Konzert:
Everlast, Dan Patlansky - Hamburg, Fabrik
Konzert vom Satte 15 Jahre ist es her, als EVERLAST mit „Whitey Ford Sings The Blues“ den Schritt vom HipHop zum radiotauglicheren Pop-Rock wagte; den Groove behielt er jedoch immer bei, Gesellschaftskritik wurde fortan massenkompatibler verbreitet und mit oben genannter Scheiben sowie den zwei Nachfolgern „Eat At Whiteys“ (2000) und „White Trash Beautiful“ (2004) erzielte er vor allem in Europa mehr als nur Achtungserfolge. Nun hat er auch an diese Musik ein dickes Barbiermesser angelegt und die gesamte Band gestrichen, um mit „“The Life Acoustic“ in diesem Jahr ein – wer hätte es bei dem Titel gedacht? - Akustik-Album vorzulegen. Die dazugehörige Tour führte ihn Ende Oktober auch in die zu etwas mehr als zwei Drittel gefüllte Hamburger Fabrik.
Den Anfang macht aber um Punkt 20 Uhr Dan Patlanksy aus Südafrika. Ja, könnte ein hübscher Surfer sein, etwas Hipster in skinny Jeans und passendem Denim-Hemd, mit Woll-Beanie auf dem Kopf und gepflegtem 10-Tage-Bart. Aber was von der Rampe in die bis dato mäßig gefüllten Reihen strömt, ist richtig tiefer, kraftvoller Blues wie er nicht amtlicher von einem US-Südstaatler abgeliefert werden könnte. Nicht zuletzt durch den geschickten Einsatz von Effekten beim Opener „Miss Oowee“ kommt die Musik irgendwie modern und doch sehr traditionell und bodenständig daher. Nahezu virtuos bearbeitet Patlansky mit dem Bottleneck abwechselnd seine zwei Gitarren und umgarnt mit seiner kratzig-rauchigen, druckvollen Stimme die Ohren des Publikums. Leider ist nach etwas mehr als 20 Minuten bereits wieder Schluss.
Was folgt ist eine Umbaupause, die den Namen eigentlich gar nicht verdient, denn im Grunde bleibt der spartanische Bühnenaufbau mit Mikroständer und Tisch vorm totenkopfverzierten Backdrop erhalten, der Synthie war auch bereits aufgebaut, nur Patlanskys Effektboard wird entfernt, sein Hocker ebenfalls und das Mikrostativ auf Standhöhe umgestellt, zudem werden das Sample-Notebook und ein Ventilator aufgebaut – da aber der Rechner offenbar Probleme macht, nimmt diese eigentliche Fünf-Minuten-Aktion satte 45 Minuten in Anspruch. Immerhin Zeit, dass sich die Fabrik noch etwas füllt.
Um kurz nach 21 Uhr startet dann Mr. Whitey Ford, unterstützt von Bryan Velasco am Keyboard mit „Broken“. Velasco verleiht EVERLASTs Songs hier eine funkige, dort eine soulige und immer wieder eine sehr bluesige Note, dazu liefert er an ausgewählten Stellen einen sehr variablen Backgroundgesang – was bei dem singfreudigen Publikum aber eigentlich überflüssig wäre. Ob den kraftvollen „NaNaNa“-Chor bei „Black Jesus“, den sanften Refrain von „Long Time“ oder den Offbeat-“Jump Jump“-Part in der humorig-ironischen 'layed back' Version des HOUSE OF PAIN-Klassikers „Jump Around“ - Gesang und Klatsch-Taktgefühl der Hamburger überzeugen Everlast und Bryan Velasco ein ums andere Mal und lassen die wohl etwas verkorkste Münster-Show vom Vorabend fast in Vergessenheit geraten – würden die beiden nicht stetig darauf herumreiten.
