Lange schon hatte sich die Berliner Quartett durch den deutschen Underground geschlagen, stets von heftigem Zuspruch sowohl seitens der Death- als auch der Black Metal-Fans begleitet. Nach diversen Demos, Splits und Singles erschien 2007, sechs Jahre nach der Bandgründung, endlich „Triune Impurity Rites“, das erste Album von NECROS CHRISTOS, dem sich das neue Werk „Doom Of The Occult“ nahtlos anschließt. Selten hat man mit einem Todesmetall-Album derart lange kämpfen müssen, aber noch seltener wurden Genre-Konventionen so gekonnt und mit enormer Langzeitwirkung umschifft. Das Album funktioniert ausschließlich als Gesamtkonzept und lässt nur zwei Schlussfolgerungen zu: man liebt oder man hasst „Doom Of The Occult“, das den Anhängern stumpfer Dumpf-Riffs um Lichtjahre zu anspruchsvoll ist, den meisten scheuklappenfreien Schwarzheimern, die auch gerne Experimentelles konsumieren, aber vielleicht sogar zu musikalisch sein dürfte. Dafür sorgen in erster Linie die vielen atmosphärischen, oft südländisch/orientalisch inspirierten Intermezzi wie die „Temple“-Zwischen-Intros, die nicht nur einen herben Kontrast zu brutalen, doomigen und eindeutig von den allmächtigen CELTIC FROST beeinflussten Songs wie „Hathor Of Dendera“, „Necromantique Nun“ oder „Succumbed To Sarkum Phagum“ bilden, sondern diese auch noch äußerst geschickt einleiten. Die ungeheure Vielschichtigkeit des Albums macht es nur schwer konsumierbar, fasziniert aber mit jedem Durchlauf mehr und braucht einfach Zeit, damit man das Kunstwerk „Doom Of The Occult“, das zweifellos auf einem Level mit dem letzten CELTIC FROST-Meisterwerk „Monotheist“ oder dem überragenden TRIPTYKON-Debüt „Eparistera Daimones“ steht, vollständig erfassen kann. Ein Meilenstein heimischer Extremkunst!
HATESPHERE ist eine Band, die wir bei METAL-INSIDE quasi seit den Anfängen begleitet haben und die uns gerade zu den Zeiten mit Jacob Bredahl am Mikro viel Spaß gemacht hat. In der Post-Bredahl-Phase haben die Dänen aber mit schwankender Qualität zu kämpfen, der letzte Output „To The Nines“ war zwar ok, aber auch nicht mehr. „The Great Bludgeoning“ bietet wieder mal einen neuen Sänger auf (Esben “Esse“ Hansen), dessen Stimme frappierende Ähnlichkeit mit Peter Dolving (THE HAUNTED) aufweist. Diese Ähnlichkeit gibt es aber nicht nur bei ihm, sondern im gesamten Sound des Albums und beim Riffing, stellenweie würde bei einem Blindtest niemand vermuten, dass hier nicht THE HAUNTED am Werk sind. Esse macht dabei einen guten Job und kann die Songs prägen, wenn auch etwas mehr Eigenständigkeit nicht schlecht gewesen wäre. Beim Songwriting haben HATESPHERE Licht und Schatten, worunter ja bereits „To The Nines“ litt. Starken Songs wie dem groovenden „Decayer“ und dem knackigen „Resurrect With A Vengeance“ stehen eine Handvoll mittelmäßig gelungener Nummern gegenüber, mit denen im Death/ Thrash-Bereich kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist – der berechenbare, lahm wirkende Opener „The Killer“ sei hier exemplarisch genannt. HATESPHERE geben sich alle Mühe, aber „The Great Bludgeoning“ reicht nicht an die glorreichen alten Alben heran, auch wenn es beileibe nicht schlecht ist. Live ist das hoffentlich eine andere Geschichte, da dürften sich die guten Nummern des Albums nahtlos in die Setlist einfügen, aber als Album ist „The Great Bludgeoning“ leider nicht der Kracher, den wir uns für die Post-Bredahl-HATESPHERE so wünschen.
