Der schwedische Underground ist voll von guten Bands, bekanntlich nicht nur aus der Schwedentod-Ecke, sondern auch etliche Retro und Rock’n’Roll-Acts bereichern die dortige Szene. Bereits der Bandname THE MOST FABULOUS SOULSHAKE EXPRESS ist bei dem Quintett Programm. Das Debüt "Heavy Music” (zuvor gab es 2005 die EP "The Soulshake Express") klingt demnach genau nach dem, was man in den Good Old Sixties als Heavy titulierte - eine Mischung aus Hard Rock, Blues und Rock’n’Roll mit einem ordentlichen Groove, Funky-Sprengsel und dem unverzichtbaren warmen Orgelsound - kurz gesagt: einem Hurra auf die Siebziger. Anspieltipps: der gut nach vorne gehende Rocker "Woman Like You”, das ebenfalls flotte, als Clubhit durchaus vorstellbare "Little Lover", der eher entspannt daherkommende Track "I Don’t Mind” und das stampfende, mit leichten CCR-Gitarren-Anleihen versehene "Gypsy Daughter". Das man mit David Eriksson dann auch noch einen Sänger an Bord hat, welcher mit seinem rauen Organ die Mischung aus fast gesprochenen, clean gesungenen und manchesmal heiser gegrölten authentisch rüberbringt. Das es dabei über die Spielzeit nicht immer Neues zu entdecken gibt, wird durch Spiellaune wett gemacht. THE MOST FABULOUS SOULSHAKE EXPRESS klingen also ehrlich Retro, machen trotz etwas limitierten Stilmittel Spaß und sollten so vor allem auch Live überzeugen. Die Schlaghosenfraktion weis bescheid.
José SANCHEZ, in Schweden lebender Chilene kommt bei seinem selbstbetitelten Solo-Debüt mit einem durch und durch vom Rock der Achtziger geprägten Album daher. Wo es aber auf "Sanchez" von Anfang an krankt - das komplette Material ist (zu) einfach zu konsumieren. Obwohl es zwischendurch auch ganz gut rockt, will die Scheibe nicht so recht in die Gänge kommen. Dabei hat der ehemalige FIERCE CONVICTION Sänger seine Mixtur aus AOR, Hard Rock und leichten Los Angeles Glam-Anleihen mit musikalisch respektabler Mannschaft eingespielt, so dass am handwerklichen wie am produktionstechnischer Ausführung es nichts groß zu mäkeln gibt. Aber bereits das eröffnende Duo aus "I’m In Love" und "Hot Lips" bedient sämtliche Vorurteile gegen den Hairsprayrock vergangener Tage - zu vorhersehbar das Ganze. Mit der recht gefühlvollen Ballade "Don’t Treat Me Like A Fool" (das es als Bonus auch noch in einer spanischer Version gibt), dem kurzen und flotten Rocker "Bad Boys", das eher harte "Lies" und dem eingängigen "The Runner!" sind aber gute Ansätze vorhanden. Ansonsten bietet "Sanchez" einfach zu wenig um in der gar nicht mal so kleinen Veröffentlichungsflut ähnlicher Bands heraus zu stechen. Interessierte können trotzdem mal bei SANCHEZ lauschen: auf MySpace gibt es mit "Bad Boys" und "The Runner!" zwei der genannten Songs zum reinschnuppern.
Ein Haufen junger Schweden haben sich zu ZONARIA zusammengetan, um offenkunding einem Landsmann zu huldigen: Peter Tägtgren. Vom ersten bis zum letzen Song klingt "Infamy And The Breed" wie ein einziger langer HYPOCRISY-Song. Handwerklich gut gemacht, sehr druckvoll und wuchtig wird das aus den Boxen gedrückt - aber leider bleibt dabei die Abwechlsung auf der Strecke. Auf Dauer geht der Band die Puste aus und die Ideen werden spärlicher, so dass sich zum Ende hin beim Hörer das große Gähnen breitmacht. Da hilft der auch cleane Gesang nicht. Für ein Debüt ist "Infamy And The Breed" ganz ok, beim nächsten Mal müssen sich ZONARIA aber verstärkt auf eigene Ideen setzen und im Songaufbau abwechslungsreicher zu Werke gehen.
Das Cover lässt kaum Fragen offen - HUMAN BLOODFEAST haben sich dem brutalem Death Metal verschrieben, ganz in der Tradition von CANNIBAL CORPSE, VILE und wie sie alle heißen. Einzig die Tatsache, dass sich eine Frau für das blutige Bildchen verantwortlich zeigt, überrascht. Das tut die Musik dagegen kaum. Die Regensburger bewegen sich in altbekannten Gewässern, ballern technisch ansprechend ihre elf Songs runter, ohne allerdings echte Ausrufezeichen setzen zu können. DEFACED CREATION kommen, neben den US-Kollegen, immer wieder ins Hirn des Hörers, ohne dass HUMAN BLOODFEAST die Klasse der Schweden erreichen. Auch wenn in Sachen Growls, Gitarrenarbeit und Brutaliätsfaktor alles stimmt, kann "She Cums Gutted" sich nicht aus dem Mittelmaß entfernen, dafür ist das Songwriting zu vorhersehbar.