EVERLAST macht allerdings auch gleich zu Anfang klare Ansagen, staucht einen sehr aufdringlichen Fotografen zusammen („This is my workingstation tonight!“), weist das Publikum auf den Lautstärkepegel ihrer Unterhaltungen hin, der ihn bei einer Akustik-Show natürlich auf der Bühne stört – sei zwar noch nicht eingetreten, aber gestern .. in Münster … - und verweist auf das Rauchverbot mit Hinblick auch auf seine Stimme. In Kombination mit der Sonnenbrille, die Herr Schrody die ersten drei Songs trägt, wirkt er mit seinem Auftreten zunächst fast schon arrogant, zumindest sehr distanziert, zeigt aber zumindest so viel Einsatz, dass bereits nach dem zweiten Song eine Saite seiner Gitarre durch ist. Spätestens nach einer halben Stunde – und einem super Publikums-Chor beim vorangegangenen „Love for real“ - bricht das Eis gänzlich und alle wippen beschwingt zu „Gone for good“ vom 2011er „Songs of the ungrateful Living“ mit. Die Setlist zieht sich quer durch EVERLASTs Schaffenszeit, bietet mit oben erwähntem „Jump Around“ und dem Johnny Cash – Cover „Folsom Prison Blues“ einige überraschende Schmankerl und zeigt, dass vielen seiner Lieder, zum Beispiel dem melancholisch-rebellischen „Stone in my hand“, das Akustik-Gewand nicht nur sehr gut steht, sondern ihnen noch mehr Tiefe verleihen kann. EVERLAST zeigt sich immer zugänglicher, freut sich, genau wie Velasco, wiederholt sehr über die aktiven Besucher und bietet gesanglich wie spielerisch ein bewegendes Konzert. Am Ende schüttelt er vielfach seine erschöpfte linke Hand aus und gute 105 Minuten Spielzeit werden nach einer enthusiastischen Applaus-Pause seitens des Publikums vorm Zugabenblock mit einer, erneut gesanglich stark von den Besuchern unterstützen, wunderschönen Version von „Hey Now“ beendet. Bleibt nur die Frage, in wie fern es am nächsten Tag in Berlin wieder hieß: „...also gestern, in Hamburg … .“
Review: The Mansion Of Lost Souls
Wenn man über Gitarrenvirtuosen spricht gibt es immer zwei Arten von Leuten: Die einen stören sich an Show-Off und Prahlerei, die anderen sehen in Acts wie JOE SATRIANI, STEVE VAI, PAUL GILBERT oder YNGWIE MALMSTEEN eigene Progressive-Genres mit ebenso eigenem Charme. Will man die Musik von ANTONELLO GILIBERTO genießen, dann sollte man zu zweiter Kategorie gehören.
Das „warum“ ist simpel erklärt: Mr. Giliberto selber schwimmt oben in der italenischen Gitarren- und Musiker-Szene mit, ist Lehrer bei der renommierten „Guitar Academy“, hat eine Vielzahl an Seminaren besucht und gehalten und arbeitet mit dem Pick-Hersteller MAMA und der Gitarrenschmiede CQUADRO zusammen, kurz: Der Presse-Zettel ließt sich wie ein sehr eindrucksvolles Bewerbungsschreiben. Doch was steckt nun dahinter und somit auf dem zu besprechenden Debut-Album?
Nun: Vieles. „The Mansion Of Los Souls“ ist mitunter erst einmal ein anstrengendes Album – es ist komplex, es ist schnell, es ist viel Fingerakrobatik dabei – und zwar auf dem Niveau von „Appregios drei Level über dem was ich für menschlich möglich halte“. Im Titelsong „The Mansion Of Lost Souls“ gibt es direkt am Anfang Sweepings und High-Tone-Melodics zu hören die vielen Gitarristen anerkennende bis bewundernde Blicke zuwerfen würden – ohne dabei direkt abzuheben und nur die Saiten zu vergwaltigen.
Gleichzeitig beweist ANTONELLO GILBERTO aber auch, dass er viel mehr kann als nur sauber und schnell zu spielen: Die starken klassischen, melodischen Einflüsse („Ballade No. 3“) die mit viel Gefühl gespielt werden zeigen klar ein bereites Portfolio an Können und Talent.
Bei „Dream Of The Dead Tree“ beweist der Meister, dass er auch eine akustische Gitarre beherrscht und zupft entspannte, ein wenig an die ruhigen Töne der aktuellen OPETH erinnernden Akkorde und Licks und schafft eine wunderbar entspannte Atmosphäre zwischen den sonstigen Finger-Verrenkungen.
Trotz vieler Einflüsse aus Klassik ist aber kaum zu übersehen, dass „The Mansion Of Lost Souls“ genauso gut als vollwertige, instrumentale Progressive-Metal Platte durchgehen kann: „Rise Of The Titans“ knallt wie Speed-Metal mit 16tel E-Saiten Parts mit melodischen Einspielern durch die Lautsprecher, der Song „Lotus Effekt“ wirft düsteren, druckvollen Metal mit Solo-Können zusammen und ist sogar Headbang-Tauglich und die Nummer „The Ride“ kann man schon straight-forward Metal bezeichnen.
Fazit: ANTONELLO GILIBERTO ist ein Musiker der hierzulande mehr Aufmerksamkeit verdient, denn „The Mansion Of Lost Souls“ ist ein beeindruckendes, vielschichtes Debut das Lust auf mehr macht und sich durch die Vielzahl an Einflüssen und Elementen klar von den „klassischen“ Solo-Veröffentlichungen der bekannten Gitarrengöttern abhebt. Schaut’s euch an – sollte sich lohnen!
The Mansion Of Lost Souls
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
12
Länge:
49:33 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten