Konzert:
Bretthart Festival 2005 - Freitag
Konzert vom Pünktlich zur ersten Band des Tages DARK RAIN, die die etwas undankbare Aufgabe des Openers hatten, waren meine holde Begleitung und ich am Start. Etwas verwunderlich war, dass der großzügig angelegte Parkplatz bis auf eine Handvoll Autos noch mehr als verwaist aussah. Der schön im grünen gelegene Austragungsort des diesjährigen Bretthart Festivals ist jedenfalls um einiges einladender als der normalerweise betonierte Boden manch anderer Festivals. Aber zurück zu DARK RAIN… man merkt der jungen Band die mangelnde Erfahrung an. Und obwohl sich Sängerin Sarah und ihre Crew mächtig Mühe geben, will der Funke zu dem auf dem Boden flaggenden Publikum nicht wirklich überspringen. Da helfen auch ihre übermotivierten, quietschigen Ansagen nicht viel weiter. Vielleicht würde es der Band gut tun, noch ein paar extra Stunden im Proberaum zu verbringen. Jedoch liefert Katja, die vor drei Monaten zum ersten Mal einen Bass in die Hand genommen hat, eine respektable Leistung. Ansonsten sei noch zu erwähnen, dass sich die Band für Straßenkinder einsetzt, was sie auch in dem einen oder anderen Song umsetzen.
Die folgenden MIGHTY D. stellten einen qualitativen Quantensprung zu DARK RAIN dar. Solider Death Metal mit Gothiceinschlag bieten uns die Schwaben. Sie wirkten zwar bisweilen noch ein wenig untight und unsicher, was aber wohl an der wenigen Liveerfahrung liegt. Dennoch gibt sich die Band um den Sänger und Gitarrero Claudio sehr sympathisch. Etwas seltsam waren aber die Bewegungen der Bandeigenen Trällerelse, die sie mit ihrer guten Gesangsleistung wieder vergessen machen konnte. Am besten gefiel mir der Song "Break The Silence", bei dem die Band auch am meisten abging.
Danach wurde der Altersdurchschnitt auf der Bühne drastisch gesenkt und mit DAWN OF DISEASE eine neue, hoffnungsvolle Death Metal Combo aus Osnabrück ins Rennen geschickt, die mit ihrem harschen Geknüppel im old-schooligen Ami-Style am frühen Nachmittag zeigen, wo der Hammer hängt. Tröpfchenweise wurden auch die Zuschauer langsam mehr und die ersten Rüben werden geschüttelt. Der MI-Kollege mit dem Fotopass trudelte jetzt auch ein. Songs wie "Sadistic Ejaculation" oder auch "Rape The Unborn" werden technisch solide dargeboten und der Sound geht auch in Ordnung. Bei den Soli vermisse ich aber eine zweite Gitarre, die das Ganze noch fetter erscheinen lassen würde. Den verhauenen Anfang von "Fried Genitals" wird uns von Sänger Thomas professionell als Intro verkauft und auch sonst hat es richtig Laune gemacht den Youngsters zuzuschauen.
BURDEN OF GRIEF begrüßten uns mit einem amtlichen "Hallo Wacken!!!" und legten einen routinierten Gig auf die harten Bretter. Mit Dirk am Bass und Mike am Mikro haben die Melodic Deather aus Hessen zwei absolute Rampensäue am Start, die für alle übrigen Bandmitglieder gleich mit rumturnen und eine geile Show machen. Außer, dass die Snare ein wenig blechern klang, war der Sound auch in Ordnung. "The Silent Killing" und "Slowly Pass Out" vom aktuellen Album "Fields Of Salvation" kamen hammergut nur das etwas lahme Publikum war wohl eher "The Nightmare Within". Die immer noch nicht viel mehr gewordene Zuschauerzahl verlief sich etwas im Gelände und gab sich den flüssigen Genüssen hin, die zu fairen Preisen feilgeboten wurden. BURDEN OF GRIEF legten sich dennoch ins Zeug und schafften es mit dem IRON MAIDEN-Cover "Aces High" und den eigenen Songs "Reborn", sowie "Frozen Pain", doch noch ein paar Fans auf ihre Seite zu ziehen. Da gab es richtig toll Applaus.
Die schwedischen Rotz’n’Roller PSYCHOPUNCH kamen mit einem wuchtigen Brett auf die Bühne - mit was auch sonst sollten sie nach BURDEN OF GRIEF punkten. Der erste Song litt allerdings erst mal unter Soundproblemen - das hatte man dann aber bald im Griff. PSYCHOPUNCH stellten auf dem Bretthart zwischen all den Death, Thrash und Goth-Tönen eine Ausnahme da - mit ihrer harten Mischung aus Punk und Rock’n’Roll. War aber kein Problem - tendierten sie Live doch mehr Richtung Motörhead & Co. Damit konnten die anwesenden Fans dann auch richtig was anfangen. Der Spaßfaktor der Musik, die anzüglichen Ansagen und Songtitel und die augenscheinlich gute Stimmung der Band taten dann ein übriges um einen echten gute Laune Nachmittagsgig zu liefern. "Nothing Ever Dies" und "I’m The One” ließen die Köpfe kreisen, dazu eine geile Liveperformance von "The Gun Cries Justice" oder auch "Make Up Your Mind" - das Bretthart Open Air wurde auch dazu benutzt die Livetauglichkeit einiger neuer Songs vom nächsten Album "Kamikaze To Reduce" zu testen. Bei dem Songmaterial und dem fetten knarzigen Gitarrensound kann man nur Sagen: Test bestanden. Mit "Hard To Belong" (samt "Born To Be Wild"-Einlage) endete ein Set der um einigen räudiger rüberkam als sich PSYCHOPUNCH auf ihren Alben geben.
Die süddeutschen Gothic Metal-Hopefuls DARKSEED präsentieren sich quasi runderneuert und energiegeladener als je zuvor. Mit neuen Leuten am Keyboard und Schlagzeug starten die alten Hasen noch mal richtig durch und bringen die Songs ihres aktuellen Longplayers "Ultimate Darkness" auf die Bühnen des Landes. Auf eben diesem lag auch der Schwerpunkt des Sets der in edles schwarz gehüllten Düsterrocker. Los ging es mit "Ultimate Darkness", darauf folgte "Biting Cold". Dabei wurde auch immer deutlicher, dass sich DARKSEED vor Bands wie MOONSPELL nicht mehr zu verstecken brauchen. "Save Me" ist einer der stärksten neuen Songs und kommt auch live sehr gut rüber. Auch "The Fall" wird souverän als geschlossene Einheit präsentiert. Das deutsch-englische "My Burden" kommt live sogar besser als aus der Konserve und nach "Endless Night" nimmt sich Sänger Stefan auch mal die Zeit mit einem Fan anzustoßen. Mit "Speak Silence" neigte sich der Gig dann auch schon so langsam dem Ende zu. Zuvor ließen sie aber noch den Kracher "Sleep Sleep Sweetheart" und das ältere Stück " Forever Darkness" auf die zwar wenigen, jedoch dafür umso lauteren Fans niedergehen.
Mit MIRROR OF DECEPTION wurde es dann zwar nicht weniger heavy - aber trotzdem ruhiger. Die Band aus Stuttgart bietet Doom aus deutschen Lande - der war so doomig, das auch hier zu Beginn die Boxen den Basssound fast nicht überlebten. Trotzdem waren MIRROR OF DECEPTION ein echtes Highlight - ihre ins epische gehende, langsame riffbetonte Mucke ging recht schnell ins Ohr - die kleine Stonerschlagseite passte bei der Hitze des Tages sowieso wie die Faust aufs Auge. Angenehm auch, dass die Band nicht wie die x-te Black Sabbath Kopie klingt, sonder eine gehörige eigenen Note hat, vom wohltuenden Gesang (keine Ozzy-Kopie) bis hin zu den einen oder anderen Song mit deutschsprachigen Lyrics. Ein Auftritt der zwar eine melancholische Grundstimmung verbreitet, aber trotzdem kurzweilig war - und ganz groß dann der Abschluss mit "Ship Of Fools" - MIRROR OF DECEPTION haben sich auf dem Bretthart mit Sicherheit ein paar neue Fans erspielt.
