Meinen Respekt an BONFIRE - auf so ein klasse Album haben wohl selbst die Hardliner Fans (zwar immer gehofft) aber letztlich nicht mehr wirklich von der Ingoldstädter Hardrockinstitution erwartet! Die neue Scheibe "Double X" rockt dermaßen gnadenlos gut aus den Boxen, dass man die Scheibe ohne Zweifel zum Besten zählen muß, was die Jungs seit 1986 herausgebracht haben. Nachdem doch von vielen Kritikern eher skeptisch beurteilten "Free", dass für BONFIRE Verhältnisse mit einem ungewöhnlichen Sound aufwartete sowie relativ experimentierfreudig ausgefallen war (für meinen Geschmack war diese CD kein übles sondern ein durchaus solides Werk mit einigen sehr guten Songs!) geht es jetzt wieder deutlich stärker Back to the Roots d.h. der Fünfer steht wieder für zeitlos guten Hard/Melodic Rock. Mit einer sehr zeitgemäßen knackigen Produktion von Gitarrist Chris "Yps" Limburg, richtig straight bratenden, schnellen Gitarren sowie den gewohnt griffigen Melodien ohne einen richtigen Ausfall (die kritische "Rap is Crap"-Nummer ist dabei bei weitem nicht so schlecht wie von manchen Schreiberlingen gesehen) wandelt man hier traumhaft sicher auf dem schmalen Grat zwischen oldschool geprägter 80er Jahre Mucke sowie moderner Rockmusik mit hohem Spaßfaktor. Selbst vor Klassikern wie "Fireworks" oder "Point Blank" aus den glorreichen Anfangstagen muß sich "Double X" nicht verstecken, sondern man liegt hier auf einer Augenhöhe. Das Songschreiberduo Lessmann/Ziller hat dabei alle Register gezogen und tatsächlich ein von vorne bis hinten gut abgehende Album hervorgezaubert. Sofot bei dem klasse Opener "Day 911" geht es so richtig mit fetten Riffs fast schon Powermetal like zur Sache. Und es geht fröhlich weiter so mit hochwertigen Songs, den eher simplen Rockstandart "But Still We Rock" lassen wir mal außen vor aber auch bei Krachern wie "So What" oder "Right Things Right" hier wird ordentlich Gas gegeben, Sänger Claus Lessman scheint in einen Jungbrunnen gefallen zu sein - er intoniert gekonnt wie zu besten Zeiten natürlich auch bei den typischen Balladen, die diesmal absolut überzeugend ohne Kitsch daherkommen u.a. "Hard To Say" oder "Wings To Fly". Die Mischung stimmt dabei, es gibt viele gelungene Midtemporocker "What’s On Your Mind", "Notion Of Love" oder "Cry For Help" alles Ohrwürmer vom Feinsten. Mit der abwechslungsreichen Halbballade "Blink Of An Eye" (in einer regulären & extended Version) gelingt es BONFIRE in knappen 6 Minuten eine außergewöhnlich atmosphärisch dichte Komposition mit schönem Spannungsbogen abzuliefern und wenn dann gegen Ende nach einem kleinen Break nochmal richtig toll mit fetzigen Gitarren Gas gegeben wird, da lacht das Herz eines jeden Hardrockfans. Der Song wird zukünftig ganz sicher zu einem Klassiker auf der Setlist werden.
BONFIRE haben auf ihre, sorry "alten" Tage also tatsächlich nochmal voll zurückgeschlagen, und mit ihrem 10´ten Studioalbum passend zum 20-jährigen Jubiläum ganz klar ein "Überwerk" eingespielt. Damit hat man sich wieder erfolgreich zurück an die Spitze der Toprockbands des Genres katapultiert. Die Bayern befinden sich jetzt auf einem hohen Niveau mit Bands wie PINK CREAM 69, den zuletzt wiedererstarkten GOTTHARD oder auch SHAKRA - ganz starke CD.
