Konzert:
HIM, Caspian - Köln, E-Werk
Konzert vom
Satte fünf Jahre hat es gedauert bis die Finnen von HIM wieder den Weg nach Köln fanden, dafür beehrten sie die Stadt dann dieses Jahr gleich zweimal: das erste Mal im April bei einem der beiden Konzerte zur Albumvorstellung und nun erneut anlässlich eines Gigs im Rahmen der ersten richtigen Deutschland-Tour seit Langem. Mit von der Partie waren diesmal die Amerikaner CASPIAN. Angesichts der vorausgegangenen ausgedehnten Abwesenheit auf deutschen Bühnen überraschte es wenig, dass die Veranstaltung ausverkauft war und sich vor dem Einlass eine lange Schlange, teils schwarz, teils bunt gewandeter Besucher die Straße entlang zog. Entgegen der sonst bei HIM gerne herrschenden eher turbulenten Verhältnisse ging es diesmal jedoch beim Einlass sehr gesittet zu, der Bühnenraum des E-Werks füllte sich aber dennoch schnell.
Pünktlich um 20 Uhr ging das Licht aus und CASPIAN betraten die Bühne. Das Quintett, das vor kurzem den frühen Tod von Gründungsmitglied und Bassist Chris Friedrich hatte verschmerzen und kompensieren müssen, langte beherzt in die zahlreich vorhandenen Seiten und legte los. Kredenzt wurde von klassischen Songstrukturen weitestgehend losgelöster und rein instrumentaler Postrock, den das Publikum wohlwollend aufnahm. Wer HIM bis dato bereits für schweigsam gehalten hatte, lernte bei CASPIAN daher, dass es durchaus möglich ist, fast völlig ohne Mikrofon auszukommen. Einmal allerdings griff Gitarrist und Keyboarder Philip Jamieson dann doch dazu, um „Gone In Bloom And Bough“ eine – wenn auch verhaltene – stimmliche Komponente hinzuzufügen. Mit dem getragenen „Sycamore“ schlossen die Jungs aus Massachusetts ihr fünfundvierzigminütiges Programm, nachdem sie zuvor unter allgemeinem Jubel die finnischen Tourkollegen für ihre angenehme Gesellschaft gerühmt und dem Publikum viel Spaß gewünscht hatten.
Die halbstündige Umbaupause, die sich nun anschloss, wurde von einigen Zeitgenossen nur zu gerne genutzt, um der Bar zuzustreben und sich mit Getränken zu versorgen – ein Unterfangen, für das durchaus einiges an Zeit einkalkuliert werden musste, denn mittlerweile war der Innenraum des E-Werks proppenvoll. Um 21:15 Uhr erloschen die Lichter und das Bühnenintro ertönte, bevor unter lautstarkem Jubel der Menge die infernalischen Majestäten erschienen und ohne groß zu fackeln mit „All Lips Go Blue“ und dem bewährten Livekracher „Buried Alive By Love“ direkt in die Vollen gingen. Sänger Ville Valo gab sich wortkarg wie meistens, war aber dennoch gut aufgelegt, grinste gutgelaunt in die Runde und lieferte sich Saitenscheinduelle mit Bassist Migé Amour, um diesen anzuspornen. Weiter ging´s mit „(Rip Out) The Wings Of A Butterfly“ und “Right Here In My Arms”, bevor sich nach “Kiss Of Dawn” mit “I Will Be The End Of You” ein weiterer Song vom aktuellen Album “Tears On Tape” anschloss. Nicht fehlen durfte natürlich auch dessen gleichnamiger Titeltrack, bei dem der Sänger zur Akustikgitarre griff. Diese kam – nach Jahren der Bühnenabszenz – überhaupt wieder recht oft zum Einsatz, so beispielsweise auch beim Meilenstein der Band schlechthin, „Join Me In Death“. Für ihre große Gesprächigkeit zwischen einzelnen Songs waren HIM noch nie bekannt gewesen, doch diesmal spielten sie, als sei der Teufel hinter ihnen her und sie bezögen Prügel, wenn sie die vorgesehene Spielzeit auch nur um eine einzige Sekunde überzögen. Während