Die Frankfurter "Applewoi"-Thrasher von TANKARD waren für Tag 1 wohl so was wie der inoffizielle Headliner - den vor der Bühne war es jetzt endlich mal richtig voll. Vom Programm her lieferten die Herren um den wieder mal über alles schwebenden Sänger Gerre eine Mischung von Tracks des letzten Album "Beast Of Bourbon" und alten Klassikern ab - einschließlich Gerres Bauchspeckeinlage. Richtig los ging es dann mit dem vierten Song "Slipping From Reality" - Mosh-Pit, fliegende Bierbecher und gar Crowd-Surfer - na ja, und immer wieder die "Wampe". Apropos "Wampe" - der Grund warum die Band so besoffen sei, nannte Gere auch gleich "die mehrstündige Landfahrt zum Festivalgelände". Dann kamen mit dem Hammerharten "Maniac Forces" und dem Kulttitel "Die With A Beer In Your Hand" die Highlights des Auftrittes der Old-School-Alko-Thrasher. Weiter ging es mit der Ankündigung der einzigsten Ballade welche TANKARD je geschrieben haben - "Space Beer". Während des Songs suchte die Band vergebens nach den sonst bei TANKARD-Konzerten 500 vollbusigen Frauen in der zweiten Reihe. Nichts da, also kam erst mal "Rectifier" und eine Bierdusche - sowie eine gute Idee wie man Rockfreaks zum Toben bringt "Wer nicht hüpft ist Hip-Hop-Fan". Spaß hatten die Jungs augenscheinlich, so in Vollform schienen TANKARD an diesem Tag allerdings nicht gewesen zu sein - dafür war manches doch etwas zu unsauber gespielt. Trotzdem gab es nach 75 Minuten den abgefeierten Schluss mit "Freibier" und "(Empty) Tankard".
Was soll man noch zu ENTOMBED schreiben? Entweder man liebt sie, oder man hasst sie. Wer ihnen ihre Stiländerung übel nimmt, wird wohl eher zu letzterem neigen. Vom Sonnenstich gebeutelt bibberte ich im Auto vor mich hin und lauschte den Klängen von "Sinners Bleed", ein Song von der "Clandestine"-Scheibe, eine Zeit, wo noch alles in Ordnung war und man sich nicht dem Rock’n’Roll im ausschweifenden Maße hingab. Mit "Revel In Flesh" packten sie sogar noch einen Kracher aus NIHILIST-Tagen aus, der später für "Left Hand Path" neu aufgenommen wurde. Songs wie "The Hollowman" und "Demon" rissen mich jedoch aus meinem Retroschwelgen und brachten mich zurück in die bittere Realität. "Danke, meine deutschen Freunde…!", meint L.G. zum begeisterten Publikum. Ich fands nicht so prickelnd…, das sahen aber wohl nicht alle so. Den Fanreaktion vor der Bühne folgend gaben ENTOMBED noch zwei Zugaben zum Besten - vor der Bühne war es endlich voll, und tobenden Beifall gab es für den Auftritt auch.
LACRIMAS PROFUNDERE cancelten überraschend ihre Show ohne nähere Angabe von Gründen. Nicht sehr professionell, muss ich sagen. Stattdessen sprangen COMMANDER ein, die mit ihrem soliden Death Metal eigentlich den nächsten Tag hätten eröffnen sollen. Ein würdiger Rausschmeißer der es schaffte zahlreiche Fans trotz zunehmender Kälte vor der Bühne zu halten. Die Berliner machten einen mehr als sympathischen Eindruck, die blonde Bassistin kam vor allem bei den vielen männlichen Fans gut an. COMMANDER lockerten ihren Death-Sound durch zahlreiche Thrash-Einschübe auf, die ausgezeichneten Vocals und Gitarrenarbeit des vom Stageacting an einen Hetfield erinnerten Frontmannes taten den Rest, um einen würdigen Abschluss des Festivaltages zu gestalten.
(Chris/Hardy)
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InterviewIn Großbritannien ist dein Album "My Kung Fu Is Good" etwa vier Wochen vor Rest-Europa und damit einige Wochen vor der Tour mit FOZZY zu haben gewesen. Bei den Konzerten in UK hast du mit deinem Solo-Projekt THE DUKE für deine andere Band FOZZY eröffnet. Schon allein die FOZZY-Konzerte sind sehr schweißtreibend, sind zwei Stunden Konzert hintereinander ein gutes Training?
Haha, ja klar. Wir kommen aber vielleicht demnächst mit THE DUKE in voller Besetzung noch einmal auf eine richtige Tour. Also bin ich momentan mit STUCK MOJO auf Tour, FOZZY spielen und dann auch noch mit THE DUKE. Wahrscheinlich läuft es darauf hinaus, dass die FOZZY-Gigs den Löwenanteil einnehmen werden, aber für STUCK MOJO werden auch noch ein paar Zusatzshows gebucht. Mit THE DUKE muss ich erst einmal abwarten, wie es sich entwickelt und ob man mich so überhaupt sehen will. Es ist vergleichsweise ruhige Musik, mal sehen, wie es einschlägt. Ich kann es jetzt nur rausbringen und abwarten.
Und wie sieht deine Erwartungshaltung aus?
Ehrlich gesagt habe ich keine. Ich wollte einfach nur diese Scheibe machen, die ich wirklich... Also stell dir vor, heute haben wir im Tourbus auf dem Weg hier her die DOOBIE BROTHERS gehört. Eine heimliche Leidenschaft von mir ist das Piano. Ich liebe QUEEN, genauso wie BAD COMPANY. Ich liebe klassischen AOR (Adult Oriented Rock - Anm. d. Red.). Und ich wollte unbedingt ein klassisches AOR-Album aufnehmen. Und jetzt habe ich es getan. Ich wollte das schon sehr lange, aber ich musste erst einmal eine Plattenfirma finden, die mir auch die Möglichkeit dazu gibt.
Und jetzt hast du eine gefunden, die...
Ich denke schon, dass eine der Fans meiner bisherigen Bands das nachvollziehen können. Denn eigentlich jeder, den ich kenne und der Heavy Metal hört, hört auch irgendwann mal ruhigere Musik. Ich glaube "My Kung Fu Is Good" schmückt auch eine gute Metal-Sammlung. Außerdem kann dieses Album auch Leuten gefallen, die sonst keinen Metal hören.
Man kann ja auch nicht rund um die Uhr aggressiven Krach hören.
Das stimmt. Na ja, manche Leute können das, aber mich macht es verrückt.
Wann hast du denn herausgefunden, dass du nicht nur Metal, sondern auch ab und zu ein paar ruhigere Töne brauchst?
Mein ganzes Leben schon. Ich liebe deftige Musik, aber als ich aufgewachsen bin, war meine Lieblingsband JOURNEY. Genauso mochte ich immer schon Bands wie AC/DC und QUEEN. Gut, beide sind nicht unbedingt Metal, sondern eher Rock. Außerdem gehörten Elton John und Billy Joel zu meinen frühen Favoriten. Vor STUCK MOJO habe ich in einer Band gespielt, die sich wie EUROPE anhörte. Ich habe damals also Pop-Metal gespielt. Ein weiterer Held meiner Kindheit war John Norum, und Yngwie Malmsteen hat mich auch sehr beeinflusst. Ich hatte nur zufällig das erste Mal Erfolg mit Rap-Rock bzw. Rap-Metal und bin damit bekannt geworden. Das ist nun mal so passiert. Wenn die Dinge ein wenig anders gelaufen wären, hätte ich genauso gut bei einer Band im Stil von FOREIGNER spielen können. Wäre das erfolgreich gewesen, würdest du mich jetzt vielleicht fragen, wie ich zur harten Musik komme.
(Gelächter meinerseits)
Hast du verstanden, was ich meine? Die Leute kennen mich als den Gitarristen von FOZZY und STUCK MOJO, also kennen sie mich nur von der harten Seite. Aber meine Leidenschaft liegt auch in anderen Musikstilen. Ein bisschen wie im Kino: Ich liebe Horror-Streifen, aber natürlich mag ich auch Action, Comedy und gehe auch in andere Filme. Ich möchte so frei sein können, alle Musikstile zu spielen, die ich auch selbst mag.
Ich war überrascht wegen deines Songwritings. Klar war auf der letzten STUCK MOJO-Scheibe schon eine Menge Melodie drauf, aber im Vergleich war euer Debüt "Snappin´ Necks" so unglaublich aggressiv und technisch. Hast du die Melodien damals bewusst draußen gehalten, oder wie kommt dieser Unterschied zustande?
