Die Band um Sascha Blach (bekannt von Eden weint im Grab und Transit Poetry) taucht zwar immer wieder in Metal-Magazinen auf, hat dort aber eigentlich wenig bis nichts verloren. Und inzwischen klingt sogar die Beschreibung „Rock“ kaum noch passend. Allenfalls Art-Rock. Stimmungstechnisch soll das Ganze traurig klingen, auch das klappt nur gelegentlich. Gut gelungen ist DESPAIRATION hingegen eine stilistische Bandbreite, die außer Gothic-Einflüssen eben solche auch aus Jazz, Funk, Pop und sogar Folk bezieht. Indes: Während die Bandbreite stoimmt, fehlt es dem ganzen an Zusammenhalt – und das war etwas, was DESPAIRATION sonst immer auszeichnete. Das Album kommt allerdings atmosphärisch überhaupt nicht an das viel bessere „Music For The Night“ an, lediglich absolute Gothen-Freaks und Scheuklappenfreie sollten hier reinhören – und das schaffen erstere auch nur, wenn sie über den beinahe fröhlichen Opener „Kiss of Ashes“ hinweghören.. Was der Band aber wenig ausmacht, denn eine Trauer-Ballade wie „Inner Peace“ schreibt niemand, wenn er den nicht fühlt…
Gerade mal ein Album hatten die Tim Armstrong-Zöglinge im Jahr 2006 draußen, da ging es schon auf eine fast zweijährige Tour, zusammen mit namhaften Bands wie SOCIAL DISTORTION, RANCID, TIGER ARMY und den CASUALTIES. Jetzt steht mit „Darker Days“ das zweite Album in den Läden, dessen Songs komplett auf Tour entstanden sind, in Backstage-Räumen, Hotelzimmern und Tour-Bussen. Und diese Scheibe rechtfertigt den Support der oben genannten Bands allemal. Wieder gibt es dreckigen Streetpunk zu hören, versetzt mit viel Melodie und jeder Menge Mitgröl-Refrains. Dazu haben die Jungs Energie ohne Ende, die bei jedem Tempo erhalten bleibt, sei es beim treibenden „One Way Or Another“, beim brachialen, Harcore-mäßigen „You’re Goin’ Down“, dem Midtempo-Rocker „TV Static“ oder dem großartigen Titeltrack, der gnadenlos nach vorne brettert und dabei auch noch einen unwiderstehlichen Ohrwurm liefert. Über den Sound kann man ebenfalls nicht meckern: Alles drückt gut, ist dabei aber gleichzeitig so transparent, dass sogar der schön angezerrte Bass gut herauszuhören ist. Man mag kaum glauben, dass hier vier Jungspunde am Werke sind. So manche Punkrock-Band, die schon wesentlich länger im Geschäft ist, wird angesichts dieses Albums vor Neid erblassen – und zwar mit Recht.
TOTAL CHAOS aus Kalifornien rennen nun wirklich gar keinen Trends hinterher. Weder kommerzielle Strömungen noch der Hype um Greaser Punk oder irgendetwas anderes können ihnen was anhaben – sie machen seit 18 Jahren einfach immer das gleiche. Nach fast vier Jahren nach dem letzten regulären Album dürfen sich die Fans jetzt endlich wieder über frischen Nachschub freuen. Dieser klingt – wen wundert’s – wie eh und je. Da wird gebolzt und geholzt, gebölkt und gerotzt, was das Zeug hält. Oberdreckiger Streetpunk eben, größtenteils in Hochgeschwindigkeit, authentisch und mit einem herrlichen Asi-Charme rübergebracht. Auf Dauer ist das zwar nicht allzu spannend, aber die absolute Verweigerungshaltung, sich zu verändern, hat durchaus etwas Sympathisches. Wer’s mag, wird großen Spaß an der Scheibe haben.
Die HORRORPOPS sind einige der wenigen Bands, die aus dem ganzen Rock n’ Roll-/Rockabilly-/Psychobilly-Zirkus hervorstechen. Das liegt natürlich nicht zuletzt an der Kombination aus Ausnahme-Musiker und NEKROMANTIX-Frontmann Kim Nekroman und seiner Frau Patricia Day, die für die 50s-Seele und ordentlich Sexyness sorgt. Ein weiterer Grund dürfte aber auch sein, dass die Band wie selbstverständlich Pop, Rock und andere Stile in ihren Sound einfließen lässt, ohne jedoch ihren Old School-Charme zu verlieren. Das neue und dritte Album kann man fast schon als Konzept-Album bezeichnen, denn in den Texten geht es fast ausschließlich um alte Kinofilme – natürlich um Film Noir, Horror-B-Movies und Artverwandtes. Songtitel wie “Thelma & Louise” oder “Hitchcock Starlet” und natürlich auch der Albumtitel sprechen für sich. Das passt natürlich wunderbar zum Sound, der mal wieder herrlich swingt und rollt und dabei auch noch direkt ins Ohr geht. Es ist also mehr oder weniger alles beim alten geblieben - mit dem Unterschied, dass es weniger rockig als noch auf „Bring It On!“ zugeht, was auch daran liegen mag, dass die HORRORPOPS zum Trio geschrumpft sind und somit eine zweite Gitarre fehlt. Songtechnisch ist dieses Album aber wohl ihr reifstes Werk, denn die diversen Stil-Ingredienzen vermischen sich so gut wie noch nie zuvor zu einem eigenen Sound. Trotzdem – so richtigt rockt die Scheibe nicht, und zwischendurch kommt immer mal wieder Langweile auf. Mag es daran liegen, dass Nekroman eben doch ein besserer Bassist als Gitarrist ist und eben auch ein besserer Bassist als Patricia, mag es daran liegen, dass der Sound insgesamt zu clean, zu flach und Patricias Geang zu sehr in den Vordergrund gemischt ist – es fehlen Dreck, Wumms und ein gewisser Abgehfaktor. Stellenweise ist auch der Gesang selbst ein Problem. Sicher hat Patricia eigentlich eine gute Stimme, aber für die getragenen Passagen mit ihren langen Tönen hätte sie unbedingt ein wenig Gesangsunterricht nehmen sollen. Besonders zu hören ist das in Songs wie „Hitchcock Starlet“ und „Keep My Picture“, die stellenweise kaum zu ertragen sind. Nicht zufällig ist mein Lieblingstrack ein Instrumental: das atmosphärische surf-mäßige „Horror Beach Pt. II“. Ein Pluspunkt ist allerdings die tolle Aufmachung des CD-Booklets, dessen Seiten aus fiktiven Filmplakaten bestehen, in die die Bandmitglieder eingebaut sind. Unterm Strich ist „Kiss Kiss Kill Kill“ sicher kein schlechtes Album. Es ist alles gut gespielt und nett anzuhören – aber ich hätte einfach etwas mehr erwartet.
Chip Hanna dürfte vor allem als Drummer der US BOMBS und der ONE MAN ARMY bekannt sein. Dass er auch als Sänger und Gitarrist einiges drauf hat, hat er bereits mit seinem Solo-Debüt von 2007 bewiesen. Noch im selben Jahr spielte er ein weiteres Album mit den BERLIN THREE ein, hinter denen sich Bassist Valle und Drummer Andy Laaf von MAD SIN sowie Ex-MAD SIN-Gitarrist Tex Morton verbergen. Mit „Old South Jamboree“ steht jetzt bereits der Nachfolger in den Läden, und wie auch auf dem Vorgänger gibt Chip hier teilweise angerockten bzw. angepunkten Country und Blue Grass zum Besten. Klar, auch Einflüsse aus Rockabilly und Psychobilly sind allgegenwärtig, aber im Vordergrund steht authentischer, rauer Country-Sound. Dass alle Musiker ihre Sache mehr als gut machen, versteht sich von selbt, und besonders Chip selbst überzeugt durch die Bank mit seiner obercoolen Cowboy-Stimme. Bei Songtiteln wie „Beer Drinkin’ Woman“, „Gunfighter’s Blood“ oder „Barrel Of My Gun“ muss man auch nicht lange erklären, worum es in den Texten geht. Diese Scheibe macht von Anfang bis Ende Spaß und dürfte auch Leuten gefallen, für die Country und Artverwandtes normalerweise ein rotes Tuch sind.
Platten wie „Curses“ lassen den Hörer immer zweifelnd zurück. War das gerade Gehörte jetzt gut oder nur eine billige Kopie bekannter (und oftmals ausgelutschter) Ideen? VANNA machen ihre Sache auf „Curses“ ganz gut, da wird fröhlich wütender Hardcore mit Emocore und ein wenig Punkrock vermischt und durch eine gute Produktion mit Wucht aus den Boxen gedrückt. Was EVERYTIME I DIE halt genauso machen. Aber die unterscheiden sich von VANNA in einem wichtigem Punkt: sie können gute Songs schreiben. VANNA haben zwar einige gute Ideen, aber die sind in der Minderheit und stehen hinter belanglosen, austauschbaren Songs („Country Boys… Goddam“) zurück. Die Scheibe krankt an der Tatsache, dass die Musiker nicht entschlossen genug an den Songs gefeilt haben, um Überflüssigkeiten zu eleminieren und „Curses“ zu einer kompakten Angelegenheit zu machen. Wie das bei so vielen Nachzüglern ist – Hauptsache, ein Album draußen und am Boom mitverdienen. Egal, wie belanglos und austauschbar die eigenen Songs sind.
