Necrovomit ist der „Invocator of Bestial Incantations“ und seine Band MANIAK „returned to krush your fucking skull“. Wie sie das machen will, bleibt nach dem Konsum dieser Black-Thrash-Scheibe allerdings ein vollendetes Rätsel. Allenfalls zum Lachen bringt den geneigten Hörer diese digitalisierte Zumutung. Okay, wäre heute 1982, ja dann... Aber heute wirkt das wie gewollt und nicht gekonnt. Abgedroschene Pseudonyme machen noch keine Angst, Phrasendrescherei sind keine Terror Propaganda, grottenschlechter Sound noch keinen Old-School-Kult. Und auch die Entschuldigung, auf den Phillipinen könne man sich keine bessere Aufnahmetechnik leisten als den scheinbar verwendeten Telefunken-Kassettenrekorder, interessiert mich nicht. Sicherlich gibt es auch heute gute Old-School-Bands – und es gibt vor allem noch die (wirklich kultigen) Original-Scheiben von Bands wie Sodom. Leider erreichen MANIAK diesen Standard zu keiner Sekunde, sondern sie nerven mehr als eine halbe Stunde lang mit langweiligem, ausgelutschtem, abgedroschenem, rumpeligem Kram – da bleibt einem sogar das Lachen im Halse stecken. Die beste Leistung der Asiaten ist vermutlich, dass sie Thrash mit zwei „h“ geschrieben haben.
Wie es der Zufall so will: Die just reviewten DARKNESS BY OATH machen noch das falsch, was SOUL DEMISE immer noch richtig machen. Auch die Franken orientieren sich an schwedischen Legenden wie AT THE GATES – nur sind sie, wenn lange nicht so bedeutend, fast genauso gut. Vier Jahre lang brauchten Alex, Roman und seine neuen Freunde – wegen Besetzungswechseln und unverständlich lang andauernder Labelsuche. Kein Wunder, dass ein Freak wie Chris Otto die Scheibe jetzt via Remission veröffentlicht. Denn diese Band ist so echt wie das Gefühl, das dich beim Lesen des Eckeroth-Buches über den schwedischen Death Metal überkommt. Sie schütteln die fetten Riffs nur so locker aus der Hose, nerven eben nicht mit Breakdowns vom Reissbrett, wie die Metal-Core-Abkömmlinge. Blast-Blitze durchzucken die Hemisphäre, Tempowechsel erschüttern die Erde, die Melodien sind so schön wie ein Sonnenuntergang am Strand – vergesst die alten Schweden, wenn SOUL DEMISE mit ihren „Acts Of Hate“ loslegen. Das hier ist so echt, so ehrlich, so geil. Und wenn Swanö mal hören möchte, wie man eine harte und melodiöse Death-Metal-Scheibe mit Thrash-Einflüssen heute produziert, dann sollte er bei Herrn Brandes im Iguana hospitieren. Die neue SOUL DEMISE ist schlichtweg ohne Abstriche Klasse, die vier Jahre Warten haben sich gelohnt. Als Bonus haben die Herrschaften noch ein Video von „Evidence Of Spoken Words“ beigepackt – „value for money“ heißt das wohl auf Neudeutsch. Falls ihr also irgendwelche Gutscheine im Osterei habt/hattet, gehet hin (vielleicht nach Amazonien) und kaufet „Acts Of Hate“ – Amen.