Zur Zeit des letzten STUCK MOJO-Albums "Declaration Of A Headhunter" bin ich mit Bonz nicht mehr klar gekommen. Wir konnten nicht länger zusammen Musik schreiben, wir waren kein Team mehr - also habe ich das ganze Album im Alleingang geschrieben. Dabei habe ich mehr und mehr Melodien einfließen lassen, denn ich mag Melodien. Ich war noch nie gut darin, Rap zu schreiben, das war Bonz´ Aufgabe. Wenn Bonz und ich damals immer noch so gut miteinander ausgekommen wären wie am Anfang, hätte das Album mit Sicherheit ganz anders ausgesehen.
Aber nun seid ihr im vergangenen Winter nach mindestens fünf Jahren das erste Mal wieder zusammen getourt, du und Bonz. Wie war diese STUCK MOJO-Tour?
Einfach großartig! Fünf Jahre lang haben Bonz und ich uns mit dem Arsch nicht... na, wir haben noch nicht einmal miteinander gesprochen. Aber davor waren wir so lange zusammen in einer Band, dass wir beide das Gefühl hatten, es wäre kein bisschen Zeit vergangen, als wir uns endlich wieder zusammen gerauft hatten. Es war ein Gefühl wie: "Hey Bonz, gut dich heute zu sehen." Dazu sind wir beide älter und erwachsener geworden. Wir haben keine Zeit mehr, uns zu zanken. Wenn ich heute Bonz auf den Wecker gehe oder er mich nervt, reden wir halt drüber - statt uns die Köpfe einzuhauen wie in der Vergangenheit. Außerdem hatten wir in der verstrichenen Zeit die Chance zu bemerken, dass viele unserer Streitigkeiten in Wirklichkeit ziemlich kleinlich waren.
Schreibt ihr denn jetzt an einem neuen Album für STUCK MOJO?
Ich bin gerade dabei. Aber wir haben keine Ahnung, wann oder wo es veröffentlicht werden könnte. An ein paar Songs arbeite ich gerade, fünf Songs sind bereits fertig, aber wir müssen jetzt abwarten. Wenn wir ein Label finden, das STUCK MOJO unterstützen will und das heiß drauf ist, ein solches Album herauszubringen, dann werde ich es veröffentlichen.
Wie wäre es mit Century Media?
Sollten Century Media uns ein gutes Angebot machen, würde ich es annehmen. (Pause) Aber ich glaube nicht, dass sie es tun werden. Ich mag die meisten Leute, die bei Century Media arbeiten. Allerdings mochte einer der beiden Besitzer der Band STUCK MOJO von Anfang an nicht, und er hat zugesehen, dass wir nicht die 100-prozentige Unterstützung des Labels bekommen haben, die wir benötigt hätten. Auf der anderen Seite war Robert Kampf, der zweite Besitzer, immer ein Fan von STUCK MOJO. Ich hatte den Eindruck, als sei da eine kleine Kluft zwischen den beiden in dieser Frage. Mir geht es ums Geld. Nicht um das Geld, dass ich auf mein Bankkonto bekomme, sondern um das Geld, dass die Plattenfirma in die flankierenden Maßnahmen für ein Album steckt. Stellt sicher, dass wir ein gutes Album aufnehmen können, stellt sicher, dass die Promotion gut läuft, stellt sicher, dass wir auf eine gute Tour kommen und den Support dafür bezahlen können. Das alles kostet Geld. Derjenige, der mir zusagt, dass er dieses Geld investieren will, bekommt das nächste Album. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Klingt konsequent.
Ganz genau! Ich verlange nur das, was eine Plattenfirma für jede Band tun sollte, von der sie möchte, dass sie erfolgreich wird, ob die nun SHADOWS FALL heißen oder MACHINE HEAD oder wie auch immer. Man braucht eine Menge Geld, um eine Band erfolgreich zu machen, außerdem Zeit und einigen Aufwand. Wenn sich da jemand bei STUCK MOJO für bereit erklärt - prima. Das ist alles, was ich verlange.
Hattet ihr damals nicht ein rekord-schlechtes Timing? Erst als ihr in den Trennungsstreitigkeiten lagt, sind andere Bands wie KORN oder LIMP BIZKIT mit Rap-Metal erfolgreich geworden. Ist das nicht ein bisschen ironisch?