Finnisch ist so eine schöne Sprache, gerade die ganzen Crustbands aus dem Land der tausend Seen stellen das immer wieder unter Beweis. UNKIND haben mit „Harhakuvat” den Nachfolger ihres gelungenen „Yhteiskunnan Pikkuvikoja“-Albums fertig. Und auch auf dem neuen Werk geben sie ihre coole Symbiose aus Crustpunk, Doomfeeling und Hardcore zum Besten, was besonders bei dem sich langsam aufbauenden "Ylpea Perhe" und dem emotionalen (ja, richtig gelesen!) "Laumasielut" hervorragend funktioniert. Gut Arsch treten können die Finnen aber auch ("Kaivannot“), wie es sich für eine Crustband gehört. Der Sound ist passend rotzig und roh, ohne dass „Harhakuvat” zu wenig Druck aufbauen kann. Kurzum, das ist eine feine Scheibe, mit denen sich UNKIND einmal mehr auf dem gleichen hohen Niveau wie VICTIMS und DISFEAR bewegen. Die finnischen Lyrics und die den Songs innewohnende doomige Atmosphäre geben der Platte dabei die ganz eigene Note, durch die sie sich von der Konkurrenz abheben kann.
BRUTAL TRUTH haben mit “End Time” ihr zweites Post-Reunion-Album fertig, auf dem es soundmäßig dreckiger zugeht als auf „Evolution Through Revolution“ vor zwei Jahren. Der Beginn mit dem fies-zähen „Malice“ fordert den Hörer direkt heraus, ehe mit dem gnadenlosen „Simple Math“ der erste Grinkracher losgelassen wird, bei dem deutlich wird, wie sehr sich Kevin Sharp & Co. auf „Sounds Of The Animal Kingdom” besonnen haben, so roh und im besten Sinne grindig sind Sound und Attitüde. Was Scott Hull (PIG DESTROYER, AGORAPHOBIC NOSEBLEED) wohl beim Mastern der Songs dachte? BRUTAL TRUTH geben sich derweil kompromisslos wie immer und haben neben reinen Grindnummern einige doomige Nummern geschrieben („Drink Up“), was beides gleichermaßen zu gefallen weiß. Schön klassisch ist der abschließende Song, „Control Room“ gibt 15 Minuten lang total abgefahrenen Krach zum Besten, mit dem „End Time“ die erneute Hommage an „Sounds Of The Animal Kingdom”gelingt. BRUTAL TRUTH haben eine zu ihnen passende Scheibe eingespielt, die zwar nicht mit ihren eigenen Klassikern mithalten kann, in Sachen Attitüde und Abgefucktheit aber in bester BRUTAL TRUTH-Manier punkten kann, somit für Band- und Genre-Freunde eine lohnende Anschaffung ist.
CIPHER SYSTEM haben lange gebraucht, um den Nachfolger ihres Debütalbums in die Läden zu bringen, immerhin kam „Central Tunnel Eight“ 2004 in die Läden. In der Zeit vor Facebook, vor iPad, vor Super-Guido als Außenminister. Klingt ewig weit weg, oder? „Communicate The Storms“ klingt immerhin nicht ganz so aus der Zeit gefallen, bietet aber auch wenig zwingendes Material. Hier ist alles grundsolide, vom Songwriting über die spielerischen Fähigkeiten der beteiligten Musiker (es gab einige Wechsel seit 2004) bis zum Mix aus dem Studio Fredman, aber wirklich zünden will die Scheibe dann nicht. „Forget To Forgive“ ist mit guter Melodiearbeit ausgestattet und kommt so einem Hit noch am nächsten, aber die meisten Songs fesseln nur für die Spielzeit, vermögen sich aber nicht im Hirn des Hörers festzusetzen. CIPHER SYSTEM haben zwar einige gute Ideen verwurstet, mehr als ein solides Melodic Death Metal-Album ist „Communicate The Storms“ nicht geworden.