Das Spannendste an dieser Band scheint die Herkunft, denn sie kommen aus dem baskischen Teil Spaniens – und der hat mit Ausnahme der legendären KILLERS noch kein echtes Metal-Highlight hervorgebracht. Despektierlich wäre zu bemerken: das bleibt auch so. Denn DARKNESS BY OATH bieten auf der zweiten Scheibe recht herkömmlichen Melodic Death Metal. Punkt. Indes: Auch ohne die große Innovation macht es viel Freude, der Scheibe zu lauschen. Denn sie klingt erfrischend altmodisch nach älteren IN FLAMES oder DARK TRANQULITIY, es gibt nicht allzu soften Melo-Death ohne Keys zu hören. Der Wechselgesang zwischen Growls, Keifen und Growls, den Aritz Nabarro alleine besorgt, klingt ausgewogen und nervt auch im Kreischbereich nicht mit zu viel Metalcore-Charme. So altmodisch die Idee, so modern klingt der Sound aus dem Hause Swanö. Bei all seinen Vorteilen klingt das Ganze beinahe gewollt steril, allen voran triggert sich die Bass-Trommel ihren Weg. Total-Traditionalisten und Leute, die genannten Vorbildern oder AT THE GATES nachtrauern, die begeben sich mit den Basken aus Arrasate dennoch auf eine sehr angenehme Zeitreise, die aber nicht sonderlich fordert. Wer gern nach Malle in den Urlaub, der ist mit DARKNESS BY OATH sicherlich sehr gut bedient, wer aber etwas entdecken will und lieber mit dem Rucksack durchs Baskenland trampt, dem wird „Fear Yourself“ vielleicht zu konventionell sein – Spaß können aber beide Urlaubsarten machen.
Mit ihrem 1998er Debüt „Blacken The Angel“ lieferten die Mainzer AGATHODAIMON seinerzeit ein viel beachtetes Album ab, das es bis heute sogar zu einem kleinen Meilenstein in der Schnittmenge aus Black- und Gothic Metal gebracht hat. Danach folgten ein paar mehr oder weniger aufregende Werke, auf denen die Band längst nicht mehr so überzeugen konnte wie auf ihrem Erstling. Und genau in dieser Reihe steht auch der neueste Streich „Phoenix“, der zwischen sämtlichen Stühlen sitzt. Auf der einen Seite schielt man in Richtung CRADLE OF FILTH und Co., will aber auch die oberflächliche Goten-Community nicht vergrätzen, und zu allem Überfluss wird alles garniert mit einem Schuss traditioneller Klänge, die besonders in den mitunter sehr eingängigen Refrains durchscheinen. Das Problem ist unterm Strich einfach, dass das Album auf der einen Seite zwar leicht konsumierbar, wirklich flüssig durchhörbar und wenig sperrig ist, auf der anderen Seite aber jegliche Kompromisslosigkeit vermissen lässt. Alles wirkt irgendwie berechnet und konstruiert; auf einen fiesen Schrei-Part folgt sofort wieder der versöhnliche Clean-Refrain, auf jedes instrumentale Dauerfeuer der getragene, „softe“ Ausgleich mittels Rotwein-Keyboards. Auch nach x Durchläufen kann ich das Album nicht völlig schlecht finden, bin mir aber sehr sicher, dass diese Nummer-Sicher-Mixtur den Bläckies zu kuschelig, den Goth-Chicks zu aggro und den Traditionalisten zu „schwarz“ ist. So bleibt „Phoenix“ eine handwerklich sehr solide Scheibe, die aber an chronischer Seelenlosigkeit krankt. Nix Fisch, nix Fleisch.
Mein Kollege Chris hat in seinem Review zum Vorgänger „Hoffnungsschimmer“ bereits einen guten Überblick über das Treiben der Frankfurter Mittelalterrocker NACHTGESCHREI gegeben. Und zwei Essenzen seines Reviews treffen auch auf „Am Rande Der Welt“ zu: die Musik des Septetts ist immer noch vorhersehbar wie eine Daily Soap, und die Stimme von Sänger Hotti klingt immer noch nach Schlagerhanseln der Marke Gunter Gabriel oder Truck Stop; an einen Eric Fish oder Michael Rhein kommt er einfach nicht heran. Auch die Texte fahren oft gefährlich nah am Silbereisen-Abgrund, doch trotz all dieser eher unmetallischen Eigenschaften haben NACHTGESCHREI ein paar sehr gute Melodien auf der Pfanne. Im Lastenheft steht eher Gefühl als Abrissbirne, und hier liegen auch die Stärken der Band. Stücke wie „Herz Aus Stein“, „Fernweh“ „Windfahrt“ oder „Nur Ein Kleines Stück Vom Himmel“ überzeugen mit einer Leichtigkeit, die sie einfach sympathisch macht, auch wenn man die ganz großen Nummern bei dieser Band noch nicht findet. „Am Rande Der Welt“ eignet sich daher als Anspieltipp für Mittelalterrocker, die es eher gemäßigter und „mainstreamiger“ mögen. In die erste Liga mit ihren IN EXTREMOs und SUBWAY TO SALLYs spielen sich die Jungs mit diesem Album aber nicht.
