Konzert:
Arcturus, Red Harvest - Hamburg, MarX
Konzert vom Er hat die Gitarre umgeschnallt und eine Gasmaske am Mikro und sieht ansonsten aus wie... wie... RED HARVEST-Sänger Jimmy aka "Ofu Kahn" könnte jeden Lookalike-Contest mit Tchort von CARPATHIAN FOREST und GREEN CARNATION gewinnen, und da der gute Tchort sowieso in mindestens drölf dutzend Bands spielt, führte das umgehend zu wilden Spekulationen. Aber erst nach der Show, denn der Set von RED HARVEST war dermaßen laut und intensiv, dass man währenddessen noch nicht einmal dem Nachbarn etwas ins Ohr schreien konnte. Auf Platte empfand ich RED HARVEST bisher als sinnlose Körperverletzung, live entfalten die apokalyptischen Tonmonster einen gewissen Charme. Die niedrigen Frequenzen dröhnen im Bauch und an den Wänden, irritierend nur, dass sie auch weiterwummern, wenn der Bassist Thomas B. sich gerade den Kopf abtrocknet - klar, vieles ist hier gesampelt, ähnlich wie NEUROSIS setzen die Norweger auf die Kombination aus Subs aus dem Bass und der Dose. Der Tüftler dahinter läßt sich "Lrz.. ." nennen - und schon beim nächsten Song erinnern seine Elektrobeats an THE PRODIGY, als die noch böse waren, und sind sekundenweise tanzbar - bis wieder die nächste Krachwelle hereinbricht. Aber Wellen sind die Hanseaten hier ja gewöhnt, und das macht der Hamburger, wenn der "blanke Hans" mal wieder guten Tag sagt: Stehen bleiben. Komischer Weise verdient sich das Publikum mit dieser Mischung aus Standfestigkeit und Zustimmung die Anerkennung von RED HARVEST, die mit erhobenem Daumen von der Bühne gehen - und ihrerseits eine Menge neuer Freunde gefunden haben.
Und dann kamen sie auf die Bühne wie die wilde Jagd: ARCTURUS haben sich verkleidet wie auf den aktuellen Promo-Fotos, mit handgemachter Kleidung aus Sackleinen und Fuchsschwanz am Gürtel, Knud Magne Valle hat eine neue Gitarre, die auch im Herrn der Ringe direkt in Bruchwald aus der Deko geklaut sein könnte, Bassist Hugh Mingay spielt gar den gesamten Gig über unter einer Maske, die arg nach Pestarzt aussieht - eine mittelalterliche Bande von Outcasts direkt ins Sci-Fi-Zeitalter gebeamt, wie eine Mischung aus Monty Python´s Time Bandits und Astrid Lindgrens Räubern. Und aufs Stichwort erscheint Simen Hestnæs und torkelt zum Kontinental-Auftakt der "Shipwrecked in Europe Tour" über die Bretter, bewegt sich wie ein betrunkener Räuber Mattis und läßt sämtliche Entertainer-Qualitäten raus, die bei DIMMU sonst immer zu kurz kommen - jongliert mit dem Mikro herum und fängt es auch wieder. Mit "Ad Absurdum" und "Nightmare Heaven" als Einstieg kam diese seltsame Party mit ihrem schrägen Witz ins Laufen, auch wenn ausgerechnet an diesen beiden Perlen der Sound feinjustiert wurde. Der stimmte dann, schräg blieb es. Denn den Ansagen nach zu schließen feiern ARCTURUS die Heimkehr von Simen damit, dass er sich die Playlist wünschen durfte, und spätestens bei "Chaos Path" ("meinem Lieblingsstück von ´La Masque Infernale´" laut Simen) haben sich die unterschiedlichen Kommunikations- oder Humorlevel dann völlig voneinander entfernt - Simen fordert die Hamburger zu mehr Interaktion auf, doch zu diesem polyrhythmischen Kunststück läßt sich weder Bangen noch Klatschen. So knirscht es noch ein wenig im Gebälk, von dem vorher noch ein Ventilator runterkommen wollte, vorne an der Bühne verdichten sich die Reihen - und hinten im vielleicht halbvollen MarX dünnt es aus. Doch ARCTURUS sind großartig und bleiben es auch bei diesem "intimen kleinen Gig" in einem Club "so groß wie unser Proberaum". Counter Tenor Simen holt aus seiner Stimme alles raus, wimmert wie ein Sopran und klettert die Falsette empor, um dann doch ganz handfest nach "Hufsa" anzukündigen, dass man sich das Spiel mit dem von der Bühne gehen und auf Applaus warten heute vor der Zugabe sparen werde. Sprichts, und nach einem überwältigenden "Master Of Disguise" zwingt sie doch der überlaute Applaus noch ein weiteres Mal auf die Bretter, dieses Mal zu "Raut & Svart". Tore Moren stimmt seine Gitarre mit einem Hebel runter, der Inspector Gadget zur Ehre gereicht hätte, und die Wilde Jagd geht noch einmal in eine letzte Runde - während aus dem Foyer zwei Jugendliche unter 16 reinkommen und ganz mutig ein bißchen knutschen. Definitiv eins der seltenen, ganz speziellen Konzerte!
Setlist ARCTURUS:
Ad Absurdum
Nightmare Heaven
Alone
Deception Genesis
Chaos Path
Deamonpainter
Nocturnal Vision Revisited
Painting My Horror
Hufsa
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Master Of Disguise
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Raut & Svart
Und? Wie hat euch das Konzert gefallen?
Alle Bilder ansehen (danke an David/www.arcturus.no)
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