Ach, vielleicht. Aber ich habe schon öfter versucht, zu erklären, dass man Lebensqualität nicht kaufen kann. Und wenn ich mit Leuten die ich hasse in einen Bus einsteigen muss, jeder Tag nur daraus besteht aufzustehen, zu spielen und wieder in diesen Bus einzusteigen, das ist nicht zu beschreiben. Das kann man nicht mit Geld aufwiegen. Dann bin ich lieber arm, sitze zu Hause und spiele genau die Musik, die ich liebe, als mit Leuten, die ich nicht abkann. Oder, anders ausgedrückt: Bei STUCK MOJO ging es nie ums große Geld, also wollten wir später auch nicht, dass es nur deswegen weiterging. Es war für mich damals das einzig richtige zu gehen. Manche Leute haben diese irrige Vorstellung, alle Musiker die eine Platte draußen haben, seien reich. Ich habe jetzt 13 Alben veröffentlicht, und bin immer noch arm wie eine Kirchenmaus. Und es ist okay. (Er grinst breit über alle vier Backen.) Mir ging es immer in erster Linie um die Musik. Bevor CREED und NICKELBACK erfolgreich wurden, habe ich mit meiner Band SICK SPEED so etwas ähnliches gespielt. Es scheint, als würden Musikstile erst dann erfolgreich, wenn ich gerade eine ähnliche Band aufgelöst habe. Wer weiß, vielleicht wird in drei Jahren ruhiger, melodischer Rock wie auf "My Kung Fu Is Good" Trend, und das aktuelle THE DUKE-Album ist dann das, was jeder macht. Womöglich gerade nachdem ich mit THE DUKE aufgehört habe. (Lacht wieder.)
Du bist halt ein Anführer, kein Mitläufer.
Das ist richtig. Und es ist gut so. Frag mal bei LINKIN PARK oder LIMP BIZKIT, die wissen alle, wer ich bin, und alle betonen in ihren Interviews, welchen Einfluss ich auf ihre Entwicklung hatte. Die sagen alle, dass sie meine Alben gehört haben. Und das ist doch großartig. Dann bin ich lieber der Untergrund-Held als einer von den vielen die auf den fahrenden Wagen springen und dem Trend einfach hinterher hecheln.
Erkläre doch bitte die Themen von denen die Songs auf "My Kung Fu Is Good" handeln!
Es ist ein sehr persönliches Album. Das meiste ist über mich und über die Ereignisse, durch die ich durch musste: Ich war damals sehr mit FOZZY beschäftigt, hatte SICK SPEED am laufen und es gab STUCK MOJO nicht mehr. Einige der Texte sind über das Auseinanderbrechen von STUCK MOJO. Und plötzlich haben SICK SPEED sich auch aufgelöst. Also habe ich auch darüber geschrieben. Ich hatte geheiratet und meine Frau hat sich von mir getrennt und die Scheidung eingereicht. Darüber habe ich dann geschrieben. Ich habe zwei meiner Bands verloren, ich habe meine Frau verloren, es war eine sehr traurige Zeit meines Lebens. Also wurde die Musik auch dementsprechend traurig. Und darum habe ich dieses Projekt so angehen müssen und darum ist dieses Album so geworden. Denn man kann keinen traurigen Heavy Metal schreiben. Metal ist wütend. Ich war nicht wütend, ich war tieftraurig. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Denn außerdem war es eine eigenartige Zeit meines Lebens. FOZZY-Sänger Chris Jericho war gerade Vater geworden und wollte deswegen nicht auf Tour gehen. Ich wäre gern zu Hause ausgebrochen und mit FOZZY aufgetreten, aber wegen Chris konnten wir nur wenig spielen. SICK SPEED und STUCK MOJO gab es nicht mehr, meine Frau war weg - also war ich allein und habe zu Hause herumgesessen. Und habe angefangen zu schreiben, Klavier gespielt, Akustik-Gitarre gespielt und diese Songs sind dadurch entstanden.
Harte Zeiten...
Aber es war auch gut! Anstatt im Bett zu liegen, den ganzen Tag zu schlafen und in Selbstmitleid zu zerfließen habe ich darüber geschrieben. Und singen geübt, Gitarre geübt, mir selbst Klavier spielen beigebracht. So gesehen war es eine sehr produktive Phase.
Hast du auch für FOZZY Texte beigesteuert?
Nein, die schreibt Chris alle selbst. Außerdem schreibt ein guter Freund von uns einige Texte, Ed Aborn ist gleichzeitig der Webmaster von FOZZY und unser Fanclub-Leiter. Ich habe die Musik geschrieben und Ed und Chris haben zusammen die Textideen ausgearbeitet. Ich bin gar nicht gut mit Texten. Bei THE DUKE war das was anderes, denn ich hatte etwas zu sagen, das mir auf der Seele brannte. Bei der "Decoration Of A Headhunter" von MOJO ging es mir genauso, ich wusste, was ich sagen wollte. Aber bei FOZZY hatte ich zwar große musikalische Ideen, aber keine Worte dafür. Während ich die Musik zu "All That Remains" für FOZZY geschrieben habe, das war genau diese traurige Zeit in meinem Leben. Ich war der Meinung, ich könnte nichts beisteuern, was dementsprechend stark und aggressiv war. Wenn ich eins über die Jahre gelernt habe, dann, dass man niemals nur wegen des eigenen Egos etwas schreiben sollte. In einer Band sollte immer derjenige das tun, was er am besten kann und die anderen müssen ihn lassen. Da Chris bei uns der beste Texter ist, sollte er die Zeilen schreiben. Wenn ich der Beste darin bin, die Musik zu komponieren, sollte ich die Musik schreiben. Und wenn einer in der Band bessere Ideen hat als ich, dann sollten wir diese Ideen benutzen. Und man sollte sich nicht in eine Position bringen, an der die Egos der Bandmitglieder der Qualität des Endproduktes im Wege stehen.
Sehr weise.
So muss es sein. Du musst deinen Band-Kollegen vertrauen können. Wenn mein Schlagzeuger sagt: "Ich habe hier eine bessere Rhythmus-Idee," dann sollte er natürlich seine eigene Idee dort einbauen und ich muss ihm vertrauen.
Ich kann mir vorstellen, dass das der härteste Part daran ist.
Natürlich ist das hart! Denn jeder denkt, dass seine Idee an dieser Stelle die beste war. Also muss man tief durchatmen und "okay" sagen. Und der Band vertrauen.
Noch bevor irgendetwas von THE DUKE zu hören war, hattest du deine Internetseite fertig, um das Projekt anzukündigen. Wie hast du letztendlich ein Label auf dich aufmerksam gemacht?
Der Kopf der A&R-Abteilung bei Spitfire Records in den USA hat schon vor Jahren versucht, STUCK MOJO für das Label zu signen. Dann hat er versucht, SICK SPEED zu bekommen. Dann FOZZY. Keine hat er bekommen. Er scheint ein Fan meines Songwritings zu sein und war bisher Fan jeder meiner Bands. Er ist extra eingeflogen als ich einen Gig mit THE DUKE in Atlanta gespielt habe und er hat mich nach dieser Show gebeten: "Bitte, lass mich dieses Mal deine Platte rausbringen." Danach sind wir sechs Monate lang jedes kleine Detail im Plattenvertrag durchgegangen. Mir war, als würde es ewig dauern, bis nur ein Detail geändert war. Ich war so sauer. Aber zum Schluss habe ich bei ihm unterschrieben.
Deine Webseite sieht sehr persönlich aus. Liest du manchmal das Gästebuch?
Jeden Tag. Nun ja, außer wenn wir auf Tour sind, weil unterwegs Internet-Anschlüsse manchmal ein Problem sind. Aber wenn ich zu Hause bin, beantworte ich jeden Tag als allererstes früh am Morgen meine Emails. Alle Einträge von der Homepage gehen direkt an mein Email-Konto und ich beantworte eigentlich alle. Ich bekomme bis zu 200 Emails, manchmal kann ich darauf nur ein "ja", "nein", "danke" oder "weiter so" antworten, aber ich möchte schon jedem antworten.
Wow. Was für ein Aufwand!
Ja, aber der ist es wert. Denn dadurch baut man sich echte Verbindungen auf. Und es ist besser, enge Beziehungen zu haben als notwendiger Weise Fans. Wenn die Leute das Gefühl haben, sie können tatsächlich mit dir in Kontakt treten, bleiben sie dir treu. Und ich spiele lieber für Leute, die ich kenne als für eine anonyme Masse.