Sie sind wieder da - was als Projekt begann, hat sich zu einer Vollzeit-Band entwickelt. Nur logisch, dass EXCREMENTORY GRINDFUCKERS nach dem Überraschungshit "Fertigmachen, Szeneputzen" und vielen Live-Shows ihr Zweitwerk geschrieben haben. "Bitte nicht vor den Gästen" verwurstet wieder konsequent griechischen Wein, HipHop und Metal ("How To Learn To Play The Metal Guitar The Coooool Way") gleichermaßen und lässt selbst nüchtern Zeitgenossen im Laufe der guten Stunde ein Grinsen durchs Gesicht huschen, auch wenn die Scheibe naturgemäß erst mit ein paar Kollegen, Bier und in tiefster Nacht wirklich Spaß macht. Dann wird sich kaum jemand dem Charme der Grinversionen bekannter Perlen deutschen Liedgutes entziehen können und den mitunter eigenwilligen Humor der Band zu schätzen lernen. Nüchtern betrachtet ist es wie mit jeder Fun-Platte: gelungene Songs stehen neben weniger guten Verneigungen vor dem Original - und wirklich witzig ist das auch nicht immer. Aber was solls? Als Partyplatte macht diese Scheibe mehr Spass als jedes JBO-Machwerk. Kombiniert mit Mambo Kurt und finnischen Rentner steht einer denkwürdigen Session nichts mehr im Weg!
THE BLACKOUT ARGUMENT sind nach ihrem EP-Doppelschlag des letzten Jahres bei Lifeforce Records gelandet und haben sich entschieden, dort ihr erstes Album zu veröffentlichen. "Decisions" macht da weiter, wo die EPs aufgehört haben: melodischer, schneller Hardcore, weiterhin der Tradition von COMEBACK KID, BANE und Konsorten. Stellenweise angenehm brachial, werden immer wieder clean gesungene Parts eingebaut, die wie Arsch auf Eimer in die jeweiligen Songstrukturen passen und nie aufgesetzt wirken. Bei manchen Songs kann man mit etwas bösem Willen eine zu starke Ausrichtung auf den Massenmarkt unterstellen, der nicht erst seit BILLY TALENT und den BEATSTEAKS ein Faible für Gitarrenmusik zu haben scheint ("Abandon, Good Guy"). Im Großen und Ganzen ist das Grundgeürst der Scheibe aber brachial genug, um auch Die-Hard-Corler zufriedenzustellen. An den leicht nasalen Gesang werden sich aber die Geister scheiden. Bei den EPs klang das, besonders in cleanen Abschnitten, kraftvoller, während es auf "Decisions" eine eigene Note hat, die nicht mehr jedem gefallen wird. Das Ganze kulminiert in der an sich guten Ballade "Glassbead Game", die ob des Gesang geliebt oder gehasst werden wird, dazwischen geht nix. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass THE BLACKOUT ARGUMENT ein ziemlich gutes Debütalbum fabriziert haben, dass sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss. Respekt und Gratulation dazu!
PATH OF NO RETURN haben nach ihrem Debüt einen neuen Sänger rekrutiert, der auf den Namen Patrik Jakobsson hört. Wie nach solchen Wechseln üblich, stellt sich die Frage, wie groß der Einfluss des Neuen auf das Songwriting war - Fakt ist, dass "The Absinthe Dreams" komplexer und vertrackter als sein Vorgänger ist, wodurch die Schweden eine eigenständigere Note entwickeln, als es noch auf ihrem 2005er Release der Fall war. Jeder Song ist dabei eingängig genug, um den Hörer bereits beim ersten Hördurchlauf zu fesseln und gleichzeitig so komplex, dass immer neuen Details entdeckt werden können. Die verbindung aus durchschlagender Aggression und gleichzeitiger Komplexität ist das wahre Kunstück der Scheibe geworden - nur wenige Bands schaffen es, beides so gelungen zu verbinden, wie das hier der Fall ist. Der Gesang des Neuzugangs passt dazu wie die berühmte Faust aufs Auge und ist deutlich variabler als der des Vorgängers. Alles in Allem eine verdammt gute Core-Scheibe, die einiges an Zeit voraussetzt, aber dann um so stärker zündet. Wer Hardcore abseits von schnödem Geballer sucht, ist mit "The Absinthe Dreams" bestens bedient.