NIGHTRAGE sind mit „Insidious“ bei Album Nummer Fünf angekommen und mehr als eine Dekade aktiv, wie schnell die Zeit doch vergehen kann. Mittlerweile hat die Band ein stabiles Line-Up, das sich hörbar gut aufeinander eingespielt hat und auf „Insidious“ sehr gut ergänzt. Jetzt bleibt natürlich die Frage, ob die Welt ein weiteres melodisches Schwedentodalbum braucht und ob das ausgerechnet von NIGHTRAGE kommen muss. Aber das würde der Band Unrecht tun, denn auch wenn sie bisher nicht komplett aus dem Schatten der Konkurrenz getreten ist, hat sich das griechisch-belgisch-finnisch-schwedische Gemisch doch zäh und mit guten Alben in der Hinterhand in die Spitzengruppe gekämpft. „Insidious“ wird sich als ihr bisher bestes Album entpuppen, was nicht nur am gut eingespielten Line-Up liegt, sondern auch an der gewissen Kompromisslosigkeit, die Songs wie „Delirium Of The Fallen“ oder „Hate Turns Black“ gut zu Gesicht stehen. Melodisch können die Herren die aber auch vorgehen, wie sich insbesondere bei „Wrapped In Deceitful Dreams“ (dem heimlichen Hit des Albums) oder dem Titelsong findet. Wer dann noch prominente Gastmusiker wie Tompa Lindberg (AT THE GATES, DISFEAR) oder Tom S. Englund (EVERGREY) auffahren kann, hat bei den Metalfans einen Stein im Brett. „Insidious“ ist eine verdammt starke Melodic Death Metal-Scheibe geworden, die das bisher beste NIGHTRAGE-Material enthält. Die Band hat einen großen Schritt nach vorne gemacht, mit etwas Glück und viel Ellbogenfett wird sie sich als große Nummer im Genre etablieren können. Verdient hätten sie es!
ROSE FUNERAL haben mit „Gates Of Punishment” auch schon ihr zweites Album auf Metal Blade am Start, auf dem sie mit Steve Tucker (ex-MORBID ANGEL) einen prominenten Gast haben, der „False Divine“ veredelt. Auch wenn sich die Band selbst als Deathcore-Truppe sieht, ist in den elf Songs doch fast durchweg reiner Death Metal zu hören, der gekonnt gezockt wird und dank des guten Songwritings überzeugen kann. Zwar kommen immer mal wieder Breakdowns zum Einsatz, aber die Nähe zu MORBID ANGEL oder HATE ETERNAL überwiegt dagegen deutlich. Obwohl ROSE FUNERAL ein hohes Tempo vorlegen und gerne mal einen Blast-Part einbauen, verkommt „Gates Of Punishment“ nicht zu einer eindimensionalen Nummer, sondern bleibt dank des auf Abwechslung bedachten Songwritings und des immer vorhandenen Grooves zu jeder Zeit interessant. Neben dem bereits erwähnten „False Divine“ kann das wütende „Grotesque Indulgence“ ebenso wie das mit weiblichen Gastsänger aufwartende „Malignant Amour“ überzeugen, aber auch die restlichen Songs sind sehr guter Stoff. Schön brutal, mit viel Gespür für Groove und handwerklich sauber gehen ROSE FUNERAL auf dem Album zu Werke, womit sie jeden überzeugen dürften, der auf US-Death Metal abfährt. Verdammt gute Scheibe einer Band, die ihren Weg machen wird.
Das Quintett aus Sao Paulo hat diese EP bereits im Jahr 2008 aufgenommen, jedoch gelangt sie erst jetzt durch Greyhaze Records, das aktuelle Label der Band, an die breitere Öffentlichkeit. Die Jungs (und ein Mädel - Maria Piti am Bass) spielen ein gehöriges Grind-Brett, das mich irgendwie an eine Mischung aus älteren NAPALM DEATH, BRUJERIA und VADER (speziell das röhrende Grunzen von Caio Augusttus) erinnert. In rund vierzehn Minuten werden sechs Dampfhämmer heruntergeknüppelt, die ansprechend zwischen Vollgas und heftigem Midtempo wechseln und durchweg in der portugiesischen Heimatsprache der Band verfasst sind. "Condenados Pelo Odio" (englischer Titel: "Condemned By Hatred"), "Miseria Escravatura" ("Misery And Slavery") oder "Chagas Abertas" ("Open Wounds") donnern ordentlich fett durch die Boxen und bescheren Hoffnungen, dass das noch in diesem Sommer erscheinende und von SEPULTURA-Drummer Jean Dolabella produzierte Debütalbum mächtig in den Allerwertesten stiefelt. "Hereditas" ist zwar kein Oberhammer, da das Songwriting noch ein Stückweit beliebig anmutet, aber als allererste Veröffentlichung dieser seit 2004 existenten (und zuerst unter dem Namen EL FUEGO agierenden) Band ein mehr als beachtliches Werk, von dem sich viele Newcomer eine Scheibe abschneiden können. Hut ab!