der letzte Ton des vorangegangen Lieds noch nicht ganz verklungen war und sich Valo artig beim Publikum bedankte, wurde in der Mehrzahl der Fälle bereits schon für den nächsten Song eingezählt und nahezu nahtlos weitergemacht. Zeit, um Deutschlands Qualitäten als Biernation zu rühmen, fand sich dann allerdings doch: Ville Valo sprach ein Hoch auf Krombacher Alkoholfrei aus, das es ihm ermögliche zu trinken, ohne in Folge dessen sturzbesoffen zu sein und alles in den Sand zu setzen. Er wusste warum. Wer einem der Silvesterauftritte 2012 / 2013 beigewohnt hatte, wusste es ebenfalls und hätte wahrscheinlich nur gar zu bereitwillig einen ganzen Kasten Krombacher Alkoholfrei für jedes Konzert gespendet, um eine Wiederholung dessen zu vermeiden. Entsprechend bekam die Schleichwerbung des Sängers (der es obendrein sogar wie durch ein Wunder auf der Bühne aushielt, ohne auch nur eine einzige Zigarette zu rauchen) reichlich Applaus. Das Set arbeitete sich durch eine bunte Palette an Material, das zeitlich vom Debütalbum bis hin zur aktuellen „Tears On Tape“ reichte, dabei aber zwei offenbar in Ungnade gefallene Alben völlig aussparte, darunter neben dem schon in der Vergangenheit bereits eher stiefkindlich behandelten „Deep Shadows And Brilliant Highlights“ auch das Vorgängeralbum „Screamworks: Love In Theory And Practice“. Stattdessen setzte die Band auf bewährte Live-Erfolge wie „Soul On Fire“, „Your Sweet Six Six Six“, „It´s All Tears (Drown In This Love)“ und „Wicked Game“, die mit neuen Songs wie „Into The Night“ gemischt wurden. Sehr schön geraten waren auch die Lichteffekte, die der im Vergleich zu vergangenen Touren recht spartanisch dekorierten Bühne räumliche Tiefe gaben. Zum Ende hin wurde sogar eine kurze Jamsession eingelegt, die dann schließlich ins Intro von „Funeral Of Hearts“ mündete, den stimmungsvollen letzten Song des Hauptsets. Mit einem dahin gehauchten „Love to Cologne!“ verschwand Ville Valo von der Bühne, kurz darauf gefolgt vom Rest der Truppe. Lange bitten ließen sie sich aber nicht, als das Publikum lautstark eine Zugabe verlangte – der Sänger erschien als Erster und erklärte, die anderen seien da manchmal etwas schüchtern, ob man vielleicht noch etwas lauter jubeln könne, damit sie sich wieder heraustrauen würden? Der Bitte kam das Publikum nur gar zu gerne nach. Das kommende Lied, so Valo, sei eher ruhig, das mache hoffentlich nichts : „ It´s a little doomy and gloomy – well, you know it´s what we do…”. Viel weiter kam er schon nicht mehr, denn aus der Menge vor der Bühne schallte ihm bereits der Titel „When Love And Death Embrace“ entgegen. „Exactly, that one!“. Und so schloss das Konzert unter lautem Beifall mit getragenen Tönen aus der Anfangszeit der Band nach einer bis auf die letzte Sekunde ausgenutzten Spielzeit von anderthalb Stunden. Das beglückte Publikum hätte gerne noch weitergemacht, drängte dann aber sobald klar war, dass der Spaß nun wirklich zu Ende war, ersatzweise zum Merchandising-Stand, der unter dem Andrang fast zusammenbrach. Bleibt zu hoffen, dass bis zum nächsten Gastspiel nicht wieder fünf Jahre vergehen!
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Konzert:
Baroness, Royal Thunder - Hamburg, Markthalle
Konzert vom
„Brauchste n Ticket?“ , „Hab selber eins, danke!“.
Ausverkauft wie letztes Jahr ist es nämlich nicht, das diesjährige BARONESS-Konzert in Hamburg,
nun in der deutlich größeren Markthalle.