Die 1974er-Tour von BOB DYLAN (zusammen mit THE BAND) war eine Art Comeback des Songwriters nach 4 Jahre Album-Pause und einer der bis dahin erfolgreichsten Tourneen der Rockgeschichte überhaupt. Veröffentlicht wurde das Ganze dann als 21-Song Scheibe unter den Titel „Before The Flood“. DYLAN spielte dabei vor allem älteres Material (und lies sein aktuelles Nummer 1 Album „Planet Waves“ außen vor), vieles davon anders arrangiert und oft rockiger ausgerichtet („All Along The Watchtower“), aber auch seine Solo vorgetragenen akustischen Stücke („Don't Think Twice, It’s All Right" und „It's Alright, Ma (I’m Only Bleeding“) und die gegenüber DYLAN weniger melancholischen, ja gar flott heiteren Stücke von THE BAND ergeben hier Live eine stimmige Performance. Dabei gibt es solche Highlights wie „Knockin’ On Heaven’s Door“, „The Night They Drove Old Dixie Down”, das hier absolut klasse vorgetragene „Like A Rolling Stone” und natürlich „Blowin in The Wind” zu bestaunen, welche auch nach 35 Jahren noch unverbraucht klingen. Wer Mr. BOB DYLAN und THE BAND in Hochform erleben will (und zugleich eine Art Best of der 60er), kommt an dem „Before The Flood“ Doppeldecker nicht vorbei.
“Christian, Pagan, Hindu, Muslim, Sikh & Jew; Just face these fundamental facts I preach at you. We've a duty to the future not to self-destruct; We better learn to live as one or else this planet's fucked!” heißt es in “Swinging Like Judas” – und gleich der Opener lässt erkennen, was Martin Walkyier im Kopf hat und noch drauf hat. Mit dem Abschiedswerk (das bereits seit geraumer Zeit via Homepage erschwinglich ist und jetzt mit einer uns nicht vorliegenden Bonus-DVD mit Video von „A Beautiful Start To The End Of The World“) erscheint eine Reminiszenz an gute, alte Skyclad-Tage. Das liegt aber in erster Linie an der außerordentlich charismatischen Stimme des Robin Hoods der Pagan-Szene. Seine irgendwie eigenartig abgehackt klingende Betonung lässt schon erkennen, dass es Martin ist, bevor er lossingt... THE CLAN DESTINED verzichten im Gegensatz zu den Pagan-Pappis auf Geigen-Einsatz (abgesehen vom todtraurigen Outro), Einflüsse jeglicher Couleur (sind dennoch enthalten): Das abschließende „More Than War“ enthält einen Anne-Clark-ähnlich gesprochenen Part und ambienteske Ruhezonen, groovt aber ansonsten wie Sau. Der anfangs angesprochene Opener ist eher thrashig gehalten, garniert von opulenten Chören. „Devil For A Day“ klingt fast zu fröhlich und nach Helloween, in „TC Lethbridge“ eine Hymne über einen Schriftsteller buchstabiert Walkyier zur Ehrerbietung den Namen des Idols (wie das auch Lemmy mit den Ramones machte) – und versorgt uns damit einen Mega-Earcatcher. Überhaupt ist die große Ohrwurm-Qualität ein Vorzug, der sich durch die gesamte Scheibe zieht – was allerdings auch auf den Bombensound (James Murphy und Andy Sneap). Nachdem viele der Werke Martin zuletzt etwas hüftsteif wirkten, versprüht diese Scheibe (übrigens mit Iscariah am Bass) Frische und Elan, Herzblut zeigten alle seine Veröffentlichungen. Letzteres gilt vor allem (wie eigentlich immer) für seine Texte, die ihr auf jeden Fall auf der Homepage der Nottinghamer findet. Die Scheibe lässt hoffen, dass die geplante SABBAT-Tour kein Schuss in den Ofen wird – und beten, dass Walkyier entgegen seiner Ankündigung mit THE CLAN DESTINED oder sonst einem Projekt doch weiter macht wäre musikalisch und inhaltlich immer noch eine enorme Bereichung der Szene.