Etwas lieblos gestaltet kommt das Albumcover von ETILIST "Fear In A Handful Of Dust" daher. Ein gezeichneter Baum mit einer eingewachsenen Hand, bei der man die Finger teilwesie abgeschnitten hast. Hier und da ein umgedrehtes Kreuz und Äste, die wie Spieße aus dem Stamm ragen. Nunja, Lust auf das Album macht das Artwork also gerade nicht. Nach dem Einschieben der Silberscheibe bin ich jedoch sehr überrascht, was sich da aus den Boxen rausdrückt. ETILIST spielen in der Regel langsamen Death Metal, der aber eine völlig eigenständige Note hat. Man erzeugt einen düsteren sehr rau produzierten Klangteppich, bei dem nicht Riffs im Vordergrund stehen oder Melodielinien, die man immer wieder zu hören bekommt, sondern eine noisige Atmosphäre, die durch langezogene Schreie und dem Gekreische von Sänger Joshua Greene überdeckt wird. Das klingt nun nicht gerade attraktiv, schafft aber eine unheimlich intensive Atmosphäre, die einen packt und bis ins Mark erschüttert. Wollen viele Death- oder Blackmetal Bands düster klingen und schaffen dies letztlich doch nicht, so sind ETILLIST tatsächlich eine schwer verdauliche Kost, die man nicht so eben mal nebenbei hören kann. Zu kompliziert ist der Songaufbau, zu intensiv ist der Sound, mit dem die Band ihre Songs an die Wand nagelt. Einzelne Songs herausgreifen ist hierbei unmöglich. Man möchte der Band eigentlich vorwerfen, fast nur den gleichen Song immer wieder zu spielen, was jedoch nicht geht, da man das Album als eine Art Gesamtwerk auf sich wirken lassen muss, das viele Facetten hat, aber seinem Stil stets treu bleibt. Es verbleibt eine bleischwere, intelligente Death Metal-Scheibe, wie ich sie noch nie gehört habe. Mit einer solchen Musik stürmt man nicht die Charts, schafft sich aber bestimmt einen treuen Fankreis. Wer sich hierfür interessiert, sollte auf der Website der Band in die Songs hineinhören, bevor er zuschlägt.
STILLBIRTH aus Hagen sollte man nicht mit der gleichnamigen Death Metal-Combo auf Italien verwechseln. Das seit 1999 aktive deutsche Quintett um Sänger Lukas Swiaczny entpuppt sich auf der fünften Veröffentlichung "Endgame Is Near" im ersten Track "Brootal Party" als deftiges Grindcorebrett, dessen Gitarrenarbeit mich an eine Mischung aus CANNIBAL CORPSE, SLAYER und PANTERA erinnert, wobei auch die typischen Blastbeatpassagen nicht zu kurz kommen. Sehr extrem sind die für Grindcore nicht untypischen ultratiefen "Grummelvocals", die sich mit Death-Metal typischerem "Gesang", der auch mal in andere Richtungen, wie Hardcore typische Vocals abdriftet, abwechseln. Die Scheibe ist druckvoll produziert, was bei der oft technisch anspruchsvollen Gitarrenarbeit auch unbedingt notwendig ist. Neben dem Openerkeule "Brutal Party" überzeugen mich Songs wie "Endgame" oder "Halb 4 Ist Anstoss". "Endgame Is Near" überrascht oft durch kurze Abflüge in andere Stilrichtungen. So ist beispielsweise das "Ride The Tsunami" eine stellenweise sehr rockige Nummer und "Viva La Pipe" kommt mit einem funkigen Intro daher, womit man nie rechnen würde. Sparen hätte man sich allerdings den "Hidden Track" nach endloser Stile in der letzten Nummer, der nun nichts mehr mit Metal zu tun hat, sondern als akkustische Ballade durchgeht. Trotzdem insgesamt ein frisches Grindcorealbum, das Spaß beim Hören macht und durch seine brutale Gitarrenarbeit überzeugt.