiß, dass aus der Thematik die Luft raus ist, sie trotz Allem aber nicht das Handtuch werfen will und sich daher überhaupt keinen Kopf mehr macht. In dieser Form braucht man auch eine grundsätzlich gute Truppe wie BLACK MESSIAH nicht mehr… oder um mich auf den Albumtitel zu beziehen: Jungs, geht nach Hause!
HONDURAN aus Portland bestehen aus Gitarrist/Sänger Jason Dinges, Bassist/Sänger Corey Dieckman und Drummer Kevin Spafford und sind seit fünf Jahren aktiv. Mit „Language & Violence“ erschien 2009 ein Debütalbum, dem eine EP und eine Split folgten. Viel mehr gibt es zu diesem Trio nicht zu sagen, außer, dass sein neues Album „Street Eagles“ die Nerven ganz schön blank zieht. Gerade mal vier der elf „Songs“ überschreiten die Zwei-Minuten-Grenze, so dass hier in Sachen Krach ordentlich intensiv vorgegangen wird. Die sehr monotone und wenig packende Mischung aus Hardcore und Death Metal nebst auf den Sack gehendem, völlig ausdruckslosem Kotz-Keif-Schrei-Gebrüll kann man sich auch nach mehreren Durchläufen nicht schön hören. Einziger Vorteil: ein Durchlauf dauert lediglich knapp 22 Minuten. Nach einer Stunde weiß man, dass „Street Eagles“ nicht mehr wächst, keinerlei Höhepunkte hat und niemand haben muss. Das ist ja auch was.
Es gibt bessere Bandnamen als NEUROTIC NOVEMBER, so ingesamt betrachtet. Oder weiß jemand, wie ein Monat als solcher neurotic sein kann? Eben. Musikalisch ist die Sache eindeutiger, auf "Anunnaki" wird dem Hörer in zehn Songs (plus Intro) brutaler, mit gut gesetzten Breakdowns gespickter, Metalcore geboten. Auffällig ist dabei das bösartige Organ von Shouter Dirty, der damit immer wieder Akzente zu setzen vermag ("Our Development"). Schnell wird klar, dass er das Aushängeschild der Band ist und die Songs auf zugeschnitten sind. Seine Kollegen sind zwar handwerklich fit, bringen aber selten interessante Ideen ein, sondern orientieren sich eher am Metalcore-Standard. "Anunnaki" ist so kein überragendes Album, kann aber im oberen Genre-Mittelfled landen und hat mit den Rap-Parts von Dirty ein kleines Alleinstellungsmerkmal. Gute, solide Kost, aber auch nicht mehr.
THE VISION BLEAK haben sich in der deutschen und europäischen Metal-Szene mit düsteren Spielart des Metals ebenso ihre Anhänger gefunden wie unter den Gothics und Schwarzkitteln. Die Band liefert mit jedem Album erstklassige Songs an, ohne sich stilistisch großartig zu verändern; Nuancen der Veränderung reichen aus, um die Alben unterscheidbar und interessant zu machen. "Witching Hour", das gut drei Jahre nach dem starken "Set Sail To Mystery" erscheint, führt diesen Trend fort: auf dem Konzeptalbum, das das Thema Hexerei behandelt, finden sich acht typische THE VISION BLEAK-Songs, die keine Sekunde langweilig werden. Nach dem interessanten Intro legt "A Witch Is Born" gradlinig rockend los und erinnert an die ersten beiden Alben der Band, während Songs wie das doomige "Cannibal Witch" und "Pesta Approaches" atmosphärisch dicht sind. "Call Of The Banshee" und "The Wood Hag" entpuppen sich als verdammt eingängige Nummern, in denen THE VISION BLEAK gekonnt Gothic Rock und Metal verschmelzen. Das Album krallt sich vom Start weg in die Hörgänge des geneigten Fans fest und entpuppt sich als unglaublich eingängig, selbst bei den langsameren Nummern. "Witching Hour" ist mithin ein starkes Album, mit dem THE VISION BLEAK an die hohe Qualität ihrer bisherigen Werke anknüpfen können und jeden Fan überzeugen werden.