Die Melodiegeilen BULLET FOR MY VALENTINE von der Insel legen nach ihrem erfolgreichen Start in die Musikwelt nach: Die nächste Maxi ist "Tears Don´t Fall". Es ist keine der Balladen des letzten Albums und auch keine der Übernummern. Auf der Maxi prangt ein Herz mit Teufelsschwanz, das zugehörige Video will cool und ein bisschen sexy sein. Damit passt beides gut zur Musik und auch in die Charts. Aus musikalischer Sicht deutlich interessanter sind aber die beiden Coversongs auf der Premium Edition der Maxi. Wenn auch bei weiten nicht so in die Fresse wie das Original kann "Domination" von PANTERAs "Cowboys From Hell" durchaus fesseln. Die Gitarren passen, die Vocals überraschen, der Sound ist nicht ganz so klar wie bei ihren eigenen Songs. Gelungen ist die Stereospielerei der Gitarre am Songende, die Soli sind technisch sauber. Und selbst wenn ich das Original jederzeit vorziehe, diese etwas glattere Version fetzt! Die Gitarren sind es dann auch, die bei "Welcome Home (Sanatorium)" am ehesten überzeugen. Der Gesang Tucks schafft es aber nicht den Zauber des Songs aufzubauen. Vielleicht hat man das Original auch einfach zu oft gehört. Zum Abschluss sind Liveversionen ihres Smashers "Suffocating Under Words Of Sorrow" und "4 Words" zu hören. Von den Livequalitäten müssen sie aber wohl kaum mehr einen überzeugen der ihre bisherige Performance verfolgt hat. Grade "4 Words" ist aber in dieser Variante wirklich hörenswert. Auch wenn der gute Titeltrack der langweiligste der fünf ist: Mal wieder eine Maxi die sich lohnt!
An EISHEILIG gefiel mir schon seit jeher der etwas raue, bisweilen gar räudige Eindruck der Songs. Auf "Elysium" ist noch dazu der Sound druckvoller geworden und bringt die teils recht bombastischen Tracks hervorragend zur Geltung. Die durchweg deutschen Texte streben nach Tiefgang klingen teils melancholisch und beschreiben lieber große Szenen als kleine Tragödien. Die musikalische Untermalung strebt dabei nach ähnlichem: Harsche Metalriffs werden begleitet von vielen Keyboards und dichten Sounds. Der Gothic Metal kommt kaum ohne Chöre im Hintergrund aus, der Grat zur Überladung ist bisweilen nur sehr schmal: Bei der Hymne "Märchenreich" vereinen sich die Zutaten mit am gekonntesten. Geblieben ist aber ein Manko der Band: Wer das "r" rollt und deutsch singt muss schon sehr einzigartig sein um nicht irgendwie mit dem übermächtigen Exportschlager verbunden zu werden. Ebenfalls noch etwas zu schwach sind die Drums, die grade den brettharten Gitarrenparts kaum Spielwitz entgegensetzen können. Modern und verdammt groovig brechen aus dem schweren Gotentief Songs wie der Titeltrack "Elysium" aus. Es gibt kaum Einflüsse derer sich die Band verschließt, am wohlsten fühlen sie sich aber wenn wahre Soundwände über ihnen zusammenbrechen. Ruhigere Tracks ("Dein Traum") wirken im Kontext des Albums, sind mir aber noch etwas zu substanzarm. Mit ähnlichem Tempo, aber deutlich massiver instrumentiert ist "Fährmann" dagegen ein wahrer Leckerbissen. Das dritte Album der Deutschen könnte der wichtige große Schritt gewesen sein!
Ich muß ehrlich gestehen, die erste Single aus dem jetzt vorliegenden Album der dänischen Band sowie MTV Lieblinge THE ALPINE hat mir noch recht gut gefallen. Das Ding schimpfte sich "Mondays Look The Same" und konnte trotz eines stark betonten Keyboard- bzw. Klaviersounds aber noch mit deutlicher Rockattitüde in einem leichten 80er Wave-Gewand durchaus überzeugen. Die zweite Single "Trigger" war mir dann trotz wieder eingängiger Melodien dann einfach viel zu platt, zu glatt, zu deutlich bestimmt von pompösen Glam Pop der Marke ABBA meets BEATLES und hatte viel zu wenig eigenes Charisma, für die Charts eventuell interessant aber auch nur für die Ü-30 Fraktion, die auch jedes noch so dürftige ROBBIE WILLIAMS CD kauft ohne vorher hineinzuhören. Auch mit dem dazugehörigen Album "On Feel Trips" fühlt ich mich nicht so recht wohl, sicher die Formation wirkt irgendwie sympathisch aber essentiell ist da nur sehr wenig Bleibendes und für MI Leser sowieso absolut vernachlässibar. Wer jetzt noch weiter liest, diese Band stammt aus Aalborg hat eine eher mittelmäßige Sängerin (klingt wie Gwen Stefani für Arme) und ist seit gut fünf Jahren musikalisch aktiv wobei sich die Bandmitglieder Simon Kringel (Drums), Peter Bösen (Gesang, Keyboards), Ida Stand (Gesang, Keyboards), Barke Mondrad (Bass) und Mikkel Brynildsen (Gitarre) bereits aus seit ihrer Schulzeit kennen. Die Produktion von Marco Manieri (The Cardigans, THE ARK, SUEDE) ist zwar ganz nett gemacht aber insgesamt doch recht flach. Es fehlt mir die nötige Dynamic oder Fülle in den Arrangements aber dies muß bei Popproduktionen wahrscheinlich so sein. Es wurde dabei ziemlich kompromisslos aber gründlich angefangen aus den 70ern so ziemlich alles kopiert egal ob Musical ("Winnebago"), Glamrock ("High Underground"), Funk /"Sham on") oder Stampfmitgrölpop ("Don’t Touch China") vor nichts wird halt gemacht, selbst die obligatorischen "schubidu und Uhuhu" Texte dürfen da nicht fehlen - allerdings eine eigene Identität oder gar fesselndes Songwriting bleibt dabei komplett auf der Strecke. Dass Gebotene mag für kurze Zeit zwar mal ganz lustig sein, der ein oder andere Track ist auch ganz nett geworden aber dass Album kommt ohne jegwelche Langzeitwirkung daher. Besonders die zweite Hälfte der Platte ist so richtig langweilig geraten. Wie steht so schön als Untertitel auf der CD "Contemporary Danish beat music" ja klar, was denn sonst - wie so was heutzutage klingen muß sollten sich THE ALPINE da mal lieber bei den Kollegen von MEW anhören, das hat viel mehr Charakter ohne jegliche Plattheiten.
Ein vor Herschmerz förmlich überquellender Text, sehr klarer weiblicher Gesang Kraushofers mit ein paar Sprenkseln männlicher Härte von Rainer. Alles bleibt also alles wie immer bei L’AME IMMORTELLE. Im Detail: Cembaloklänge bringen eine barock-gothische Grundstimmung in den Song, der Chorus ist noch fulminanter inszeniert und bricht mit Streichersounds über den Hörer hinein. Zwischen dem vorliegenden "Radio Edit" und dem "Single Edit" gibt es keine gravierenden Unterschiede, die im Handel erhältliche Maxi hat jedoch zwei weitere Songs am Start: "The Lake" und "Alone". Zwei Remixe - "Herzflimmern Remix" und "Glücklich Remix" - komplettieren das neueste Lebenszeichen des erfolgreichen Gothic Exports aus Österreich. Fans bekommen gewohntes, Neulinge können mit diesem Song genauso einsteigen wie mit jedem anderen. Das kann nicht jede Band von sich behaupten, will es aber vielleicht auch nicht.
Waren auf der ersten Single "Mondays look the Same" noch annährend etwas rockigere Trademarks vorhanden, kommen THE ALPINE diesmal doch ziemlich ahlglatt auf den Punkt, ausgiebig im reihhaltigen Popfundus der letzten 30 Jahre wildernd. Man zelebriert einen keyboardgeprägten Pomp-Pop irgendwo zwischen BEATLES, ABBA und den BUGGLES ohne jegwelches eigens Credo. Die fünf Aalborger haben dabei keinerlei Hemmungen mit einer offen bunt-schrillen Glamourattitüde zwei zugegeben recht eingängige aber belanglose Popliedchen vorzutragen. In Dänemark gilt diese Band als neue, ganz große Hoffnung, fragt sich nur für was - auf eine weitere Retrowelle mittels clever abgeschauter Resteverwertung?!. Ehrlich gesagt für einen in den 80er Jahre groß gewordenen Konsumenten ist dies zwar noch ganz nett, vielleicht auch teilweise generationenübergreifend aber sicher nur auf der nächsten Ü-30 Fete. Die beiden recht unspektakulären Songs "Trigger" und "Don’t Touch China" sind zwar nicht wirklich schlecht gemacht, glänzen mit schwülstig catchy Chorgesang sowie griffigen fast schon musicalmäßgen Melodien aber jetzt mal Butter bei die Fische - wer hört denn heutzutage noch so was antiquiertes? Da sind mir THE DARKNESS doch wesentlich lieber, die rocken wenigsten noch richtig ab und haben somit deutlich mehr Substanz als dieser schnellvergessliche Instant-Pop der Marke DSDSS. Nee, diese Dänen haben mir mit der letzten Single wesentlich besser gefallen.
Das Schweizer Duo DIVISION KENT, bestehend aus Andrea B. und Sky Antinori, liefern mit ihrem Debüt "Monsterproof" eine auf ihre eigene Art Retro klingende Synthiepop-Scheibe ab - denn die überwiegenden Anzahl der Songs atmet hörbar die Luft der Achtziger, irgendwo zwischen Elektro- und Gitarrenpop, NDW und New Wave und mit einer melancholischen Grundstimmung versehen. Die Texte sind je nach Lust und Laune in englisch, französisch aber auch mal deutsch gehalten und ähnlich wie die musikalische Ausrichtung minimalistisch angelegt. Das dieser tanzbare Minimalismus manchesmal zu weit geht, nimmt dem Album aber einiges von seiner Durchschlagskraft und erzeugt so einen Effekt der Monotonie und der Oberflächlichkeit. Trotzdem ergatterten DIVISION KENT schon mit ihrer ersten Scheibe einen Majordeal bei Sony BMG und sollten so auch einiges an Unterstützung und Airplay für "Monsterproof" kriegen. Als Anspieltipp kann man neben der gelungenen Single "Faraday Cage" das entspannende "Frantic", das von kräftigen Elektrobeats getragene "All You Fantasized", das fast 7-minütige trippige "Brooklyn Dub" und das abschließende, untypisch schnelle und fast schon elektro-punkige "Bordello Affair" nennen; wobei vor allem bei den erstgenannten, ruhigeren Tracks der Gesang von Andrea B. heraussticht. Mit diesem Album wird DIVISION KENT bei der Synthiepopgemeinde sicher Freunde finden, darüber hinaus bleibt die Luft aber erst mal dünne.