Angereist aus dem US Staat Georgia, dem Mekka der in
der letzten Jahre auch zu uns schwappenden Sludge-Metal-Bands, zu denen auch altbekannte
Freunde gezählt werden wie KYLESA, BLACK TUSK, JUSCIFER oder ja, auch MASTODON,
gab sich die Band rund um Multi-Künstler John Dyer Baizley die Ehre mit fünf Auftritten in
Deutschland in Rahmen ihrer ersten Europa-Tour nach einem mehr als zermürbenden Jahr. Der
Sturz in den Abgrund mit dem Tourbus, wenige Tage nach der Veröffentlichung von Yellow &
Green, brachte nicht nur als schwerwiegender Unfall körperliche Folgen und Verletzungen für alle
Beteiligten mit sich, sondern führte zu dem Ausstieg des damaligen Bassisten inklusive
Schlagzeugers. So ist es ebenfalls auch die erste Tour mit neuer Besetzung mit Nick Jost (Bass) und
Sebastian Johnson (Drums).
Bevor diese aber zeigen können dass sie es ebenfalls ziemlich drauf
haben, eröffnen ROYAL THUNDER, ebenfalls Teil des Georgia Clans und bei Relapse Records
unter Vertrag den Abend: am Anfang etwas zögernd und verunsichert, da die Show doch etwa 15
Minuten früher anfängt als angekündigt, schleicht sich das Publikum immer näher heran und
lauscht dem energischen, deutlich psychadelisch angehauchten Stoner Rock des Trios. Zwar stört
die Barriere vor der Bühne, doch kann Sängerin MLny Parsonz im roten, sie umgebenden
Rauch und schwingendem Licht ihre hypnotisierende Wirkung voll entfalten. Direkt aus der Hölle!
Ein immer wieder mal genuscheltes „Thank you“ bringt die Gute noch hervor zwischen den kurzen
Pausen des souverän gespielten Sets, welches die Menge zwar nicht zum Ausrasten bringt, jedoch
zum Kopfnicken bewegt und höflichen Applaus, der Respekt und einen gewissen Grad an
Bewunderung andeutet. Schweißgebadet, weil alles gegeben, umarmen sich die Drei auf der Bühne
und machen eine Verbeugung nach getaner Arbeit. Eine durchaus soliden Leistung, kann man sich
nochmal angucken.
Ändert aber nichts daran, dass im Mittelpunkt des Abends jemand ganz anderes
steht. Nicht nur als Frontmann des Headliners, sondern auch als Geburtstagskind an diesem Abend,
was die ca. 600 Hamburger zu einem Ständchen bewegt, schaut John dabei ziemlich überfordert
drein. Vermutlich ein bescheidener Mensch. Bevor das jedoch im weiteren Verlauf des Abends
passiert, beweisen BARONESS Hamburg erstmal dass sie nach all dem was sie als Band
durchmachen mussten immer noch Bock haben. Etwas müde sehen sie schon aus, doch mag das
eher am Tourleben liegen. Denn schon durch das intensive Intro mit Ogeechee Hymnal steigt die
Vorfreude und es macht Spaß zu sehen, wie John und vor allem Pete Adams (Gitarre) rumalbern
und posen. Und man nimmt ihnen ab, dass sie es genießen. Zwar tuen sie allen Fanboys die das
letzte Album verschmäht haben („was hat das noch mit Metal oder Sludge zu tuen!“) keinen
Gefallen und lassen ihre Setlist grün und gelb angehaucht. Still rumstehen können dennoch nur die
wenigsten. Gegen Ende dann doch noch in Form einer Zugabe nochmal Abstecher in Rot und Blau,
aber hätten sie doch lieber mit dem orgasmischen The Gnashing abgeschlossen! Beschweren kann
man sich trotzdem nicht, auch wenn man (vielleicht auch wegen der Absperrung) eine gewisse
Distanz zum Publikum wahrnehmen konnte. Zu keiner Zeit kann man BARONESS aber vorwerfen,
sie hätten alles emotionslos runtergespielt. Routine hin oder her.
Petes Antwort auf die Frage während eines Interviews, betreffend was er sich für die weitere
Zukunft mit seiner Band wünscht, war: lange Zeit mitmischen und irgendwann zu den Klassikern
gehören. Dass sie das Potential dazu haben wurde an diesem Abend deutlich. Ob als Sludge Band
oder nicht, da geht noch mehr.
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