Grade mal erst die zweite EP veröffentlicht, unterschrieben die fünf Jungspunde aus Hollis, New Hampshire auch schon bei Epitaph. Jetzt ist das Debüt-Album erschienen, und das bläst ordentlich. Sicher ist ihr Screamo-Sound alles andere als originell, und eigentlich hat man das alles schon irgendwo gehört. So treffen fette Gitarrenriffs auf poppige Refrains und druckvolle Drums-/Bass-Arbeit, und auch der ständige Wechsel zwischen cleanem Gesang und bösen Growls darf natürlich nicht fehlen. Dass man sich die Band trotzdem gut anhören kann, liegt zum einen an den spielerischen Fähigkeiten der Musiker und zum anderen an den abwechslungsreich aufgebauten Songs, bei denen kein Part zu lang ist und in die auch immer wieder Metalcore-Passagen eingebaut werden. Die überbordende Energie, mit der die Jungs zu Werke gehen, tut dann noch ihr Übriges. Wer auf den Sound steht, wird hier also mit frischem, gut gemachtem Nachschub bedient.
Nachdem die BLACK HALOS aus Vancouver einige Jahre in der Versenkung verschwunden waren, meldeten sie sich 2005 mit „Alive Without Control“ in absoluter Bestform wieder zurück. Mit „We Are Not Alone“ steht jetzt das Folgealbum in den Läden, und die Glam-Punks machen da weiter, wo sie mit dem Vorgänger aufgehört haben. So fällt die Scheibe insgesamt weniger wild und wütend aus, aber dafür wird mit umso mehr Leidenschaft herrlich rotzig gerockt. Dazu sind sämtliche Melodielinien deutlich ausgefeilter, was sich besonders in den Riffs und Licks der Gitarristen zeigt. Und Billy Hopeless’ dreckiges Organ kann es mittlerweile schon fast mit Duane Peters aufnehmen. Schon der Opener „Disbelief“ vereint alle typischen Ingredienzen des HALOS-Sounds: Dreckig rockend, aber melodisch und mit einem 1a Mitgröl-Chorus ausgestattet, mutiert der Song binnen kürzester Zeit zum Ohrwurm. In die gleiche Kerbe schlagen Songs wie „Suck City“ oder der Titeltrack, und auch wenn nicht alle Stücke dieses Niveau halten können, gibt es doch keinen echten Durchhänger. Sicher erfinden die HALOS auch auf diesem Album das Rad nicht neu, aber was sie da treiben, macht so gute Laune, dass die Band auf keinen Fall irgend etwas anders machen sollte.
Drummer Marco war bei VITAL REMAINS, während Basser Jeff auf VILE zurückblickt. Einiges an Erfahrung kommt hier also zusammen und so wundert es nicht, dass selbst gestandene Musiker wie Alex Webster (CANNIBAL CORPSE) lobende Worte über BRAINDRILL verlieren. Vollkommen zu Recht, wie die zehn Songs der neuen Langrille beweisen. Technisch hoch anspruchsvoll knüppeln sich die Amis durch knapp 35 Minuten, Gefangene werden dabei nicht gemacht. Als Eckdaten können neben den diversen ex-Bands noch DYING FETUS und HATE PLOW herhalten und schon weiß jeder, was Sache ist. Das gnadenlose Geprügel wird immer wieder durch groovige Passagen entschärft, so dass selten Eintönigkeit aufkommt. Der ganz große Knaller ist „Apocalyptic Feasting“ zwar noch nicht geworden, dazu fehlen die echten Smash Hits, aber rundum gelungen ist es allemal, was dem geneigten Krachfreund hier geboten wird.
THE TANGENT legen mit Album Nummer vier, einen fast 95-minütige Doppeldecker namens „Not As Good As The Book“ ein recht opulentes Werk der progressiven Szene vor. Leider kommt das neue Output nicht ganz so überzeugend rüber wie die Vorgänger. Die von Bandleader, Keyboarder und Sänger Andy Tillison propagierte größere Palette an Sounds und Stilen nehmen den an sich gewollt komplexen Kompositionen doch etwas die Durchschlagskraft und lassen das Manko des gewöhnungsbedürftigen Gesanges deutlicher hervortreten. Stimmungen und Intentionen werden zu Hauff dargeboten, eine tiefere Ausarbeitung hätte es aber manchesmal doch sein dürfen – hier hätte man aus den sieben Songs der ersten CD mehr machen können – es klingt vieles zu einfach. Da „Not As Good As The Book“ als Konzept funktionieren soll, könnten es aber auch die Zwänge der skurillen und ausufernden Story sein, die das Songdienliche zu kurz kommen ließen. Die beiden über 20 Minuten langen Tracks auf der zweiten Scheibe sind auf jeden Fall die Höhepunkte des Albums (samt FLOYD-Zitate). Ansonsten gibt es bei THE TANGENT wie immer alle Stilrichtungen des Prog (samt Jazzparts, Bläser, vielen verträumte Momente und abgefahrene Instrumentalisierung). Optik (100-seitiges Booklet) und Comicstil – das gibt Höchstpunkte, musikalisch erste Sahne (B-Note), aber richtig zwingend ist das was THE TANGENT auf „Not As Good As The Book“ komponiert haben nicht. Vielleicht hat Mr. Tillison & Co. diesmal einfach doch zuviel gewollt (A-Note). Fans der Band und Siebziger-Retro-Freaks werden dies aber auf jeden Fall mit gehörig Zeitaufwand und Geduld selbst herausfinden.