Thorsten WINGENFELDER - wem dieser Name nicht gleich soviel sagt, für den sei erwähnt, dass der gebürtige Hamburger (Jahrgang 1966) seit nahezu 20 Jahren als äußerst erfolgreicher Gitarrist, Komponist und wie er es am liebsten nennt "Teilzeit-Sänger" bei FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE aktiv ist. Mit seinem englischsprachigen Solodebut "Driftland - Songs Of Love And Hope" vor rund drei Jahren hatte er bereits ein sehr gelungenes Werk am Start und mit dem aktuellen "360° Heimat" legt er endlich einen mehr als würdigen Nachfolger vor. Die musikalische Richtung hat sich nicht so stark verändert, es wird größtenteils amerikanisch geprägter Songwriterrock der Marke BRUCE SPRINGSTEEN geboten, allerdings sind die Titel diesmal komplett in Deutsch eingesungen. Auch dieses Album enthält wieder 10 melancholisch rockig-balladeske Songs die von Tom Ripphahn, einem langjährigen Freund Wingenfelders, mit einem sehr erdig klingenden Liveambiente produziert und abgemischt wurden. Im Winter 2004/2005 wurde dabei aufgenommen wobei die Songs anfänglich zunächst mit englischen Texten versehen waren aber nach einer Art Geistesblitz schrieb Wingenfelder die Stücke ins Deutsche um bzw. textete einzelne Passagen komplett neu. Das kostete ihn zwar seinen Plattendeal, so dass er die Aufnahmen selbst finanzieren musste, aber die künstlerische Freiheit war ihm wichtiger.
Jedem Fan des Vorgängeralbums sowie von deutschsprachiger Rockmusik wird "360° Heimat" ganz sicher auf Anhieb sehr gut gefallen, der Gesang ist manchmal etwas kantig aber gut und erinnert mich ein wenig an Herwig Mitteregger (SPLIFF). Das Ganze wirkt dermaßen leicht und ungezwungen, so daß nicht nur dass äußerst gelungene Songwriting dieser handgemachten Musik mit Gitarre, Schlagzeug, Bass & Hammondorgel ohne jegliche technische Spielereien zusammen mit den gefühlvollen, teilweise autobiografischen Texten ein stimmiges Gesamtbild abgibt. Nachdem WESTERNHAGEN schon lange nichts mehr wirklich Gutes aufgenommen hat und KUNZE auch immer längere Pausen macht, bietet Torsten Wingenfelder mehr als "nur" ein lohnenswerte Alternative. Was mir wirklich gut gefällt sind diese fließen, ehrlichen Texte ohne diese nervige erhobene Zeigefingermentalität, er ist vielmehr ein eher beschreibender Lyriker und will seine "Meinung" nicht um jeden Preis an den Mann bringen. Egal ob leicht contrymäßig wie bei "Die Unperfekten", dann wieder melancholisch-packend beim Titelsong "360° Heimat" oder auch das recht pathetische-bluesige aber nie platte "Wir werden sterben" - stets werden großartige Melodien mit tollen Gesang sowie viel Gefühl zu einem überzeugenden Mix verschmolzen. Als weitere Highlights sind das opulente "Totgeburt der Stunde", das wirbelnde sowie FURY-deske "1966" sowie die liebevoll bzw. wunderbar leicht daherkommende "Fab Four" Homage "An dem Tag, als ich die BEATLES traf" zu nennen - wirklich sehr gut. Diese solide Scheibe ist der ideale Soundtrack für die hoffentlich kommende vielen lauen Sommernächte bei denen man egal ob auf der Veranda, beim Campen oder auch einer lockeren Party zusammen mit diese Musik wunderbar abtauchen kann.
Es ist nicht immer leicht es Allen Recht zu machen und auch die LETZTE INSTANZ wird es mit "Ins Licht" sicher nicht schaffen. Über die Jahre ist die Punkattitüde aus verrücktem Cello und nicht weniger extrovertiertem Geiger gegangen. Nichts ist mehr geblieben von den starken Texten der "Kalter Glanz" Ära. Auch die wahnwitzigen Mischungen aus Moderne und Altertum, ein Aushängeschild der Band und gekonnte Abgrenzung, sind weitestgehend verschwunden. Selbst die Produktion legt andere Schwerpunkte und tönt vollmundig trocken aus den Lautsprechern. Klingt so als wäre früher mal wieder alles besser gewesen. Aber früher war eben nur vieles anders. Die neue LETZTE INSTANZ ist nach massiven Besetzungswechseln nur noch mit einer Gitarre und neuem Sänger am Start. Sein Organ ist klar verständlich und angenehm zu hören, ihm fehlt allerdings verständlicherweise noch der Wiedererkennungswert. Das Songwriting lässt keinen Spielraum mehr für Experimente. Was auf der einen Seite zwar etwas unglücklich anmutet wird zum dicken Pluspunkt: Die Songs wirken sehr kompakt, das Fehlen der zweiten Gitarre nimmt Härte und bringt Melodie und schafft wieder mehr Raum für die Streicher. Das tonnenschwere "Nimm Mich" mit bedrohlich tiefem Gesang oder die nicht weniger dramatische Ballade "Silber Im Stein" mit hohen und nachdenklichen Vocals zeigen Hollys Bandbreite. Tanzbar und live definitiv rockbar ist "Tanz", eine sympathische Hommage und Frontenbildung bringt "Das Stimmlein" mit Gastvocals vom einmaligen Eric Fish (STS), Sven Friedrich (ZERAPHINE) und Thomas Lindner (SCHANDMAUL)."Krieg Der Herzen" bollert metallisch hart, "Mein Herz" zeugt mit originellem Rhythmus und schönen Streichern von einer nicht gänzlichen Verleugnung früherer Tage. Das optimistisch melancholische "Ins Licht" kann den Vorgänger locker toppen, es fehlt mir aber die Kompromisslosigkeit die LETZTE INSTANZ einst auszeichnete.
Leider ist die neue CD des BRIAN SETZER ORCHESTRA ein wenig zu spät bei mir angekommen. Für "Dig That Crazy Christmas" hat der STRAY CATS-Frontmann nämlich - der Titel legt es nahe - sowohl Weihnachtslieder verswingt als auch alte Swing-Klassiker mit weihnachtlichen Texten versehen. Das ist zwar nichts Neues, denn bereits 2002 erschien mit "Boogie Woogie Christmas" das erste Weihnachtsalbum der 17-köpfigen Swing-/Rockabilly-Bigband, das Klassiker wie "Jingle Bells" oder "Winter Wonderland" enthält, macht aber natürlich erneut großen Spaß und gute Laune, vor allem auch, weil hier wieder ein ganzer Haufen begnadeter Musiker am Werke ist und die Arrangements wie gewohnt erste Sahne sind. Verglichen mit anderen Veröffentlichungen des BSO geht es auf "Dig That Crazy Christmas" zwar etwas ruhiger zu, aber es wird nach wie vor nach vorne geswingt und gerock ´n rollt, was das Zeug hält. Denkt man sich die Texte weg, kann man sich daher fast sämtliche Songs zu jeder Jahreszeit anhören. Ein wenig besinnlich wird es lediglich beim wunderschön atmosphärischen Instrumental "My Favourite Things", bei der Bar-Jazz-Ballade "What Are You Doing New Year´s Eve" und bei den Bläser-Chor-artigen Zwischenteilen von "Angels We Have Heard On High", bei denen das Thema von "Gloria In Excelsis Deo" aufgegriffen wird - letzteres liegt dann allerdings doch ziemlich nah an der Schmerzgrenze. Insgesamt kommen leider der Rockabilly-Anteil und Setzers geniales Gitarrenspiel etwas zu kurz, aber wunderbare Passagen, wie der Anfang des Solos zu "´Zat You Santa Claus", wo er das Solo des STRAY CATS-Überhits "Stray Cat Strut" anspielt, entschädigen vollkommen. Wer das BRIAN SETZER ORCHESTRA noch nicht kennt, sollte allerdings erst einmal zu einer anderen Veröffentlichung greifen, wie "The Dirty Boogie" oder dem hammermäßigen Doppel-Live-Album "The Ultimate Collection". Am besten trägt man sich aber gleichzeitig beide BSO-Weihnachstalben für Anfang Dezember in den Outlook-Kalender ein, denn eine bessere Alternative zum üblichen, Brechreiz erregenden Weihnachts-Gedudel à la "Jingle Bells", "Last Christmas" und "Ihr Kinderlein kommet" gibt es definitiv nicht.